Spaces of Production - European Kunsthalle
Spaces of Production - European Kunsthalle
Spaces of Production - European Kunsthalle
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105 <strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong><br />
106<br />
Nikolaus Hirsch, Philipp Misselwitz, Markus Miessen, Matthias Görlich<br />
«<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» ist eine Studie zur Konzeptionalisierung und praktischen Anwendung<br />
von räumlichen Handlungsoptionen und Positionierungen der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong>.<br />
Die entwickelten Modelle und Strategien wurden in der Gründungsphase der <strong>European</strong><br />
<strong>Kunsthalle</strong> getestet. Die vorliegende Untersuchung ist nicht das Ergebnis rein theoretischkonzeptioneller<br />
Überlegungen, sondern das Resultat einer in die Aktivitäten der zweijährigen<br />
Gründungsphase der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> eingebundenen Arbeitspraxis. In diesem<br />
Sinne sind die im Folgenden dargestellten Handlungsmodelle für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
das Ergebnis einer «angewandten Forschung» – eine iterative, durch Rückkopplungen<br />
zwischen Theorie und Praxis geprägte Auseinandersetzung.<br />
«<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» begann als eine Erkundung zeitgenössischer Institutionen<br />
in Europa. Neben eher traditionellen Typologien folgenden Galerien, Museen und <strong>Kunsthalle</strong>n<br />
wurden auch Institutionen untersucht, die bewusst herkömmliche Institutionsmodelle<br />
umgangen, sie vorsichtig vorangetrieben, sie unterlaufen, ihnen neue Bedeutungen gegeben<br />
oder sie auf neue Arten kombiniert haben. Hierbei wurde deutlich, dass die Orte der<br />
Kunstpräsentation zunehmend als «spaces <strong>of</strong> production», also als Orte der Kunstproduktion<br />
zu verstehen sind.<br />
Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht der scheinbar immer widersprüchlicher<br />
werdende Status der physisch-räumlichen Konfiguration der Institution selbst. Der Vergleich<br />
der analysierten Institutionen spannte ein Feld von Möglichkeiten auf, das durch das<br />
gegensätzliche Begriffspaar von «Stabilität» und «Instabilität» geprägt wird. Institutionen,<br />
die sich auf das traditionelle Modell der <strong>Kunsthalle</strong> beziehen, definieren eine höchst kontrollierte<br />
Umgebung: ein hermetisch abgeschlossenes und neutrales Innen eines stabilen<br />
Gebäudes. Diese stabile Umwelt funktioniert in einem doppelten Sinne, in dem sie Eigenständigkeit<br />
sowohl von Programm als auch sozialer Struktur der Institution garantiert.<br />
Nutzungsvarianten stehen in direktem Zusammenhang zu den inhärenten Möglichkeiten<br />
architektonischer Elemente wie Wand, Decke und Boden. Räumlich instabile Institutionen<br />
hingegen ermöglichen die Verschmelzung mit dem urbanen Alltag der Umgebung. Sie sind<br />
definiert durch flexible, dynamische Grenzen. Im Gegensatz zu den architektonischen<br />
Strategien stabiler Institutionen besteht die «Materialstrategie» hier aus unterschiedlichen<br />
Rhythmen und graduellen Phänomenen: Abstufungen von visuellem Schutz bzw. Zurschaustellung,<br />
Rhythmen von Schnelligkeit und Langsamkeit, Lärm und Stille.<br />
Sowohl stabile als auch – In Hinsicht auf ihre räumliche Konfiguration – instabile Institutionen<br />
haben ihre individuellen Geschichten, Traditionen und Konnotationen. In Extremfällen<br />
beider Modelle wird der Architektur eine entscheidende, jedoch sehr unterschiedliche<br />
Rolle zugeschrieben: Einerseits werden Orte der Kunst zu strategischen Instrumenten von<br />
Stadtplanung und -marketing, die ganze Städte nach dem Vorbild des «Bilbao-Effekts» reaktivieren<br />
sollen und dabei eine dominante Rolle an die Architektur delegieren, die diese
107 nicht selten überfordert. Dagegen positionieren sich temporäre, in der Tradition des Situatio-<br />
108<br />
nismus stehende Strategien, die sich bestehende Territorien und räumliche Leerstellen in<br />
der Stadt vorübergehend aneignen, dabei jedoch Gefahr laufen, einer Festivalisierung unter<br />
den Prämissen neoliberaler Deregulierung in die Falle zu gehen. Die Flucht aus der bürgerlichen<br />
Institution war in den 1970er Jahren ein Ausdruck politisch-künstlerischer Opposition.<br />
Seit Herbst 2005 wurde dem Gründungsteam<br />
der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
Büroräume im Kulturdezernat der Stadt<br />
Köln zur kostenlosen Nutzung zur<br />
Verfügung gestellt: zwei möblierte<br />
Arbeitsräume inklusive Telekommunikationsinfrastruktur<br />
im vierten<br />
Geschoss des Verwaltungsbaus in<br />
der Kölner Innenstadt; Sanitäranlagen<br />
und Kopierer des Kulturdezernats<br />
standen zur Mitnutzung zur Verfügung.<br />
Lediglich Computer und laufende<br />
Telefonkosten mussten aus eigenem<br />
Budget finanziert werden.<br />
Die so entstandene Konstellation eines<br />
«Produktionsbüros» ohne permanente<br />
öffentliche Ausstellungsflächen lässt<br />
sich als instabiles Modell charakterisieren.<br />
Die minimale Infrastruktur erlaubte<br />
eine Kunstproduktion ohne «schweres<br />
Gepäck».<br />
Heute jedoch sind diese Strategien Teil des Mainstream. Stabile und instabile Denkansätze<br />
und ihre diametral entgegengesetzten räumlichen Konsequenzen sind für Künstler und<br />
Kuratoren somit gleichzeitig verfügbar. Die Angemessenheit einer Strategie wird meist von<br />
Projekt zu Projekt neu verhandelt.<br />
Der von «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» entwickelte Ansatz versucht, «Stabilität» und<br />
«Instabilität» konstruktiv zusammen zu denken und damit eine Strategie für die Zukunft der<br />
<strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> zu entwickeln, welche die <strong>Kunsthalle</strong> kommunal, regional, national<br />
und international im zeitgenössischen Diskurs positioniert. Angewandt auf die spezifische<br />
Situation in Köln entwerfen wir im Folgenden drei unterschiedliche räumliche Strategien:<br />
erstens eine instabile Konfiguration, zweitens eine stabile Strategie und drittens ein Modell,<br />
das die Vorteile beider Varianten zusammenführt.
109 Instabiles Modell<br />
110<br />
Gründungsphase<br />
Die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> konstituierte sich als eine Institution ohne Gebäude und<br />
ohne eigenen Ausstellungsraum. Büroräume wurden vom Kulturdezernat zur Verfügung<br />
gestellt. Es entstand eine unabhängige, quasi parasitäre Kernstruktur ohne feste Ausstellungsräume.<br />
Die Programmgestaltung der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> war folglich geprägt von<br />
instabilen Raumkonfigurationen. Doch was aus lokaler Perspektive pragmatisch und<br />
improvisiert erscheinen mochte, ist im Kontext internationaler Institutionspraxis eine<br />
durchaus gängige strategische Alternative zu klassischen Institutionen. Vergleichbar mit<br />
Institutionen wie dem Londoner Artangel (einer Ausstellungsagentur, die sich allein auf die<br />
Produktion von Kunstwerken spezialisiert hat, die dann an unterschiedlichen Orten präsentiert<br />
werden) oder der Mailänder Fondazione Trussardi war die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> durch<br />
die Trennung zwischen Kernzelle (Büros) als kuratorischem und organisatorischem Produktionsort<br />
zum einen und den wechselnden, nur temporär genutzten Ausstellungsorten zum<br />
anderen charakterisiert. Von Teilen der Öffentlichkeit wurde die «raumlose» Institution als<br />
Geburtsmakel gesehen, erlaubte aber intern die Durchsetzung eines produktiven Arbeitens<br />
mit «leichtem Gepäck». In der Reduktion auf das Wesentliche wurden die für viele traditionelle<br />
Kulturinstitutionen typischen Zwänge, die sich aus hohen Gebäudeunterhaltskosten<br />
ergeben, minimiert. In Zusammenarbeit mit den Kuratoren entwickelte «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>»<br />
