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Einmalige Eigeninitiative reicht nicht aus, um dauerhaft einen ...

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Fortgeschrittenenübung im Strafrecht SoSe 2007<br />

Prof. Dr. D. Klesczewski<br />

RA Dr. R. Kauerhof (D.E.A.)<br />

6. Stunde<br />

Die Veranstaltung behandelte vertiefend Probleme zu § 263 StGB. In der letzten Stunde<br />

wurde ein Auszug <strong>aus</strong> Fall 6 <strong>aus</strong> dem Kl<strong>aus</strong>urenkurs von Beulke besprochen. Dies führte zu<br />

einigen positiven Rückmeldungen, da einmal eine <strong>aus</strong>führliche Lösungsskizze gelesen und<br />

z<strong>um</strong> anderen weiterführenden Hinweisen <strong>aus</strong> dieser Lösungsskizze nachgegangen werden<br />

konnte. Vor diesem Hintergrund wurde einweiterer Fall <strong>aus</strong> diesem Buch besprochen.<br />

Zunächst waren jedoch wie immer die Kurzfälle <strong>aus</strong> der Rspr. Gegenstand der Veranstaltung,<br />

diesmal bezugnehmend auf die vorige Stunde unter dem Motto:<br />

<strong>Einmalige</strong> <strong>Eigeninitiative</strong> <strong>reicht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>aus</strong>, <strong>um</strong> <strong>dauerhaft</strong><br />

<strong>einen</strong> Lernerfolg zu erzielen!<br />

Es wurde zudem – vor allem im Hinblick auf die weitere Examensvorbereitung – darauf<br />

hingewiesen, dass <strong>nicht</strong> nur im BT/2 interessante Fälle existieren, vielmehr klassische (und<br />

manchmal trotz aller Tragik auch lustige) Urteile zur Lektüre zu empfehlen sind. Deshalb das<br />

Untermotto:<br />

Nur Vermögensdelikte sind auf Dauer langweilig!<br />

Folgende „Klassiker“ wurden dann kurz vorgestellt und besprochen.<br />

Rose-Rosahl-Fall – Preußisches Obertribunal <strong>aus</strong> dem Jahre 1859!<br />

GA Bd 7, 332<br />

BGHSt 37, 214 (Rose-Rosahl-Fall II)<br />

BGHSt 32, 38 (Sirius-Fall)<br />

Im Anschluss wurde folgender Sachverhalt <strong>aus</strong>geteilt und besprochen:


Fortgeschrittenenübung im Strafrecht SoSe 2007<br />

Prof. Dr. D. Klesczewski<br />

RA Dr. R. Kauerhof (D.E.A.)<br />

Ostfriesland in Not…<br />

…S benötigt dringend Geld. Er hat sich deshalb einer im ostfriesischen Ra<strong>um</strong> arbeitenden<br />

„Drückerkolonne“ angeschlossen, die mit Wissen des Verlages V <strong>um</strong> jeden Preis Zeitschriften<br />

an den Mann oder die Frau bringen will. Einer seiner Vermittlungsversuche führt ihn zur Villa<br />

der wohlhabenden 78-jährigen gehbehinderten D. Dieser will er dort ein Jahresabonnement<br />

der der FKK-Zeitschrift „Aktiv an der Nordsee“, die <strong>aus</strong>schließlich Hochglanzbilder und<br />

k<strong>einen</strong> sinnvollen Text enthält, z<strong>um</strong> üblichen Abonnement-Preis aufschwatzen. S weiß, dass<br />

die D damit <strong>nicht</strong>s anfangen kann. Als D <strong>aus</strong>drücklich nach dem Inhalt der Zeitschrift fragt,<br />

versichert ihr der S aber, es handele sich <strong>um</strong> eine christlich geprägte Zeitschrift, die speziell<br />

für ältere Generationen konzipiert sei, indem sie Anregungen für die Ausfüllung des<br />

Lebensabends im Nordseera<strong>um</strong> enthalte. Zudem behauptet S wahrheitswidrig, mit der<br />

Provision würde der Hochseerettungsdienst unterstützt. Bei so vielen guten Arg<strong>um</strong>enten<br />

unterschreibt die D schließlich den Bestellauftrag und zusätzlich eine extra Belehrung über ihr<br />

widerrufsrecht innerhalb von zwei Wochen, von dem sie jedoch k<strong>einen</strong> Gebrauch macht.<br />

Nach drei Wochen flattert ihr das erste Nackedei-Heft ins H<strong>aus</strong>. D ist entsetzt. Um<br />

