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Klassenspezifischer Habitus und/oder exklusive ... - Studium generale

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gilt beispielsweise als wichtiger Indikator für Risikobereitschaft. Was in dieser Hinsicht positiv<br />

bewertet wird, demonstriert folgende Aussage eines Managers aus der Großchemie:<br />

„Er muß einmal eine Flexibilität besitzen, auch Aufgaben, die angeboten werden <strong>und</strong> die außerhalb<br />

des eigenen Blickfeldes sind, anzunehmen, nicht Angst zu haben davor <strong>und</strong> zu sagen: um<br />

Gottes Willen, wie sind die eigentlich darauf gekommen; jetzt erwartet man von mir etwas, was<br />

ich mir eigentlich gar nicht vorstellen kann.“<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird eine Tätigkeit im Ausland oft positiv bewertet. Kandidaten mit einem<br />

<strong>oder</strong> mehreren längeren Auslandsaufenthalten haben in der Regel den Ruf, flexibler, risikofreudiger<br />

<strong>und</strong> tatkräftiger zu sein, sich in fremden Umgebungen schnell zurechtfinden <strong>und</strong> in relativ<br />

kurzer Zeit etwas umsetzen zu können sowie – last not least – natürlich auch die Kultur <strong>und</strong> Mentalität<br />

anderer Völker <strong>und</strong> Nationen kennengelernt zu haben <strong>und</strong> die eigenen deutschen Denk- <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen dadurch relativieren zu können.<br />

All die angeführten Persönlichkeitsmerkmale entfalten ihre volle Wirkung zwar erst bei der Besetzung<br />

von Spitzenpositionen, in abgeschwächter Form prägen sie aber auch schon die Auswahlkriterien<br />

für mittlere Führungspositionen, so daß sie für eine zunehmende Selektion über die verschiedenen<br />

Stufen einer Managementkarriere hinweg sorgen. Wer über die gewünschten persönlichen<br />

Eigenschaften nicht <strong>oder</strong> nur in unzureichendem Maße verfügt, der hat es schon bei der<br />

Auswahl der Trainees für ein Führungskräftenachwuchsprogramm <strong>oder</strong> der Besetzung von Führungspositionen<br />

der mittleren Ebene schwerer (Hartmann 1990a, 1994, 1995), kann diesen Magel<br />

allerdings durch sehr gute fachliche Kenntnisse <strong>und</strong> Leistungen noch vergleichsweise gut kompensieren.<br />

Je höher die Position in der Hierarchie angesiedelt ist, um so weniger ist das jedoch<br />

möglich. In den Vorstandsetagen sind die Persönlichkeitsmerkmale dann endgültig ausschlaggebend,<br />

spielen fachliche Aspekte nur noch eine Nebenrolle.<br />

Nach Ausage der interviewten Manager <strong>und</strong> Personalberater sind die Anforderungen an die wirklichen<br />

Spitzenmanager <strong>und</strong> damit auch die beschriebenen Beurteilungs- <strong>und</strong> Bewertungsmaßstäbe<br />

in den letzten 25 Jahren im wesentlichen dieselben geblieben, geändert hätten sich nur zwei, drei<br />

Aspekte. Charakteristisch für diese Einschätzung sind die beiden folgenden Äußerungen, von denen<br />

die eine von einem zu den „Gründungsvätern“ der Personalberatungsbranche in Deutschland<br />

zählenden, außerordentlich erfolgreichen „Headhunter“ stammt, die andere von einem schon seit<br />

über 25 Jahren in einem Konsumgüterkonzern tätigen Manager:<br />

„Seit 1977 mache ich diesen Job <strong>und</strong> vorher war ich selbst in der Industrie. Also in den letzten<br />

25 Jahren hat sich nichts Wesentliches geändert.... Das einzige, was ich sagen muß, ist: Es gibt<br />

einen Trend weg von der Kommandowirtschaft hin zur sozialen Kompetenz. Darüber haben wir<br />

früher gar nicht so nachgedacht.“<br />

„Ich bin der Meinung <strong>und</strong> habe das auch schon öfter mal in irgendwelchen Diskussionen so<br />

zum Besten gegeben - <strong>und</strong> dem ist eigentlich dann auch selten richtig widersprochen worden -,<br />

daß die Antwort Nein ist. Die Kriterien als solche sind an sich immer die gleichen geblieben. Die<br />

kenne ich schon von meinen Anfängen vor 25 Jahren. Was sich geändert hat, ist die Vielschichtigkeit<br />

<strong>und</strong> Zeit zusammen. Es ist alles viel hektischer geworden. Ich muß sehr viel schneller<br />

Entscheidungen treffen in einer immer breiter werdenden Umgebung.“<br />

Wie diese beiden Aussagen zeigen, weisen die wesentlichen Beurteilungsmerkmale, die<br />

„Kernkompetenzen“, wie sie ein Personalberater nannte, nach Ansicht der meisten<br />

Gesprächspartner 48 ein hohes Maß an Stabilität über die Jahre hinweg auf. Verändert haben sich in<br />

erster Linie die wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die vor allem in<br />

48 Eine kleine Anzahl jüngerer Manager <strong>und</strong> Personalberater konnte <strong>und</strong> wollte aufgr<strong>und</strong> fehlender eigener Erfahrungen<br />

dazu keine Aussage machen. Bei den übrigen Interviewpartnern, die in der Regel bereits seit mehreren Jahrzehnten<br />

im Beruf stehen, war der Tenor aber einhellig.

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