räumliche Strategien für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> als «instabile Institution», die unter<br />
realen Ausstellungsbedingungen umgesetzt und getestet wurden. Diese angewandte<br />
Forschung ist geprägt durch dezentrale Formate wie die Diskursreihe «Under Construction»<br />
oder das Ausstellungskonzept «Modelle für Morgen: Köln», die auf temporären Interventionen<br />
in existierende Stadträumen oder Institutionen basieren.<br />
Anhand dieser konkreten Projekte wurden Parameter getestet, die für jede zeitgenössische<br />
Kulturinstitution essenziell sind: Zugänglichkeit, Öffnungszeiten, Sichtbarkeit.<br />
Für «Modelle für Morgen:Köln» wurde auf Basis des kuratorischen Konzepts des «nachöffentlichen<br />
Raums» ein umfangreiches räumliches Inventar von alltäglichen Orten der<br />
Kölner Innenstadt angelegt und in Bezug auf ihre Organisationsstrukturen, Öffnungszeiten<br />
und Logik von Inklusion und Exklusion kategorisiert. In der Annahme, dass «Zugang» ein<br />
wesentliches Kriterium jeder zukünftigern Kunstinstitution ist, wurde der Grad der Zugänglichkeit<br />
zum räumlichen Kategorisierungswerkzeug: private Räume, die durch die Ausstellung<br />
überhaupt erst erschlossen werden; private Räume mit selektivem Zugang für Kunden<br />
(Bank); private, aber allgemein zugängliche Räume; öffentliche, aber temporär geschlossene<br />
Räume und schließlich öffentliche, permanent zugängliche Territorien. Aus Call Shops,<br />
Banken, Fitnessstudios, Tankstellen, öffentlichen Verwaltungsgebäuden, Hotels und anderen<br />
Orten wurden schließlich 22 Ausstellungsräume ausgewählt, die in ihrer Gesamtheit das<br />
zunehmend unscharfe Terrain zwischen den traditionellen Begriffsdefinitionen «privat» und<br />
«öffentlich» neu verhandeln.<br />
Unsichtbare Kernzelle: Grundriss<br />
des Büros der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong>,<br />
das zum Produktionsort für instabile<br />
Ausstellungsszenarien in Köln wurde<br />
Raumkonzept «Under Construction»<br />
(März 2006): Die öffentliche Diskursserie<br />
fand an täglich wechselnden<br />
Standorten in Köln statt.<br />
Galeriestandorte der «KölnShow2»:<br />
18 Kölner Galerien partizipierten an<br />
der von der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
initiierten und koordinierten Ausstellung<br />
(April–Mai 2007)<br />
Raumkonzept «Modelle für Morgen:<br />
Köln»: 22 alltägliche Orte in der Kölner<br />
Innenstadt werden Teil der temporären<br />
Ausstellung. (März–April 2007)
111 112<br />
Mo, Do<br />
12:00–15:00<br />
Fr<br />
16:00–18:00<br />
So<br />
14:00–18:00<br />
Fitness-Center<br />
9<br />
8<br />
7<br />
Mo<br />
16:30–18:30<br />
Do<br />
14:00–16:00<br />
Hotel<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
Bar<br />
Di, Do, Fr<br />
9:00–16:00<br />
Mi<br />
9:00–13:00<br />
Lesesaal<br />
6<br />
5<br />
Mo–Fr<br />
8:00–19:00<br />
Industrie- und Handelskammer<br />
Mo, Do<br />
9:00–18:00<br />
Di, Mi<br />
9:00–16:00<br />
Fr<br />
9:00–15:30<br />
Bank<br />
4<br />
3<br />
Mo–So<br />
9:00–23:00<br />
Call-Shop<br />
2<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
Hotel<br />
22<br />
1<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
U-Bahn-Station<br />
Mo–So<br />
6:30–23:00<br />
Bank<br />
Interventionen im nach-öffentlichen<br />
Raum: Die unterschiedlich geregelte<br />
Zugänglichkeit von ausgewählten<br />
Orten in der Kölner Innenstadt ist ein<br />
Indikator für die zunehmende Auflösung<br />
der Grenzen zwischen den<br />
traditionellen Begriffen «privat» und<br />
«öffentlich». Während ein privates<br />
Hotelfoyer oder eine Tankstelle<br />
24Stunden Zugang gewähren, regeln<br />
restriktive Öffnungszeiten die<br />
Benutzung von öffentlichen Institutionen<br />
wie Stadtverwaltung, Museum oder<br />
Bibliothek. Als Ergebnis komplexer<br />
gesellschaftlicher Transformationsprozesse<br />
wird das Öffentliche zunehmend<br />
privatisiert und das Private zunehmend<br />
öffentlicher. «Modelle für Morgen: Köln»<br />
versucht, neue Potenziale für künstlerische<br />
Interventionen auszuloten, die<br />
sich aus dieser Verschiebung ergeben.<br />
Mo–Fr<br />
10:00–19:00<br />
Sa<br />
10:00–18:00<br />
Buchhandlung<br />
10<br />
11<br />
Mo, Mi<br />
16:00–19:00<br />
Di, Do<br />
10:00–13:00<br />
Kirche<br />
Di, Do<br />
10:00–20:00<br />
Mi, Fr<br />
10:00–18:00<br />
Sa<br />
10:00–15:00<br />
Bibliothek<br />
Mo–Do, Sa<br />
7:00–21:00<br />
Fr<br />
7:00–22:00<br />
Shopping Mall<br />
12<br />
13<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
Tankstelle<br />
14<br />
15<br />
18<br />
Mo–So<br />
8:00–19:30<br />
Kirche<br />
16<br />
Di–Sa<br />
11:00–17:00<br />
So<br />
13:00–17:00<br />
Kirche<br />
<strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
Office<br />
19<br />
21<br />
20<br />
Mo–Do<br />
9:30–20:00<br />
Fr–Sa<br />
9:30–21:00<br />
Kaufhaus<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
Stromkasten<br />
Mo–So<br />
0:00–24:00<br />
Stromkasten<br />
Mo–Fr<br />
7:00–19:00<br />
Einwohnermeldeamt<br />
17<br />
Di<br />
10:00–20:00<br />
Mi–Fr<br />
10:00–18:00<br />
Sa–So<br />
11:00–18:00<br />
Museum
113 Im Jahre 1748 entwickelte der italienische<br />
Kartograf Giovanni Battista Nolli<br />
einen revolutionären Plan der Stadt Rom:<br />
Der Plan enthielt nicht nur Straßen, sondern<br />
alle öffentlich zugänglichen Räume<br />
wie die Innenräume von Kirchen und<br />
113 Institutionen. «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>»<br />
114<br />
wendete das Nolli-Prinzip auf die durch<br />
die Ausstellung «Modelle für Morgen:<br />
Köln» erschlossenen Innenräume an.<br />
Es entsteht ein visueller Eindruck einer<br />
Stadt der nach-öffentlichen Räume.
auf Basis des kuratorischen Konzepts<br />
des «nach-öffentlichen Raums» ein<br />
umfangreiches räumliches Inventar von<br />
alltäglichen Orten der Kölner Innenstadt<br />
angelegt und in Bezug auf ihre<br />
Organisationsstrukturen, Öffnungs-<br />
115 Für «Modelle für Morgen: Köln» wurde zeiten und Logik von Inklusion und<br />
116<br />
Exklusion kategorisiert. In der Annahme,<br />
dass «Zugang» ein wesentliches<br />
Kriterium jeglicher zukünftiger<br />
Kunstinstitution ist, wurde der Grad<br />
der Zugänglichkeit zum räumlichen<br />
Kategorisierungswerkzeug.<br />
nicht zugänglich authorisierter/selektiver Zugang freier Zugang, zeitlich begrenzt freier Zugang<br />
Inventar-Nr. 011–Verwaltungsgebäude<br />
Inventar-Nr. 023–Bank<br />
Inventar-Nr. 003–Callshop<br />
Inventar-Nr. 014–Tankstelle<br />
Inventar-Nr. 029–Polizeipräsidium<br />
Inventar-Nr. 039–Kindergarten<br />
Inventar-Nr. 017–Einkaufspassage<br />
Inventar-Nr. 065–Unterführung Neumarkt<br />
Inventar-Nr. 060–Parteizentrale SPD<br />
Inventar-Nr. 061–Glaubensgemeinschaft<br />
Inventar-Nr. 031–Hotel Intercontinental<br />
Inventar-Nr. 045–Passbildautomat
117 Die räumliche Strategie war darauf angelegt, Kohärenz innerhalb eines temporären und<br />
118<br />
fragmentarischen Konzepts zu schaffen. Wir wollten deutlich machen, dass eine dezentrale<br />
Ausstellung keine situationistische Figur ist, sondern eine geplante Struktur, die eine<br />
Architektur im großen, urbanen Maßstab darstellt und als Modell für eine <strong>Kunsthalle</strong> ohne<br />
eigenes Gebäude funktioniert. Die urbane Figur, welche die ausgewählten Räume in ihrer<br />
Gesamtheit bildeten, schuf kein zufälliges oder improvisiertes Muster, sondern eine spezifische<br />
Form und insistierte damit auf dem formalen Charakter jeglicher Institution. Um einer<br />
zeitlich und räumlich ausufernden Konfiguration vorzubeugen, wurden Tests in Realzeit<br />
unternommen und der Maßstab der Ausstellung so geplant, dass sich ein zwei- bis dreistündiger<br />
Ausstellungsrundgang ergab. In Referenz an den Parcours als einer charakteristischen<br />
Logik des Museums wurde ein Loop geschaffen, ein kreisförmiger Rundgang mit<br />
