Etwas mehr Creme, bitte! - topfit-gesund
Etwas mehr Creme, bitte! - topfit-gesund
Etwas mehr Creme, bitte! - topfit-gesund
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 Diagnose & Therapie<br />
Foto: Klinikum der Universität München (A. Steeger)<br />
Regionale Tiefenhyperthermie<br />
Mit computergesteuerter<br />
Wärme gegen Krebs<br />
Kann die gezielte Überwärmung von Tumoren ein wichtiger Baustein der<br />
Krebstherapie sein? Inzwischen lässt sich die Frage, die die Mediziner seit<br />
vielen Jahren beschäftigt, mit einem klaren »Ja!« beantworten. Studien<br />
belegen, dass die regionale Tiefenhyperthermie in Kombination mit einer<br />
Chemo- oder Strahlentherapie bei bestimmten Tumorerkrankungen wertvolle<br />
Dienste leistet – und so den Krebspatienten eine längere Lebenszeit<br />
schenkt.<br />
Dr. Nicole Schaenzler<br />
U<br />
m es gleich vorweg zu sagen: Mit der regionalen<br />
Tiefenhyperthermie (RHT) allein<br />
kann Krebs nicht geheilt werden. Dennoch sind<br />
die Mediziner fest davon überzeugt, mit dieser<br />
Methode eine weitere wichtige Waffe im Kampf<br />
gegen bösartige Tumore an der Hand zu haben:<br />
»Wird sie mit einer Chemo- oder Strahlentherapie<br />
kombiniert, ist die Hyperthermie für Patienten<br />
mit bestimmten fortgeschrittenen Tumorerkrankungen<br />
oft die letzte Option, um das sich<br />
ausbreitende Krebsgewebe doch noch für eine<br />
Weile einzudämmen«, erläutert Prof. Rolf Issels<br />
vom Helmholtz Zentrum München und von der<br />
Medizinischen Klinik III (Onkologie) am LMU-<br />
Klinikum. Prof. Issels ist Leiter des Kompetenzzentrums<br />
Hyperthermie am Klinikum Großhadern<br />
und hat die Hyperthermie in München<br />
etabliert. Dabei macht man sich vor allem zwei<br />
Effekte des Verfahrens zunutze: zum einen die<br />
direkte Wirkung von Hitze auf das Tumorgewebe,<br />
zum anderen die Tatsache, dass die beiden<br />
anderen wichtigen Säulen der Krebstherapie –<br />
Chemo- und Strahlentherapie – effektiver wirken,<br />
wenn sie in Kombination mit der Hyperthermie<br />
erfolgen.<br />
Bessere Wirkung von Chemo- und<br />
Strahlentherapie<br />
Schon lange ist bekannt, dass Krebszellen hitzeempfindlicher<br />
sind als <strong>gesund</strong>e Körperzellen.<br />
Dies hat in der Vergangenheit zu verschiedenen<br />
experimentellen Therapieansätzen<br />
geführt, darunter<br />
z. B. die naturheilkundlich<br />
orientierte »Fiebertherapie«<br />
oder die »Ganzkörperhyperthermie«,<br />
die einen Wirknachweis<br />
jedoch schuldig geblieben<br />
sind. Dagegen ist die Hyperthermie<br />
ein Verfahren, deren<br />
Wirksamkeit belegt ist und deren<br />
Wirkmechanismen gut erforscht<br />
sind.<br />
Wird das Tumorgewebe mithilfe<br />
der Hyperthermie überwärmt,<br />
werden z. B. bestimmte Eiweiße denaturiert,<br />
und auch die Blutversorgung des Tumors<br />
wird empfindlich gestört. Zudem bilden<br />
die gestressten Krebszellen Hitzeschockproteine<br />
– das Signal für die Killerzellen des Immunsystems,<br />
die angeschlagenen Zellen zu zerstören.<br />
Von noch größerer therapeutischer Bedeutung<br />
ist, dass durch eine gezielte Überwärmung z. B.<br />
Chemotherapeutika besser in die Tumorzellen<br />
gelangen und ihre Wirkung zudem deutlich<br />
verstärkt wird. Dieser Effekt wurde 2010 durch<br />
eine sogenannte klinische Phase-III-Studie belegt:<br />
