Wien - Sudetenpost
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28 SUDETENPOST Folge 24 vom 19. Dezember 1991<br />
Pilsen<br />
Die von dem aus Eger stammenden<br />
Emil von Skoda begründeten Pilsner Skodawerke<br />
(Eger gestattete ihm nicht die Errichtung<br />
einer Maschinenfabrik in seiner<br />
Heimatstadt!) suchen noch immer einen finanzkräftigen<br />
ausländischen Partner. Der<br />
britische Maschinenbaukonzern GEC-<br />
Altsthom interessiert sich für das Lokomotivwerk<br />
der Pilsner Firma. Auch die<br />
Schweizer Firma BBC ist an einem Pilsner<br />
Teilwerk interessiert. Die französischen<br />
Schneider-Creuzot-Werke, die vor 1938<br />
Großaktionäre waren, haben merkwürdigerweise<br />
nun wenig Neigung, einen der<br />
Pilsener Betriebe zu übernehmen.<br />
Karlsbad-Maierhöfen<br />
Die seit Generationen weltbekannte<br />
Glasfabrik MOSER-Maierhöfen, deren letzter<br />
deutscher Besitzer heute in New York<br />
lebt, wurde in eine AG umgewandelt. Der<br />
Firmenname ist geblieben. Im Sozialraum<br />
dieses Betriebes hält seit Jahren die Ortsgruppe<br />
Karlsbad des deutschen „Kultur-<br />
• Verbandes" ihre Veranstaltungen ab.<br />
Buchers b. K a plitz<br />
Der durch die Vertreibung entstandene<br />
bevölkerungsmäßige Entleerung des sudetendeutschen<br />
Siedlungsraumes versucht<br />
man nun durch Ansiedlung von Menschen<br />
aus Weißrußland, aus Wolhynien, entgegenzuwirken.<br />
Es handelt sich um Personen,<br />
die wegen des Atommeilerunfalls von<br />
Tschernobyl umgesiedelt werden. Rund<br />
260 Familien will man in den Böhmerwald,<br />
vor allem nach Buchers bei Kaplitz, umsiedeln.<br />
Auch der Raum um Tachau im südlichen<br />
Egerland ist dafür vorgesehen.<br />
Bereits 1945 sind mehrere tausend Wolhynientschechen<br />
um Saaz-Podersam angesiedelt<br />
worden. Sie hatten sich während<br />
des Zweiten Weltkrieges freiwillig zur Svobodaarmee<br />
gemeldet. Junge Wolhynientschechen<br />
waren am Massaker an den<br />
Aussiger Deutschen Ende Juli 1945 beteiligt.<br />
Schattau<br />
Mit ausländischer finanzieller Beteiligung<br />
wilf man in Schattau im Böhmerwald<br />
ein Hotel mit 50 Betten, sowie ein Restaurant<br />
und eine Weinstube errichten, da man<br />
mit erhöhtem Fremdenverkehr in den<br />
nächsten Jahren rechnet.<br />
Neues aus unserer Sudetenheimat<br />
Von Toni Herget<br />
deten Deutschen seine Referenz zu erweisen,<br />
ist mehr als nur ein Protokollfehler.<br />
So fehlte nicht nur auf tschechischer<br />
Seite der Mut zum großen „Schlußstrich",<br />
an dem man die Sudetenfrage aussparte,<br />
sondern auch auf deutscher, indem man<br />
beim Präsidentenbesuch weder in Theresienstadt,<br />
noch in Aussig oder Brunn der<br />
240.000 deutschen Vertreibungsopfer gedachte.<br />
Wie sagte doch der Bundespräsident<br />
in seiner Ansprache vor dem Prager<br />
Bundesparlament? „Zur Freiheit gehört<br />
die Offenheit des Blickes auf dem Weg<br />
der hinter uns liegt. Sich wahrheitsgemäß<br />
zu erinnern, tut oft weh. Aber man kommt<br />
mit sich selbst und mit seinem Nachbarn<br />
nur ins Reine, wenn man sich an die<br />
Wahrheit hält. Wer die Kraft zur Wahrheit<br />
aufbringt, der ebnet den Weg zur Versöhnung<br />
und legt damit unsere Kräfte frei zur<br />
künftigen Zusammenarbeit."<br />
Teplitz<br />
Die Bezirksausschüsse von acht politischen<br />
Parteien erließen in Teplitz einen<br />
Aufruf, in dem die Öffentlichkeit und vor<br />
den. Im dortigen Revier werden 22 der<br />
jährlich insgesamten 25 Mio. Tonnen<br />
Steinkohle gefördert.<br />
Eger<br />
Beim Rehabilitierungsausschuß des dortigen<br />
Bezirksgerichtes erschien kürzlich<br />
ein dort Ende 1946 von einem Senat des<br />
ao. Volksgerichtes verurteilter Deutscher<br />
und bat um seine rehabilitierungsmäßige<br />
Gleichstellung mit dem jetzigen CSFR-<br />
Staatspräsidenten V. Havel, da er seine<br />