einem Durchmesser von exakt einem Kilometer.<br />
Rückkopplung<br />
Als angewandte Untersuchung von Parametern, die grundlegend für eine zeitgenössische<br />
<strong>Kunsthalle</strong> sind – Zugänglichkeit, Öffnungszeiten, Sichtbarkeit –, zeigen sich in<br />
der kritischen Evaluation der Formate «Under Construction» und «Modelle für Morgen: Köln»<br />
sowohl die Potenziale als auch die Grenzen des instabilen Modells. Es sprechen einige<br />
Faktoren für die Fortführung dieser Arbeitspraxis, also für die Verstetigung der Raumstrategie<br />
von «Modelle für Morgen:Köln» als Ergänzung zu bestehenden Kunstinstitutionen und<br />
etablierten Arbeitsformaten im regionalen Kontext.<br />
Nomadisches Szenario<br />
Nach der zweijährigen Gründungsphase ist die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> international<br />
positioniert, so dass es denkbar erscheint, spezifische Formate wie Ausstellungen, Vortragsreihen,<br />
Workshops und angewandte Projekte von der Kernzelle Köln aus an andere<br />
Die exemplarische Auswahl von privatwirtschaftlich<br />
betriebenen Gebäuden<br />
in Köln zeigt die Vielfalt von möglichen<br />
Kontexten für künstlerische Interventi-<br />
onen. Es entstehen instabile oder<br />
dynamische Szenarien von im Stadtraum<br />
verteilten temporären Interventionen<br />
und Besetzungen.<br />
Die Fortführung einer instabilen<br />
Arbeitsweise ermöglicht auch neue<br />
Formen der Kooperation im europäischen<br />
Maßstab. Partnerschaften<br />
mit namhaften europäischen Kunstinstitutionen<br />
führen zu gemeinsamen<br />
Ausstellungsprojekten («Gastspielen»).<br />
Im Extremfall entwickelt sich die<br />
<strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> zu einer<br />
nomadischen Institution, verankert<br />
mit dem Projektbüro in Köln.<br />
2009<br />
2011<br />
2008<br />
2007<br />
2010
119 europäische Städte zu vergeben. Eine Erweiterung des Ansatzes, nämlich analog des<br />
120<br />
Namens der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> eine Vergrößerung des Maßstabs auf die europäische<br />
Ebene, bedeutet demzufolge nicht ein größeres Gebäude, sondern beruht vielmehr auf<br />
der Erkenntnis, dass das europäische Kultursystem nicht in Übereinstimmung mit nationalen<br />
Grenzen funktioniert. Die Idee der Konnektivität kann zu einem Extrem weitergedacht<br />
werden: eine mobile Institution, die bei verschiedenen etablierten europäischen Institutionen<br />
zu Gast ist. Die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong>, eine Institution ohne eigenes Gebäude, würde<br />
temporär an existierende Institutionen andocken und dort Gastaustellungen und Kooperationen<br />
realisieren. Der Standort Köln bliebe als kuratorisches Zentrum eines expandierenden<br />
europäischen Netzwerkes bestehen.<br />
zu manifestieren. Der potenzielle Schwarm an auch aggressiven Inbesitznahmen von<br />
Räumen schließt Orte, die für die höheren Sphären der Privatwirtschaft wie Banken und<br />
Büroetagen für das höhere Management reserviert sind, genauso ein wie kommerzielle<br />
Räume am unteren Ende der Palette wie Supermärkte, Parkhäuser und Kioske. Die <strong>European</strong><br />
<strong>Kunsthalle</strong> würde sich in eine riskante und dabei herausfordernde Auseinandersetzung<br />
mit Privatbesitzern als Partnern und Gastgebern begeben und dabei die Grenzen<br />
zwischen öffentlichem und privatem Raum untergraben. Als Kunstinstitution müsste sie<br />
sich an die Zeitrahmen und Öffnungszeiten der infiltrierten Gebäude anpassen. Über die<br />
ganze Stadt verteilt, ließe sich eine temporäre Intervention so als kohärente Ausstellung<br />
lesen.<br />
Infiltration<br />
Analog der Ausstellung «Modelle für Morgen: Köln» können Taktiken des Aktivierens<br />
und Öffnens von sonst für die öffentliche Präsentation von Kunst unzugänglichen Räumen<br />
der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> erlauben, sich im Reich von privaten und kommerziellen Räumen<br />
Die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> eignet sich<br />
für die Dauer einer spezifischen Ausstellung<br />
themenbezogene Räume an.<br />
Die Verstetigung des instabilen Modells ist – wie der Vergleich mit ähnlichen Strategien<br />
im europäischen Kontext belegt – per se weder innovativ noch einzigartig. Auch entstehen<br />
aus der Flexibilisierung der Struktur neue Zwänge:<br />
Die Beziehung zu den einzelnen Orten bleibt ephemer. Trotz aufwendiger Besucherkommunikation<br />
erfordert das tatsächliche Erreichen der Orte die Geduld eines<br />
wohlwollenden Publikums. Es existiert keine sich wiederholende Adresse, d. h. kein Identifikationspunkt<br />
für das interessierte Publikum. Darüber hinaus müssen die künstlerischen<br />
Interventionen in der Kölner Innenstadt mit einer visuell dichten und komplexen Stadttextur<br />
um Wirkung und Sichtbarkeit konkurrieren. Die scheinbare Flexibilität eines Arbeitens<br />
«ohne schweres Gepäck» erweist sich in der Praxis weniger flexibel als in der Theorie<br />
(s. den Text von Julia Höner). Der Verzicht auf die «eigenen vier Wände» und die räumliche<br />
Ungebundenheit stehen nicht selten in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zum<br />
organisatorischen Aufwand und der Komplexität an Absprachen mit einer Vielzahl externer<br />
und nicht selten unerfahrener Partner. Die Unabhängigkeit der Kuratoren in den Entscheidungsprozessen<br />
ist daher <strong>of</strong>t eingeschränkt. Zusammenfassend kann festgestellt<br />
werden, dass instabile Raumstrategien zwar ein großes Potenzial an künstlerischen<br />
Formaten gewährleisten, doch in ausschließlicher Anwendung neben die Vorteile auch<br />
inhärente Nachteile treten.
121 Stabiles Modell<br />
122<br />
Aufgrund der in «Under Construction» und «Modelle für Morgen: Köln» gesammelten<br />
Erfahrungen hinsichtlich der Potenziale und Grenzen des instabilen Institutionsmodells<br />
stellt sich die substanzielle Frage, ob ein strategischer Bruch mit der bisherigen Arbeitsweise<br />
ein neues Kapitel der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> aufschlagen soll: den Übergang vom<br />
experimentellen Gründungsprovisorium in die «stabile» Phase, d. h. die Etablierung einer<br />
sichtbaren, fest verankerten neuen Kunstinstitution mit permanent nutzbaren Ausstellungsräumen.<br />
Das Ziel wäre hier ein festes, architektonisch markantes «Haus» als Identifikationspunkt<br />
der Stadt. Nicht unerheblich ist hierbei die Erwartung, dass sich der vielfach erprobte<br />
und auch <strong>of</strong>t erfolgreiche Bilbao-Effekt einstellen könnte: ein neues ikonenhaftes Gebäude,<br />
platziert auf städtischem Grund, erbaut in der markanten Handschrift eines bekannten<br />
Architekten. Das Modell «Bilbao» ist jedoch nicht beliebig wiederholbar. Mittlerweile ist das<br />
Branding durch Stararchitekten austauschbar. Der Fokus auf die äußere Hülle führt dabei<br />
nicht zwangsläufig zu einem erfolgreicheren Programm. Nicht selten resultiert die finanzielle<br />
(Über-)Anstrengung am Äußeren in einer ausgedünnten Programmgestaltung. Ein extremer<br />
Fall derlei fehlgeleiteter Proportionierung zwischen Architektur und Inhalt ist das elf Millionen<br />
Pfund teure Pop-Museum in Sheffield, ein mit nationalen Geldern ausgestattetes<br />
spektakuläres Gebäude, das nur sieben Monate nach seiner Eröffnung wegen fehlender<br />
Programmgelder schließen musste.<br />
100-Jahres-Zyklus<br />
Die über 100-jährige Entwicklung<br />
der Tate Gallery in London ist beispielhaft<br />
für die Prioritätenverschiebung<br />
von Kunstinstitutionen. Der Vergleich der<br />
Nutzungsprogramme unterschiedlicher<br />
Entwicklungsetappen zeigt: Der<br />
prozentuale Anteil von Ausstellungsflächen<br />
verringert sich von 80% auf<br />
30%. Anstelle dessen treten komplexe<br />
Kunstvermittlungsprogramme und<br />
Serviceangebote. Viele <strong>Kunsthalle</strong>n<br />
