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Sonderausgabe zur Durchsuchung von Fahrzeugen mit improvisierten Mitteln

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<strong>Sonderausgabe</strong> <strong>zur</strong> <strong>Durchsuchung</strong> <strong>von</strong> <strong>Fahrzeugen</strong> <strong>mit</strong><br />

Von Thomas Preuß<br />

<strong>improvisierten</strong> <strong>Mitteln</strong><br />

Wie durch viele Beispiele aus der älteren und jüngeren Vergangenheit belegt, ist die<br />

terroristische Nutzung <strong>von</strong> Kraftfahrzeugen weder neu noch in irgendeiner Form<br />

<strong>zur</strong>ückgegangen.<br />

Die Insassen eines Fahrzeuges sind möglicherweise das Ziel einer Ansprengung,<br />

Kraftfahrzeuge selbst können aber auch ein äußerst effektives Mittel <strong>zur</strong> Durchführung<br />

eines Anschlages sein.<br />

Mit beiden Formen beschäftigt sich dieser Artikel.<br />

Schwerpunkt ist der Schutz vor Anschlägen und die Minderung der teilweise erheblichen<br />

Sprengwirkungen sowie <strong>Durchsuchung</strong>smaßnahmen <strong>mit</strong> behelfsmäßigen <strong>Mitteln</strong>. Der<br />

Autor möchte in Grundzügen ver<strong>mit</strong>teln, wie <strong>mit</strong> <strong>improvisierten</strong> <strong>Mitteln</strong> und ohne allzu<br />

großen Zeitverlust ein Kraftfahrzeug kontrolliert werden kann.<br />

Der deutsche Bankmanager Alfred Herrhausen wurde 1989 durch eine<br />

unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung (USBV) ermordet. Diese war am<br />

Straßenrand platziert und löste nach Durchfahren einer Lichtschranke einen<br />

gerichteten Sprengsatz aus.<br />

Anschläge auf Fahrzeuge oder auch die Nutzung vergrabener oder am<br />

Straßenrand versteckter USBV fordern in Krisen- und Kriegsgebieten wie z.B. Irak<br />

oder Afghanistan regelmäßig Opfer.<br />

Zur Minderung der Gefahr hilft vor allem gute Voraufklärung, genaue und geschärfte<br />

Beobachtung des vor einem liegenden Geländes hinsichtlich Unstimmigkeiten oder<br />

Engstellen sowie ein gesundes Bauchgefühl.


Dieses Situationsbewusstsein, die so genannte IED-Awareness zu entwickeln und zu<br />

trainieren, überfordert naturgemäß einen derartigen redaktionellen Beitrag. Da<strong>mit</strong><br />

Handlungssicherheit in kritischen Lagen entsteht, muß dieser geschult, in der Praxis<br />

geübt und als Drill verinnerlicht werden. Ein Ausbildungsthema, welches nicht nur für<br />

einen effektiven Personenschutz unerlässlich ist.<br />

Das Hauptthema dieses Beitrags wird schon aus Kapazitätsgründen auf Kraftfahrzeugen<br />

liegen, welche selber einen Sprengsatz transportieren oder als solches ein Teil dessen<br />

sind (so genannte Vehicle Born IED - kurz VBIED).<br />

Streng genommen müssen wir bei Letzterem unterscheiden, ob das Kraftfahrzeug und<br />

seine Insassen oder aber die nähere und weitere Umgebung des Fahrzeuges Anschlagsziel<br />

sind. Diese Unterscheidung hat wesentliche Auswirkungen auf die Größe der<br />

notwendigen Sprengladung.<br />

Zu den Vorteilen <strong>von</strong> VBIEDs aus Tätersicht :<br />

• Unauffälligkeit,<br />

• Schnelligkeit,<br />

• Möglichkeit der Verbringung und Umsetzung größerer Mengen <strong>von</strong><br />

