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CARSHARING - Bundesministerium für Verkehr, Innovation und ...

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BÜRO DR. MAX HERRY ROSINAK & PARTNER<br />

<strong>CARSHARING</strong><br />

Die Akzeptanz von Carsharing<br />

in der näheren Wohnumgebung<br />

<strong>Verkehr</strong>swissenschaftliche Untersuchung<br />

im Auftrag des <strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong>s <strong>für</strong> <strong>Verkehr</strong>,<br />

<strong>Innovation</strong> <strong>und</strong> Technologie<br />

ENDBERICHT<br />

Wien, Juli 2000<br />

Büro Dr. Max Herry Rosinak & Partner Ziviltechniker Gesellschaft m. b. H.<br />

A-1040 Wien, Argentinierstraße 21/8 A-1050 Wien, Schloßgasse 11<br />

Tel. (+43 1) 504 12 58, Fax: (+43 1) 504 35 36 Tel. (+43 1) 544 07 07, Fax: (+43 1) 544 07 27,<br />

email: office@herry.at email: sekretariat@rosinak.co.at


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Auftraggeber:<br />

BMVIT<br />

<strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong> <strong>für</strong> <strong>Verkehr</strong>, <strong>Innovation</strong> <strong>und</strong> Technologie<br />

Auftragnehmer:<br />

Bearbeitung:<br />

Rosinak & Partner ZT GmbH<br />

A-1050 Wien, Schloßgasse 11<br />

Tel.: (01) – 544 07 07<br />

Fax: (01) – 544 07 27<br />

e-mail: sekretariat@rosinak.co.at<br />

http:// www.rosinak.co.at<br />

Büro Dr. Max Herry<br />

A-1040 Wien, Argentinierstraße 21<br />

Tel.: (01) – 504 12 58<br />

Fax: (01) – 504 35 36<br />

e-mail: office@herry.at<br />

http:// www.herry.at<br />

Rosinak & Partner ZTGmbH:<br />

Dipl.-Ing. Dr. Werner ROSINAK<br />

Dipl.-Ing. Barbara SMRZKA<br />

Dipl.-Ing. Eva FAVRY<br />

Büro Dr. Max HERRY:<br />

Dr. Max HERRY<br />

Dipl.-Ing. Markus SCHUSTER<br />

cand.-Ing. Martin RUSS<br />

Dipl.-Ing. Irene TAFERNER<br />

Dokument: <strong>CARSHARING</strong>_ENDBERICHT_000707.doc<br />

Ro GZ 99247 / He GZ: 1351<br />

Stand: 07.07.2000<br />

HERRY / ROSINAK Seite 2


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

<strong>CARSHARING</strong><br />

Die Akteptanz von Carsharing<br />

in der näheren Wohnumgebung<br />

INHALTSVERZEICHNIS Seite<br />

1 Ausgangslage.........................................................................................................................4<br />

2 Untersuchungsmethode.........................................................................................................6<br />

3 Erhebungen............................................................................................................................7<br />

3.1 Untersuchungsgebiet......................................................................................................7<br />

3.2 Haushaltsbefragung........................................................................................................9<br />

3.3 Tiefeninterviews............................................................................................................12<br />

3.4 Geschlechtsspezifische Unterschiede..........................................................................13<br />

3.5 Unterschiede zwischen den Erhebungsgebieten.........................................................14<br />

4 Massnahmenkatalog............................................................................................................16<br />

4.1 Vorschläge <strong>für</strong> Carsharing-Betreiber............................................................................16<br />

4.1.1 Offensive Information ..........................................................................................16<br />

4.1.2 Systemvereinfachung..........................................................................................16<br />

4.1.3 Eintauschaktion <strong>für</strong> private PKWs ......................................................................17<br />

4.1.4 Verfügbarkeitsgarantie........................................................................................17<br />

4.1.5 Zusammenarbeit im Umweltverb<strong>und</strong> ..................................................................17<br />

4.1.6 Markierungen bei der Lebensplanung.................................................................18<br />

4.2 <strong>Verkehr</strong>spolitische Empfehlungen................................................................................19<br />

5 Zusammenfassung ..............................................................................................................21<br />

Anhang:<br />

1 Zur Erhebungsmethodik<br />

2 Ergebnisse der schriftlichen Erhebungen<br />

3 Ergebnisse der Tiefeninterviews<br />

4 Informationsveranstaltungen<br />

HERRY / ROSINAK Seite 3


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

1 AUSGANGSLAGE<br />

Carsharing ist in Österreich immer noch ein ausgesprochenes Minderheitenprogramm:<br />

Vielen unbekannt, wird diese Art der Auto-Mobilität derzeit von ca. 2.400 Personen<br />

praktiziert, 1.400 davon leben in Wien. Das sind im Verhältnis zu den zugelassenen Autos<br />

österreichweit weniger als 0,1% bzw. in Wien ca. 0,2%.<br />

Seit 1992 gibt es organisierte Carsharing-Angebote in Österreich, zunächst vom Verein<br />

„Auto Teilen Österreich“; ab 1997 sorgt das Unternehmen DENZELDRIVE (vormals<br />

EASYDRIVE) <strong>für</strong> einen möglichst reibungsfreien Ablauf bei der gemeinschaftlichen Nutzung<br />

von Fahrzeugen. Und weitgehend reibungsfrei funktioniert Carsharing tatsächlich: Die<br />

K<strong>und</strong>Innen sind in hohem Ausmaß mit dem Angebot zufrieden <strong>und</strong> wissen die System-<br />

vorteile im Vergleich zum Privatauto zu schätzen, wie mehrere Befragungen belegen 1 .<br />