Unannehmlichkeiten zu entgehen, lässt sie während des gesamten Bezugsjahres monatlich das<br />

Entgelt für die Zeitung von ihrem Konto abbuchen, wirft aber die Hefte nach Erhalt ungelesen<br />

in den Müll.<br />

S trifft unterdessen den ihm bekannten Dealer G. Dieser bietet ihm ein Gramm Heroin in<br />

Pulverform z<strong>um</strong> D<strong>um</strong>pingpreis von 70,00 EUR an. Da S mittlerweile aufgrund der vom<br />

Verlag <strong>aus</strong>gezahlten Provision wieder „flüssig“ ist, stimmt er zu. Er plant, die einmalige<br />

Gelegenheit zu nutzen und das Heroin später selbst zu kons<strong>um</strong>ieren, wozu es dann aber <strong>nicht</strong><br />

mehr kommt: Gegen Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises händigt G – wie von ihm von<br />

vornherein beabsichtigt – dem ahnungslosen S ein in gesundheitlicher Hinsicht völlig<br />

harmloses Zucker-Zimt-Gemisch (Gesamtwert: 0,10 mEUR) <strong>aus</strong>, welches jedoch in einer<br />

Weise abgepackt und portioniert ist, wie es sonst nur mit R<strong>aus</strong>chgift geschieht…<br />

Wie haben sich S und G nach dem StGB strafbar gemacht?<br />

Auszug <strong>aus</strong> Fall 5 des Buches von Werner Beulke, Kl<strong>aus</strong>urenkurs im Strafrecht III, 2.<br />

Auflage, Heidelberg 2006, Rn. 198 ff.<br />

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Fortgeschrittenenübung im Strafrecht SoSe 2007<br />

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Das Abonnement<br />

I. Strafbarkeit des S<br />

1. § 263 I StGB<br />

… was fehlt?<br />

Lösungsskizze<br />

§ 263 I StGB (S gegenüber D, zulasten der D, zugunsten des S)<br />

Obersatz (Beulke):<br />

Durch den Verkauf des Abonnements der FKK-Zeitschrift an D könnte S <strong>einen</strong> Betrug<br />

begangen haben.<br />

In der Kl<strong>aus</strong>ur besser und vor allem genauer:<br />

Durch den Verkauf des Abonnements der FKK-Zeitschrift an D könnte sich S eines<br />

Betruges zulasten der D und zu s<strong>einen</strong> Gunsten gemäß § 263 I StGB schuldig (oder<br />

strafbar) gemacht haben.<br />

a) obj. TB<br />

aa)<br />

Zunächst müsste S die D über Tatsachen getäuscht haben und D aufgrund<br />

dieser Täuschung einem Irrt<strong>um</strong> erlegen sein.<br />

Tatsachen…(Def.)<br />

sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die<br />

dem Beweis zugänglich sind. (Wessels/Hillenkamp, Rn. 494).<br />

Die Täuschungshandlung des § 263 StGB besteht im Vorspiegeln falscher bzw.<br />

Entstellen oder Unterdrücken wahrer Tatsachen.<br />

Hier könnte das Vorspiegeln falscher Tatsachen in Betracht kommen. Dies<br />

bedeutet,…(Def.)<br />

…<strong>einen</strong> in Wirklichkeit <strong>nicht</strong> vorliegenden Umstand tatsächlicher Art einem<br />

anderen gegenüber als vorhanden oder gegeben hinzustellen<br />

(Wessels/Hillenkamp, Rn. 498).<br />

Dies sind die Definitionen unter die der reale Sachverhalt<br />

subs<strong>um</strong>iert werden muss!<br />

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Einschub:<br />

Was bedeutet eigentlich genau Subs<strong>um</strong>tion (also was genau ist das<br />

Grundhandwerkzeug eines Juristen)?<br />

Subs<strong>um</strong>ption…<br />

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Subs<strong>um</strong>tion<br />

Die Subs<strong>um</strong>tion ist der Vorgang, bei dem man <strong>einen</strong> Begriff oder eine Struktur unter <strong>einen</strong><br />

bzw. eine andere ordnet. Das Wort stammt <strong>aus</strong> dem Lateinischen (sub, unter, und s<strong>um</strong>ere,<br />

nehmen, 2. Partizip s<strong>um</strong>pt<strong>um</strong>), daher ist strenggenommen nur die Schreibweise<br />

