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Roman - Rowohlt Theaterverlag

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50 Leseprobe September Oktober November Dezember Januar Februar 2011 2011 September Oktober November Dezember Januar Februar Humor 51<br />

«<br />

Das Blasenpflaster als politisches<br />

Bekenntnis<br />

Konsumgüterforschung ist eines<br />

meiner Steckenpferde. Bereits als<br />

Grundschüler habe ich viel Freizeit<br />

in Supermärkten verbracht und die<br />

Fruchtsaftgetränkegrundstoffe von<br />

«Quench» mit jenen von «TriTop»<br />

verglichen. Die Produktvielfalt des<br />

Einzelhandels ist eine der großen<br />

Kulturleistungen des Menschengeschlechts;<br />

in jedem Regal offenbart<br />

sich – bei genauem Hinsehen – die<br />

ganze Bandbreite unserer gestalterischen<br />

Potenz, nicht zuletzt in<br />

philosophisch-politischer Hinsicht.<br />

Ich trage zu dick auf, meinen Sie? Von<br />

wegen.<br />

In dieser Studie geht es um nichts<br />

weniger, als die Antwort darauf zu<br />

finden, ob und warum es einen Zusammenhang<br />

zwischen Blasenpflasterwahl<br />

und politischem Bekenntnis<br />

gibt. Ist der Fuß als «Fundament von<br />

allem» auch Träger der politischen<br />

Grundeinstellung? Fungiert der<br />

geschlossene Schuh wie eine Wahlkabine,<br />

hinter deren Wänden sich die<br />

Wahrheit offen ausdrückt?<br />

Vor mir liegen vier Schachteln. Alle<br />

vier enthalten Blasenpflaster. Ich<br />

habe mir extra ein Wochenende freigenommen<br />

und meine Füße aufwendig<br />

präpariert: 25 Kilometer sockenfreier<br />

Trimm-Trab in holländischen<br />

Holzschuhen, danach Pumpsalarm;<br />

meine Frau war so lieb, mir für einen<br />

Tag ihre rotesten Stöckelschuhe zu<br />

überlassen. Das Ergebnis: perfektionierte<br />

Blasen an beiden Füßen.<br />

Beginnen wir also mit der Schachtel,<br />

die links vor mir liegt. Hansaplast.<br />

Eine Pappschachtel in Führerscheinformat,<br />

Dicke ein Zentimeter,<br />

pfefferminzgrüne Farbe. Das Grün<br />

verliert zur Schachtelmitte hin an<br />

Farbkraft und mündet rechterseits in<br />

die Darstellung eines Damenfußes.<br />

Der Damenfuß ist augenscheinlich<br />

unbeblast; eine Hand ragt von oben<br />

ins Bild und belegt oberseitig den<br />

Fuß. Erster Eindruck: Diese Schachtelgestaltung<br />

hat Hand und Fuß.<br />

Links daneben ein Blasenpflaster, das<br />

sich aufgrund seiner Durchsichtigkeit<br />

kaum vom Hintergrund abhebt.<br />

Interessant: Die Darstellung des<br />

Pflasters ist ebenso groß wie die von<br />

Hand und Fuß. Dies legt verschiedene<br />

Deutungsmöglichkeiten nahe;<br />

entweder die in der Schachtel enthaltenen<br />

Pflaster sind Ca. 40 Zentimeter<br />

lang, oder Hand und Fuß sind in<br />

Originalgröße abgebildet und gehören<br />

einem Zwergenmodel, oder der<br />

Schachtelkünstler kombinierte kühn<br />

zwei Maßstäbe. Mal schauen, was<br />

der Begleittext hergibt. Oben/groß:<br />

«Blasen-Pflaster». Nanu! Schreibt man<br />

Blasenpflaster etwa mit Bindestrich?<br />

Ja lecko mio, da schau her! Sogleich<br />

den Duden konsultieren. «Blasenpflaster»<br />

hat keinen eigenen Eintrag,<br />

wohl aber «Pflaster», althochdeutsch<br />

Pflastar, lateinisch emplastrum gleich<br />

Wundpflaster. Aha! Wundpflaster<br />

ohne Bindestrich – was darauf hindeutet,<br />

dass Blasenpflaster ebenfalls<br />

ohne Strichbindung geschrieben wird.<br />

Natürlich kann Pappschachteln jeder<br />

beschriften, wie er will, es gibt ja kein<br />

Pappschachtelbeschriftungsgesetz.<br />

Unter Zwergenfuß und Monsterpflaster<br />

lese ich: «Extra starke Klebkraft<br />

an den Füßen» – ein Hinweis, der bei<br />

mir ein gewisses Unbehagen auslöst.<br />

Steckt aber gewiss keine Intention<br />

hinter. Der Dichter ist ganz bestimmt<br />

»<br />

weder Gruselfreak noch Sadist, sondern,<br />

viel besser: Werbetexter.<br />

Wigald Boning<br />

Die Geschichte der Fußleiste<br />

und ihre Bedeutung für das Abendland<br />

Es gibt so vieles auf dieser Welt, das noch immer unerforscht<br />

ist. Wigald Boning schafft Abhilfe – und untersucht den<br />

Zusammenhang von Fußleisten und der Französischen Revolution,<br />

unternimmt botanische Spaziergänge auf der Kölner<br />

Domplatte und findet heraus, warum man von Politikerfrisuren<br />

auf das kulturelle Interesse der jeweiligen Staatsmänner<br />

schließen kann. Endlich finden wichtige Studienobjekte die<br />

ihnen gebührende Anerkennung!<br />

Wigald Boning,<br />

Comedian, Moderator,<br />

Musiker und Autor,<br />

wurde mit vielen<br />

Preisen ausgezeichnet,<br />

u. a. dem Deutschen<br />

Fernsehpreis, dem<br />

Bayerischen Fernsehpreis,<br />

dem Goldenen<br />

Löwen, dem Adolf-<br />

Grimme-Preis, dem<br />

Bambi und dem Echo.<br />

Er spricht Englisch<br />

und Französisch und<br />

ist ein Verfechter für<br />

Plattdeutsch als neue<br />

Wissenschaftssprache.<br />

© Stefan Menne<br />

Informationen<br />

Backlist<br />

Interviewmöglichkeit<br />

Autorenkontakt<br />

Wigald Boning<br />

Die Geschichte der Fußleiste<br />

und ihre Bedeutung für das Abendland<br />

und andere wissenschaftliche Studien<br />

Originalausgabe<br />

Ca. 224 Seiten<br />

Mit ca. 50 s/w-Abbildungen<br />

Bekenntnisse eines Nachtsportlers und<br />

In Rio steht ein Hofbräuhaus<br />

Wigald Boning wohnt im Allgäu<br />

dana-kristin.funck@rowohlt.d<br />

€ 8,99 (D)<br />

€ 9,30 (A)/sFr. 14,50*<br />

ISBN 978-3-499-62772-9<br />

WG 2185 | September 2011

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