Verurteilung zu zehnjähriger Zwangsarbeit<br />
als Unrecht ansehe, das auch der szt. gültigen<br />
Verfassung widersprach. Deutscher<br />
zu sein war nach der CSR-Verfassung von<br />
1920 nicht strafbar. Diese rassistische<br />
Auslegung wurde aber von 1945 bis 1948<br />
nach den Retributionsdekreten praktiziert.<br />
Witkowitz<br />
Die Witkowitzer Eisenwerke, einer der<br />
größten und modernsten Betriebe seiner<br />
Art in der Vorkriegs-CSR, die mehrheitlich<br />
der Familie Rothschild gehörten, doch<br />
nach 1945 verstaatlicht wurden, gehen<br />
in aller Welt anerkannte Weltbad Karlsbad<br />
und nicht Karlovy Vary.<br />
St. Joachimsthal<br />
Die alte Bergstadt rechnet damit, daß<br />
sie in allernächster Zeit zur denkmalpflegerischen<br />
Zone erklärt wird, so die Ausführungen<br />
des jetzigen Bürgermeisters<br />
Radovan Kautsky, dem es Kummer bereitet,<br />
daß in der Nachkriegszeit diese Stadt,<br />
welche durch Jahrzehnte durch seine vielen<br />
Uran-KZs das „Tschechoslowakische<br />
Sibirien" genannt wurde, die meisten Kulturdenkmäler<br />
verloren hat und nun eine<br />
der am meisten heruntergekommenen<br />
Städte der CSFR ist, obwohl St. Joachimsthal<br />
einst — nach Prag — volksreichste<br />
und reichste Stadt Böhmens war.<br />
Der jammervolle Zustand der „Spitalskirche"<br />
bewirkte bei vielen Besuchern, die<br />
aus St. Joachimsthal stammen oder es<br />
von früher kennen, Tränen und Äußerungen<br />
des Unmuts, wie man wertvolles<br />
Denkmalsgut so verkommen lassen<br />
konnte.<br />
Doglasgrün<br />
Das bei Elbogen gelegene Brennstoffkombinat<br />
Doglasgrün macht sich Sorgen<br />
um seine Zukunft. Ging es bisher nur um<br />
Fördermengen ohne Rücksicht auf et-<br />
Prag<br />
Am 1.4.1991 erschien erstmals das<br />
neu herausgegebene „PRAGER WO-<br />
CHENBLATT". Als Chefredakteur zeichnet<br />
Felix Seebauer, der bis zu seiner Einstellung<br />
vor einigen Monaten bei der „Neuen<br />
Prager Presse", die vom Orbis-Verlag herausgebracht<br />
wurde, tätig war. Diese Zeitung<br />
erschien durch zehn Jahre. Eine<br />
andere Gruppe von Journalisten bringt seit<br />
April d. J. in Prag das „Prager Tagblatt"<br />
heraus, das bis 1938 eine bedeutende Rolle<br />
im Sudetenland spielte.<br />
Käsmark<br />
Für die künftige CSFR-Armee will man<br />
mit zehn Truppenübungsplätzen auskommen,<br />
die 204.475 ha umfassen, was eine<br />
Verminderung um 23 % darstellt. Zu den<br />
Truppenübungsplätzen, die bestehen bleiben,<br />
zählt auch Käsmark. Das gesamte<br />
Staatsgebiet wird künftig nur drei Militärbereiche<br />
umfassen.<br />
Neudorf b. Pfraumberg<br />
Als christliches Liebeswerk wurde zu<br />
Beginn des Jahres 1990 eine Genossenschaft<br />
gegründet, die der katholischen<br />
Kirche nahesteht und sich der Altenpflege,<br />
der Renovierung von Kapellen und Kirchen,<br />
Grabpflege, doch auch der Automobilwartung,<br />
verschrieben hat. Die Genossenschaft<br />
Concordia ist in Westböhmen<br />
bereits an mehreren Orten vertreten u. a.<br />
auch in Neudorf bei Pfraumberg.<br />
Theresienstadt<br />
Eine große Chance wurde beim Besuch<br />
des Bundespräsidenten von Weizsäcker<br />
im Oktober 1991 in der Tschechoslowakei<br />
vertan. Zurecht legte er je einen Kranz für<br />
die ehemaligen Häftlinge im Judengetto<br />
Theresienstadt und dem Gestapogefängnis<br />
Kleine Festung Theresienstadt nieder.<br />
Daß er aber es unterließ, auch den ab Mai<br />
1945 in der Kleinen Festung Theresienstadt<br />
inhaftierten, gefolterten und ermor-<br />
allem alle politischen Parteien der ÒSFR<br />
aufgerufen wurden, „die staatliche Verwaltung<br />
zu debolschewisieren", da die Kommunisten<br />
aller Schattierungen den wirtschaftlichen<br />
Umbau bedrohen.<br />
Eger<br />
Das Projekt der Stadt Eger, die alte Barbarossa-Stadt<br />
frei von Militär zu machen,<br />
zeitigt bereits Erfolge. Kürzlich hat Primator<br />