Die Vorteile könnten <strong>für</strong> viele AutofahrerInnen wirklich überzeugend sein: Kostengünstig, vor<br />

allem <strong>für</strong> Gelegenheitsfahrer, flexibel in der Fahrzeugwahl <strong>und</strong> mit erstaunlich wenig<br />

Aufwand verb<strong>und</strong>en, präsentiert sich das Carsharing-Angebot heute. Trotzdem findet dieses<br />

verhältnismäßig neue Produkt am Mobilitätsmarkt nur langsam seine K<strong>und</strong>Innen.<br />

Vor allem im dichtbebauten Stadtgebiet steckt in Carsharing auch <strong>für</strong> die Allgemeinheit eine<br />

Chance: Wenn AutofahrerInnen zu Gunsten von Carsharing auf ein eigenes Auto verzichten,<br />

schafft das Platz im öffentlichen Straßenraum, wird eine Kostensenkung im Wohnbau<br />

möglich <strong>und</strong> führt das zu einem umweltverträglicheren <strong>Verkehr</strong>sverhalten der Bevölkerung.<br />

Damit ist Carsharing ein verkehrspolitisch interessantes Mobilitätsangebot. Wenn es gelingt,<br />

einen entsprechenden Marktanteil von AutofahrerInnen <strong>für</strong> dieses Angebot zu gewinnen,<br />

sind eine spürbare Änderung der <strong>Verkehr</strong>smittelwahl <strong>und</strong> eine Entlastung des öffentlichen<br />

Raumes vom Stellplatzdruck möglich.<br />

Beim Ausbau des Carsharing-Angebotes können verschiedene Standort-Strategien verfolgt<br />

werden. Bisher haben die Betreiber ihr Angebot vor allem an ÖV-Knoten orientiert, oder auf<br />

die örtliche Nachfrage reagiert: Dort, wo es ausreichend Interessenten gab <strong>und</strong> einen<br />

gesicherten Stellplatz, wurde ein Carsharing-Auto angeboten. Das Unternehmen<br />

DENZELDRIVE setzte zuletzt auch auf die offensive Strategie, Standplätze in<br />

1<br />

<strong>CARSHARING</strong> in Wien, <strong>Verkehr</strong>swissenschaftliche Begleituntersuchung, Rosinak&Partner ZTGmbH,<br />

im Auftrag der Stadt Wien, 1996<br />

Pilotprojekt Autofreie Mustersiedlung Wien-Floridsdorf, Sozialwissenschaftliche Dokumentation <strong>und</strong><br />

Evaluierung, Österreichischer Wohnb<strong>und</strong>, im Auftrag der Stadt Wien, z.Z. in Arbeit, 2000<br />

HERRY / ROSINAK Seite 4


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Wohnhausanlagen zu schaffen, z.B. im Wohnpark Alterlaa <strong>und</strong> in zwei Wohnhausanlagen<br />

der BUWOG.<br />

Welche Chancen hat diese Strategie? Welche anderen Möglichkeiten gibt es, den<br />

Carsharing-Anteil am Mobilitätsmarkt zu erhöhen? Welche Maßnahmen könnte ein<br />

Carsharing-Anbieter setzen, welche Maßnahmen die öffentliche Hand, um Carsharing<br />

bekannter <strong>und</strong> attraktiver zu machen?<br />

Diesen Fragen widmet sich die vorliegende verkehrswissenschaftliche Untersuchung zweier<br />

Carsharing-Standorte in BUWOG-Wohnhausanlagen. Die Akzeptanz <strong>und</strong> die Barrieren der<br />

(potenziellen) Carsharing-BenutzerInnen werden erhoben <strong>und</strong> analysiert, darauf aufbauend<br />

werden Vorschläge zur Akzeptanzsteigerung entwickelt. Das <strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Verkehr</strong>, <strong>Innovation</strong> <strong>und</strong> Technologie beauftragte die Verfasser mit dieser Untersuchung.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 5


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

2 UNTERSUCHUNGSMETHODE<br />

Die <strong>Verkehr</strong>swissenschaftliche Untersuchung gliedert sich in zwei Teile:<br />

Zunächst werden im Einzugsbereich zweier Carsharing-Standorte in Wohnhausanlagen<br />

umfassende Erhebungen durchgeführt. Dabei werden allgemeine Informationen zur<br />

Mobilität der Einwohner ebenso abgefragt, wie Meinungen <strong>und</strong> Einstellungen zum Thema<br />

Carsharing. Die Ergebnisse werden aufbereitet, ausgewertet <strong>und</strong> analysiert.<br />

Aufbauend auf den Erhebungsergebnissen wird ein umfassender Maßnahmenkatalog zur<br />

Akzeptanzsteigerung von Carsharing entwickelt, der sowohl Vorschläge <strong>für</strong> Carsharing-<br />

Betreiber wie auch verkehrspolitische Empfehlungen umfasst.<br />

Abb.1: Untersuchungsmethode<br />

Erhebungen<br />

• schriftliche Befragungen<br />

• mündliche Tiefeninterviews<br />

Maßnahmenkatalog<br />

• Vorschläge <strong>für</strong> CS-Betreiber<br />

• verkehrspolitische Empfehlungen<br />

HERRY / ROSINAK Seite 6


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3 ERHEBUNGEN<br />

Eine ausführliche Dokumentation der Erhebungen, der angewandten Methodik <strong>und</strong> aller<br />

Ergebnisse findet sich im Anhang dieser Untersuchung. Im Folgenden werden die<br />

wesentlichsten Ergebnisse zusammengefasst.<br />

3.1 UNTERSUCHUNGSGEBIET<br />

Das Untersuchungsgebiet umfasst zwei Erhebungsgebiete:<br />

- Im 18. Bezirk einen Einzugsbereich von ca 500 m um den Carsharing-Standort<br />

