Juni 2013 - Akademie för uns kölsche Sproch
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ZEITTUNNEL<br />
2000 JAHRE KOLN IM SPIEGEL<br />
DER U-BAHN-ARCHAO LOGIE<br />
FOTOS: RÖMISCH-GERMANISCHES MUSEUM KÖLN<br />
EINE AUSSTELLUNG DES RÖMISCH-GERMANISCHEN MUSEUMS<br />
Ausgrabung am Chlodwigplatz, Bollwerk des 15. Jahrhunderts<br />
Eislaufen ist eine beliebte Sportart, die sogar olympisch ist – aber auf Knochen?<br />
Tatsächlich haben Archäologen vielfach sogenannte »Gleitknochen«<br />
gefunden, deren älteste sogar aus der Jungsteinzeit datieren. Sie stammten<br />
meist von einheimischen Säugetieren wie Rind, Pferd und Schwein und<br />
wurden an den Schuhen befestigt. Auch auf dem Rhein liefen die Menschen<br />
mit diesen Knochen Schlittschuh, wie Funde auf dem Kurt-Hackenberg-<br />
Platz und auf dem Alter Markt beweisen. Mindestens neun solcher Knochen<br />
wurden während der Ausgrabungen anlässlich des Baus der Nord-Süd<br />
Stadtbahn entdeckt. Zu besichtigen sind sie in der Ausstellung »ZeitTunnel.<br />
2000 Jahre Köln im Spiegel der U-Bahn-Archäologie«, die die Ergebnisse fast<br />
eines Jahrzehnts Grabungszeit zwischen Breslauer Platz und Chlodwigplatz<br />
präsentiert. Auf einer Ausgrabungsfläche von rund 30.000 Quadratmetern<br />
wurden mehr als 2,5 Millionen Funde gesichert. Sie reichen von der Römerzeit<br />
bis zum Zweiten Weltkrieg und haben zu weiterführenden oder gar<br />
neuen Erkenntnissen zur Kölner Stadtgeschichte geführt.<br />
So konnten am Breslauer Platz römische Militärlager nachgewiesen<br />
werden, aber auch Gewerbe- und Handwerksbetriebe. Die Grabungen am<br />
Kurt-Hackenberg-Platz führten zu neuen Erkenntnissen im Hinblick auf<br />
die römische Stadtmauer am Rheinufer und des dortigen Hafentors. Eine<br />
Computersimulation zeigt dem Ausstellungsbesucher die aufwendigen<br />
Baumaßnahmen bis zur Vollendung.<br />
Gerade das römische Hafengelände brachte eine große Zahl erstaunlicher<br />
Funde zutage. So wurden Überreste antiker Wasserfahrzeuge ausgegraben,<br />
darunter das Bodensegment eines frühkaiserzeitlichen Plattbodenschiffes,<br />
auch Prahm genannt. Es wurde gründlich restauriert und kann nun zusammen<br />
mit drei Modellen antiker Schiffe in der Ausstellung besichtigt werden.<br />
Als der Rheinarm mit dem römischen Hafen verlandete, wurde die neue<br />
Oben: Ausgrabung Kurt-Hackenberg-Platz, Abfall aus dem römischen Hafen.<br />
Unten: Fundmünzen vom Breslauer Platz.<br />
Freifläche intensiv genutzt, wie mehre übereinanderliegende Schichten<br />
bewiesen. Die Archäologen fanden Hinweise auf eine Bebauung und sogar<br />
fünf Kindergräber. Hauptsächlich wurde der Alter Markt jedoch seinem<br />
Namen entsprechend als Markt genutzt. Sogar einen Brunnen gab es.<br />
Am Heumarkt <strong>för</strong>derten die Grabungen Mauern und weitere Relikte<br />
des Augustiner-Eremitenklosters zutage. Es war eine der bedeutendsten<br />
geistlichen Einrichtungen im mittelalterlichen und neuzeitlichen Köln bis zur<br />
Franzosenzeit, die auch auf Arnold Mercators »Ansicht der Stadt Köln aus der<br />
Vogelschau« eingezeichnet ist. Der barocke Grundstein aus der Augustiner-<br />
Eremitenkirche, der in der Ausstellung zu sehen ist, hielt für die Archäologen<br />
eine Enttäuschung bereit. Denn die Bleitafel, die sich in seinem mit einer<br />
Schieferplatte abgedeckten Hohlraum befand, war so stark zerfallen, dass sie<br />
die auf ihr enthaltenen Informationen nicht mehr preisgeben konnte.<br />
Am Chlodwigplatz stieß man auf römische Gräber, von denen fünf Glasurnen<br />
enthielten. Zwei dieser Urnen sind fast einwandfrei erhalten, da sie durch<br />
Kalksteinbehälter geschützt waren. Weiterhin fand sich ein Stein mit einer<br />
tragischen Theatermaske, der auf ein prachtvolles Grabmonument schließen<br />
lässt. Unter den Grabbeigaben waren unter anderem ein Taschenspiegel aus<br />
Bernstein, Gefäße, teils aus Glas, Spielsteine, Kinderspielzeug und vieles mehr.<br />
Im Foyer und den zwei Räumen für Sonderausstellungen sind die Ergebnisse<br />
dieser Grabungen zu besichtigen. Zur Information dienen neben der<br />
Computersimulation zum Bau der rheinseitigen Stadtmauer ein Film über<br />
die Grabungen und ein umfangreicher Begleitband mit Fotos, Karten und<br />
Artikeln zu diversen Funden und ihrem historischen Hintergrund sowie ein<br />
Begleitheft für junge Leser. Die Ausstellung ZeitTunnel lädt noch bis zum<br />
5. Mai zum Besuch ein.<br />
INGEBORG NITT<br />
36 klaaf Stadtkultur<br />
Stadtkultur klaaf 37