Ing. Linda (Bürgermeister) eine ganze<br />
Reihe bisher militärisch genützter Objekte<br />
seiner Kommune übernommen. Die letzten<br />
Einheiten sollen am 30. November<br />
1991 die Stadt verlassen. Gegenwärtig<br />
liegt nur noch ein Bataillon in der Fucik-<br />
Kaserne.<br />
MARIENBAD, KURSAAL, NEUBAD UND IM HINTERGRUND HOTEL EGERLANDER<br />
Mährisch Ostrau<br />
Die Umstellung der Planwirtschaft auf<br />
Marktwirtschaft ab 1.1. 1990 bewirkte<br />
schon vorher in diesem Industriegebiet Katastrophenstimmung,<br />
die auch der Ministerpräsident<br />
der Tschechei, Petr Pithart,<br />
bei seinem kürzlichen Besuch in Nordmähren<br />
nicht abbauen konnte. Da die staatlichen<br />
Zuschüsse in Wegfall kommen, fehlt<br />
vielen Betrieben im Raum von Mährisch<br />
Ostrau schon das Geld für die laufenden<br />
Lohnzahlungen. Um Unruhen zu vermeiden,<br />
trägt sich die tschechische Regierung<br />
mit dem Gedanken, unrentablen Betrieben<br />
auch weiterhin Gelder zukommen zu lassen.<br />
Nach den vorliegenden Plänen sollen<br />
zum 1. 4. 1991 rund 13.000 Bergarbeiter<br />
im Ostrauer Kohlenrevier entlassen werwahrscheinlich<br />
wieder in den Besitz der<br />
Rothschilds zurück. Gegenwärtig zählt<br />
das Werk 34.000 Beschäftigte.<br />
Stift Tepi<br />
Über die Interesselosigkeit der tschechischen<br />
Jugend bei der Erhaltung wertvoller,<br />
doch durch das bisherige kommunistische<br />
Regime devastierter Baudenkmäler<br />
wird in der Tageszeitung der Volkspartei<br />
„Lidovä demokracie" geklagt. Im alten<br />
Regime habe man massenhaft freiwillige<br />
Brigadearbeit geleistet und nun, da man<br />
für die eigene Kultur etwas tun könnte, hat<br />
man dafür kein Interesse. Bei der Renovierung<br />
von Stift Tepl helfen in erster Linie<br />
Lohnarbeiter und ausländische Helfer, die<br />
in ihrer Urlaubs- oder Ferienzeit durch ihre<br />
entgeltlose Hilfe beitragen wollen, daß<br />
Stift Tepl nicht noch mehr verkommt. Es<br />
fehlt aber die tschechische Jugend, die<br />
sich für die Erhaltung der bodenständigen<br />
Kultur einsetzen sollte, doch dafür nicht zu<br />
gewinnen ist.<br />
Karlsbad<br />
Mit der Gründung des Verlags VLTAVA<br />
(Moldau) durch den Zeitungsverlag von<br />
Hans Kapfinger, Passau, wurden in Westböhmen<br />
und im Böhmerwald auch mehrere<br />
Zeitungen neu herausgebracht. Seit<br />
2. September 1991 hat nun auch der frühere<br />
Weltkurort Karlsbad wieder eine Tageszeitung,<br />
die „Karlovarské noviny". Vor<br />
1938 gab es in Karlsbad mehrere Tageszeitungen,<br />
doch damals war es noch das<br />
waige Folgen, will man nun endlich bis<br />
1991 eine Entschwefelungseinrichtung<br />
einbauen, um nicht weiterhin Vorwürfe zu<br />
bekommen, der schlimmste Luftverschmutzer<br />
des Egerlandes zu sein. Derzeit<br />
sind in diesem Betrieb sechseinhalbtausend<br />
Personen beschäftigt, die jährlich<br />
fünf Millionen Tonnen schlechte Braunkohle<br />
verarbeiten.<br />
Schlaggenwald<br />
In der Nachkriegs-Tschechoslowakei ist<br />
die frühere Zinn-Bergbaustadt Schlaggenwald,<br />
die „Stadt der schönen Haustore",<br />
durch den Uranerzabbau und den damit<br />
verbundenen vielen Uran-KZs zu traurigem<br />
Ruhm gekommen. Nach Einstellung<br />
der Uranförderung durch Gefangene 1955<br />
hat man die Einrichtungen der Uran-KZs<br />
völlig abgebaut, so daß gar nichts mehr an<br />
diese Zwangsarbeitslager und Folterstätten<br />
erinnert. Die kürzlich in Schlaggenwald<br />
gegründete Ortsgruppe der Volkspartei will<br />
es sich zur Aufgabe machen, die reparaturbedürftige<br />
St.-Anna-Kirche wieder in<br />
Ordnung zu bringen.<br />
Olmütz<br />
Erstmals nach 35 Jahren verließ das<br />
Prunkstück des Olmützer Doms, die berühmte<br />
Monstranz des Kardinals Schrattenbach,<br />
den Tresor der Olmützer Bank<br />
und wurde in ein rekonstruiertes Gebäude<br />
am Unteren Platz überführt.