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die metallerin

Zeitung der Frauen in der IG Metall Küste

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Grundgesetz, Artikel 3<br />

Kommentar<br />

Männer und Frauen sind gleichberechtigt.<br />

Der Staat fördert <strong>die</strong> tatsächliche Durchsetzung<br />

der Gleichberechtigung von Frauen<br />

und Männern und wirkt auf <strong>die</strong> Beseitigung<br />

bestehender Nachteile hin.<br />

Auch 65 Jahre nach Inkrafttreten unseres<br />

Grundgesetzes im Mai 1949 ist <strong>die</strong>ser<br />

Grundsatz in Artikel 3, für den sich kluge<br />

Verfassungsmütter, allen voran <strong>die</strong> Juristin<br />

und Politikerin Elisabeth Selbert, stark<br />

gemacht haben, für viele Frauen in weiter<br />

Ferne und nichts als Wunschdenken. Als Betriebsrätin<br />

in einem mittelständischen Industrieunternehmen<br />

im konservativen Oldenburger<br />

Münsterland kann ich ein Lied davon<br />

singen. Zum Beispiel wenn von Betriebsrätinnen<br />

angeregt wird, frauendiskriminierende<br />

Fotos mit „leicht bekleideten jungen<br />

Damen in pornografischen Posen“ von den<br />

Arbeitsplätzen zu entfernen. Männliche Kollegen<br />

zeigen oft nur wenig Verständnis und<br />

fragen, ob man ihnen noch den letzten Spaß<br />

nehmen wolle.<br />

Oder ein anderes Beispiel: wenn im Betriebsrat<br />

<strong>die</strong> Geschäftsordnung aktualisiert<br />

wird und auf <strong>die</strong> Gender-Schreibweise<br />

hingewiesen wird. Schließlich setzen wir<br />

uns als ArbeitnehmervertreterInnen auch<br />

dafür ein, dass Frauen und Männer gleich<br />

behandelt und bezahlt werden. Die Gender-<br />

Schreibweise kommentieren männliche Kollegen<br />

etwa so: „Ist doch egal, was da steht.“<br />

Aber ich bin der Überzeugung, was nicht in<br />

den Köpfen ist, kann auch nicht gelebt werden.<br />

Ich finde es ebenfalls äußerst bedenklich,<br />

wenn in männlich dominierten Betriebsräten<br />

auf Kosten von Frauen blöde Witze gemacht<br />

werden oder so Bemerkungen fallen wie: „<br />

Wer hat <strong>die</strong> Frauen bloß aus der Küche gelassen<br />

und ihnen sogar das Wahlrecht gegeben?“<br />

oder „Ich bin auch für Frauenbewegung,<br />

am besten, wenn sie oben liegt...“<br />

Das sollen Scherze sein, aber in jedem<br />

Scherz steckt doch auch ein Fünkchen Wahrheit,<br />

oder? Solange es normal ist, dass manche<br />

Männer mit einer Selbstverständlichkeit<br />

solche Sprüche loslassen, dürfen wir doch<br />

dazu nicht schweigen!<br />

Nehmen wir uns ein Beispiel an solch mutigen<br />

Frauen wie Elisabeth Selbert, <strong>die</strong> ihr Leben<br />

lang unermüdlich dafür eingetreten ist,<br />

wirkliche Gleichberechtigung zu erreichen<br />

und zu leben.<br />

«<br />

Monika Wischnewski, BR Hagola<br />

Aktiv werden: Termine vor Ort<br />

Wochenendseminar für Frauen:<br />

05.-07. Dezember 2014<br />

in Aurich<br />

Metallerinnen aktiv vor Ort<br />

- nicht neu – aber anders!<br />

„Ein Wochenendseminar für Frauen, mit Frauen, von Frauen “<br />

Unsere Frauenarbeit vor Ort noch erfolgreicher<br />

gestalten. –nicht neu –aber<br />

anders!<br />

Dieses und andere Themen haben <strong>die</strong> Ortsfrauenausschüsse<br />

der IG Metall Verwaltungsstellen<br />