Patienten mit Weichteilkrebs erhielten<br />
eine Kombination von Hyperthermie und Chemotherapie<br />
im Vorfeld einer Operation – und<br />
profitierten statistisch signifikant von dieser<br />
Therapiestrategie.<br />
Weitere Studien sind nötig<br />
Derzeit werden am Klinikum Großhadern weitere<br />
Fallserien durchgeführt, um die Wirksamkeit<br />
der Hyperthermie auch bei anderen Krebserkrankungen<br />
zu belegen. Auch wenn die Kosten<br />
enorm sind und man derzeit ohne finanzielle<br />
Unterstützung etwa durch die Deutsche<br />
Krebshilfe auskommen muss, sind Studien zur<br />
Etablierung der Hyperthermie als Standardtherapie<br />
unverzichtbar. Die Methode auf ein solides<br />
wissenschaftliches Fundament zu stellen<br />
und ihr damit zu der Anerkennung zu verhelfen,<br />
die ihr nach Ansicht der Experten gebührt,<br />
Das paSSiert während<br />
der Behandlung<br />
Die regionale Tiefenhyperthermie ist nicht<br />
nur eine wirksame, sondern auch eine<br />
vergleichsweise schonende Therapie –<br />
vorausgesetzt, sie wird an einem zertifizierten<br />
Zentrum von erfahrenen Ärzten<br />
durchgeführt, die mit dem Verfahren<br />
seit Jahren vertraut sind. Während der<br />
Behandlung, die rund 90 Minuten dauert,<br />
liegt der Patient in einem ringförmigen<br />
Applikator, der über Antennen elektromagnetische<br />
Wellen abgibt. Diese werden<br />
computergesteuert gebündelt und auf<br />
den Krebsherd gelenkt. Damit die elektromagnetischen<br />
Wellen gut leiten, ist der<br />
Patient zudem in eine Art Wasserkissen<br />
gebettet. Die Idealtemperatur von 40 bis<br />
44 °C wird nach etwa 30 Minuten erreicht.<br />
Dabei bleibt die Energie auf den Tumor<br />
beschränkt, eine Überwärmung des<br />
umgebenden <strong>gesund</strong>en Gewebes findet<br />
nicht statt. Im Durchschnitt sind etwa zehn<br />
Behandlungen vorgesehen, die (teil-)<br />
stationär durchgeführt werden.<br />
ist das erklärte Ziel von Prof. Issels und seinen<br />
Kollegen. Vielversprechende Ergebnisse wurden<br />
bereits in der pädiatrischen Onkologie bei<br />
der Behandlung von therapieresistenten Keimzelltumoren,<br />
bei einem wiederaufgetretenen<br />
Brustkrebs (in Kombination mit einer Strahlentherapie),<br />
sowie bei fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />
(in Kombination mit einer<br />
Chemotherapie) erzielt.<br />
An der Pilotstudie zum Pankreaskrebs hatten<br />
32 Patienten teilgenommen, bei denen der Tumor<br />
nicht <strong>mehr</strong> entfernt werden konnte; außerdem<br />
hatten sich Metastasen gebildet. Ein Teil<br />
der Patienten war zusätzlich zur Chemotherapie<br />
mit Hyperthermie behandelt worden. Das ermutigende<br />
Fazit: Bei der Hälfte von ihnen ließ<br />
sich ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern.<br />
Jetzt untersucht die HEAT-Studie (Hyperthermia<br />
European Adjuvant Trial) an weiteren<br />
336 operierten Patienten, ob sich die vielsprechenden<br />
Ergebnisse bestätigen lassen.<br />
Prof. Dr.<br />
Rolf Issels<br />
Zur Person<br />
Kontakt:<br />
Klinikum der Universität München,<br />
Medizinische Klinik III und<br />
Helmholtz Zentrum München<br />
Campus Großhadern<br />
Marchioninistr. 15 · 81377 München<br />
Tel. 089 / 7095-4768<br />
E-Mail: Rolf.Issels@med.uni-muenchen.de<br />
www.klinikum.uni-muenchen.de<br />
Topfit 2 / 2013