"Subs<strong>um</strong>ption" korrekt. Das zugehörige Verb lautet subs<strong>um</strong>ieren.<br />

In der Rechtswissenschaft wird der Begriff als Anwendung einer Rechtsnorm auf <strong>einen</strong><br />

Lebenssachverhalt („Fall“), das heißt als Unterordnung des Sachverhaltes unter die<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen der Norm, verstanden.<br />

Subs<strong>um</strong>ierbare Rechtsnormen haben regelmäßig eine Wenn-Dann-Struktur. Sie zerfallen in<br />

<strong>einen</strong> Tatbestand (Wenn-Teil) und eine Rechtsfolge (Dann-Teil). Der Tatbestand setzt sich<br />

meist <strong>aus</strong> mehreren Tatbestandsmerkmalen (z.B. „fremd“, „Eigent<strong>um</strong>“) zusammen. Liegen<br />

die erforderlichen Tatsachen vor, so ist das entsprechende Tatbestandsmerkmal erfüllt. Sind<br />

alle Tatbestandsmerkmale gegeben, so greift die Rechtsfolge ein.<br />

Um mittels Subs<strong>um</strong>tion zu einem Ergebnis zu gelangen, benötigt man eine genaue Definition<br />

des Begriffs, den man als Oberbegriff verwenden möchte. Die Definition ist Ergebnis der<br />

Auslegung des Gesetzestextes. Die Subs<strong>um</strong>tion ist für Juristen eine ständig gebrauchte<br />

Methode <strong>um</strong> her<strong>aus</strong>zufinden, ob ein Tatbestandsmerkmal (Anknüpfungspunkt eines Gesetzes)<br />

durch <strong>einen</strong> konkreten Sachverhalt erfüllt ist und somit eine gesetzlich vorgesehene<br />

Rechtsfolge eintritt. Wird z<strong>um</strong> Beispiel der Tatbestand eines Diebstahls festgestellt, dann ist<br />

die Rechtsfolge die Bestrafung. Durch Subs<strong>um</strong>tion kann man erkennen, ob ein Diebstahl<br />

vorliegt, oder <strong>nicht</strong>. In der Regel ist eine Wiederholung der Subs<strong>um</strong>tion für mehrere<br />

Tatbestandsmerkmale nötig, <strong>um</strong> zur Rechtsfolge zu gelangen.<br />

Um mittels Subs<strong>um</strong>tion zu einem Ergebnis zu gelangen, benötigt man eine genaue Definition<br />

des Begriffs, den man als Oberbegriff verwenden möchte. Die Definition ist Ergebnis der<br />

Auslegung des Gesetzestextes. Die Subs<strong>um</strong>tion ist für Juristen eine ständig gebrauchte<br />

Methode <strong>um</strong> her<strong>aus</strong>zufinden, ob ein Tatbestandsmerkmal (Anknüpfungspunkt eines Gesetzes)<br />

durch <strong>einen</strong> konkreten Sachverhalt erfüllt ist und somit eine gesetzlich vorgesehene<br />

Rechtsfolge eintritt. Wird z<strong>um</strong> Beispiel der Tatbestand eines Diebstahls festgestellt, dann ist<br />

die Rechtsfolge die Bestrafung. Durch Subs<strong>um</strong>tion kann man erkennen, ob ein Diebstahl<br />

vorliegt, oder <strong>nicht</strong>. In der Regel ist eine Wiederholung der Subs<strong>um</strong>tion für mehrere<br />

Tatbestandsmerkmale nötig, <strong>um</strong> zur Rechtsfolge zu gelangen.<br />

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Zurück z<strong>um</strong> Fall (und weiter im Text der Kl<strong>aus</strong>ur):<br />

S behauptet, dass es sich bei der abonnierten Zeitschrift <strong>um</strong> eine solche handelt, die<br />

christlich geprägte Lebenstipps für das Älterwerden im Nordseera<strong>um</strong> enthält. Zudem<br />

behauptet es, dass ein Teil seiner Provision an die Hochseerettungshilfe gehe.<br />

Diese Behauptungen entsprechen <strong>nicht</strong> den tatsächlichen Umständen. Indem D dem S<br />

jedoch glaubte, erlag sie einer der Wirklichkeit <strong>nicht</strong> entsprechenden Fehlvorstellung<br />