Oldenburg und Wilhelmshaven<br />

auf ihrem gemeinsamen Wochenendseminar<br />

vom 14. bis zum 16. März 2014 diskutiert<br />

und erarbeitet.<br />

Zielsetzung soll sein – gerade nach den<br />

Betriebsratswahlen 2014 – viele neue betriebliche<br />

Kolleginnen für <strong>die</strong> Ortsfrauenausschüsse<br />

zu gewinnen und zu begeistern.<br />

In Arbeitsgruppen wurde kritisch auf alte<br />

Strukturen geschaut und neue Ideen zur gemeinsamen<br />

Arbeit sind ins Leben gerufen<br />

worden, <strong>die</strong> jetzt stetig weiterentwickelt<br />

werden sollen. Auf der Agenda stehen ein<br />

neuer Name, eine neue Struktur und ein eigens<br />

Logo, das den Wiedererkennungswert<br />

des Ortsfrauenausschuss stärken soll. Die<br />

Kampagne „WER DIE BESTEN WILL“<br />

wurde vorgestellt und bei allen Frauen mit<br />

großer Begeisterung aufgenommen. Nicht<br />

nur am internationalen Frauentag engagiert<br />

sich <strong>die</strong> IG Metall für und mit den Frauen.<br />

Deshalb startete am Frauentag 2014 <strong>die</strong><br />

bundesweite Aktion „Wer <strong>die</strong> Besten will,<br />

kann auf Frauen nicht verzichten“. Hier<br />

werden Themen aufgegriffen, <strong>die</strong> frau das<br />

ganze Jahr beschäftigt. Entgeltgerechtigkeit,<br />

Chancengleichheit für Frauen und Männer,<br />

<strong>die</strong> Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf<br />

und gute berufliche Entwicklungsperspektiven.<br />

Unser Jahr hat 365 Frauentage.<br />

Frauenstimmen<br />

Käte Oetjens bewarb sich 1968 bei der AEG in Oldenburg<br />

und hatte Glück. Aufzeichnungen einer Betriebsrätin a. D.<br />

Ich wurde als Akkordarbeiterin eingestellt<br />

und arbeitete fortan am Fließband in der<br />

Motorenfertigung.<br />

Ich war schon früh gewerkschaftlich organisiert,<br />

da war es natürlich selbstverständlich,<br />

dass ich in <strong>die</strong> IG Metall eintrat.<br />

Schon bald bekam ich Kontakt zu einigen<br />

aktiven IG Metall Frauen, <strong>die</strong> mich dann<br />

auch schnell zu ihren Zusammenkünften<br />

einluden.<br />

Bei den Vertrauensleute-Wahlen wurde ich<br />

mit aufgestellt und gewählt. „Wir brauchen<br />

auch ein paar Frauen“ hieß es da. Na ja, da<br />

waren wir paar Frauen wohl mehr „Alibi-<br />

Frauen“. Aber das war mir damals egal. Nur<br />

wenn man dabei ist, kann man zumindest<br />

versuchen, etwas für <strong>die</strong> Frauen zu tun. Dann<br />

kam das Jahr 1972. Betriebsratswahlen standen<br />

an. Man(n) hat mich überredet und ich<br />

wurde gewählt. Seminare der IG Metall<br />

hatte ich schon vorher besucht, jetzt kamen<br />

noch <strong>die</strong> speziellen dazu. Frauen waren immer<br />

nur sehr wenige dabei. Bei einem Wochenendseminar<br />

für Arbeitssicherheit war<br />

ich <strong>die</strong> einzige Frau von 30 Teilnehmern.<br />

Als ein besonderes Anliegen kristallisierte<br />

sich für mich <strong>die</strong> Eingruppierung der Frauen<br />

heraus. Die meisten wurden in der Lohngruppe<br />

2 eingestellt – plus Akkordlohn nach<br />

Einarbeitung. Männer bekamen sofort Lohngruppe<br />

4. Das hätte ich gerne zu Gunsten<br />

der Frauen geändert. Der richtige Zeitpunkt<br />

schien mir gekommen, als eine ganz neue<br />