entwickelten sich ähnlich: von öffentlichen,<br />
auf Ausstellungen fokussierten<br />
Institutionen zu komplexen teilprivatisierten<br />
Programmclustern.<br />
Café&<br />
Restaurant<br />
Service Area<br />
Members Area<br />
Multiuse Area<br />
Toilet<br />
Retail<br />
Reading Area<br />
Education<br />
Auditorium<br />
Information<br />
Vertical Circulation<br />
Public Space<br />
Members Area<br />
Reading Area<br />
Service Area<br />
Gallery Space<br />
Retail Café&Restaurant<br />
Toilet<br />
Auditorium Vertical Circulation<br />
Information<br />
Public Space<br />
11,0%<br />
2,1%<br />
0,5%<br />
0,6%<br />
0,6%<br />
1,2%<br />
1,1%<br />
0,3%<br />
0,6%<br />
0,6%<br />
8,1%<br />
8,8%<br />
33,4%<br />
0,2%<br />
1,3%<br />
2,5%<br />
3,4%<br />
1,6%<br />
3,2%<br />
1,9%<br />
1,9%<br />
3,5%<br />
5,3%<br />
4,0%<br />
3,0%<br />
1,8 %<br />
1,8 %<br />
2,3%<br />
0,5%<br />
1,7%<br />
13,0%<br />
7,8%<br />
7,8%<br />
1,6%<br />
1,5%<br />
1,0%<br />
0,8%<br />
0,5%<br />
0,5%<br />
1,5%<br />
1,9%<br />
4,2%<br />
1,55%<br />
0,9%<br />
0,4%<br />
0,3%<br />
0,3%<br />
0,4%<br />
0,6%<br />
0,3%<br />
16,9%<br />
9,5%<br />
4,5%<br />
5,9%<br />
5,9%<br />
18,0%<br />
30,2%<br />
10,0%<br />
81,5%<br />
89,7%<br />
75,1%<br />
81,0%<br />
79,9%<br />
60,3%<br />
46,1%<br />
29,8%<br />
1901 1910–1926 1937–1940 1945–1979 1980<br />
1987–2000 2001 2001<br />
Gallery Space<br />
97 m² 173.3 m² 232.1 m² 558.4 m² 558.4 m² 737.2 m² 826.3 m² 4,173.0 m²
123 Ausdifferenzierung des Raumprogramms<br />
124<br />
Neben der bereits genannten Identifikation und organisatorischen Unabhängigkeit<br />
der Institution erlaubt ein festes Gebäude vor allem Kontinuität und eine programmatische<br />
Diversifizierung. Generell ist in <strong>Kunsthalle</strong>n und Museen eine über die Jahre zunehmende<br />
Tendenz zur Ausdifferenzierung von spezifischen Programmen festzustellen. Exemplarisch<br />
zeigt die Analyse der strukturellen Transformation der Tate Gallery (s. Abb. S. 122) über<br />
die vergangenen hundert Jahre, dass im Jahr 1907 die Ausstellungsflächen den weitaus<br />
größten Anteil an Flächen einnahmen, doch schrittweise auf nunmehr einen Anteil von ca.<br />
30 Prozent gesunken sind. Dieser Trend spiegelt sich auch in modellhaften Institutionen der<br />
Nachkriegszeit wie des Londoner ICA wider und bestätigt sich in vielen anderen zeitgenössischen<br />
Neugründungen wie der <strong>Kunsthalle</strong> am Karlsplatz Wien. Die Diversifizierung der<br />
räumlichen Struktur ist dabei nicht nur Resultat einer zunehmenden Ökonomisierung durch<br />
«sekundäre» Programme wie Retail-, Buchhandlungs- und Cafénutzungen, sondern auch<br />
Ausdruck einer veränderten künstlerischen Praxis, die sich zunehmend mit den Formaten<br />
Kunstvermittlung, Vortrag, Film und Performance auseinandersetzt. Der suggestiv einfach<br />
klingende Begriff der <strong>Kunsthalle</strong> als <strong>of</strong>fene «Halle für die Kunst» basierte auch auf einem<br />
heute so nicht mehr gültigen bürgerlichen Öffentlichkeitsbegriff. Der neutrale White Cube<br />
ist zwar noch ein funktionierendes Format, aber eben nur ein Format unter anderen. Heute<br />
reagiert ein breiteres und vielfältigeres Angebot effektiv auf gesamtgesellschaftliche Veränderungstendenzen.<br />
«Das» Publikum existiert nicht. Es hat sich aufgelöst in verschiedene<br />
Zielgruppen. Dementsprechend differenziert sind auch die Repräsentationsformate, die<br />
wiederum verschiedene spezifische räumliche Anforderungen nach sich ziehen. Generell<br />
lässt sich feststellen, dass es eine Tendenz weg von generischen Ausstellungsräumen und<br />
hin zu spezifischen Räumen gibt.<br />
Synergie<br />
Wenn aus inhaltlichen Gründen der Weg einer stabilen <strong>Kunsthalle</strong> eingeschlagen<br />
werden soll, entsteht ein komplexes Haus, dessen Unterhaltung und Bespielung konti-<br />
Das Nutzungskonzept entspricht dem<br />
zeitgenössischem Nutzungsspektrum<br />
vieler <strong>Kunsthalle</strong>n: Ausstellungsflächen<br />
werden auf ein Drittel beschränkt. Die<br />
so möglich werdende Vielfalt zusätzlicher<br />
Programmangebote erlaubt<br />
eine maximale Auslastung der<br />
Gebäudeinfrastruktur und die synergetische<br />
Einbeziehung unterschiedlichster<br />
Zielgruppen.<br />
Tate Gallery,<br />
London<br />
<strong>Kunsthalle</strong> Karlsplatz,<br />
Wien<br />
ICA,<br />
London<br />
Portikus,<br />
Frankfurt am Main<br />
Studio<br />
Workshop<br />
Ausstellung<br />
Studio 6%<br />
Büro 6%<br />
Werkstatt 5%<br />
Büro 7%<br />
Büro 13%<br />
Lager 5%<br />
WC 6%<br />
Büro 11%<br />
Lager/Technik 14%<br />
Büro<br />
Archiv<br />
Ausstellung<br />
Workshop 8%<br />
Archiv 6%<br />
WC 2%<br />
Küche 3%<br />
Buchladen 6%<br />
Veranstaltung 16%<br />
Cafe 31%<br />
Lager 12%<br />
Bookshop 4%<br />
Theater 13%<br />
WC 7%<br />
Bookshop 7%<br />
Ausstellung 65%<br />
Konferenzraum 9%<br />
Veranstaltung 11%<br />
WC<br />
Küche<br />
Konferenzraum<br />
Café 14%<br />
Cafe 18%<br />
Buchladen<br />
Café<br />
Ausstellung 33 %<br />
Ausstellung 36%<br />
Ausstellung 26%
125 nuierlich geplant und koordiniert werden müssen. Schon aus ökonomischen Gründen (hohe<br />
126<br />
Unterhaltungskosten des Hauses) muss eine permanente Auslastung garantiert werden.<br />
Es gilt, inhaltliche und zeitliche Einzelprogramme herzustellen – potenzielle Synergien und<br />
gemeinsame Schnittmengen auszuloten – im Rahmen möglichst ausgedehnter und auf<br />
Zielgruppen zugeschnittener Nutzungszeiten: zum Beispiel Ausstellungsräume bis 19 Uhr,<br />
Vortragsräume oder Filmvorführung bis 21 Uhr, Cafe/Bar bis nach Mitternacht. Sinnvoll sind<br />
hierbei voneinander entkoppelte, unabhängig erschließbare räumliche Einheiten. Die so<br />
entstehenden komplexen Anforderungen an Raumorganisation und Architektur wären durch<br />
einen architektonischen Wettbewerb für einen ausgewählten Ort zu definieren, auf Basis<br />
eines im Voraus ausdifferenzierten und präzise kalkulierten Raumprogramms, für das diese<br />
Studie einen Basisvorschlag als kritische Größe einer <strong>Kunsthalle</strong> erarbeitet hat.<br />
Permanenz oder permanenter Umbau: Architektur-Zyklen<br />
Die Untersuchung stabiler Raummodelle zeigt, dass die vermeintliche Eindeutigkeit<br />
und Stabilität für die Architekturen von <strong>Kunsthalle</strong>n nur relativ sind. Auf sämtlichen<br />
Ebenen und Maßstäben einer <strong>Kunsthalle</strong> gilt ein Prinzip des permanenten Umbaus. Im<br />
kleinen Maßstab ist dies die zunehmende Bedeutung von Ausstellungsarchitektur, die sich<br />
an den kurzen Zyklen für zwei- bis dreimonatige Ausstellungen orientiert (s. Abb. <strong>Kunsthalle</strong><br />
Schirn). Mittelfristig sind Umbauten bei den immer schnelleren programmatischen<br />
Neupositionierungen (u. a. durch Direktorenwechsel) üblich (s. Abb. Frankfurter Kunstverein).<br />
Darüber hinaus ist die Lebensdauer von Bauelementen wie Oberflächen und Gebäudetechnik<br />
in stark frequentierten öffentlichen Gebäuden wie <strong>Kunsthalle</strong>n so begrenzt, dass mit<br />
zyklischen Sanierungsarbeiten gerechnet werden muss – wenn nicht schon nach Ablauf der<br />
Gewährleistungsfristen der VOB, so doch in einem Umfang, wie ihn Maria Eichhorn in ihrer<br />
Arbeit «Das Geld der <strong>Kunsthalle</strong> Bern» (2001) beschreibt: Schreinerarbeiten, Einbau eines<br />
Ventilators, Ersetzen der Lichtkuppeln, Kaminsanierung, Elektroarbeiten. Darüber hinaus<br />
führen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Versammlungsstätten (Brandschutz u. ä.)<br />
zu regelmäßigen, aber nicht voraussehbaren Veränderungen.<br />
Architekten, Innenarchitekten, Ausstellungsdesigner orchestrieren immer neue,<br />
ausstellungsspezifische Architekturzyklen und werden de facto integrierter Bestandteil des<br />
Personalstabs. Herkömmliche Neubauprojekte können aufgrund ihrer abgestuften Planungsabläufe<br />