Gersthoferstraße 140.<br />

- Im 20. Bezirk einen Einzugsbereich von ca 500 m um den Carsharing-Standort<br />

Forsthausgasse 16-20.<br />

Abb.2: Erhebungsgebiet Währing<br />

HERRY / ROSINAK Seite 7


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Abb.3: Erhebungsgebiet Brigittenau<br />

Laut Bevölkerungsevidenz 1999 /3/ wohnen in beiden Erhebungsgebieten insgesamt 6.621<br />

Personen, davon 3.191 Personen im 18. Bezirk <strong>und</strong> 3.430 im 20. Bezirk. Im 18.Bezirk ist der<br />

Anteil an Personen im Alter von über 60 Jahren mit 28% weit höher als im 20. Bezirk mit<br />

13%. Der Anteil an Jugendlichen <strong>und</strong> jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 34 Jahren ist<br />

im 20.Bezirke mit 45% deutlich höher als im 18.Bezirk mit 34%. Daraus ergibt sich<br />

insgesamt <strong>für</strong> das Erhebungsgebiet um die Forsthausgasse ein deutlich niedrigerer<br />

Altersdurchschnitt als <strong>für</strong> das Erhebungsgebiet Gersthofer Straße.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 8


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3.2 HAUSHALTSBEFRAGUNG<br />

Im Februar <strong>und</strong> März 2000 wurde in den Erhebungsgebieten eine schriftliche Haushalts-<br />

befragung durchgeführt. Dabei wurde ein Fragebogen im erweiterten KONTIV-Design 2<br />

verwendet, ergänzt durch einen Fragebogen zum Thema Carsharing. Durch Telefonate im<br />

Anschluss an den Fragebogenversand wurde versucht, die Befragten zur Teilnahme zu<br />

motivieren <strong>und</strong> damit den Rücklauf <strong>und</strong> die Qualität der Rücksendungen zu verbessern.<br />

Insgesamt wurden 1.399 Haushalte angeschrieben, das sind ca. 38% aller Haushalte im<br />

Untersuchungsgebiet, davon<br />

- 498 Haushalte im 18. Bezirk, bestehend aus 68 BUWOG-Haushalten <strong>und</strong> 430 weiteren<br />

Haushalten,<br />

- 901 Haushalte im 20. Bezirk, bestehend aus 601 BUWOG-Haushalte <strong>und</strong> 300 weiteren<br />

Haushalten.<br />

337 Haushalte haben sich an der Befragung beteiligt, das entspricht einem Rücklauf von<br />

26%.<br />

Abb.2: <strong>Verkehr</strong>sverhalten<br />

Wegeanteil nach <strong>Verkehr</strong>smitteln an einem Werktag<br />

<strong>CARSHARING</strong> 2000<br />

Untersuchungsgebiet WIEN 1995<br />

NMV 25 %<br />

MIV 45 %<br />

ÖV 30 %<br />

NMV 34 %<br />

MIV 34 %<br />

ÖV 32 %<br />

Das <strong>Verkehr</strong>sverhalten der Wohnbevölkerung in den Untersuchungsgebieten entspricht in<br />

vielen Merkmalen dem bekannten Verhalten der Wiener Bevölkerung. Auffallende<br />

2 KONTIV ... Kontinuierliche Erhebung des <strong>Verkehr</strong>sverhaltens, Sozialdata, Deutschland<br />

HERRY / ROSINAK Seite 9


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Unterschiede zeigen sich bei der <strong>Verkehr</strong>smittelwahl (Modal Split): Im Untersuchungsgebiet<br />

werden fast die Hälfte (45%) aller Wege an einem Werktag mit dem Auto zurückgelegt, im<br />

Wiener Durchschnitt sind es nur 34%. Dem entsprechend werden im Untersuchungsgebiet<br />

deutlich weniger Fußwege zurückgelegt, auch der Anteil an ÖV-Wegen ist geringer als im<br />

gesamten Stadtgebiet.<br />

Auf die Frage „Wie stehen Sie persönlich zu Carsharing?“ antworten ca. 8% der<br />

BewohnerInnen, sie seien am Thema interessiert, ca. 1% sind bereits Carsharing-<br />

Mitglieder, 91% geben an, kein Interesse zu haben. Mehr als die Hälfte der Nicht-<br />

Interessierten (53%) besitzt einen eigenen PKW; bei den Interessierten sind es nur 46%, die<br />

derzeit über ein eigenes Auto verfügen.<br />

Abb.3: Interesse <strong>und</strong> Information<br />

Nicht-<br />

Interessierte<br />

91%<br />

INTERESSE INFORMATION<br />

Mitglieder<br />

1%<br />

Interessierte<br />

8%<br />

Carsharing ist immer noch ein Thema mit Informationsdefizit: Fast ein Drittel der<br />

Interessierten weiß nach eigenen Angaben zu wenig darüber, zwei Drittel der<br />

BewohnerInnen haben nicht gewusst, dass sich in ihrer Nähe ein Standplatz befindet.<br />

Carsharing hat ein umweltfre<strong>und</strong>liches Image <strong>und</strong> wird auch – zurecht – als kostengünstig<br />

eingeschätzt; aber viele halten das System Carsharing <strong>für</strong> relativ kompliziert.<br />

Den InteressentInnen liegt vor allem viel an den Ersparnismöglichkeiten durch Carsharing:<br />

