Lösungsskizze 1. Klausur
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Fortgeschrittenenübung im Strafrecht SoSe 2007<br />
Prof. Dr. D. Klesczewski<br />
RA Dr. R. Kauerhof (D.E.A.)<br />
Lösungsskizze <strong>1.</strong> <strong>Klausur</strong><br />
<strong>1.</strong> TK: Der „Ersterwerb“ der Handschuhe<br />
A. Strafbarkeit des T<br />
I. §§ 242 I, 243 I S. 2 Nr. 1 StGB<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
Vollendung der Wegnahme?<br />
mit Umhängen (+)<br />
b) subj. Tatbestand<br />
Vorsatz<br />
Zueignungsabsicht<br />
2. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
3. 243 I S. 2 Nr. 1 StGB<br />
- Einbrechen<br />
- Einsteigen<br />
- Eindringen<br />
(-), keine Gewaltanwendung<br />
(+), Betreten d gesch. Raumes mit Geschicklichkeit<br />
oder Kraft auf nicht vorgesehene Art und Weise<br />
(-), keine Verw. E Werkzeuges, was nicht zur<br />
ordnungsgemäßen Öffnung vorgesehen ist<br />
Einschub: konkretes Formulierungsbeispiel, dargestellt anhand des § 123 StGB<br />
II. § 123 I StGB<br />
Indem T in das Haus des S eindrang, könnte er sich eines Hausfriedensbruchs gemäß §<br />
123 I schuldig gemacht haben.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
Hierzu müsste T in die Wohnung des S widerrechtlich eingedrungen<br />
sein. Die Wohnung ist der Innbegriff von Räumlichkeiten, deren<br />
Hauptzweck darin besteht, Menschen zur ständigen Benutzung zu<br />
dienen, ohne dass sie in erster Linie Arbeitsräume sind.[1] Die Villa des<br />
S ist eine derartige Räumlichkeit. Das Eindringen ist das Betreten des<br />
geschützten Raumes gegen den Willen des Berechtigten.[2] T<br />
überschritt die räumlichen Grenzen des Hauses; er drang in dieses ein.
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Weiterhin erfolgte das Eindringen ohne ein ausdrückliches oder<br />
mutmaßliches Einverständnis des S. Der objektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
b) sub. Tatbestand<br />
T drang in den geschützten Bereich in Kenntnis des entgegenstehenden<br />
Willens des S ein, er handelte hinsichtlich des objektiven Tatbestandes<br />
absichtlich.<br />
2. Rechtswidrigkeit / Schuld<br />
T handelte rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich eines Hausfriedensbruchs<br />
gemäß § 123 schuldig gemacht.<br />
[1] Vgl. Tröndle/Fischer, § 123 Rn. 6.<br />
[2] Tröndle/Fischer. § 123 Rn. 13.<br />
III. § 252 StGB<br />
T könnte sich eines räuberischen Diebstahls gemäß § 252 StGB schuldig gemacht<br />
haben, indem er S mit der Faust ins Gesicht schlug, um nicht entdeckt zu werden und<br />
die Handschuhe behalten zu können.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
BGH / Teile der Lit.<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) auf frischer Tat betroffen<br />
Zunächst müsste T bei einer geeigneten Vortat auf frischer Tat<br />
betroffen sein.<br />
(1) Auf frischer Tat<br />
- Diebstahl vollendet, aber noch nicht beendet<br />
(2) Betroffen-Sein<br />
- auf Wahrnehmung durch das Opfer kommt es nicht an<br />
- Betroffen ist auch derjenige, der der unmittelbar bevorstehenden Entdeckung<br />
durch Zuschlagen zuvorkommt (aufgenötigte Wahrnehmung)<br />
Andere Ansicht<br />
- Wortlaut steht BGH entgegen<br />
- wer nicht wahrgenommen wird ist auch nicht betroffen<br />
- Aufzwingen der Wahrnehmung ist nicht identisch mit Wahrnehmung<br />
- Folge: Verstoß gegen das Analogieverbot<br />
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Streitentscheid<br />
Argumente:<br />
- Selbstbegünstigungstendenz des Täters rechtfertigt Privilegierung (Hillenkamp):<br />
m.a.W: Wer nur Beute sichern will, ist strafwürdiger als derjenige, der sich auch<br />
der Entdeckung und damit der Bestrafung entziehen will<br />
- Aber: Täter, der vorher zuschlägt geht aggressiver<br />
vor (Bevorstehende Entdeckung ist z.Z.d.<br />
Gewaltanwendung nur Prognose)<br />
-Es ist nicht einzusehen, warum derjenige besser gestellt sein soll, zu dessen<br />
Beutesicherungsabsicht noch die Selbstbegünstigungstendenz hinzukommt –<br />
aber: zeitlich räumlicher Zusammenhang zum Tatort und zur bevorstehenden<br />
Entdeckung muss vorhanden sein (sonst ist Wortlautgrenze überschritten)<br />