Sprengstoffen,<br />

• Splitterwirkung (Fragmentierung).<br />

Ein als VBIED präpariertes Fahrzeug kann sowohl durch den Fahrer wie durch<br />

Fernauslösung gezündet werden; selbst wenn der Fahrer tödlich getroffen ist, vermag<br />

es unter Umständen noch in sein Ziel zu rollen und Hindernisse aus dem Wege zu<br />

räumen. Beispiele gibt es auch in der jüngeren Geschichte genügend.<br />

Im Kofferraum eines handelsüblichen PKWs lassen sich relativ unproblematisch bis zu<br />

etwa 300 kg an Sprengstoffen, auf Grund leichter Verfügbarkeit meist auf<br />

Ammoniumnitratbasis (z.B. ANFO - Ammoniumnitrat Fuel Oil), verbauen.<br />

Die Wirkung liegt etwa zwanzig Prozent unter der <strong>von</strong> TNT, ist aber aufgrund der großen<br />

Menge sehr erheblich. Ein abgestellter Kleintransporter kann durchaus Explosivstoffe in<br />

der Größenordnung <strong>von</strong> mehreren Tonnen beinhalten und <strong>zur</strong> Wirkung bringen. Diverse<br />

Anschläge in der jüngeren und weiteren Vergangenheit bezeugen das durch viele Tote<br />

und Verwundete.<br />

Sollte allerdings das Fahrzeug selber ein Ziel sein bzw. der Insasse oder der Fahrer, dann<br />

sind erheblich kleinere Mengen <strong>von</strong>nöten (diese können sich durchaus in<br />

Größenordnungen <strong>von</strong> unter 200 g bewegen), allerdings hat der Täter in diesem Fall<br />

häufig nicht die Möglichkeit, den Sprengsatz ungestört und schwer detektierbar zu<br />

verbauen. Ein großer Vorteil für denjenigen, welcher <strong>mit</strong> behelfsmäßigen <strong>Mitteln</strong><br />

danach sucht, wie wir an anderer Stelle sehen werden.


Möglichkeiten, Sprengstoffe an und in <strong>Fahrzeugen</strong> zu finden, gibt es verschiedene. Sie<br />

unterscheiden sich hinsichtlich Dauer der <strong>Durchsuchung</strong> und ihrer Effektivität, bezüglich<br />

der verwendeten Hilfs<strong>mit</strong>tel, aber vor allem hinsichtlich der Kosten und der Zuverlässigkeit.<br />

Dennoch, es gibt keine Methode, welche eine hundertprozentige Sicherheit verspricht.<br />

Ein geübter Täter, welcher über entsprechende Fachkenntnisse, Zugangsmöglichkeiten<br />

und die notwendige ungestörte Zeit verfügt, kann vor allen Dingen dann, wenn es sich<br />

um eine kleinere USBV handelt, diese <strong>mit</strong> hinreichender Aussicht auf Erfolg fast<br />

unsichtbar verbringen. Mit Abstrichen gilt diese Aussage auch für VBIED, die <strong>von</strong><br />

Selbstmordattentätern gesteuert werden und aufgrund ihres Gewichtes in der Lage sind,<br />

Barrieren zu durchbrechen.<br />

Grundsatz:<br />

Der allerbeste Schutz ist nach wie vor, Fahrzeuge <strong>von</strong> gefährdeten Bereichen<br />

fernzuhalten und durch bauliche Maßnahmen zu verhindern, dass kritische Distanzen<br />

(Tab. 1) unterschritten werden.<br />

Es gilt nach wie vor der Spruch: Entfernung schützt!<br />

Fahrzeugdurchsuchungen haben, in Abhängigkeit <strong>von</strong> einer entsprechenden<br />

Risikobewertung, immer (!) dann stattzufinden, wenn ein selbst genutztes Fahrzeug<br />

unbewacht an einem frei zugänglichen Ort stand oder wenn Fahrzeuge, eigene wie<br />

Fremde, in Sicherheitsbereiche einfahren oder in die Nähe gefährdeter Objekte geraten<br />

können.<br />

Beschreibung Menge (kg) Tödlicher Druck (m) Sichere Distanz (m)<br />

Limousine 230 30 460<br />

Kombi 450 40 540<br />

Kleintransporter 1.800 60 840<br />

Kleiner LKW 4.500 90 1.150<br />

Mittlerer LKW 13.500 140 2.000<br />

Großer LKW 27.000 200 2.200<br />

Tabelle 1 (Bei allen Werten handelt es sich um Anhalte, welche im Einzelfall erheblich nach oben oder<br />

unten abweichen können)