Weniger Kosten, weniger Wartungsaufwand als beim privaten PKW, diese Gründe ziehen<br />

potenzielle Carsharing-Mitglieder am meisten an. Die wichtigste Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass<br />

Interessierte zu K<strong>und</strong>Innen werden, ist die sofortige Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Und der<br />

Standplatz darf nicht zu weit weg sein: Bei ca. 500 m Entfernung verliert die Hälfte der<br />

Interessierten ihre Bereitschaft zum Carsharing.<br />

Wenig informiert<br />

40 %<br />

Gut informiert<br />

9 %<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

informiert 51 %<br />

HERRY / ROSINAK Seite 10


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Der verkehrspolitische Nutzen von Carsharing könnte groß sein: Die Hälfte aller<br />

Interessierten möchte als Carsharing-K<strong>und</strong>Innen auf ein eigenes Auto verzichten.<br />

Die Mitglieder sind mit Carsharing insgesamt sehr zufrieden, Verbesserungen sind<br />

allerdings beim Fahrzeugangebot erwünscht: Beide Standplätze sind derzeit als typische<br />

Neustandorte mit je 2 Fahrzeugen bestückt.<br />

Ein eigenes Auto zu besitzen, ist der Hauptgr<strong>und</strong>, der gegen Carsharing spricht: Zwei Drittel<br />

der Nichtinteressierten geben diesen Gr<strong>und</strong> an. Fast ein Drittel ist skeptisch, was die<br />

Verfügbarkeit der Fahrzeuge betrifft, ebenfalls fast ein Drittel hält Carsharing <strong>für</strong> zu<br />

umständlich.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 11


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3.3 TIEFENINTERVIEWS<br />

Die Tiefeninterviews ergänzen <strong>und</strong> bestätigen die Haushaltsbefragung:<br />

• Informationsgrad. Mehr als ein Viertel der InterviewpartnerInnen sind erst durch die<br />

gegenständliche Untersuchung auf das Carsharing-Angebot aufmerksam geworden.<br />

• Bereitschaft zum Carsharing. Von den am Carsharing interessierten Gesprächs-<br />

partnerInnen gaben fast die Hälfte an, ernsthaft eine Carsharing-Mitgliedschaft zu<br />

überlegen, wobei wieder die Hälfte davon auf das eigene Auto verzichten würde. Damit<br />

würde das Carsharing zu einer verkehrspolitisch interessanten Alternative, prägt doch<br />

der Autobesitz das <strong>Verkehr</strong>sverhalten am stärksten.<br />

• Kostenstruktur. Anders als die Carsharing-Mitglieder kritisieren die Interessierten die<br />

Kosten des Carsharing: Der St<strong>und</strong>entarif wird als zu hoch eingeschätzt <strong>und</strong> fehlende<br />

bzw. unzureichende Angebote <strong>für</strong> das Wochenende werden bemängelt. Die aus anderen<br />

Untersuchungen bekannte Zufriedenheit <strong>und</strong> das <strong>Verkehr</strong>sverhalten der Carsharing-<br />

Mitglieder zeigen aber, dass eine Carsharing-Mitgliedschaft auch das Freizeitverhalten<br />

beeinflusst.<br />

• Nachfragestruktur. Von den befragten Personen benötigen 56% der Interessierten ein<br />

Carsharing-Auto werktags, deutlich mehr (72% der Interessierten) am Wochenende.<br />

Diese Nachfragestruktur stellt <strong>für</strong> Carsharing-Anbieter eine gewisse Herausforderung dar<br />

<strong>und</strong> erfordert bei größerem Umfang des Carsharing einen „dynamischen“ Fahrzeugpark,<br />

was eine Kooperation mit anderen, vorhandenen oder potenziellen Angebotsformen<br />

(Leihwagen, Firmenauto, usw.) nahe legt.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 12


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3.4 GESCHLECHTSSPEZIFISCHE UNTERSCHIEDE<br />

Alle Erhebungen wurden auch nach Geschlecht getrennt ausgewertet. Die Ergebnisse<br />

zeigen die bekannten Unterschiede im <strong>Verkehr</strong>sverhalten von Frauen <strong>und</strong> Männern: Frauen<br />

fahren weniger oft mit dem Auto <strong>und</strong> sind mehr mit öffentlichen <strong>Verkehr</strong>smitteln oder zu Fuß<br />

unterwegs als Männer. Weil Carsharing eine gute Ergänzung zum <strong>Verkehr</strong> im Umwelt-<br />

verb<strong>und</strong> (ÖPNV, zu Fuß gehen, Rad fahren) darstellt, ist eine Marketing-Strategie, die<br />

besonders auf das Werben von K<strong>und</strong>innen abzielt, zumindest überlegenswert.<br />

Die Erhebungen zeigen, dass die Einstellung zum Carsharing in vielen Punkten geschlechts-<br />

unabhängig ist, folgende Unterschiede sind aber erkennbar:<br />

• Eine geringe Entfernung des Standplatzes ist <strong>für</strong> Frauen als Entscheidungskriterium<br />

<strong>für</strong> Carsharing wichtiger als <strong>für</strong> Männer; Frauen legen aber weniger Wert darauf, dass<br />

das Auto unmittelbar vor der Haustüre steht.<br />

• Mehr Frauen als Männer würden Carsharing gerne einmal ausprobieren, bevor sie sich<br />

entscheiden.<br />

• Männer halten häufiger als Frauen den eigenen PKW <strong>für</strong> finanziell günstiger als<br />

Carsharing.<br />

• Das Fahrzeugangebot ist <strong>für</strong> Männer ein wichtigeres Entscheidungskriterium als <strong>für</strong><br />

