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Klassenspezifischer Habitus und/oder exklusive ... - Studium generale

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Der Kandidat für eine Spitzenposition sollte daher in der Lage sein, die wichtigen Entwicklungen<br />

auf verschiedenen Gebieten wie darstellende <strong>und</strong> bildende Kunst, Musik, Literatur <strong>oder</strong> Zeitgeschichte<br />

zumindest im großen <strong>und</strong> ganzen einordnen zu können, <strong>und</strong> sich für einzelne Personen,<br />

Stile <strong>oder</strong> Aspekte auch näher interessieren. Ein Personalberater meinte dazu:<br />

„Ich kenne Leute im Topmanagement, die sagen: Ach wissen Sie, Oper, da gehe ich eigentlich<br />

nicht gerne hin. Begründen das auch. Aber wissen Sie, wo ich gerne hingehe? In ein super Jazz-<br />

Konzert <strong>oder</strong> ein Musical, Top-Musical am Broadway. Ich persönlich bin z.B. auch kein Opernfre<strong>und</strong>,<br />

kann das auch begründen. Ich würde z.B. nie nach Bayreuth gehen, weil ich Wagner nicht<br />

mag. Der ist mir zu laut. Gut, ein anderer mag sagen: Das ist ein Banause. Wie kann man den<br />

Wagner nicht mögen. Trotzdem mag ich Musik sehr gerne. Also ich würde sagen: Die Musik, die<br />

bildende Kunst <strong>und</strong> solche Kunst, alles zusammengenommen in irgendeiner Form, da sollte man<br />

sich schon für interessieren, genauso gut wie für Menschen, sonst ist man da eigentlich fehl am<br />

Platz.“<br />

Was schließlich die immer stärker geforderte unternehmerische Einstellung betrifft, so wird sehr<br />

viel Wert auf eine optimistische Gr<strong>und</strong>haltung gelegt. Ein Topmanager sollte nach Ansicht so gut<br />

wie aller Interviewpartner Optimismus ausstrahlen, weil, so ein Personalberater, „jemand, der von<br />

der Gr<strong>und</strong>haltung her pessimistisch ist, eigentlich kein guter Manager sein kann“. „Unternehmerische<br />

Visionen“ zu haben, sei untrennbar mit einer optimistischen Lebenseinstellung verknüpft.<br />

Worin sich eine solche Lebenseinstellung zeigt, veranschaulicht der folgende, etwas außergewöhnliche<br />

Fall, der sich zufällig im Rahmen einer Kandidatenpräsentation ergeben hat:<br />

„Wir hatten einen Klienten, für den wir einen Kandidaten hatten. Der kommt zum dritten Gespräch,<br />

kommt rein in die Halle. Davor stehen Polizeiwagen. Das Haus ist gerade beschlagnahmt,<br />

weil es in diesem Nahrungsmittelunternehmen einen Skandal gab. Der Chef kam runter <strong>und</strong> sagte:<br />

Entschuldigen Sie, wir haben da ein Riesenproblem. Da sagt der Kandidat: Wieso ein Problem.<br />

Das ist halt so, das müssen wir lösen. Erst mal ruhig bleiben.“ (Personalberater)<br />

Wer solche ungewöhnlichen Situationen gelassen <strong>und</strong> zuversichtlich angeht, beweist seine Führungsqualitäten.<br />

Wer dagegen Unsicherheit <strong>oder</strong> Angst vor dem Skandal zeigt, der läßt es genau<br />

daran fehlen. Da solche Situationen aber Ausnahmecharakter besitzen, ist man im Vorstellungsgespräch<br />

normalerweise – abgesehen von den allgemeinen Eindrücken, die das Auftreten <strong>und</strong> Verhalten<br />

des Kandidaten in puncto Selbstsicherheit vermitteln – vor allem auf die Ausführungen zur<br />

Gestaltung der zukünftigen Aufgabe angewiesen. Außer vielleicht im Controlling bevorzugt man<br />

dabei den Mann, der das Gefühl vermittelt, die Probleme schon in den Griff zu bekommen, <strong>und</strong><br />

optimistische Perspektiven entwickelt, <strong>und</strong> nicht den, der in erster Linie messerscharf analysiert,<br />

den nötigen Funken Begeisterung aber nicht überspringen läßt.<br />

Neben einer optimistischen Gr<strong>und</strong>haltung werden vor allem Risikobereitschaft <strong>und</strong> Entscheidungsfreudigkeit<br />

erwartet. Unternehmerisch zu denken, beinhaltet nach Ansicht der Interviewpartner<br />

nämlich ganz entscheidend die Bereitschaft, nicht nur auf „Nummer Sicher zu gehen“,<br />

sondern auch eigene Vorstellungen zu entwickeln <strong>und</strong> tatkräftig umzusetzen, d.h. Entscheidungen<br />

nicht auszuweichen <strong>oder</strong> sie auf die lange Bank zu schieben <strong>und</strong> dabei eventuelle Risiken durchaus<br />

in Kauf zu nehmen. Wer nichts riskieren wolle, sei auch kein wirklich „unternehmerisch denkender<br />

Mann“, sondern ein „Bürokrat“, ein Mensch mit „Beamtenmentalität“. Um festzustellen,<br />

ob jemand die gewünschten Eigenschaften Initiative, Tatkraft <strong>und</strong> Risikobereitschaft 47 aufweist,<br />

wird seine bisherige Laufbahn unter die Lupe genommen. Die Bereitschaft zum Aufgabenwechsel<br />

47 Zusätzlich wurde von einem Teil der interviewten Personatberater darauf hingewiesen, daß auch körperliche Leistungsfähigkeit<br />

eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt <strong>und</strong> in diesem Zusammenhang auf die positive Signalwirkung<br />

früherer Aktivitäten als Leistungssportler aufmerksam gemacht.

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