Klassenspezifischer Habitus und/oder exklusive ... - Studium generale
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In den Folgejahren hat sich die soziale Rekrutierung der promovierten Juristen der der Wirtschaftswissenschaftler<br />
dann mit einem deutlichen Rückgang auf nur noch 46% stark angeglichen<br />
(Alder 1988: 185ff.). Das Fehlen ausgesprochener Eliteausbildungsstätten sorgt in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
dafür, daß der Nachwuchs des gehobenen Bürgertums nur sehr geringe Möglichkeiten hat,<br />
sich durch den Besuch herausgehobener Schulen <strong>oder</strong> Hochschulen <strong>und</strong> den Erwerb der von ihnen<br />
vergebenen Bildungstitel einen entscheidenden Vorteil bei der Konkurrenz um die Spitzenpositionen<br />
in den großen Unternehmen zu sichern. Es fragt sich daher, welche Mechanismen hierzulande<br />
für eine den anderen drei Ländern vergleichbar scharfe soziale Selektion bei der Besetzung dieser<br />
Positionen sorgen?<br />
Persönlichkeitsmerkmale: die entscheidenden Auswahlkriterien<br />
Ein Universitätsexamen, dies das Resultat der bisherigen Ausführungen, ist zwar auch in Deutschland<br />
für eine erfolgreiche Managementkarriere unerläßlich, es bildet aber nur ein Negativkriterium.<br />
Ein Personalberater formulierte diesen Sachverhalt: die Unverzichtbarkeit, zugleich aber auch<br />
Selbstverständlichkeit eines Universitätsexamens sehr drastisch mit den folgenden Worten:<br />
„Wenn sie jetzt an eher 40jährige denken, so sind die aus einer Zeit, wo sie sich fast nur noch<br />
durch Selbstmord einem <strong>Studium</strong> entziehen konnten, <strong>und</strong> dann ist das überhaupt kein Kriterium<br />
mehr.“<br />
Aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Eliteinstitutionen reicht der Nachweis eines Universitätsexamens bei weitem<br />
nicht aus, um Karriere in einem großen Unternehmens zu machen. In viel stärkerem Maße als<br />
in Frankreich <strong>oder</strong> Großbritannien kommen deshalb die unmittelbaren Persönlichkeitsmerkmale<br />
der jeweiligen Kandidaten bei der Entscheidung über die Besetzung von höheren Managementpositionen<br />
zum Tragen. Sie bestimmen nach Einschätzung fast aller Interviewpartner, ob jemand<br />
wirklich eine Spitzenposition erreicht. Dabei stehen ihrer Meinung nach folgende Anforderungen<br />
im Vordergr<strong>und</strong>: der Kandidat muß die in solchen Positionen üblichen Umgangsformen beherrschen<br />
<strong>und</strong> die dort geltenden ungeschriebenen Regeln kennen; er muß ein hohes Maß an Souveränität<br />
im Auftreten <strong>und</strong> eine relativ große Allgemeinbildung besitzen; schließlich muß er eine optimistische<br />
Lebenseinstellung aufweisen <strong>und</strong> über ein hohes Maß an unternehmerischem Denken<br />
verfügen.<br />
Ein außerordentlich großes Gewicht besitzt bei der Kandidatenvorstellung schon der erste Eindruck,<br />
weil er nach Ansicht der meisten Interviewpartner häufig schon vorentscheidend ist. „Wenn<br />
jemand Vorstand werden“ wolle, so eine typische Äußerung, müsse er im Unterschied zu Managern<br />
der 2. <strong>oder</strong> 3. Ebene schon „in den ersten 20 Sek<strong>und</strong>en positiv überzeugen“. Ausschlaggebend<br />
sind dabei in erster Linie die äußere Erscheinung <strong>und</strong> das Auftreten des Kandidaten.<br />
Hinsichtlich der äußeren Erscheinung ist in erster Linie die Kleidung wichtig. Hier gelten in den<br />
meisten Großunternehmen immer noch dieselben Regeln wie vor 20 Jahren. „Konservativelegant“<br />
<strong>oder</strong> „klassisch-m<strong>oder</strong>n“, mit derartigen Begriffen wird zumeist umschrieben, was als<br />
angemessene Bekleidung gilt. Welche Rolle die Kleidung bei der Auswahl der Spitzenmanager<br />
immer noch spielt, illustriert folgende Aussage eines Personalberaters:<br />
„Sie werden in den Führungsetagen deutscher Unternehmen nur Damen <strong>und</strong> Herren finden, die<br />
klassisch angezogen sind. Da gibt es mehrere Merkmale, was das ist. Das geht mit den Schuhen<br />
los: Handgenähte ungarische Schuhe, englische Schuhe <strong>oder</strong> bestimmte amerikanische Markenschuhe.<br />
Dann sicherlich keine weißen Socken, sondern schwarze Strümpfe, Strümpfe immer dunkler<br />
als die Hose. Dunkle Anzüge, das ist Standard. Ich glaube sogar, daß das wieder zugenommen