bb) Tathandlung<br />
Gewaltanwendung (+)<br />
b) sub. Tatbestand<br />
T handelt hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale mit<br />
zielgerichtetem Wollen, also absichtlich. zugleich handelte er in der<br />
Absicht, sich den Besitz der Handschuhe zu erhalten.<br />
2. Rw/Schuld<br />
T handelt rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich eines räuberischen Diebstahls<br />
gemäß § 252 StGB schuldig gemacht.<br />
IV. § 249 I StGB hinsichtlich Handschuhe<br />
Bearbeiter, die einen Gewahrsamswechsel beim Umhängen der Handschuhe verneint<br />
haben, müssen entsprechend § 249 I StGB (Faustschlag, um die Handschuhe<br />
wegzunehmen [genauer: um die begonnen Wegnahme der Handschuhe zu vollenden]<br />
und für sich zu verwenden) prüfen und bejahen.<br />
V. § 249 I StGB hinsichtlich Geldbörse<br />
T könnte sich, indem er S niederschlug und darauf folgend seine Brieftasche mitnahm, eines<br />
Raubes gemäß § 249 I StGB schuldig gemacht haben.<br />
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<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) Wegnahme<br />
Hierzu müsste er zunächst die Brieftasche weggenommen haben. Indem<br />
er s in die Tasche griff, die Brieftasche herauszog und mit dieser<br />
davonrannte brach er den Gewahrsam des S und begründete neuen für<br />
sich; er nahm die Brieftasche weg.<br />
bb) Gewaltanwendung<br />
Weiterhin müsste die Wegnahme unter Anwendung von Gewalt erfolgt<br />
sein. T schlug den S nieder und vermittelt körperlilchen Zwang gegen<br />
seinen Körper.<br />
cc) Finalität<br />
Ansicht 1 (S/S/Eser, § 249 Rn. 6): pflichtwidrige (Ingerenz) Nichtbeendigung der<br />
Gewaltlage entspricht Gewaltanwendung durch aktives Tun.<br />
BGH: keine Gleichstellung von zweckgerichteter Gewaltausübung und Ausnutzen einer<br />
ohne Wegnahmevorsatz geschaffenen Zwangslage<br />
aber Rspr. uneinheitlich: 2. Senat (Finalität bei Fesselung +)<br />
BGHSt 48, 365<br />
anders der 4. Senat in einem ähnlich gelagerten Fall: BGHSt 32, 88, 92<br />
b) Zwischenergebnis<br />
Eine Strafbarkeit des T gemäß § 249 I scheidet mangels Finalität aus (a.A.<br />
vertretbar)<br />
VI. §§ 242 I, 243 I Nr. 6 StGB hinsichtlich Geldbörse<br />
T könnte sich, indem er – nachdem er sich schon einige Meter entfernt hatte – zurückkam und<br />
die Geldbörse des benommenen S an sich nahm, eines Diebstahls in einem besonders<br />
schweren Fall gemäß §§ 242 I, 243 I Nr. 6 StGB schuldig gemacht haben.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
T hatte die Brieftasche absichtlich weggenommen (s.o.) um sie für sich zu behalten.<br />
Der objektive und der subjektive Tatbestand des Diebstahls sind erfüllt.<br />
2. RW und Schuld<br />
T handelte rechtswidrig und schuldhaft.<br />
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3. § 243 I S. 2 Nr. 6 StGB<br />
S ist benommen, aber seine Verteidigungsbereitschaft in Kürze wiederhergestellt<br />
Unerheblich und Nr. 6 letztlich (+)<br />
B. Strafbarkeit des W<br />
I. §§ 242 I, 243 I S.2 Nr. 1, 26 StGB<br />
W könnte sich einer Anstiftung zum Diebstahl in einem besonders schweren Fall gemäß §§<br />
242, 243 I Nr. 1 26 StGB strafbar gemacht haben, indem er T von den Handschuhen erzählte<br />
und ihm anbot, sie gegen Zahlung von 5.000,00 Euro abzunehmen.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
vors. + rw. HT des T<br />
Bestimmen = Hervorrufen des Tatentschlusses<br />
b) subj. Tatbestand<br />
Doppelvorsatz<br />
2. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Es sind keine Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe ersichtlich.<br />
3. § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB<br />
Anstifterhandlung muss selbst besonders schwerer Fall sein<br />
Tatausführung im besonders geschützten Bereich wurde durch W selbst<br />
vorgeschlagen, also (+)<br />
II. § 259 I StGB<br />
W könnte sich der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht haben, indem er T die<br />
Handschuhe abnahm und 5.000,00 Euro hierfür zahlte.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
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aa) Tatobjekt<br />