Frauen.<br />

Insgesamt sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Einstellung zum Carsharing<br />

nur gering ausgeprägt.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 13


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3.5 UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN ERHEBUNGSGEBIETEN<br />

Bei der Auswertung getrennt nach den beiden Erhebungsgebieten zeigten sich folgende<br />

Unterschiede, die sich teilweise aus den soziodemographischen Besonderheiten oder mit<br />

der Lage im Stadtgebiet erklären lassen:<br />

• Der Anteil an Arbeitswegen ist im 20. Bezirk deutlich höher als im 18. Bezirk,<br />

entsprechend der unterschiedlichen Altersstruktur in den beiden Teilgebieten.<br />

• Im gesamten Untersuchungsgebiet werden wesentlich mehr Wege mit dem Auto<br />

zurückgelegt als im Wiener Durchschnitt; dabei ist der Autoanteil im 18. Bezirk noch<br />

größer als im 20. Bezirk.<br />

• Insgesamt ist die Bereitschaft zum Carsharing im 18. Bezirk etwas größer als im 20.<br />

Bezirk, wobei vor allem das Kostenargument im 18. Bezirk mehr zählt als im 20. Bezirk.<br />

• Der auffallendste Unterschied betrifft den Bekanntheitsgrad der beiden Standplätze:<br />

Während im 20. Bezirk ca. die Hälfte der Befragten vom nahen Standplatz wussten,<br />

waren es im 18. Bezirk nur 17% der Befragten. Dieses Ergebnis legt dem Carsharing-<br />

Betreiber nahe, den Ablauf der Öffentlichkeitsarbeit <strong>für</strong> die beiden Neustandorte auf<br />

Unterschiede zu überprüfen.<br />

Der weitaus größere Teil der Ergebnisse zeigt keine nennenswerten Unterschiede zwischen<br />

den beiden Erhebungsgebieten.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 14


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

3.6 UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN BEWOHNERN DER BUWOG-ANLAGEN UND<br />

DER UMGEBUNG<br />

Bei der Auswertung der Erhebungen wurden auch Unterschiede zwischen den Bewohner-<br />

Innen der BUWOG-Anlagen <strong>und</strong> denen der Umgebung festgestellt:<br />

• Die soziodemographischen Unterschiede sind gering: In den BUWOG-Anlagen<br />

wohnen im Schnitt etwas jüngere Personen als in der Umgebung, entsprechend höher ist<br />

auch der Anteil der Berufstätigen. Die PKW-Verfügbarkeit ist in beiden Gruppen<br />

annähernd gleich.<br />

• Das Mobilitätsverhalten entspricht den soziodemographischen Unterschieden: Außer-<br />

Haus-Anteil <strong>und</strong> Anzahl der Wege pro Tag sind bei den BUWOG-BewohnerInnen etwas<br />

höher als in der Umgebung.<br />

• Die deutlichsten Unterschiede zeigen sich bei der Information zum Thema Carsharing:<br />

Die BUWOG-BewohnerInnen wissen generell besser Bescheid über Carsharing (67%),<br />

als die Personen, die in der Umgebung wohnen (57%). Vor allem aber: 69% der<br />

BUWOG-BewohnerInnen war der CS-Standplatz bekannt, in der Umgebung kannten nur<br />

17% der Personen den Standplatz. Hier zeigt auch die Informationstätigkeit des CS-<br />

Betreibers <strong>und</strong> der BUWOG Wirkung.<br />

Die Einstellungen zum Carsharing sind davon wenig beeinflusst: Der (insgesamt geringe)<br />

Anteil an Mitgliedern ist innerhalb der BUWOG-Anlagen etwas höher als in der<br />

Umgebung, der Anteil an Nicht-Interessierten ist annähernd gleich groß.<br />

Die Auswertung zeigt jedenfalls, dass eine Konzentration der CS-Öffentlichkeitsarbeit auf die<br />

unmittelbare Standplatz-Umgebung <strong>und</strong> eine Zusammenarbeit von Carsharing-Betreiber <strong>und</strong><br />

Wohnbauträger den Informationsstand wesentlich verbessern kann. Offenbar ist es aber<br />

noch nicht gelungen, mit der Information zugleich Motivation zum Carsharing zu vermitteln.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 15


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

4 MASSNAHMENKATALOG<br />

4.1 VORSCHLÄGE FÜR <strong>CARSHARING</strong>-BETREIBER<br />

4.1.1 Offensive Information<br />

Derzeit verfolgt der Carsharing Betreiber DENZELDRIVE eine Strategie der breiten<br />

Öffentlichkeitsarbeit; angesprochen werden vor allem die Fahrgäste öffentlicher<br />

<strong>Verkehr</strong>smittel über Werbeflächen in den ÖV-Fahrzeugen, in Haltestellen <strong>und</strong> über<br />

K<strong>und</strong>eninformationen der ÖV-Betreiber (z.B. VOR-Magazin). Daneben wird über den<br />

Kooperationspartner ÖAMTC versucht, die Zielgruppe der AutofahrerInnen zu motivieren.<br />

Eine Standort-Strategie, die Carsharing innerhalb von Wohnhausanlagen forciert, verlangt<br />

nach einer abgestimmten Strategie der Öffentlichkeitsarbeit: Wenn die Standort-Entfernung<br />

ein entscheidendes Kriterium <strong>für</strong> die Akzeptanz von Carsharing ist, wie die bisherigen<br />

Ergebnisse zeigen, sollte sich die Informationsarbeit auch auf den Einzugsbereich der<br />

Standorte konzentrieren. Als wirksamer Einzugsbereich ist ein Umkreis von ca. 300 m bis<br />

