Roman - Rowohlt Theaterverlag
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14 Leseprobe September Oktober November Dezember Januar Februar 2012 2012 September Oktober November Dezember Januar Februar Erzählendes Sachbuch 15<br />
«<br />
Ein Mann will Deutscher werden<br />
und schafft es nicht. Der Mann, Ozan<br />
Ceyhun, kommt aus der Türkei und<br />
ist gut vorbereitet. Er hat in Ankara<br />
Germanistik studiert und spricht<br />
Deutsch, als er nach dem Militärputsch<br />
in der Türkei fliehen muss<br />
und sich nach Deutschland absetzt. Er<br />
will bleiben. Er nimmt die deutsche<br />
Staatsbürgerschaft an, steigt in die<br />
deutsche Politik ein, macht Karriere,<br />
erst bei den Grünen, dann in der SPD,<br />
arbeitet für Deutschland, vertritt die<br />
deutschen Interessen im Europäischen<br />
Parlament. Wie die meisten<br />
Deutschen heiratet er eine Deutsche,<br />
wie alle Deutschen spricht er mit<br />
seinen Kindern Deutsch. Ist er jetzt<br />
ein Deutscher? Kann man überhaupt<br />
Deutscher werden, wenn man vorher<br />
Türke, Inder, Marokkaner oder<br />
irgendetwas anderes war?<br />
Ozan Ceyhun sagt: nein. Sie<br />
lassen ihn den Deutschen spielen,<br />
aber den Türken fühlen. Das ist nicht<br />
einmal böswillig gemeint, nur scheinen<br />
sie nicht anders zu können, die<br />
wahren Deutschen. „Ausgerechnet<br />
der türkischstämmige Ozan Ceyhun<br />
setzt sich für die deutsche Sprache im<br />
Europäischen Parlament ein“, heißt<br />
es in einer Publikation. Und Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder erkundigt<br />
sich bei ihm nach seinen „türkischen<br />
Landsleuten“. In Deutschland zählt<br />
die Herkunft – einmal Türke, immer<br />
Türke. Irgendwann ist es der Türke<br />
wider Willen leid und zieht die Konsequenz,<br />
nimmt wieder die türkische<br />
Staatsbürgerschaft an – zusätzlich zur<br />
deutschen –, steigt in die türkische<br />
Politik ein und fühlt sich endlich<br />
wohl in seiner deutsch-türkischen<br />
Haut. „Deutscher wird man nie“,<br />
lautet Ozan Ceyhuns Fazit. „ Deutschland<br />
ist nicht bereit, seine Einwanderer<br />
wirklich mit offenen Armen<br />
aufzunehmen. Sie bleiben, auch als<br />
Deutsche, eine Art Gastarbeiter …<br />
» ©<br />
Ozan Ceyhun<br />
Man wird nie<br />
Deutscher<br />
Wie Deutschland Integration verhindert<br />
Ozan Ceyhun, geboren<br />
1960 in Adana,<br />
Türkei, besuchte u. a.<br />
ein österreichisches<br />
Gymnasium in Galata<br />
und studierte nach der<br />
Hochschulreife Deutsche<br />
Philologie. Nach<br />
dem Militärputsch am<br />
12. September 1980<br />
musste er die Türkei<br />
verlassen und lebt<br />
seit 1982 im hessischen<br />
Rüsselsheim. Er<br />
absolvierte eine Ausbildung<br />
zum staatlich<br />
anerkannten Erzieher.<br />
Von 1986 bis 2000 war<br />
er Mitglied bei den<br />
Grünen und wechselte<br />
danach zur SPD. Er<br />
war Referent für<br />
Migrations- und Asylpolitik<br />
im Bundestag,<br />
arbeitete als Referatsleiter<br />
im Hessischen<br />
Sozialministerium<br />
und war Mitglied des<br />
Kreistages des Landkreises<br />
Groß-Gerau.<br />
Nachdem er von 1997<br />
bis 2007 stellvertretender<br />
Vorsitzender des<br />
Interkulturellen Rates<br />
in Deutschland war,<br />
wurde er 1998 Abgeordneter<br />
des Europäischen<br />
Parlaments. Er<br />
ist Ehrenmitglied der<br />
Konföderation der<br />
Alevitischen Vereine<br />
in Europa. Ebenfalls<br />
moderiert er eine<br />
Sendung bei YOL TV<br />
(Türkei) und Genc<br />
TV (Zypern) und ist<br />
hauptsächlich als<br />
politischer Berater in<br />
der Türkei tätig.<br />
Ozan Ceyhun, seit 1980 in Deutschland, ist ein Musterbeispiel<br />
in Sachen «integrationsbereiter Migrant»: Er ging für<br />
die Grünen und später für die SPD in die Politik, und sogar<br />
Gerhard Schröder bedankte sich bei Ceyhun für seine Wahlkampfunterstützung.<br />
Doch im Kanzlerbüro wurde Ceyhun<br />
klar: Er würde immer der Türke bleiben – das bewies ihm<br />
Schröders<br />
Frage: «Sag<br />
mal, warum<br />
haben deine<br />
Landsleute<br />
eigentlich<br />
Erdogan<br />
gewählt?»<br />
Ozan Ceyhuns<br />
Lebensmittelpunkt<br />
liegt zwar am Main, doch nun geht er in die türkische Politik<br />
und betrachtet seine Integration in Deutschland als gescheitert<br />
– obwohl er alles richtig machen wollte.<br />
Agata Skowronek<br />
Informationen<br />
Das Besondere<br />
Interviewmöglichkeit<br />
Im Netz<br />
Autorenkontakt<br />
Eine kluge Antwort auf Thilo Sarrazin<br />
Ozan Ceyhun lebt in Rüsselsheim und Adana<br />
und spricht Deutsch und Türkisch<br />
www.ceyhun.de<br />
dana-kristin.funck@rowohlt.de<br />
Ozan Ceyhun<br />
Man wird nie Deutscher<br />
Originalausgabe<br />
Ca. 256 Seiten<br />
Klappbroschur<br />
€ 12,99 (D)<br />
€ 13,40 (A)/sFr. 20,50*<br />
ISBN 978-3-499-62819-1<br />
WG 2973 | Januar 2012