Vortatbeteiligung und Hehlerei?<br />
Vgl. ausführlich Material zu Stunde 3<br />
bb) Tathandlung<br />
Ankaufen als Unterfall des Sich-Verschaffens<br />
b) subj. Tatbestand<br />
W wusste, dass er in einverständlichem Zusammenwirken mit T eigenständige<br />
Verfügungsgewalt über die Handschuhe erlangte. Genau hierauf war sein<br />
zielgerichtetes Wollen gerichtet; er handelte absichtlich.<br />
Weiterhin müsste er mit Bereicherungsabsicht gehandelt haben. Diese liegt<br />
vor, weil er in der Absicht handelte, sich einen Vermögensvorteil zu<br />
verschaffen. An einem Vermögensvorteil könnte es fehlen, wenn sich W die<br />
Handschuhe zum selben Preis auf rechtmäßigem Wege hätte verschaffen<br />
können. Dies ist hier nicht der Fall, denn die Handschuhe haben lauf<br />
Sachverhalt einen Wert einigen 10.000,00 Euro und W zahlte nur 5.000,00<br />
Euro. Der subjektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
2. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Es sind keine Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe ersichtlich, W hat sich<br />
somit der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht.<br />
III. §§ 252, 26 StGB<br />
W könnte sich der Anstiftung zum räuberischen Diebstahl gemäß §§ 252, 26 StGB schuldig<br />
gemacht haben, indem er T von den Handschuhen erzählte und ihn (indirekt) aufforderte,<br />
diese zu besorgen (s.o.).<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
Bestimmen (-)<br />
Jedenfalls kein Vorsatz<br />
2. Zwischenergebnis<br />
W hat sich nicht der Anstiftung zum räuberischen Diebstahl gemäß §§ 252, 26 StGB<br />
schuldig gemacht.<br />
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IV. §§ 242 I, 243 I S. 2 Nr. 6, 26 StGB<br />
Eine Strafbarkeit des W wegen Anstiftung des T zum Diebstahl des Portemonnaies scheidet<br />
aus. Noch weniger als bei der mit der angestifteten Tat wenigstens mittelbar<br />
zusammenhängenden Gewaltanwendung, ist die strafbare Handlung des T hier durch eine<br />
Einwirkung des W nicht hervorgerufen worden. Der Diebstahl des Portemonnaies stellt einen<br />
Exzess des T dar, für den W nicht verantwortlich ist.<br />
V. Zwischenergebnis<br />
W hat sich der Anstiftung zum Diebstahl gemäß §§ 242 I, 26 StGB und der Hehlerei gemäß §<br />
259 I StGB schuldig gemacht. Die Taten stehen in Tatmehrheit, § 53 StGB, zueinander.<br />
Die Hehlerei ist bei Teilnehmern der Vortat auch nicht mitbestrafte Nachtat.<br />
C. Nochmal Strafbarkeit des T<br />
§ 259 I, 27 StGB<br />
T könnte sich, indem er die Handschuhe W zum Kauf anbot, der Beihilfe zur Hehlerei gemäß<br />
§§ 259 I, 27 I StGB schuldig gemacht haben.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) Haupttat<br />
Eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat eines anderen, die<br />
Erwerbshehlerei des W liegt vor.<br />
bb) Hilfeleisten<br />
(+)<br />
cc) notwendige Teilnahme<br />
Abhängig von Stellung in Hehlereikette?<br />
Nein, diese Stellung ist außertatbestandliches Merkmal und deshalb auf<br />
Konkurrenzebene zu beachten<br />
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2. TK.: Die Rosen<br />
A. Strafbarkeit des T gemäß § 263 I StGB<br />
T könnte sich, indem er mit dem Geld, welches er von W für die Handschuhe erhalten hatte,<br />
die Rosen für F kaufte, eines Betruges zu Lasten der B gemäß § 263 I StGB schuldig gemacht<br />
haben.<br />
I. Tatbestand<br />
Makeltheorie (-) Bemakelung von Geld kaum vorstellbar<br />
außerdem<br />
Eigentumserlangung durch §§ 947, 948 BGB<br />
B. Strafbarkeit der F gemäß § 259 StGB<br />
F könnte sich der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht haben, indem sie die Rosen<br />
von T als Geschenk annahm.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
F müsste sich eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine<br />
gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat erlangt hat, verschafft haben.<br />
aa) Vortat<br />
Keine Strafbarkeit der „Ersatzhehlerei“<br />
„Ersatztat“ selbst keine Straftat<br />
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3. TK. Der „Weiterverkauf“ der Handschuhe<br />
A. Strafbarkeit des V<br />