500 m Radius anzusehen, das entspricht in etwa dem Einzugsbereich von Haltestellen <strong>für</strong><br />

leistungsfähige öffentliche <strong>Verkehr</strong>smittel. Neben einer direkten Information der Haushalte<br />

bietet sich eine Werbung an den Haltestellen der öffentlichen <strong>Verkehr</strong>smittel im<br />

Einzugsbereich an, z.B. auf den neuen Haltestellen-Umgebungsplänen der Wiener Linien.<br />

4.1.2 Systemvereinfachung<br />

Die <strong>Verkehr</strong>smittelwahl erfolgt immer sowohl aus objektiv-rationalen, als auch aus<br />

subjektiven Gründen. Wenn Menschen ihr <strong>Verkehr</strong>sverhalten ändern, müssen sie unter<br />

anderem subjektive Barrieren der Gewohnheit überwinden: Sie müssen umlernen, mit neuen<br />

Spielregeln vertraut werden, neue Gewohnheiten entwickeln. Das wird selten als<br />

Herausforderung, sondern häufig als Störung im Alltag empf<strong>und</strong>en.<br />

Ein innovatives Mobilitätsangebot wie Carsharing, das seinen Markt erst erobern muss,<br />

sollte daher alles daran setzen, die Einstiegsbarrieren so niedrig wie möglich zu halten. In<br />

diesem Sinne ist die Abschaffung der Kaution („Depot“) im Betriebssystem von<br />

DENZELDRIVE zu begrüßen. Eine weitere Vereinfachung im Abrechnungssystem ist <strong>für</strong><br />

Herbst 2000 geplant: Die Fahrleistung soll automatisch über Bordcomputer erfasst werden,<br />

das Ausfüllen des Fahrtenbuches kann dann entfallen. Damit wird Carsharing <strong>für</strong> viele<br />

potenzielle K<strong>und</strong>en attraktiver, eine gezielte Werbeaktion sollte die Einführung des neuen<br />

Systems begleiten.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 16


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Insgesamt sollte das Betriebssystem eines Carsharing-Anbieters so einfach wie möglich<br />

gehalten werden, auch die Tarifstruktur <strong>und</strong> das Angebot an Vergünstigungen in<br />

Kooperation mit anderen <strong>Verkehr</strong>sunternehmen sollten transparent <strong>und</strong> überschaubar sein.<br />

4.1.3 Eintauschaktion <strong>für</strong> private PKWs<br />

Die Hälfte aller interessierten Personen ist bereit, als Carsharing Mitglied auf den eigenen<br />

PKW zu verzichten. Diesen f<strong>und</strong>amentalen Schritt zum Verzicht auf ein eigenes Auto<br />

könnten Carsharing-Anbieter umfassend erleichtern, etwa durch eine Eintauschaktion <strong>für</strong><br />

den privaten PKW, entsprechend den üblichen Sonderkonditionen beim Neuwagenkauf.<br />

Carsharing-K<strong>und</strong>en könnten aber auch einen Wochenendgutschein <strong>für</strong> einen Mietwagen<br />

oder ein ÖV-Ticket zusätzlich zum Gebrauchtwagenpreis erhalten. Bei entsprechend<br />

attraktiver Gestaltung des Eintauschangebotes könnte das auch einen Teil jener Personen<br />

ansprechen, die das eigene Auto als Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> angeben, warum sie kein Interesse an<br />

Carsharing haben; immerhin sind das zwei Drittel der Nicht-Interessierten.<br />

4.1.4 Verfügbarkeitsgarantie<br />

Die wichtigste Voraussetzung, damit Interessierte zu K<strong>und</strong>Innen werden, ist die kurzfristige<br />

Verfügbarkeit der Carsharing-Fahrzeuge. Zugleich ist die Be<strong>für</strong>chtung, dass kein Fahrzeug<br />

verfügbar ist, ein Hauptargument der Nicht-Interessierten.<br />

Um diese Zweifel zu entkräften, könnte eine Art Verfügbarkeitsgarantie gewährt werden:<br />

Konflikte werden festgehalten (wie dies bei DENZELDRIVE teilweise geschieht); werden <strong>für</strong><br />

einen bestimmten K<strong>und</strong>en drei oder mehr Konflikte binnen drei Monaten registriert, erhält<br />

der K<strong>und</strong>e automatisch eine Entschädigung (Gutschrift etc.).<br />

4.1.5 Zusammenarbeit im Umweltverb<strong>und</strong><br />

Carsharing ergänzt das Angebot des „Umweltverb<strong>und</strong>es“ (ÖPNV, Rad fahren, zu Fuß<br />

gehen) auf verkehrspolitisch sinnvolle Weise. So liegt es nahe, mit den ÖPNV-Betreibern<br />

<strong>und</strong> mit den Interessensvertretungen von RadfahrerInnen <strong>und</strong> FußgängerInnen eine<br />

systematische Kooperation aufzubauen. Das betrifft die Information über komplementäre<br />

Angebote (z.B. ein Drahtesel-Abo <strong>für</strong> Carsharing-Mitglieder) <strong>und</strong> reicht bis zu günstigen<br />

Kombi-Tarifen <strong>und</strong> trendigen Sonderangeboten (z.B. der neue Tretroller im Kofferraum des<br />

Carsharing-Autos). Offensichtlich gibt es durch Synergien zwischen Carsharing <strong>und</strong> dem<br />

Umweltverb<strong>und</strong> ein breites Feld <strong>für</strong> jene „intelligente Mobilität“, die auf der Zielebene vieler<br />

<strong>Verkehr</strong>skonzepte angestrebt wird.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 17


