P.T. MAGAZIN 05/2014
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Überforderung durch Industrie 4.0<br />
Die vierte industrielle Revolution soll Entwicklung und Produktion schneller,<br />
flexibler und besser machen. Theoretisch. Praktisch ist aber nicht klar, wie sie<br />
aussehen soll und so kocht die Revolution eher auf Sparflamme.<br />
Wirtschaft<br />
30<br />
Der Umgang der deutschen Wirtschaft<br />
mit Industrie 4.0 ist weitgehend durch<br />
Orientierungslosigkeit und Überforderung<br />
geprägt. Dies ist die Kernaussage<br />
einer aktuellen Expertenumfrage von<br />
eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft<br />
e. V. 85 Prozent der von eco<br />
befragten Fachleute sind der festen<br />
Überzeugung, dass die meisten Unternehmen<br />
in Deutschland keine klare Vorstellung<br />
davon haben, was Industrie 4.0<br />
eigentlich ist und wie sie aussehen wird.<br />
94 Prozent der Experten halten die deutsche<br />
Wirtschaft durch die – für Industrie<br />
4.0 erforderliche – Zusammenschaltung<br />
von Hardware, Software und Telekommunikation<br />
für schlichtweg überfordert.<br />
Flexibilität und einheitliche Branchenstandards<br />
sind entscheidend<br />
„Industrie 4.0 muss für die Wirtschaft<br />
greifbarer und einfacher werden“,<br />
erklärt Dr. Bettina Horster, Vorstand der<br />
Vivai Software AG und Direktorin Mobile<br />
im eco. Das sehen auch die Experten<br />
so: 94 Prozent der Befragten vertreten<br />
www.bitkom.org<br />
die Auffassung, dass einheitliche Branchenstandards<br />
und branchenspezifische<br />
Lösungen für den weiteren Erfolg von<br />
Industrie 4.0 entscheidend sind. Für<br />
mittelständische Firmen ist die internationale<br />
Verbreitung vor allem schwierig,<br />
weil es keine weltweit tragfähigen<br />
Datentarife gibt, meinen 71 Prozent der<br />
Fachleute. „Die für den weltweiten Rollout<br />
wichtige Provider-Flexibilität hat<br />
die Mobilfunkbranche leider noch nicht<br />
akzeptiert. Jeder Provider-Wechsel erfordert<br />
nach wie vor zwingend den Austausch<br />
der SIM-Karte.“<br />
Die meisten Industrie 4.0-Geschäftsmodelle<br />
sind wirtschaftlich nicht tragbar<br />
Allein schon aufgrund der schwer<br />
abschätzbaren weltweiten Datenübertragungskosten<br />
gehen 92 Prozent der<br />
von eco befragten Experten davon aus,<br />
dass die für Industrie 4.0 kalkulierten<br />
Geschäftsmodelle schön gerechnet sind<br />
oder erst zu spät auf ihre wirtschaftliche<br />
Tragfähigkeit überprüft werden. 71 Prozent<br />
der Fachleute sind davon überzeugt,<br />
dass die Unternehmen die Kosten für<br />
Datenübertragung und Datenspeicherung<br />
schlichtweg unterschätzen. Hoch<br />
ist hingegen die Angst der Unternehmen<br />
vor Online-Spionage, meinen 80<br />
Prozent der Fachleute. „Ein Hacker, der<br />
sich in die Machine-to-Machine-Kommunikation<br />
einschaltet, hat in der Regel<br />
Zugriff auf das Kern-Know-how des<br />
jeweiligen Unternehmens“, gibt Dr. Bettina<br />
Horster eine Erklärung ab, warum<br />
sich viele Firmen beim Thema Industrie<br />
4.0 noch bedeckt halten.<br />
Knackpunkt Mobilfunk:<br />
Das Fehlen<br />
weltweit tragfähiger<br />
Datentarife<br />
bereitet vielen<br />
mittelständischen<br />
Unternehmen Probleme<br />
bei der weltweiten<br />
Datenübertragung und Kommunikation.<br />
Bild: Nemo/pixabay.com/ Public Domain CC0<br />
Dr. Bettina Horster fordert staatenübergreifende<br />
Mobilfunk-Lösungen<br />
Es wird höchste Zeit, den schon von der<br />
GSMA (Industrievereinigung der Mobilfunkbetreiber)<br />
verabschiedeten Standard<br />
für Embedded SIM für einen einfachen<br />
Betreiberwechsel umzusetzen“,<br />
sagt Dr. Bettina Horster, und gibt zu<br />
bedenken: „Die Globalität des Internet<br />
und die nationalen Konzepte der Mobilfunkbetreiber<br />
prallen beim Thema mobiles<br />
Internet spätestens dann aufeinander,<br />
wenn es um staatenübergreifende<br />
Lösungen geht. Darunter leidet nicht nur<br />
jeder Verbraucher, der ins Ausland geht,<br />
sondern eben auch die Wirtschaft, wenn<br />
sie internationale Geschäftsmodelle<br />
zum Einsatz bringen will. Nur die großen<br />
Konzerne, zum Beispiel im Automotive<br />
Sektor, haben die Verhandlungsmacht,<br />
bezahlbare Preismodelle herauszuschlagen.“<br />
Sie betont zugleich: „Es kann keinen<br />
ernsthaften Zweifel daran geben,<br />
dass sich direkte Maschinen-Vernetzung<br />
am Ende weltweit auf breiter Front<br />
durchsetzen wird.“ ■<br />
Mehr Informationen unter www.eco.de<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 5/<strong>2014</strong>