Fertigungsstraße in Betrieb genommen wurde.<br />

Unsere Geschäftsleitung war der Meinung,<br />

dass <strong>die</strong> Arbeit für <strong>die</strong> Frauen leichter<br />

geworden ist. Aber eine Maschine hatte<br />

noch Kinderkrankheiten. Die Kolleginnen<br />

hatten aber inzwischen rausgefunden, dass<br />

da, wo eine kleine rote Lampe aufleuchtete,<br />

ein Modul ausgetauscht werden musste<br />

und das konnten sie selber machen. Ich habe<br />

das in der Sitzung berichtet und es bestand<br />

Einigkeit, mit der Geschäftsleitung darüber<br />

zu sprechen. Der Werksleiter machte dann<br />

doch tatsächlich den Vorschlag, allen dort<br />

Beschäftigten <strong>die</strong> gleiche Lohngruppe zu<br />

geben. Die Frauen in Lohngruppe 3 und <strong>die</strong><br />

Männer runterstufen von 4 in 3 und wagte<br />

noch zu bemerken „Frau Oetjens, dass müsste<br />

ihnen doch sehr entgegen kommen“. Das<br />

war in einer Zeit, als ich den Begriff „Gender“<br />

noch nicht kannte und ich habe heftig<br />

protestiert. Auf Kosten der Männer wollte<br />

ich keine Regelung haben. Wir haben für <strong>die</strong><br />

Kolleginnen <strong>die</strong> Lohngruppe 3 bekommen.<br />

Das war zwar nicht befriedigend, aber ein<br />

erster kleiner Schritt. In Tarifverhandlungen<br />

hat <strong>die</strong> IG Metall schon vorher erreicht, dass<br />

<strong>die</strong> Lohngruppe 1 abgeschafft wurde. Ein<br />

paar Frauen hatten wir davon tatsächlich<br />

auch noch in der AEG beschäftigt.<br />

Im Laufe der Zeit wurde ich dann noch in<br />

den Ortsvorstand der IG Metall gewählt, war<br />

Mitglied der Tarifkommission, Vorsitzende<br />

des Ortsfrauenausschusses und noch einiges<br />

mehr.<br />

Von den fast 22 Jahren im Betriebsrat war<br />

ich dann 20 Jahre freigestellt und mein Bestreben<br />

war immer, mich für <strong>die</strong> Gleichbehandlung<br />

der Frauen einzusetzen.<br />

Inzwischen bin ich Rentnerin und der IG<br />

Metall und den IGM-Frauen treu geblieben.<br />

Ich grüße euch alle!<br />

gez. Käte Oetjens<br />

Es gibt noch viel zu tun!<br />

Um das Rad nicht immer neu erfinden zu<br />

müssen, ist <strong>die</strong> gemeinsame Zeit in <strong>die</strong>sem<br />

Seminar wichtig, um sich auch über betriebliche<br />

Inhalte auszutauschen, Netzwerke zu<br />

bilden und Lösungen zu betrieblichen Problematiken<br />

zu finden. Allen Kolleginnen,<br />

<strong>die</strong> sich mit uns engagieren wollen, <strong>die</strong> wir<br />

neugierig gemacht haben, <strong>die</strong> mit uns etwas<br />

verändern wollen, sind herzlich eingeladen!<br />

Meldet Euch gerne in den jeweiligen Verwaltungsstellen<br />

Wir freuen uns auf Euch!<br />

Lucia Osterloh –<br />

Betriebsrätin Berendsen GmbH<br />

Martina Bruse – IG Metall OL-WHV<br />

Impressionen<br />

100 Tage Betriebsrätin<br />

Christine Sell, Sekretariat Kleinteilefertigung,<br />

Premium Aerotec GmbH, Varel<br />

Mein Start als neu gewählte Betriebsrätin begann für mich sehr spannend. Am Tag der Betriebsratswahlen fieberte<br />

ich bis spät in den Abend, ob ich gewählt werden würde. Meine Kandidatur kam im Grunde spontan, als ich erfuhr,<br />

dass wir in <strong>die</strong>ser Periode um 2 Mandate auf insgesamt 17 wachsen. Diese Chance wollte ich nutzen! Frauen und<br />