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

4.1.6 Markierungen bei der Lebensplanung<br />

Offensichtlich gibt es Entwicklungssituationen vor wichtigen Lebensabschnitten, die ein<br />

Innehalten, ein Hinterfragen bisheriger Gewohnheiten bedingen: Der Wohnungskauf, die<br />

Familienplanung, die Reflexion der beruflichen <strong>und</strong> privaten Situation in der Mitte des<br />

Lebens, die Zeit vor dem Ruhestand. An diesen Markierungen dürfte eine höhere<br />

Bereitschaft bestehen, Neues zu wagen, Verzicht zu üben, aber auch eine bessere<br />

Lebensqualität zu suchen.<br />

Der Verzicht auf ein eigenes Auto – verb<strong>und</strong>en mit Carsharing – ist vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

gängiger Paradigmen fraglos eine radikale Entscheidung. Besteht an den Markierungs-<br />

punkten des Lebens eine „radikale Disposition“, ginge es nur mehr darum, entsprechende<br />

Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen – also Informationen – verfügbar zu machen. Hier bietet sich eine<br />

Zusammenarbeit mit jenen Institutionen an, die an den Markierungspunkten professionell<br />

<strong>und</strong> traditionell Hilfe leisten: Die Wohnbauträger als Wohnungsberater, die Banken als<br />

Finanzberater, Versicherungen als Vorsorgeberater, usw.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 18


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

4.2 VERKEHRSPOLITISCHE EMPFEHLUNGEN<br />

Carsharing ist bei entsprechender Mitgliederzahl ein wirksames <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Kommunen auch<br />

kostengünstiges Instrument, die Städte vom „Würgegriff des Autos“ (Peter Sloterdijk) zu<br />

befreien. Untersuchungen belegen, dass Carsharing-Mitglieder weniger als 10% ihrer Wege<br />

mit dem Auto zurücklegen, bei den übrigen <strong>Verkehr</strong>steilnehmerInnen sind es fast 40% aller<br />

Wege. Somit wäre es verkehrspolitisch anzustreben, die Carsharing-Mitgliederzahl ganz<br />

erheblich zu steigern: Gäbe es in Wien 10% Carsharing Mitglieder, könnte der MIV-<br />

Wegeanteil um knapp 3% gesenkt werden. Eine derart große Mitgliederzahl – etwa 50.000<br />

Haushalte – schließt eine finanzielle Förderung aus. Es gibt aber eine Vielzahl von<br />

verkehrspolitischen Angeboten, die das Carsharing attraktiver machen können:<br />

• Zu überlegen sind besondere verkehrsrechtliche Regelungen <strong>für</strong> das Fahren <strong>und</strong><br />

Abstellen von Carsharing-Autos, was eine Kennzeichnung der Fahrzeuge voraussetzt:<br />

Busspuren könnten <strong>für</strong> Carsharing-Autos legal befahrbar sein, auch bei der<br />

Parkraumbewirtschaftung sollten Sonderregelungen überprüft werden.<br />

• Da bei einer deutlich vergrößerten Mitgliederzahl eine Konkurrenz der Anbieter sinnvoll<br />

<strong>und</strong> notwendig ist, könnte die öffentliche Hand (B<strong>und</strong>, Städte) die schwierige Unter-<br />

nehmungsgründungsphase erleichtern.<br />

• Vorrangig aber ist, die bisherigen Bemühungen zu einer Erfolgsgeschichte zu machen,<br />

was die Mitwirkung der öffentlichen Hand an der Informationspolitik des Carsharing-<br />

Anbieters nahe legt.<br />

Kurz <strong>und</strong> gut: Carsharing liegt im öffentlichen Interesse.<br />

Folgende Vorschläge sollten gemeinsam mit der Stadt Wien – hier besteht das größte<br />

Potenzial <strong>für</strong> Carsharing – auf ihre Machbarkeit untersucht werden:<br />

(1) CS-Stellplätze in erweiterten Ladezonen<br />

Carsharing-Standorte befinden sich derzeit ausnahmslos in Garagen, was die flächen-<br />

hafte Verfügbarkeit des Carsharing gr<strong>und</strong>sätzlich einschränkt. Eine höhere Präsenz<br />

kann erreicht werden, wenn ausgewiesene Stellplätze im Straßenraum verfügbar wären.<br />

Dazu bieten sich – innerhalb wie ausserhalb der Parkraumbewirtschaftung –<br />

entsprechend erweiterte Ladezonen, aber auch Parkzonen mit besonderer Berechtigung<br />

(CS-Zonen).<br />

HERRY / ROSINAK Seite 19


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Seitens der CS-Anbieter wäre zu überlegen, inwieweit bei einer weiteren Auto-<br />

matisierung <strong>und</strong> Vereinfachung des Rückgabe- <strong>und</strong> Annahmevorganges die<br />

Standortbindung gelockert werden könnte (z. B. Das Auto steht vor dem Haus Nr. ... /<br />

GPS-Kennung).<br />

(2) Befahren von Busspuren<br />

Derzeit dürfen Linienbusse <strong>und</strong> Taxis die ausgewiesenen Busspuren befahren. Bei<br />

ausreichend sichtbarer Kennzeichnung der CS-Fahrzeuge sollten auch diese Fahrzeuge<br />

die Busspuren befahren dürfen.<br />

(3) Sanierung von städtischen Wohnhausanlagen<br />

Die großen Wohnhausanlagen der Zwischenkriegszeit wurden <strong>und</strong> werden systematisch<br />

saniert (Aufzüge, Wärmedämmung, Wohnungszusammenlegung, Dachbodenausbau).<br />

Dabei geht es auch um die „Nachrüstung“ von Stellplätzen durch Tiefgaragen oder<br />