(Gutachten, Wettbewerb, Genehmigungsschritte, Ausschreibungen) nur noch<br />
bedingt eine flexible und dabei nachhaltige Raumstrategie entwickeln. Das Prinzip des<br />
Umbaus ist im stabilen Modell konzeptionell nicht mitgedacht und führt daher zu erheblichen<br />
Einschränkungen in der programmatischen und kuratorischen Nutzung.<br />
10-Jahres-Zyklus<br />
Umbau infolge wechselnder künstlerischer<br />
Direktion und kuratorischer<br />
Neupositionierung: Frankfurter<br />
Kunstverein 1998–2006<br />
1-Jahres-Zyklus<br />
Permanenter Umbau durch Ausstellungsarchitektur:<br />
1-Jahres-Zyklus der<br />
Schirn <strong>Kunsthalle</strong> Frankfurt, 2006<br />
1996–1998 1999–2005 2006<br />
bis Februar 2006<br />
April–Juni 2006<br />
Oktober–Dezember 2006<br />
2.OG<br />
2.OG<br />
2.OG<br />
EG<br />
Bibliothek<br />
EG<br />
Ausstellung<br />
EG<br />
Wohnung/<br />
Artist in residence<br />
bis März 2006<br />
Juni–August 2006<br />
Oktober–Dezember 2006<br />
Ausstellung<br />
Buchhandlung<br />
Ausstellung<br />
Ausstellung<br />
Café<br />
Café<br />
Outdoor-Café<br />
März–Mai 2006<br />
Juli–September 2006<br />
Oktober–Dezember 2006
127 Corps Exquisite – kombiniertes Modell<br />
128<br />
Als Reaktion auf die Erfahrungen mit den experimentellen Formaten während der<br />
Gründungsphase der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> und der bereits beschriebenen Optionen des<br />
stabilen und instabilen Modells entwickelt «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» einen Denkansatz, der<br />
die jeweiligen Vorteile von Stabilität und Instabilität zusammenbringt und daraus ein neues<br />
Modell ableitet, das sich deutlich von den <strong>Kunsthalle</strong>n im regionalen, nationalen und internationalen<br />
Kontext unterscheidet. Hierbei geht es weder um eine Kopie von erfolgreichen<br />
instabilen, also rein zeitlich basierten Produktionsmodellen wie Artangel oder Fondazione<br />
Trussardi, noch um das klassische feste Haus, ob nun als spektakuläre Stararchitektur oder<br />
als neutrale Hülle. Es geht vielmehr um ein Handlungsmodell, das Architektur und kuratorisches<br />
Handeln untrennbar koppelt. Ausgangspunkt für die Entwicklung eines spezifischen<br />
und unverwechselbaren Konzepts ist ein architektonischer Ansatz, der sowohl Sichtbarkeit<br />
also auch zeitliche Veränderbarkeit garantiert. Stabile und instabile Faktoren werden somit<br />
zur Grundlage einer festen Institution.<br />
Die im Rahmen der Studie durchgeführten Analysen zeigen, dass eine <strong>Kunsthalle</strong> ein sich<br />
ständig veränderndes Gebilde ist. Die Untersuchung von Hundert-, Zehn- und Einjahreszyklen<br />
verdeutlicht, dass auch als feste Häuser geplante Kunstinstitutionen einem ständigen<br />
baulichen Wandlungsprozess unterliegen, der in den aktuellen <strong>Kunsthalle</strong>modellen<br />
konzeptuell nicht mitgedacht wird. Für das Konzept der zukünftigen <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
kann dies in der Konsequenz heißen, dass der permanente Umbau nicht als Problem oder<br />
Abweichung vom Idealzustand gesehen wird, sondern als Chance für die Entwicklung<br />
einer neuen Typologie: eine wachsende <strong>Kunsthalle</strong>, welche die veränderten künstlerischen,<br />
sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen wörtlich nimmt und zum Ausgangspunkt<br />
ihrer räumlich-architektonischen Strategie macht. In der Konsequenz ist der Entwurf für die<br />
<strong>Kunsthalle</strong> weder der Masterplan einer idealen <strong>Kunsthalle</strong> noch das Provisorium, das auf<br />
eine vermeintlich bessere Zukunft vertröstet. Die zeitlich basierte, wachsende Institution ist<br />
vergleichbar mit der Logik von «Corps Exquisite»: eines Verfahrens, bei dem ein Bild oder<br />
eine Geschichte kollektiv aus individuellen Segmenten zusammengefügt werden. Es ergibt<br />
sich ein Netzwerk von möglichen Wegen, die von einem Anfang ausgehen und zu vielen<br />
möglichen Verzweigungen führen.<br />
Wachstumsrahmen: Ohne Einzelschritte<br />
vorab zu definieren ermöglicht<br />
Corps Exquisite eine langsame<br />
Transformation von Kernfunktionen zur<br />
komplexen Institution.<br />
Wachsender Parcours: In jährlichen<br />
Schritten werden Einzelprogramme wie<br />
Perlen einer Kette aneinandergereiht.<br />
Wachsen und Schrumpfen: Temporäre<br />
Erweiterungen können nach Projektablauf<br />
abgebaut werden.<br />
Dezentralität: Einzelne Programmbausteine<br />
und temporäre Strukturen<br />
können an andere Standorten ausgeliehen<br />
werden und damit in die<br />
europäische Dimension des Projekts<br />
integriert werden.<br />
2012<br />
Oslo<br />
2010<br />
2010<br />
2010<br />
2007<br />
2009<br />
2007<br />
2009<br />
2007<br />
2008<br />
2008<br />
2008<br />
2011<br />
2011<br />
2011<br />
2009<br />
Berlin
129 Die Idee des wachsenden Museums ist in der Architekturgeschichte nicht gänzlich neu.<br />
130<br />
Bereits 1928 entwarf Le Corbusier eine Spiralform für das Mundaneum. Das «Museum in<br />
Quadratspiralform» sollte, einer Schnecke vergleichbar, von der Mitte aus konzentrisch<br />
wachsen. 1959 gewann Alfred Mansfeld mit seinem Entwurf für ein wachsendes israelisches<br />
Nationalmuseum der Künste, das zu dem Zeitpunkt weder über eine Sammlung<br />
noch über ein Baubudget verfügte. Mansfelds Grundsätze von «Veränderung, Wachstum<br />
und Ungewissheit» führten zu einer Entwurfsstrategie, die weniger kompositionsorientiert<br />
als vielmehr systemorientiert war und somit auch die zeitgenössische strukturalistische<br />
Diskussion reflektierte. Grundmodul war eine Beton-Pilzstruktur – ein von einer zentralen<br />
Säule aus gestützter Schirm, der eine Fläche von über 100 Quadratmetern überspannte<br />
und für verschiedene Programme genutzt werden konnte. Der Wachstumsprozess wurde<br />
durch ein Raster strukturiert, auf dem vielfältige Variationen der immer gleichen Modulteile<br />
realisiert werden konnten. Tatsächlich wurde das von Mansfeld entwickelte Grundprinzip<br />
fast durchgängig beibehalten, wenngleich die Gestaltung einiger Module durch später<br />
beauftragte Architekten abgewandelt wurde.<br />
Ein weiteres Beispiel für einen langsamen, akkumulierenden Wachstumsprozess ohne<br />
Masterplan ist das Louisiana Museum in Dänemark. Von 1957 an wuchs das Museum durch<br />
immer weitere Erweiterungen, die von den Architekten Jørgen Bo und Vilhelm Wohlert<br />
geplant wurden. Die Architekten reagierten intuitiv auf die vorhandene Parklandschaft mit<br />
altem Baumbestand, den Blick zum Meer und die vorhandene Neunzehnte Jahrhundert-<br />
Villa. Zu ersten Villa-Erweiterungen kamen immer neue Galerieräume und Sonderbauten<br />
hinzu, welche die Architekten an die jeweils bestehende Gebäudestruktur anschlossen und<br />
dabei geschickt um die vorhandene Vegetation und Topografie navigierten. Mit den letzten<br />
Erweiterungen schloss sich die entstandene Struktur zu einer Kreisform und damit zu<br />
einem kohärenten Gebilde zusammen.<br />
Das durch «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» entwickelte Modell versucht Bezüge zu den vielfältigen<br />
Referenzprojekten herzustellen und zugleich das Thema der wachsenden Galerie<br />
weiter zu denken. Das im Folgenden skizzierte Modell des «Corps Exquisite» verbindet das<br />
Prinzip der Akkumulation mit der Idee einer beständig wechselnden Autorschaft für die<br />
Erweiterungen. Wachstum wird zum kuratorischem Prinzip.<br />
Mundaneum (1928)<br />
Determiniertes Modell: Le Corbusiers<br />
Wachstumskonzept für eine Kunstinstitution<br />
nach dem Prinzip eines<br />
Schneckengehäuses<br />
Louisiana (1957–2007)<br />
Improvisiertes Modell: Jørgen Bo und<br />
Vilhelm Wohlerts Einzelprojekte der<br />
Museumserweiterungen reagieren<br />
jeweils neu auf den Bestand.<br />
Israelmuseum (1962–2007)<br />
Modulares Modell: Al Mansfelds <strong>of</strong>fenes<br />
Wachstumskonzept nach dem Prinzip<br />
akkumulierender Einzelmodule.