(vgl. Wessels/Hillenkamp, Rn. 508), mithin einem Irrt<strong>um</strong> i.S.d. § 263 StGB.<br />

bb)<br />

D müsste hierdurch zu einer Verfügung über ihr Vermögen veranlasst wurden<br />

sein, welche zu einem Vermögensschaden geführt hat.<br />

2 Probleme:<br />

- Widerrufs- bzw. Anfechtungsrecht<br />

und<br />

- Schadenskompensation<br />

Wie handelt man diese Probleme ab?<br />

Widerrufs- bzw. Anfechtungsrecht<br />

Vorfrage klären: Wann ist der Betrug vollendet?<br />

hier: Eingehungsbetrug (Wessels/Hillenkamp, Rn. 539)<br />

Besonderheit: Eingehen einer Verbindlichkeit stellt sich wirtschaftlich<br />

gesehen als ein negativer Bilanzposten dar, der bereits zu einer<br />

Vermögensminderung führt. Also Vermögensverfügung (+) bei Abschluss<br />

des Vertrages.<br />

Z<strong>um</strong> Zeitpunkt der Vollendung bestand aber Widerrufsrecht – Frage:<br />

Sorgt das bestehende Widerrufsrecht für <strong>einen</strong> Ausschluss des Schadens, da die<br />

Vertragbindung innerhalb der Frist problemlos wieder aufgehoben werden<br />

kann?<br />

Widerrufsrecht nach § 312 I 1 Nr. 1 BGB (H<strong>aus</strong>türsituation)<br />

Aber: Bereits abgelaufen!<br />

Anders beim Anfechtungsrecht, dass…<br />

weiterhin besteht.<br />

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Aber:<br />

Prozessrisiko (Beweislast des Anfechtenden)<br />

Folge:<br />

Schaden unter diesen Gesichtspunkten <strong>nicht</strong><br />

<strong>aus</strong>geschlossen.<br />

Vgl.: BGHSt 34, 199, 202<br />

Problem bei Beulke auf Seite 142: Vermischung der Arg<strong>um</strong>entation hinsichtlich<br />

Widerrufs- und Anfechtungsrecht! (Nachlesen!)<br />

cc) Schadenskompensation<br />

Problem: D hat gleichwertiges Äquivalent erhalten!<br />

Lehre vom subjektiven Schadenseinschlag:<br />

(Melkmaschinenfall, BGHSt 16, 321 ff.)<br />

Schaden trotz Gegenleistung in drei Fällen anerkannt:<br />

1. …wenn die Gegenleistung für das Opfer <strong>nicht</strong> oder <strong>nicht</strong> in vollem Umfang zu dem<br />

vertraglich vor<strong>aus</strong>gesetzten Zweck oder in anderer z<strong>um</strong>utbarer Weise verwendet<br />

werden kann, wobei dies <strong>aus</strong> Sicht eines sachliches Beobachters zu beurteilen ist oder<br />

2. wenn der Getäuschte durch die eingegangene Verpflichtung zu<br />

vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird oder<br />

3. wenn das Opfer infolge der Verpflichtung <strong>nicht</strong> mehr über Mittel verfügen kann, die<br />

zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine s<strong>einen</strong><br />

persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- und Lebensführung unerlässlich<br />

sind.<br />

Vertiefung: Wesels/Hillenkamp, Rn. 547<br />

Vorliegender Fall:<br />

zu 1.<br />

D konnte die Zeitschrift unter k<strong>einen</strong> Umständen verwenden. Sie war unbrauchbar, was S<br />

(aufgrund der Nachfragend er D) auch bekannt war. (+)<br />

zu 2. und 3.<br />

Vermögensschädigende Maßnahmen bzw. pers. Verarmung (-), da D laut SV wohlhabend ist.<br />

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dd)<br />

Schaden durch soziale Zweckverfehlung?<br />

Bettelbetrug:<br />

1. Fehlleitung zweckgebundener öff. Mittel<br />

2. Fehlgehen subj. Zwecksetzung (h.M. objektivierbare Zwecksetzung notwendig – Vgl.<br />

BGH NJW 1995, 539)<br />

Schaden liegt darin, dass Spende oder Zuwendung ihren sozialen Zweck verfehlt.<br />

Bsp.: Wessels/Hillenkamp, Rn. 553 f.)<br />

Unterschied:<br />

Hier liegt ein Aust<strong>aus</strong>chgeschäft vor!<br />

Übertragbarkeit der Grundsätze?<br />

h.M. Bsp.: Wessels/Hillenkamp, Rn. 557 ff.<br />

Fallbeispiel:<br />

A bietet an der Tür Künstlerpostkarten, sortiert zu je 10 Stück, z<strong>um</strong> Preis von 10 EUR an. Ihr<br />

wirklicher Wert beträgt allenfalls 5 EUR. Die Höhe des Preises rechtfertigt A stets mit dem<br />

wahrheitswidrigen Hinweis, der Erlös komme behinderten Kindern zugute, von denen die<br />