Parkdecks. Begleitet werden diese Sanierungsmaßnahmen durch einen intensiven<br />

Kommunikationsprozeß mit den Bewohnern. Es ist naheliegend, das CS-Angebot in die<br />

Überlegungen aufzunehmen, schon um aufwendige Garagenbauten zu minimieren.<br />

Wohnbetreuung <strong>und</strong> Mobilitätsberatung könnten zu einer innovativen Dienstleistung<br />

verb<strong>und</strong>en werden.<br />

(4) Public Awareness<br />

Die p.r.-Aktivitäten des CS-Unternehmens können durch unterstützende Maßnahmen<br />

der öffentlichen Hand erheblich verstärkt werden. Eine derartige Unterstützung ist schon<br />

deshalb gerechtfertigt, weil Carsharing verkehrspolitisch außerordentlich zweckmäßig<br />

ist. Die Unterstützung betrifft:<br />

� gemeinsames Marketing bei ergänzenden Angeboten <strong>für</strong> eine „intelligente Mobilität“<br />

(Das neue U-Bahnfahrzeug, ein CS-Auto � das sind Wiens modernste Fahrzeuge).<br />

� Öffnung spezifischer Informationskanäle durch die Stadt Wien (Stadtplanung �<br />

Architekten; Wohnen � Gebietsbetreuungen, Wohnbauträger).<br />

Jedenfalls sollte die vorliegende Untersuchung zum Anlass genommen werden, die<br />

Kommunikation zwischen dem BMVIT <strong>und</strong> der Stadt Wien zu vertiefen <strong>und</strong> konkrete CS-<br />

Maßnahmen zu vereinbaren.<br />

HERRY / ROSINAK Seite 20


<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

5 ZUSAMMENFASSUNG<br />

Auf Gr<strong>und</strong> von Carsharing-Angeboten in zwei Wiener Wohnhausanlagen wurde eine<br />

verkehrswissenschaftliche Untersuchung der „Akzeptanz von Carsharing in der näheren<br />

Wohnumgebung“ durchgeführt. Aus den schriftlichen Befragungen <strong>und</strong> vertiefenden<br />

Interviews lassen sich folgende Schlüsse ziehen:<br />

• Carsharing ist immer noch ein Thema mit Informationsdefizit: Fast ein Drittel der<br />

Interessierten weiß nach eigenen Angaben zu wenig darüber, zwei Drittel der<br />

BewohnerInnen haben nicht gewusst, dass sich in ihrer Nähe ein Standplatz befindet.<br />

• Carsharing hat ein umweltfre<strong>und</strong>liches Image <strong>und</strong> wird auch – zurecht – als<br />

kostengünstig eingeschätzt; aber viele halten das System Carsharing <strong>für</strong> zu kompliziert<br />

in der Abwicklung.<br />

• Den Interessierten geht es vor allem um Ersparnismöglichkeiten durch Carsharing:<br />

Weniger Kosten, weniger Wartungsaufwand als beim privaten PKW, diese Gründe<br />

ziehen potenzielle Carsharing-Mitglieder am meisten an. Die wichtigste Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong>, dass Interessierte zu K<strong>und</strong>Innen werden, ist die sofortige Verfügbarkeit der<br />

Fahrzeuge. Und der Standplatz darf nicht zu weit weg sein: Bei ca. 500 m Entfernung<br />

verliert die Hälfte der Interessierten ihre Bereitschaft zum Carsharing.<br />

• Der verkehrspolitische Nutzen von Carsharing könnte groß sein: Die Hälfte aller<br />

Interessierten würden als Carsharing-K<strong>und</strong>en auf ein eigenes Auto verzichten. So<br />

gesehen liegt Carsharing im öffentlichen Interesse <strong>und</strong> sollte seitens der öffentlichen<br />

Hand organisatorisch <strong>und</strong> durch attraktivierende Maßnahmen (z.B. Benutzungserlaubnis<br />

<strong>für</strong> Busspuren, Sonderregelung innerhalb der Parkraumbewirtschaftung) gefördert<br />

werden.<br />

• Die Mitglieder sind insgesamt sehr zufrieden, Carsharing wird als kostengünstig,<br />

bequem <strong>und</strong> zuverlässig eingeschätzt. Damit wird dem Anbieter DENZELDRIVE ein<br />

gutes Zeugnis als Mobilitätsdienstleister ausgestellt. Verbesserungen sind vor allem<br />

beim Fahrzeugangebot erwünscht.<br />

• Ein eigenes Auto zu besitzen, ist der Hauptgr<strong>und</strong>, der gegen Carsharing spricht: zwei<br />

Drittel der Nichtinteressierten geben diesen Gr<strong>und</strong> an. Fast ein Drittel ist skeptisch, was<br />

die Verfügbarkeit der Fahrzeuge betrifft, ebenfalls fast ein Drittel hält Carsharing <strong>für</strong> zu<br />

umständlich. Der <strong>Verkehr</strong>smarkt <strong>für</strong> Carsharing ist jedenfalls nicht homogen, ein<br />

selektives Marketing <strong>für</strong> Benutzergruppen ist unerlässlich.<br />

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<strong>CARSHARING</strong> ENDBERICHT<br />

Insgesamt hat das Carsharing sein Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft, was eine<br />

umfassende Informationspolitik über dieses intelligente Mobilitätsangebot nahe legt.<br />

Wien, Juli 2000<br />

Dr. Werner Rosinak / Dr. Max Herry<br />

BearbeiterIn: DI Barbara Smrzka / DI Markus Schuster<br />

HERRY / ROSINAK Seite 22

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