P.T. MAGAZIN 05/2014
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Geben ist seliger denn nehmen…?<br />
Baden-Württemberg, Bayern und Hessen wollen nicht auf ewig die Haushalte<br />
der anderen Bundesländer sanieren. Diese sehen die weitere Bezuschussung jedoch<br />
als notwendig und natürlich. Das Problem dabei: Ganz im Recht ist keiner<br />
Wirtschaft<br />
50<br />
Eine alltägliche Situation: Ein enger Verwandter<br />
benötigt zur Umsetzung einer<br />
Idee oder auch zur vorübergehenden<br />
Sicherung der eigenen Grundversorgung<br />
mehr Geld als er besitzt. Er bittet Sie um<br />
Hilfe. Sie stellen ihm die fehlenden Mittel<br />
zinsfrei, ja vielleicht sogar ohne Rückzahlungsverlangen<br />
zur Verfügung, da<br />
Sie finanziell gut gestellt sind und Ihnen<br />
daran gelegen ist, dass es dem klammen<br />
Verwandten besser geht. Zudem:<br />
Sollten Sie selbst einmal in finanzielle<br />
Schieflage geraten, wäre es doch schön,<br />
wenn Ihnen auch geholfen würde. So<br />
die Gemengelage beim Bundesfinanzausgleich.<br />
Auf der einen Seite die wirtschaftlich<br />
starken Geberländer Bayern,<br />
Baden-Württemberg und Hessen und<br />
auf der anderen Seite der Rest der finanziell<br />
darbenden Republik, angeführt von<br />
der Kredit-Kapitale Berlin. Nüchtern<br />
betrachtet sind es also drei Bundesländer,<br />
die den 13 anderen Bundesländern<br />
bei der Finanzierung unter die Arme greifen<br />
müssen. Dieser Zwang ergibt sich<br />
durch die Auslegung der Artikel 106 und<br />
107 des Grundgesetzes, die den Länderfinanzausgleich<br />
regeln. Dieser hat die Ver-<br />
wicklung die Unmut im Ländle hervorruft.<br />
Dieses Geben und Nehmen wurde<br />
1995 mit dem Hinzukommen der Neuen<br />
Bundesländer weiter verstärkt, mussten<br />
hier doch die strukturell rückständigen<br />
Regionen besonders gefördert werden.<br />
Perspektivisch geschieht die Unterstützung<br />
der schwächeren Länder unter der<br />
Annahme, dass diese langfristig stark<br />
genug sind, um ohne Ausgleich auszukommen.<br />
Die Statistiken des Bundesfinanzministeriums<br />
zeigen jedoch das<br />
Gegenteil. Seit der Einführung des Euros<br />
im Jahr 2002 konnten außer Hessen,<br />
Foto: Republic of Korea KOREA.NET - Official page<br />
of the Republic of Korea /Flickr.com/CC BY-SA 2.0<br />
Foto: lars20070 /Flickr.com/CC BY-NC-ND 2.0<br />
Berlin sucht Geld.<br />
weit, so gut, doch tritt der Verwandte<br />
immer wieder mit finanziellen Gesuchen<br />
an Sie heran, obwohl Sie langsam<br />
Fortschritte erwarten und nicht jedes<br />
Mal auf’s Neue Ihr hart erwirtschaftetes<br />
Geld verschwinden sehen wollen. Das<br />
Ende dieser Entwicklung ist klar: Über<br />
Kurz oder Lang kommt es zum Streit zwischen<br />
den Parteien und der Rubel rastet,<br />
statt zu rollen.<br />
Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse<br />
als Problem<br />
Was zwischen Verwandten zum Streit<br />
führt, endet bei den Bundesländern<br />
vor dem Bundesverfassungsgericht.<br />
Die einen können, aber wollen nicht<br />
mehr, die anderen wollen mehr, können<br />
aber nicht. In groben Zügen ist dies<br />
einheitlichung der Lebensverhältnisse in<br />
Deutschland zum Ziel. Die Auslegung<br />
– und damit die gegenwärtige Praxis –<br />
wurde 2001 gemeinsam durch alle Bundesländer<br />
bestimmt und dennoch regt<br />
sich Widerstand.<br />
Die Ausgangslage<br />
Seinen Anfang nimmt der Länderfinanzausgleich<br />
im Jahre 1950. Seitdem unterstützt<br />
beispielsweise das mit Überschüssen<br />
gesegnete Baden-Württemberg<br />
ohne (!) Unterbrechung das weniger<br />
starke Niedersachsen. So wie also das<br />
eine Bundesland seit jeher Überschüsse<br />
abgeben muss, ist das andere Land seit<br />
Bestehen des Länderfinanzausgleichs<br />
stets als Nehmer aufgetreten. Über den<br />
Zeitraum von 63 Jahren hinweg eine Ent-<br />
Baden-Württemberg und Bayern nur<br />
zwei andere Länder vorübergehend<br />
Überschüsse generieren, Hamburg und<br />
Nordrhein-Westfalen. Hamburg wechselte<br />
2013 nach knapp 20 Jahren als<br />
Geber mit einem Bedarf von 87 Mio.<br />
Euro. die Rolle zum Nehmer. Besonders<br />
drastisch der Absturz in NRW. Trat das<br />
Land 2002 noch mit 1,6 Mrd. Euro als<br />
Geber auf, brauchte es sechs Jahre später<br />
bereits Unterstützung und weist seit<br />
vier Jahren einen wachsenden Bedarf an<br />
Geldern auf (2013: 693 Mio. Euro).<br />
Bayerns Sonderrolle<br />
Unter den verbliebenen Geberländern<br />
stellt Bayern mit 4,3 Mrd. Euro für das<br />
Jahr 2013 über 50% der Ausgleichszahlungen<br />
und ist mit dieser Rolle alles<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 5/<strong>2014</strong>