Karten „mit dem Mund gemalt“ seien. Alle Karten tragen auf der Rückseite <strong>einen</strong><br />

Stempelaufdruck dieses Inhalts, den A zu Töäuschungszwecken jedoch selbst angebracht hat.<br />

Betrug gegenüber dem gutgläubigen Käufer?<br />

Ändert sich die Beurteilung, wenn die Karten ihren Preis von 10 EUR vollauf Wert sind und<br />

A nur in der Absicht schwindelt, <strong>nicht</strong> abgewiesen zu werden und s<strong>einen</strong> Umsatz zu steigern.<br />

Lösung Wessels/Hillenkamp, Rn. 559 f.<br />

Also (Arg<strong>um</strong>ente):<br />

- Wenn sozialer Zweck zu einer Erhöhung des Preises führt (die Karten kosten nur 5 EUR,<br />

aber aufgrund des Fertigung durch Behinderte mit dem Mund sollen sie angeblich 10,00 EUR<br />

kosten) – Schaden (+)<br />

- Wenn sozialer Zweck nur der Erhöhung des Absatzes dient (Mitleid erregen usw.) aber der<br />

Gegenwert ein wirtschaftliches Äquivalent darstellt (Karten stammen zwar <strong>nicht</strong> von<br />

Behinderten, die mit dem Mund malen, sind aber trotzdem 10,00 EUR wert, dann Schaden (-).<br />

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a.A. OLG Düsseldorf, NJW 1990, 2397<br />

Steht im Zeitpunkt der Vermögensverfügung fest, dass der verfolgte soziale Zweck <strong>nicht</strong><br />

er<strong>reicht</strong> werden kann, wird die eingegangene Verpflichtung <strong>nicht</strong> voll <strong>aus</strong>geglichen. Ein<br />

Vermögensschaden liegt vor.<br />

Übertragung auf den vorliegenden Fall….<br />

Hochseerettungsspende als sozialer Zweck,<br />

aber...<br />

Zeitschriftenabonnement ist den Preis tatsächlich wert…<br />

Also, unter diesem Gesichtspunkt Schaden nach h.M. (-), nach OLG Düss (+)<br />

b) subj. TB<br />

S müsste vorsätzlich gehandelt haben.<br />

Vorsatz….<br />

ist der Wille zur Tatbestandsverwirklichung in Kenntnis aller objektiven Tat<strong>um</strong>stände.<br />

S wusste, dass das Zeitschriftenabonnement für D unbrauchbar war. Indem er über den Inhalt<br />

der Zeitschrift täuschte und <strong>einen</strong> dementsprechenden Irrt<strong>um</strong> bei D erregte, woraufhin dieses<br />

die Zeitschrift abonnierte, handelte er mit dolus directus 1. Grades.<br />

Weiterhin handelte er in der Absicht, sich rechtswidrig <strong>um</strong> die Provision zu bereichern.<br />

Zudem müsste der bei S eingetretene Vermögensvorteil stoffgleich mit dem<br />

Vermögensnachteil der S gewesen sein.<br />

S erhielt s<strong>einen</strong> in der Provision liegenden Vermögensvorteil erst durch eine weitere<br />

Handlung des Verlages V. Der im Abschluss des Abonnementenvertrages liegende Schaden<br />

der D – sie muss die Zeitschrift monatlich bezahlen – ist daher <strong>nicht</strong> die Kehrseite des<br />

Vermögensvorteils bei S, der erst mit der Zahlung der Provision eintritt.<br />

Stoffgleichheit (-)<br />

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2. § 263 StGB (S gegenüber D, zulasten der D, zugunsten des V)<br />

