Antike Metropole der Hellenen – mittelalterliches Dorf – eine der ...
Antike Metropole der Hellenen – mittelalterliches Dorf – eine der ...
Antike Metropole der Hellenen – mittelalterliches Dorf – eine der ...
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Athen<br />
<strong>Antike</strong> <strong>Metropole</strong> <strong>der</strong> <strong>Hellenen</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>mittelalterliches</strong> <strong>Dorf</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>eine</strong> <strong>der</strong> jüngsten Hauptstädte Europas<br />
Athen ist k<strong>eine</strong> verführerische Schönheit, <strong>der</strong> man beim ersten<br />
Anblick verfällt. Die Stadt <strong>der</strong> Göttin Athena ist zwar uralt, ihr fehlt jedoch<br />
die politische, künstlerische und städtebauliche Kontinuität von Rom,<br />
Paris o<strong>der</strong> Florenz. Und dennoch, seit Athen sich auf die Olympischen<br />
Sommerspiele 2004 vorbereitet, seit dem Ausbau <strong>der</strong> Metro, seit <strong>der</strong> Einrichtung<br />
von Fußgängerzonen und <strong>der</strong> Schaffung <strong>eine</strong>s zusammenhängenden<br />
Areals für die antiken Kulturstätten sowie seit <strong>der</strong> Renovierung des<br />
neoklassizistischen Stadtbilds entwickelt sich die Stadt zu <strong>eine</strong>r <strong>der</strong> reizvollsten<br />
<strong>Metropole</strong>n Europas.<br />
Athen, das geistige Zentrum <strong>der</strong> antiken Welt, versank bald nach Gründung<br />
des Oströmischen/Byzantinischen Reiches (324 n. Chr.) in <strong>eine</strong>n<br />
Dornröschenschlaf. Ein sichtbares Zeichen dafür war die Schließung <strong>der</strong><br />
Athener Akademie (529). Aus diesem Dornröschenschlaf erwachte die<br />
Stadt erst durch den Kuss <strong>eine</strong>s bayerischen Prinzen (1835). An<strong>der</strong>s als im<br />
Märchen war die Braut aber nicht mehr dieselbe. Aus <strong>der</strong> strahlenden<br />
Göttin war <strong>eine</strong> balkanische <strong>Dorf</strong>schönheit geworden.<br />
Zwar gibt es auch <strong>eine</strong> Geschichte <strong>der</strong> Stadt Athen im Mittelalter <strong>–</strong> <strong>der</strong><br />
deutsche Kulturhistoriker Ferdinand Gregorovius hat zwei Bände (1889)<br />
darüber verfasst <strong>–</strong>, doch dieses Mittelalter ist im Stadtbild nicht präsent.<br />
Man muss es mit <strong>der</strong> Lupe suchen. Dies liegt auch daran, dass diese Zeit<br />
von den Franken, von Westeuropäern geprägt wurde. Deren Herrschaft war<br />
verhasst, und <strong>der</strong>en architektonische Hinterlassenschaften wurden nicht<br />
inkorporiert, son<strong>der</strong>n dem Verfall überlassen o<strong>der</strong> bewusst zerstört. Ob aus<br />
Resistenz gegenüber frem<strong>der</strong> Kultur o<strong>der</strong> aus Fixierung auf die eigene,<br />
jedenfalls sind alle nachklassischen Bauten auf <strong>der</strong> Akropolis gewissenhaft<br />
entfernt worden. Sie sieht heute ganz an<strong>der</strong>s aus als vor 150 Jahren.<br />
Auf dem Weg vom Syntagma-Platz ´<br />
zur Pláka, <strong>der</strong> Altstadt, begegnet<br />
<strong>eine</strong>m in <strong>der</strong> Mitropóleos-Straße ein seltsames Bild. Ein winziges byzanti-<br />
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Blick von <strong>der</strong><br />
Akropolis über<br />
Athen: in <strong>der</strong> Mitte<br />
oben das Olympiastadion<br />
von 1896;<br />
rechts in <strong>der</strong> Mitte<br />
<strong>der</strong> Zeus-Tempel,<br />
unten die Pláka
Brauchtum und Traditionen<br />
Feuertanz, Blutopfer und Phalluskult:<br />
Volkskultur im heutigen Griechenland<br />
Die griechisch-orthodoxe Kirche bildete innerhalb des Osmanischen<br />
Reiches über fast 450 Jahre <strong>eine</strong> Art Staat im Staate, <strong>eine</strong> Macht, die Religion,<br />
Tradition und Brauchtum schützte, rettete und bewahrte. Als Enklave<br />
war das Griechentum von den gesellschaftlichen und politischen Verän<strong>der</strong>ungen,<br />
die den Westen erschütterten, abgeschirmt. Reformation und Aufklärung<br />
drangen kaum bis nach Griechenland vor. Auch Industrialisierung,<br />
Landflucht und die Entwicklung städtischer Agglomerationen vollzogen<br />
sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Das sind die Gründe, weshalb sich in<br />
Griechenland wichtige Elemente <strong>der</strong> Volkskultur wie zum Beispiel <strong>der</strong><br />
Anastenária-Kult und orthodoxe Kirchenfeste über Jahrhun<strong>der</strong>te nahezu<br />
unverfälscht erhalten konnten. Der Einzug des Fernsehens bis in den letzten<br />
Winkel kleinster Dörfer, <strong>der</strong> Einfluss des Massentourismus und die allgem<strong>eine</strong><br />
Verstädterung <strong>der</strong> Lebensverhältnisse in den letzten Jahrzehnten<br />
bedrohen allerdings viele lebendige Elemente <strong>der</strong> Volkskultur. Sie geraten<br />
in Vergessenheit, degenerieren zu folkloristischen Tourismusattraktionen<br />
o<strong>der</strong> wan<strong>der</strong>n <strong>–</strong> im besten Fall <strong>–</strong> ins Volkskunstmuseum.<br />
Das Anastenária-Fest<br />
Langadhás, ein kl<strong>eine</strong>s <strong>Dorf</strong> mit ca. 3000 Einwohnern, 15 km nordöstlich<br />
von Thessaloníki. In <strong>eine</strong>m Kafeneíon nahe <strong>der</strong> Agorá (Markt) wird die<br />
spannende Erzählung über das traditionelle Anastenária-Fest, das am orthodoxen<br />
Kirchentag <strong>der</strong> Heiligen Konstantínos und Eléni, am 21. Mai, gefeiert<br />
wird, jäh unterbrochen. Als Michális die Anastenárides, <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong><br />
Min<strong>der</strong>heit des <strong>Dorf</strong>es Thiasós, mit „saráh“ bezeichnet, springt Kyriákos<br />
zornig auf und verlässt laut schimpfend die kl<strong>eine</strong> Männerrunde. „Saráh“,<br />
ein aus dem Türkischen entlehntes Wort, bedeutet sinngemäß „Epilepsie“.<br />
Doch Epileptiker sind die Anastenárides bei ihrem ekstatischen Feuertanz<br />
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Metéora Felsen<br />
(„metá aéiro“ =<br />
hoch schwebend),<br />
die Klöster zwischen<br />
Himmel und Erde in<br />
Kalambáka: Hier<br />
Kloster Rousanou<br />
aus dem 16. Jh.