I. § 259 I StGB<br />
V könnte sich der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht haben, indem er W die<br />
Handschuhe abnahm und 20.000,00 Euro hierfür zahlte.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) Tatobjekt<br />
Die Handschuhe sind eine Sache, die T gestohlen hat. Weiterhin hatte<br />
W diese sich von T verschafft, § 259 StGB. Sie sind mithin taugliches<br />
Tatobjekt.<br />
bb) Tathandlung<br />
Ankaufen (+)<br />
b) subj. Tatbestand (+)<br />
2. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Es sind keine Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe ersichtlich.<br />
II. Zwischenergebnis<br />
V hat sich somit der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht.<br />
B. Strafbarkeit des G<br />
I. § 259 I StGB<br />
G könnte sich der Hehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig gemacht haben, indem er die<br />
Handschuhe bei W abholte und zu V schaffte.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) Sich-Verschaffen<br />
G müsste sich die Handschuhe verschafft haben. Sich-Verschaffen bedeutet die<br />
Erlangung einer selbstständigen Verfügungsbefugnis. Diese ist hier nicht<br />
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2. Ergebnis<br />
gegeben, weil G nur Kurier ist und die Handschuhe lediglich im Auftrag des V<br />
abholen soll. Er agiert weisungsgebunden und ist auf zivilrechtlicher Ebene<br />
Besitzmittler des mittelbaren Besitzers V. V hingegen erwirbt den mittelbaren<br />
Besitz mit der Übergabe der Handschuhe von W an G.<br />
bb) Absatz und Absatzhilfe<br />
Fraglich ist, ob das Merkmal „Absetzen“ oder „Absetzenhelfen“ erfüllt ist.<br />
Diese Merkmale setzen aber jedenfalls voraus, dass der Vortäter in seinen<br />
Absatzbemühungen unmittelbar unterstützt wird. Sie beziehen sich nicht auf<br />
eine Unterstützung des Erwerbers (sog. Verschaffungshilfe) und scheiden<br />
mithin vorliegend aus.<br />
b) Zwischenergebnis<br />
Der objektive Tatbestand ist nicht erfüllt.<br />
G hat sich nicht der Hehlerei gemäß § 259 StGB schuldig gemacht.<br />
II. §§ 259 I, 27 I StGB<br />
G könnte sich der Beihilfe zur Hehlerei gemäß §§ 259 I, 27 I StGB schuldig gemacht haben,<br />
indem er die Handschuhe bei W abholte und zu V schaffte.<br />
<strong>1.</strong> Tatbestand<br />
a) obj. Tatbestand<br />
aa) Haupttat<br />
Die vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat ist die Hehlerei des V.<br />
bb) Hilfe leisten<br />
Kausale Hilfeleistung (+)<br />
b) subj. Tatbestand<br />
Doppelvorsatz (+)<br />
2. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Es sind keine Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe ersichtlich. G handelte<br />
rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich der Beihilfe zur Hehlerei gemäß §§ 259 I, 27 I<br />
StGB schuldig gemacht.<br />
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Endergebnis<br />
Im ersten Tatkomplex hat sich T des Diebstahls in einem besonders schweren Fall gemäß §§<br />
242 I, 243 I S. 2 Nr. 1 StGB (Handschuhe) schuldig gemacht. Zudem ist er des räuberischen<br />
Diebstahls gemäß § 252 StGB schuldig. Zwischen diesen Taten besteht Gesetzeskonkurrenz<br />
(Konsumtion). Zudem hat sich T tateinheitlich hierzu (§ 52 StGB) eines Hausfriedensbruchs<br />
gemäß § 123 StGB schuldig gemacht.<br />
In Tatmehrheit (§ 53) zu den benannten Taten hat sich T eines Diebstahls in einem besonders<br />
schweren Fall gemäß §§ 242 I, 243 I S.2 Nr. 6 StGB (Portemonnaie) schuldig gemacht.<br />
Die Beihilfe zur Erwerbshehlerei des W gemäß §§ 259 I, 27 I StGB stellt sich als mitbestrafte<br />
Nachtat dar.<br />
W ist der Anstiftung zum Diebstahl in einem besonders schweren Fall gemäß §§ 242 I, 243 I<br />
S. 2 Nr. 1, 26 StGB schuldig. Tatmehrheitlich hierzu (§ 53) hat er sich der Hehlerei gemäß §<br />
259 StGB schuldig gemacht.<br />
Im zweiten Tatkomplex bleibt F straflos.<br />
V ist im dritten Tatkomplex der Erwerbshehlerei gemäß § 259 I StGB schuldig (Erwerb der<br />
Handschuhe von W).<br />
G ist der Beihilfe zur Erwerbshehlerei des V gemäß §§ 259 I, 27 I StGB schuldig.<br />
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