Angestellte sind mir persönlich zuwenig in unserem Betriebsrat vertreten – sind es noch immer – nun aber mit<br />

drei Frauen statt einer! Mir ist es wichtig zu wissen, wie es mit unserem Werk in Varel weiter geht und dass ich<br />

nun mitgestalten kann, was <strong>die</strong> Zukunft der Arbeitsplätze betrifft. Auf unserer konstituierenden Sitzung habe ich<br />

mich dann für eine Mitarbeit in den Themen Öffentlichkeitsarbeit und personelle Einzelmaßnahmen entschieden.<br />

Bei der Öffentlichkeitsarbeit im Betriebsrat geht es in erster Linie um <strong>die</strong> „Kontaktpflege“ zur Belegschaft im<br />

Betrieb. Ich glaube, <strong>die</strong>se Aufgabe wird oft unterschätzt oder gar belächelt. Es ist aus meiner Sicht nicht selbstverständlich,<br />

dass alle Kolleginnen und Kollegen wissen, was der Betiebsrat für Möglichkeiten hat und warum es<br />

wichtig ist, dass jeder Betrieb einen hohen Grad der Organisation anstreben sollte. Unsere Arbeit geht eben weit<br />

über das Aushandeln der sozialen Rahmenbedingungen hinaus! Da ist es wirklich wichtig, dass wir mehr Transparenz<br />

in den Themen schaffen, an denen wir arbeiten – sachlich wohlgemerkt, um das Vertrauen und <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit<br />

gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen zu erhalten. Jedem sollte klar sein, mit einer starken<br />

Organisation im Betrieb, haben wir eine starke Gewerkschaft im Rücken! Dies gilt im Besonderen, wenn man Mitglieder (wieder) gewinnen möchte.<br />

Inzwischen habe ich <strong>die</strong> ersten Seminare besucht und viele Eindrücke gewonnen. Es gibt etliche politische Themen, <strong>die</strong> ich als Frau und Angestellte<br />

nie so wahrgenommen habe, wie jetzt als Betriebsrätin. Läuft unsere Betriebsratsarbeit bei der Premium Aerotec seit Jahren doch recht erfolgreich,<br />

schaut es in vielen Betrieben ganz anders aus. Die Gleichstellung der Frauen ist in unserem Unternehmen keine Frage mehr, dank ERA – übrigens<br />

eine Errungenschaft der IG Metall! Die teilweise haarsträubenden sozialen Ungerechtigkeiten in anderen Betrieben erschüttern mich jedoch!<br />

Dass Frauen und Männer im Berufsleben immer noch nicht gleich bezahlt werden, entzieht sich meinem Verständnis!<br />

Aus meiner Sicht hat ein Unternehmen auch eine moralische Verpflichtung, für angemessene Arbeits- und Rahmenbedingungen<br />

zu sorgen und zwar ohne Geschlechtermerkmal!<br />

Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber wir leben immer noch in Zeiten, wo Gewerkschaft und Betriebsratsarbeit<br />

für uns Arbeitnehmerinnen enorm wichtig sind, um für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Auch das Thema Leiharbeit<br />

und Werkverträge sehe ich inzwischen in einem ganz anderen Licht. Hier müssen wir für mehr Mitsprache und<br />

soziale Sicherheit kämpfen! Arbeitszeit ist auch Lebenszeit. Nehmt euch wichtig, liebe Frauen und traut euch zu<br />

organisieren!

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