Praktikable Möglichkeiten und Hilfs<strong>mit</strong>tel für Kontrollabläufe gibt es viele; ich möchte<br />

hier eine Methode vorstellen, welche sich bewährt hat.<br />

Die Fahrzeugkontrolle gliedert sich in mehrere aufeinander aufbauende Phasen:<br />

Sichtkontrolle außen<br />

Hierbei wird die Außenhaut des Fahrzeuges <strong>mit</strong> allen Anbauten einschließlich des<br />

Tankdeckels und des Fahrzeugdachs auf Anbringung verdächtiger Gegenstände bzw.<br />

Manipulation kontrolliert. Bei dieser Gelegenheit kann gleich ein Blick in den Innenraum<br />

oder auf möglicherweise vorhandene Ladeflächen geworfen werden. Hilfs<strong>mit</strong>tel in<br />

dieser Phase sind Taschenlampe, Zahnarztspiegel oder Endoskopkamera (der Bildschirm<br />

muss tageslichttauglich sein).<br />

Zu achten ist aber auch auf andere Auffälligkeiten. Liegt das Fahrzeug bspw. tief in der<br />

Hinterachse, ist der Kofferraum möglicherweise <strong>mit</strong> mehreren 100 kg Sprengstoff<br />

gefüllt.<br />

Abspiegelung des Unterbodens<br />

Der Unterboden wird <strong>mit</strong> einem größeren, möglichst konvexgeformten und indirekt<br />

beleuchteten Spiegel bis auf eine Tiefe <strong>von</strong> mindestens Unterarmlänge kontrolliert.<br />

Taschenlampe und Endoskopkamera sind hilfreich. Kommerzielle Spiegel sind teuer. Der<br />

Selbstbau eines in jeder Hinsicht brauchbaren Spiegels ist nicht weiter schwierig und<br />

deutlich (!) preisgünstiger.<br />

Innenraum<br />

Die Kontrolle des Innenraumes ist zeitaufwändig und umfasst alle Staufächer, wie z.B.<br />

Handschuhfach, Kartentaschen aber auch Bereiche unter, zwischen und hinter den<br />

Sitzen. Zweckmäßige Hilfs<strong>mit</strong>tel sind ebenfalls wieder Taschenlampe, Zahnarztspiegel<br />

oder Endoskopkamera.<br />

Koffer- bzw. Laderäume<br />

Zu beachten sind auch hier Staufächer, aber auch der nicht-sichtbare Inhalt <strong>von</strong><br />

Behältnissen wie z.B. Verbandskasten (Folierung und Gewicht beachten).Bei größeren<br />

Laderäumen empfiehlt sich die Einteilung in die Bereiche<br />

<br />

<br />

<br />

Boden,<br />

Hüfthöhe,<br />

Augenhöhe und Decke


Motor<br />

Ein gut verbauter Sprengsatz im Motorraum ist kaum zu entdecken, die<br />

Verletzungsgefahr hinsichtlich Verbrennungen, Verbrühungen oder Abschürfungen<br />

hingegen hoch. Vorsicht auch bei langen, offenen Haaren, Schals oder weiter<br />

Bekleidung, der Kühlventilator kann nachlaufen.<br />

Beim Hantieren im Motorraum sind Metallarmbänder tabu (Gefahr des<br />

Masseschlusses).<br />

Unabdingbare Hilfs<strong>mit</strong>tel sind wiederum Taschenlampe, Zahnarztspiegel oder<br />

Endoskopkamera. Unabhängig da<strong>von</strong> ist der Motorraum aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln zu betrachten.<br />

Der Nachteil der Methode liegt eindeutig im benötigten Zeitaufwand. Ist diese Zeit nicht<br />

vorhanden, sollten Kontrollbereiche nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden,<br />