131 <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> goes public<br />
132<br />
Nachdem die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> in den vergangenen zwei Jahren ihrer Gründungsphase<br />
lokal und international zu einem Begriff geworden ist, gilt es nun, eine programmatische<br />
und räumliche Kontinuität herzustellen und dabei einen neuen Akzent zu<br />
setzen. Es geht darum, ein Momentum zu schaffen, um die Institution fest in Köln zu<br />
verankern und aus der Gründungsphase herauszuführen. Dieses Herausführen bekommt<br />
eine räumliche Dimension mit der Verlagerung des bisher in einem anonymen Verwaltungskontext<br />
versteckten <strong>Kunsthalle</strong>nbüros und der damit verbundenen Möglichkeit, einen<br />
ersten einfachen Ausstellungsraum anzugliedern. Diese Räume werden exponiert und<br />
öffentlich zugänglich gemacht. Damit wird ein Manko des rein instabilen, nomadischen<br />
Modells beseitigt: die eingeschränkte Sichtbarkeit. Büro und Ausstellungsraum werden<br />
zum Anlaufpunkt und gleichzeitig zu Urzellen für den nun einsetzenden Wachstumsprozess.<br />
Kernzellen<br />
In Abhängigkeit von lokalen Gegebenheiten ist für die Installation nur eine kurze<br />
Arbeitsunterbrechung notwendig. Das üblicherweise durch Planungsvorläufe und den Bau<br />
entstehende zeitliche und programmatische Vakuum wird minimiert. Für die Fortsetzung<br />
der Programmarbeit genügt eine räumliche Minimalanforderung.<br />
Büroraum 15 m 2 Direktorat (mit Möglichkeit für Beratungen)<br />
20 m 2 administrativer Arbeitsraum (Assistent/in, Praktikant/in), inklusive Archiv, Bibliothek<br />
Teeküche 12 m 2<br />
Kopierraum 12 m 2 technische Infrastruktur WLAN/ Tel./Fax., Computer/Server, Kopierer, Drucker<br />
Toilette/ Vorraum 18 m 2<br />
Lagerraum 5 m 2<br />
Gebäudetechnik 5 m 2<br />
Ausstellungsraum 130 m 2
133 134
135 Konstanten und Variablen<br />
136<br />
Mit der Exponierung der Kernzellen beginnt die Akkumulationsphase, die zeitlich<br />
allerdings nicht im Voraus determiniert wird. Entscheidend ist die Ortswahl. Ausschlaggebend<br />
sind hierfür vor allem strategische Faktoren – ein zentraler und im öffentlichen Bewusstsein<br />
verankerter Ort bietet ebenso Vorteile wie die Entscheidung durch die <strong>Kunsthalle</strong>,<br />
einen eher unerschlossenen Ort mit Entwicklungspotenzialen zu aktivieren. Die Recherchen<br />
im Rahmen von «Modelle für Morgen: Köln» legen allerdings nahe, die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
in eine zentrale städtische Lage zu positionieren, um die notwendige programmatische<br />
Komplexität und Öffentlichkeit herstellen zu können.<br />
Doch auch technische Kriterien spielen eine Rolle. Aus Lage, Zugängen, Grundstücksgröße<br />
und -form sowie vorhandener Erschließung ergeben sich Rahmenbedingungen,<br />
die zu «Konstanten» für den <strong>of</strong>fenen Wachstumsprozess werden. Empfohlen wird<br />
die Installation einer technischen Infrastruktur für Elektroinstallation (ELT) und Wasser<br />
sowie eine projektabhängige, variable Statik, auf die sich die einzelnen Räume der <strong>Kunsthalle</strong><br />
auf das potenzielle Entwicklungsfeld legen. In der Anfangsphase kann die Fläche, die<br />
nach Möglichkeit städtischer Grund und Boden sein sollte, vielfältig genutzt werden, z. B.<br />
als begehbare Fläche für Kunstprojekte im Außenraum oder, vor allem im Sommer, für<br />
Veranstaltungen oder ein Café. Zur Schaffung planungsrechtlicher Voraussetzungen wird<br />
die Anwendung von Baurecht auf Zeit im Sinne fliegender Bauten empfohlen.<br />
Module<br />
Durch die Exponierung der Kernzellen kann die bisherige Arbeit der <strong>European</strong><br />
<strong>Kunsthalle</strong> unmittelbar fortgesetzt werden. Ziel ist jedoch nicht die Beibehaltung dieses<br />
langfristig nicht nachhaltigen institutionellen Existenzminimums, sondern die Schaffung<br />
einer notwendigen kritischen Masse durch die allmähliche Angliederung weiterer Module<br />
im Sinne eines akkumulativen Wachstumsprozesses. Diese über einen mehrjährigen<br />
Prozess realisierten Module fügen programmatische Komponenten wie Auditorium, Bookshop<br />
und weitere Ausstellungsräume hinzu. Die wie ein Corps Exquisite wachsende<br />
Institution wird zu einem kollektiven Baukörper, der aus individuellen Segmenten zusammengesetzt<br />
ist. Es ergibt sich ein Netzwerk von möglichen Raumoptionen, die von einem<br />
oder mehreren räumlichen Modulen ausgehen und zu zahlreichen möglichen räumlichen<br />
Verästelungen führen. Das Raumprogramm einer Kunstinstitution mit ihren Ausstellungsräumen,<br />
Büros, Lagern, Toiletten, Auditorium, Café etc. formt üblicherweise eine kohärente<br />
Einheit von einem einzigen Autor. Die Strategie des Corps Exquisite bricht mit dieser<br />
Annahme und löst das Raumprogramm in unabhängige, autonome Komponenten auf.<br />
Obwohl die Ausformulierungen und genaue Lage der Wachstumsmodule nicht im Voraus<br />
festgelegt werden (s. Autorschaft), lassen sich für Szenarienbildungen gängige Größen annehmen.<br />
Verschiedenen potenziellen Funktionserweiterungen werden spezifische Flächengrößen<br />
und Raumhöhen zugewiesen, ganz im Sinne eines klassischen Raumprogramms,<br />
das jeder Gebäudeplanung zu Grunde liegt. Der Vorschlag übernimmt das Instrument des<br />
Raumprogramms und überführt es in einen Entwurf, der sowohl als extremer Pragmatismus<br />
als auch als konzeptuelles Modell einer neuen Typologie der <strong>Kunsthalle</strong> lesbar ist.<br />
Das Raumprogramm der <strong>Kunsthalle</strong> wird quasi in seine Einzelbestandteile zerlegt. Ausstellungsräume,<br />
Auditorium, Bookshop, Office und die anderen Raumprogramme werden<br />
zeitlich und hinsichtlich ihrer Autorschaft entkoppelt und sukzessive realisiert, ohne dass<br />
der nächste Schritt bereits feststeht. Durch das allmähliche Hinzufügen können Inhalt,<br />
Materialität und Form stets neu verhandelt werden. Es entsteht eine Balance zwischen den<br />
notwendigen neutralen, white-cube-ähnlichen Räumen und den spezifischen Modulen.<br />
Die Tendenz von Kunstinstitutionen zur Ausdifferenzierung von spezifischen Programmen<br />
wird somit konsequent zu Ende gedacht.<br />
Zur Schaffung der notwendigen kritischen Masse, die Synergien zwischen verschiedenen<br />
Nutzungen herstellt und durch unterschiedliche zeitliche Rhythmen verschiedene<br />
Nutzergruppe anspricht, wird das folgende modulare Raumprogramm (Gesamtgröße ca.<br />
700 Quadratmeter) vorgeschlagen:<br />
• Ausstellungsraum<br />
• Auditorium<br />
• Bibliothek<br />
• Café/Küche<br />
• Bookshop<br />
• WC<br />
• Ausstellungsraum 2<br />
• Workshop<br />
• Archiv<br />
• Studio/Artist in Residence
137 Beispiele für Architektur<br />
138<br />
als künstlerische Strategie<br />
Büro<br />
Ausstellung 1 Konferenzraum Video Toilette Café/Teahouse Ausstellung 2 Buchhandlung Residency Bibliothek Ausstellung 3<br />
Deutsch/<br />
Dreissigacker<br />
(Portikus)<br />
Michael Beutler<br />
(IASPIS, 2006)<br />
E-Flux<br />
Videorental<br />
Monica<br />
Bonvicini<br />
Rirkrit Tiravanija David Adjaye<br />
pro qm Joep van<br />
Olafur Eliasson<br />
Lieshout<br />
Martha Rosler<br />
Library<br />
Elmgreen<br />
Dragset
Exquisite: In Abhängigkeit von den<br />
räumlichen Gegebenheiten des Ortes,<br />
kuratorischen Entscheidungen und<br />
finanziellen Rahmenbedingungen sind<br />
unterschiedliche Entwicklungsprin-<br />
139 Wachstumsalternativen für Corps zipien für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
140<br />
denkbar – von temporären Erweiterungsbauten,<br />
kontinuierlichem Wachstum<br />
bis zur Streuung von Einzelbausteinen<br />
an unterschiedlichen<br />
Standorten.<br />
Büro<br />
White Cube<br />
Galerie<br />
Konferenzraum Bibliothek Café Buchhandlung Aufenthaltsräume zweite Galerie Werkstatt Archiv Atelier/<br />
Artist in Residence<br />
Fluktuation<br />
linear<br />
zirkulär<br />
Baumstruktur<br />
autonome<br />
Struktur<br />
Dispersion<br />
parasitär
141 Clusterformationen<br />
142<br />
Durch den Akkumulationsprozess entsteht ein Cluster, dessen breite Konfigurations-<br />
und Dichtevarianten zunächst nur durch die örtlichen Rahmenbedingungen eingegrenzt<br />
werden. Zur Simulation möglicher Szenarien wurden sieben unterschiedliche<br />
Wachstumsformationen untersucht, die miteinander kombiniert werden können. Die Szenarien<br />
Fluktuation, linear, zirkular, Baumstruktur, autonome Strukturen, Parasit und Dispersion<br />