Obersatz?<br />

a) obj. TB<br />

S hat D getäuscht. Hierdurch hat S bei D eine positive Fehlvorstellung über Tatsachen,<br />

mithin <strong>einen</strong> Irrt<strong>um</strong>, erregt. Durch den in ihr erregten Irrt<strong>um</strong> hat S die getäuschte D zu<br />

einer Verfügung über ihr Vermögen veranlasst. Der D ist aufgrund der<br />

Vermögensverfügung ein Vermögensschaden entstanden.<br />

b) subj. TB<br />

S handelte hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale absichtlich.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> müsste er in der Absicht stoffgleicher rechtswidriger Bereicherung<br />

zugunsten des Verlages V gehandelt haben.<br />

Bereicherung des Verlages als „notwendiges Zwischenziel“, so dass sie von der<br />

eigennützigen Bereicherungsabsicht <strong>um</strong>fasst ist.<br />

Stoffgleichheit<br />

Zudem ist wieder<strong>um</strong> die Stoffgleichheit fraglich. Die Unmittelbarkeitsbeziehung soll von<br />

der Funktion her das Wesen des Betruges als Vermögensverschiebungsdelikt<br />

her<strong>aus</strong>stellen. Daher muss ein Vermögensvorteil in der Weise erstrebt werden, dass er<br />

unmittelbar zulasten des geschädigten Vermögens geht. Der Vorteil muss gewissermaßen<br />

die Kehrseite des Schadens darstellen, braucht aber <strong>nicht</strong> mit diesem identisch zu sein. In<br />

den Fällen des subjektiven Schadenseinschlages und des Bettelbetruges ist es zweifelhaft,<br />

ob Vor- und Nachteil korrespondieren, soweit es <strong>um</strong> <strong>einen</strong> <strong>nicht</strong>wirtschaftlichen Schaden<br />

des Opfers geht. Das Merkmal der Stoffgleichheit oder Unmittelbarkeit könnte verneint<br />

werden. Unproblematisch ist die Stoffgleichheit aber zu bejahen, sofern der Schaden in<br />

der Eingehung einer Zahlungsverpflichtung liegt. Es <strong>reicht</strong>, dass Schaden und Vorteil<br />

durch ein und dieselbe Verfügung vermittelt werden. Damit ist im Verhältnis D-V die<br />

Stoffgleichheit zu bejahen, da <strong>aus</strong> der Vermögensverfügung der D (Unterschreiben des<br />

Vertrages und spätere Zahlung) unmittelbar der Vorteil des Verlages V<br />

(Abonnement/Gelderhalt) resultierte.<br />

c) Rechtswidrigkeit und Schuld (+)<br />

d) Strafantrag?<br />

Kein Bearbeitervermerk?<br />

Erfordernis des Strafantrages?<br />

§§ 263 IV, 248a?<br />

Wertangabe im SV?<br />

….mindestens 100 EUR, weil S für 70,00 EUR Heroin kauft (SV geht noch weiter und<br />

S vertelefoniert noch 30,00 EUR bei Sexanbieter)<br />

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RA Dr. R. Kauerhof (D.E.A.)<br />

3. § 263 I StGB (S gegenüber V, zulasten des V, zugunsten des S)<br />

Anfechtungsrecht des Kunden gemäß § 123 BGB<br />

Problem: Provisions<strong>aus</strong>zahlung an S, obwohl D anfechtet (anfechten könnte!)<br />

Aber hier…<br />

…kein Irrt<strong>um</strong>, da V über Methoden Bescheid weiß.<br />

II. Zwischenergebnis<br />

S ist strafbar wegen Betruges gemäß § 263 I StGB gegenüber D, zulasten der D und<br />

zugunsten des V.<br />

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RA Dr. R. Kauerhof (D.E.A.)<br />

Das Heroinpulver<br />

I. Strafbarkeit des S gemäß<br />

§§ 29 I 1 Nr. 1 BtMg (-)<br />

§§ 29 I 1 Nr. 1, II BtMG i.V.m. §§ 22, 23 I Alt. 2 StGB (29 V – keine geringe Menge) (+)<br />

§ 29 a I Nr. 2 BtMG i.V.m. 22, 23 I Alt. 2 StGB (-)<br />

(nach Fragestellung [Strafbarkeit nach dem StGB] <strong>aus</strong>geschlossen, aber im Originaltext <strong>nicht</strong><br />

<strong>aus</strong>geschlossen, deshalb hier kurze Erwähnung)<br />

II. Strafbarkeit des G<br />

BtMG-Strafbarkeit<br />

§ 263 StGB<br />

Problem:<br />

Vermögensbegriffe – Hier sollte (ohne den SV <strong>aus</strong>führlich zu lösen) nur kurz auf die<br />

Problematik des Falls hingewiesen werden, nämlich die unterschiedliche Beurteilung der<br />

Strafbarkeit des G; je nach vertretenen Vermögensbegriff.<br />

Anregung:<br />

Ausführliche Lösungsskizze (zzgl. weiteren SV bei Beulke nachlesen)<br />

Ende<br />

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