Koffer- bzw. Laderäume sind allerdings immer zu überprüfen. Wird die Kontrolle <strong>von</strong><br />

zwei Personen durchgeführt, was im Sinne der Eigensicherung <strong>von</strong> Vorteil ist, muss das<br />

Verfahren im Vorfeld geübt werden, um effektiv und zeitsparend zu kontrollieren, ohne<br />

dass Einzelbereiche doppelt oder gar nicht erfasst werden.<br />

Grundsatz:<br />

Vor einer Fahrzeugkontrolle steigen die Insassen aus, der Motor und die Beleuchtung<br />

werden vorher abgeschaltet. Es empfiehlt sich, Türen, Koffer- und Motorraumklappe<br />

durch den Fahrer öffnen zu lassen.<br />

Fracht und Gespäckstücke, welche nicht sicher hinsichtlich ihrer Ungefährlichkeit<br />

bewertet werden können, dürfen nicht <strong>mit</strong> in einen gefährdeten Bereich verbracht<br />

werden. Personen- und Handgepäckkontrolle bei den Insassen nicht vergessen.<br />

Bei Verdacht oder Fund sollte man nicht den Helden spielen, nichts manipulieren,<br />

sondern lediglich den Zugriff verhindern und alarmieren. Da der zweckmäßige<br />

Handlungsablauf im Rahmen eines derartigen Artikels kaum ver<strong>mit</strong>telbar und extrem<br />

lageabhängig ist, kann dieser nur in der Praxis und in unterschiedlichen Szenarien geübt<br />

werden. Der Autor gibt hier gerne weitere Informationen und bietet <strong>mit</strong> TMP-Security<br />

http://www.tmp-security.de/webinar/ auch entsprechende Schulungen an.<br />

Grundsatz:<br />

Ein verdächtiger Gegenstand gilt so lange als gefährlich, bis seine Ungefährlichkeit<br />

zweifelsfrei feststeht.<br />

Ohne Nutzung weiterer Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie Sprengstoffspürgeräte (Sniffer), chemischer<br />

Schnelltest, Sprengstoffspürhunde oder (mobilen) Röntgenprüfanlagen ist diese


Feststellung für einen Laien nicht <strong>mit</strong> hinreichender Sicherheit möglich. Auch hier<br />

verweise ich auf eine entsprechende Schulung, welche wir anbieten.<br />

Zum Abschluß noch ein paar Bemerkungen <strong>zur</strong> möglichen Nutzung <strong>von</strong><br />

Flüssiggastanklastzügen. Die Gefahren, welche hier teilweise durch die Presse geistern,<br />

sind <strong>mit</strong> großer Masse heillos übertrieben. Es ist zwar grundsätzlich möglich, auch ein<br />

solches Fahrzeug <strong>zur</strong> Explosion zu bringen, aber extrem schwierig.<br />

Einfacher Beschuß reicht hier keinesfalls aus. Gefährlicher ist große Hitze (über<br />

538 º Celsius) bei teilgefüllten Tanks über den Zeitraum <strong>von</strong> etwa 8 Minuten aufwärts.<br />

Es kann dann <strong>zur</strong> so genannten BLEVE kommen (Boiling Liquid Expanding Vapor<br />

Explosion). Diese wird in der Regel durchaus verheerende Auswirkungen haben. Ein<br />

gutes Gegen<strong>mit</strong>tel ist schnelle, ausreichende und dauerhafte Kühlung.<br />

Mehr dazu in meinem im BOORBERG-Verlag erschienenen Buch<br />

Sprengstoffe und Sprengstoffanschläge<br />

http://www.boorberg.de/sixcms/detail.php?id=381665<br />

einem Webinar, welches in Kürze stattfindet.<br />

oder in<br />

Das Seminar ist aufgrund der Sensitivität des Thema nicht ohne<br />

weiteres zugänglich. Weitere Informationen dazu erhalten Sie<br />

unter http://www.tmp-security.de/webinar/ Ihre Anfrage stellt<br />

weder eine Anmeldung, noch eine Teilnahmezusage dar. Da die<br />

Plätze begrenzt sein werden, empfehle ich schnelles Handeln.<br />

Bis zum nächsten Mal<br />

Thomas Preuß

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