beschreiben unterschiedliche räumliche Beziehungen der Module zueinander. Das Modell<br />
Dispersion beschreibt ein Cluster von nachbarschaftlich angeordneten, aber in sich vollkommen<br />
autonomen Modulen. Im parasitären Modell wird ein bereits bestehender Baukörper<br />
als Modul überformt und damit zum Ausgangspunkt für den weiteren Prozess. In anderen<br />
Formationen variiert vor allem die Funktion der Kernzellen: Sie können einerseits zu einem<br />
zentralen Zugangsverteiler (Baumstruktur) oder Verbindungsglied werden oder als mehr<br />
oder weniger abgeschlossener Gebäudeteil unabhängig von anderen Aktivitäten genutzt<br />
werden. Die Szenarien orientieren sich an museologischen Typologien wie dem Parcours<br />
und bieten darüber hinaus Wachstumsalternativen, die auf örtliche Gegebenheiten wie zum<br />
Beispiel die Grundstücksformation reagieren können. Auch organisatorische und strukturelle<br />
Überlegungen können bei der Entscheidung für die Platzierung des Erweiterungsmoduls<br />
eine Rolle spielen. So kann die vollkommene Autonomie einzelner Module von Voroder<br />
Nachteil sein. Einerseits ergeben sich bei räumlicher Distanz der Module Möglichkeiten<br />
unterschiedlicher Nutzungsrhythmen (s. Rhythmus), allerdings auf Kosten eines höheren<br />
Wartungs- und Sicherungsaufwands. Fluktuation und Dispersion beschreiben die zusätzliche<br />
Option, Module mit zeitlich begrenzter Nutzungsdauer zu definieren, die nach Ablauf<br />
einer Projektlaufzeit abgebaut werden oder an anderer Stelle entstehen bzw. wieder<br />
aufgebaut werden.<br />
Blick vom Büro der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong><br />
in die anderen Raumkomponenten.<br />
Die zu Anfang installierten Kernfunktionen<br />
ermöglichen den Zugang<br />
zu später erbauten Auditoriums-<br />
(rechts) und zusätzlichen Ausstellungsflächen<br />
(hinten).<br />
Innenraumperspektive: Auditorium mit<br />
weiteren Gebäudebausteinen der<br />
<strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong>. Kernfunktionen<br />
(rechts), Austellungsräume (rechts und<br />
hinten)
143 No Bricks: modulare und temporäre Ökonomie<br />
144<br />
Geschwindigkeit und Dauer des Wachstums wird vor allem durch die der <strong>Kunsthalle</strong><br />
zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel bestimmt. Durch die Entkoppelung der<br />
einzelnen Komponenten der <strong>Kunsthalle</strong> entsteht finanzieller Spielraum. Die Unterhaltskosten<br />
der Kernfunktionen erfordern zwar öffentliche Subvention, bleiben aber überschaubar.<br />
Wachsende Raumkomponenten und Projekte können möglicherweise auch durch die<br />
Partnerschaft mit privaten Stiftungen und Förderern realisiert werden. Hierbei entspricht<br />
das modulare, projektorientierte Prinzip des «Corps Exquisite» der Förderpraxis, die in der<br />
Regel keine Gebäude aus einem Guss finanziert. Stiftungen und Sponsoren fördern selten<br />
Architektur-Hardware. Anders als in der privaten Förderpraxis in den Vereinigten Staaten, in<br />
der zahlreiche Kunstinstitutionen von privaten Spendern errichtet wurden (Busch-Reisinger<br />
Museum etc.), wird in Europa und insbesondere im deutschen Kontext kaum in dauerhafte<br />
Gebäude («No Bricks»), sondern fast ausschließlich in temporäre Projekte investiert. Gemäß<br />
dieser Logik geht es dem Konzept für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> um künstlerisch-architektonische<br />
Module, die weniger «Hardware» als «S<strong>of</strong>tware» sind. Sie sind ereignisorientiert und<br />
damit zeitlich und organisatorisch unabhängig voneinander kontrollierbar, kuratierbar und<br />
vermittelbar.<br />
Wenn Mittel nur begrenzt zur Verfügung stehen, können Module auch temporär<br />
realisiert, verliehen oder gar analog dem Beispiel des Serpentine Pavilion veräußert werden.<br />
Die Serpentine Gallery initiiert jedes Jahr einen temporären Bau (ein von wechselnden<br />
Stararchitekten projektiertes «landmark building»), der für drei Sommermonate im Londoner<br />
Hyde Park errichtet wird. Die Projekte sind außerordentlich kurzfristig angelegt: Von der<br />
Beauftragung an einen Architekten oder Künstler bis zur Eröffnung vergehen in der Regel<br />
nur sechs Monate. Dabei fließen von der Serpentine Gallery unmittelbar keine Gelder in die<br />
Finanzierung des Projekts, d. h. das Budget speist sich aus Sponsorengeldern von sechs<br />
verschiedenen Sponsorenkategorien (Platinum, Gold, Silver etc.) und dem anschließenden<br />
Verkauf des demontierbaren Pavillons (üblicherweise nicht mehr als 40 Prozent der Ge-<br />
Corps Exquisite als ökonomisches<br />
Prinzip: Kontinuierliche Finanzierung<br />
ist nur für die Betreibung der Kernfunktionen<br />
erforderlich (orange).<br />
Erweiterungsprojekte könnten auf<br />
separaten Konstruktions- und<br />
Betreibungsbudgets basieren, ggf.<br />
im Rahmen von Sponsorenpartnerschaften.<br />
Erweiterungsbudgets: Die Entwicklung<br />
und Realisierung von Erweiterungsbausteinen<br />
orientiert sich an den ständig<br />
wechselnden finanziellen Spielräumen.<br />
2008 2009 2010
145 samtkosten). Der Serpentine Pavilion ist ein temporärer und wieder verschwindender Sommerpavillon<br />
146<br />
(also auch thermisch ungedämmt), der als Satellit einer dauerhaften, stabilen,<br />
über eine lange Tradition verfügenden Institution – mit entsprechender öffentlich finanzierter<br />
räumlicher und personeller Ausstattung – fungiert.<br />
Aktivierungsrhythmen<br />
Jedes Gebäudemodul kann mit einer unterschiedlichen Nutzungsdauer konzipiert<br />
bzw. mit unterschiedlichem Rhythmus aktiviert werden. Die größtmögliche Entkoppelung<br />
der Nutzungsrhythmen bieten die Modelle «autonome Strukturen» und «Dispersion». Die<br />
Untersuchungen zeitgenössischer Institutionen zeigen, dass unterschiedliche Programmformate<br />
unterschiedliche Zielgruppen und Teilöffentlichkeiten ansprechen und somit eines<br />
eigenen Zeitrhythmus bedürfen. Während ein gewöhnlicher Ausstellungsrhythmus alle zwei<br />
bis drei Monate fluktuiert, finden Einzelveranstaltungen wie zweistündige Vortragsveranstaltungen<br />
oder Performances in einem kürzeren Takt statt. Sie werden in der Regel abends,<br />
in Café und Bar, organisiert. Das Büro selbst richtet sich zwar <strong>of</strong>fiziell nach üblichen Arbeitszeiten,<br />
umfasst erfahrungsgemäß aber längere Betriebszeiten, die sich mit den Öffnungszeiten<br />
von Bar und Auditorium überschneiden. Eine fein justierte Zeitplanung der einzelnen<br />
Module schafft die für das Gelingen der <strong>Kunsthalle</strong> notwendigen Schnittmengen und<br />
Synergien zwischen den verschiedenen Nutzergruppen. Darüber hinaus gewährleistet das<br />
Modulcluster aus mehr oder weniger unabhängig erreichbaren Programmbausteinen eine<br />
größtmögliche Flexibilität, Nutzungszeiten und sogar Trägerschaften zu entkoppeln, ohne<br />
ein aufwendiges Gesamtgebäude unterhalten und sichern zu müssen.<br />
Autorschaft<br />
In konsequenter gedanklicher Fortführung der <strong>of</strong>fenen Akkumulation entsteht das<br />
Modell des «Corps Exquisite» aus einer Vielzahl von «Handschriften», die einzelne Module<br />
in Inhalt, Form, Größe und Materialität ausformulieren. Neben einem notwendigen neutralen<br />
Ausstellungsraum entstehen so spezifische Räume. «Corps Exquisite» sieht zudem vor, den<br />
Kontextszenarien: Auf Basis der Wachstumsalternativen<br />
wurden mögliche<br />
Entwicklungsszenarien der <strong>European</strong><br />
<strong>Kunsthalle</strong> anhand fiktionaler Orte<br />
getestet. Von links oben im Uhrzeigersinn:<br />
Baulücke, Dach, Stadtplatz, Park,<br />
Innenraum, Ufer<br />
Das Wachstumsmodell Dispersion<br />
ermöglicht ein Szenario, in dem<br />
gestreute Raummodule an unterschiedlichen<br />
Orten Europas miteinander<br />
korrespondieren oder nach nomadischem<br />
Prinzip demontiert und<br />
anderswo wieder aufgebaut werden.<br />
London<br />
Berlin<br />
Köln<br />
Istanbul
147 Wachstumsprozess mit Künstlern zu gestalten, d. h. die klassische Rollenverteilung zwi-<br />
148<br />
schen Architekten und Künstlern aufzulösen. Wenn Künstler zu Autoren der Erweiterungsmodule<br />
werden, wird die Architektur der <strong>Kunsthalle</strong> selbst zu einem Cluster von kuratierten<br />
künstlerischen Interventionen, das im Einzelnen und in seiner Gesamtheit als Ausstellung<br />
lesbar sein wird. Diese Verlagerung der Autorschaft geht auf ein zeitgenössisches Phänomen<br />
in der Kunst ein: ein verstärktes Interesse an Architektur und Display.<br />
Der Ansatz hinterfragt gleichzeitig die klassische Unterscheidung zwischen dienenden<br />
und bedienten Räumen bzw. Rollenmodellen. Auch die Frage von Vordergrund und<br />
Hintergrund wird neu verhandelt. Es geht also weniger um eine <strong>Kunsthalle</strong>, die als vorgeblich<br />
neutraler Container für Kunst fungiert, sondern um die Schaffung spezifischer Räume,<br />
die selbst eine künstlerische Intervention darstellen können. Infolgedessen kann der in der<br />
Studie «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» ermittelte Mittelwert von nur 30 Prozent der Gebäudefläche<br />
für Kunst im extremsten Fall auf 100 Prozent gesteigert werden, da die Architektur aus spezifischen<br />
künstlerischen Interventionen und Beauftragungen besteht. Die Architektur wird<br />
kuratiert und damit selbst zur Ausstellung.<br />
So werden die traditionellen Grenzen zwischen Architekten und Künstlern neu<br />
formuliert. Für den Architekten bedeutet dies, dass er sich nicht mehr ausschließlich über<br />
das Design eines Gebäudes definieren kann und auf eine veränderte Aufmerksamkeitsökonomie<br />
in der Kunstwelt reagieren muss. Es geht weniger um Design als um Scripting:<br />
die Definition möglicher Regeln, die den Akkumulationsprozess der <strong>Kunsthalle</strong> definieren<br />
wie Anschlussbedingungen der Module, Parcours und zeitliche Parameter. Die Rolle des Architekten<br />
bei der Errichtung der einzelnen Raumkomponenten wird je nach Projekt neu bestimmt:<br />
vom Architekten, der eine neutrale Hülle für Ausstellungen schafft, zum Architekten<br />
als Kooperationspartner eines Künstlers. Beispielhaft hierfür ist die Zusammenarbeit von<br />
David Adjaye mit Olafur Eliasson – eine Kollaboration, in der die Autorenschaft von Einzelentscheidungen<br />
nicht mehr klar ablesbar ist. Im Extremfall kann die Rolle des Architekten<br />
vollständig hinter die des Künstlers zurücktreten. Der Architekt wird zu einem unterstützenden<br />
Fachberater für technische und organisatorische Aspekte wie Baugenehmigungen etc.<br />
Das veränderte Rollenmodell von Künstlern und Architekten führt in der Praxis zu<br />
veränderten Planungsabläufen. Die Planungsvorläufe werden kürzer, enger gekoppelt an<br />
die künstlerische Leitung der Institution.<br />
Resumee<br />
In der Abwägung der drei untersuchten Modelle sieht die Studie «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>»<br />
die größten Potenziale für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> in einer innovativen Kombination<br />
instabiler und stabiler Raumstrategien, also in der dritten Variante einer <strong>Kunsthalle</strong> als<br />
«Corps Exquisite». Gestützt wird diese Argumentation durch unsere empirischen Untersuchungen,<br />
die gezeigt haben, dass sich die Rhythmen der beiden so konträr scheinenden<br />
«stabilen» und «instabilen» Modelle zunehmend angleichen. Die Trennlinie ist häufig eher<br />
ideologischer Natur: Instabile Modelle sind tatsächlich weder so temporär, wie sie behaupten<br />
(viele Provisorien existieren mehrere Jahrzehnte), noch sind stabile Modelle unveränderliche,<br />
statische Objekte. Im vorgeschlagenen Konzept eines «Corps Exquisite» werden die<br />
Nachteile des instabilen Modells (vor allem seine verminderte Sichtbarkeit und Identifikation)<br />
und jene des stabilen Modells (in erster Linie seine mangelnde Flexibilität hinsichtlich<br />
kuratorischer und künstlerischer Programmatik) vermieden und die jeweiligen Vorteile der<br />
beiden Ansätze in einem neuen Modell zusammengeführt.<br />
Stabilität<br />
• <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> goes public: Sichtbarkeit<br />
• Identifikation<br />
• Flexibilität durch strukturelle Unabhängigkeit<br />
Instabilität<br />
• ständige Neudefinition der künstlerischen und kuratorischen Formate<br />
• Flexibilität: zeitliche Anlagerung von Räumen<br />
• Pragmatischer und kurzfristiger Start: das Wachsen ist aus der<br />
jetzigen Situation möglich<br />
• Steigerung finanzieller Spielräume und Förderungsmöglichkeiten<br />
• langfristige Offenheit: die anfängliche Kombination kann sich mittel- und langfristig<br />
sowohl in Richtung Stabilität als auch in Richtung Instabilität entwickeln<br />
Ausgangspunkt des von uns präferierten Modells ist die Fortführung der aus der<br />
zweijährigen Gründungsphase der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> bekannten Unterscheidung zwischen<br />
den Kernzellen (das Produktionsbüro, nun erweitert um einen Ausstellungsraum)<br />
und temporären Modulen. Diese Trennung erlaubt ein produktives Arbeiten mit «leichtem<br />
Gepäck»: In der Reduktion auf das Wesentliche werden die für viele traditionelle Kultur-
149 institutionen typischen Zwänge, die sich aus hohen langfristigen Gebäudeunterhaltskosten<br />
150<br />
ergeben, minimiert.<br />
Ausstellungsbereiche oder andere explizit als Kunstprojekte definierte Zusatzmodule<br />
wie Archiv, Bibliothek, Auditorium etc. können nach und nach addiert werden (Variation A:<br />
Akkumulation/Anlagerung) bzw. als temporäre Installationen nach Bedarf eingerichtet und<br />
dann wieder entfernt werden (Variation B: Expansion/Schrumpfung). A und B können auch<br />
kombiniert werden.<br />
Für dieses räumliche Modell der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> spricht nicht nur seine<br />
strukturelle Flexibilität in Hinsicht auf die finanziellen Möglichkeiten und die Einbeziehung<br />
möglicher externer Partner, sondern vor allem konzeptionelle Fragestellungen und Konsequenzen,<br />
die sich für die Praxis der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> ergeben: Die Frage des Raums<br />
wird zu einer künstlerischen und kuratorischen Praxis. Die Frage der Autorschaft der Produktion<br />
von Raum wird neu gestellt. Traditionelle Arbeitsteilungen zwischen Architekt und<br />
Künstler werden hinterfragt. Die Architektur der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> wird das kuratierte<br />
Ergebnis der Akkumulation von verschiedenen Autoren.<br />
Das vorgeschlagene Konzept des «Corps Exquisite» reagiert auf den kulturpolitischen<br />
Kontext in Europa und in Köln im Besonderen. Auf lokaler Ebene ergibt sich dadurch<br />
im äußeren Erscheinungsbild der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> ein hohes Identifikationspotenzial<br />
innerhalb der Kölner Kulturszene und eine unverwechselbare Ergänzung zu den bestehenden<br />
Kunstinstitutionen. Darüber hinaus ergibt sich im regionalen, nationalen und internationalen<br />
Rahmen ein Alleinstellungsmerkmal: Die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> geht mit diesem<br />
Modell über die bekannte Alternative zwischen der stabilen Signature Architecture (wie<br />
Frank Gehrys Projekte für Bilbao und Dubai) und der rein temporären Sommerpavillons<br />
(wie der Serpentine Gallery Pavilion) hinaus und vertritt eine eigene spezifische Position:<br />
eine attraktive räumliche Struktur, die das Ergebnis einer veränderten künstlerischen,<br />
architektonischen und kuratorischen Praxis ist.<br />
Mapping: Workshop vom 21. bis 28. November 2005 an der RWTH Aachen mit Thomas Knüvener, Vanessa Joan Müller und den<br />
Studenten Jan Jermer, Jonas Kroeber, Amelie Neusen, Christoph Rauhut, Katinka Strzeletz und Dörte Weigelt<br />
Szenarien: 14 räumliche und organisatorische Szenarien für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> Köln, die am 23. März 2006 anlässlich<br />
der Veranstaltungsreihe «Under Construction» präsentiert wurden. Mitarbeit: Matthäus Wirth<br />
«Modelle für Morgen: Köln»: Entwicklung einer stadträumlichen Strategie für eine dezentrale Ausstellung<br />
(Konzeption, Inventar von Ausstellungsorten, Raumrecherche, Broschüre) unter Mitarbeit von Jan Sauerborn<br />
Corps Exquisite: Mitarbeit: Matthäus Wirth<br />
Datenrecherche zur Schirn <strong>Kunsthalle</strong> mit Esther Schlicht, Ronnie Kammer und Tobias Katz<br />
Recherche Frankfurter Kunstverein mit Tobi Maier<br />
Recherche Tate Gallery: Architectural Association, Diploma Unit 7, Joe Tai<br />
Visualisierungen «Apparat»: Mitarbeit: Miriam Rösch
151 Entwicklungsszenario Corps Exquisite:<br />
Das Büro der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> wird<br />
zum Produktionsbüro und Kuratorium<br />
für ein wachsendes Gebäudeensemble.<br />
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