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Spaces of Production - European Kunsthalle

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147 Wachstumsprozess mit Künstlern zu gestalten, d. h. die klassische Rollenverteilung zwi-<br />

148<br />

schen Architekten und Künstlern aufzulösen. Wenn Künstler zu Autoren der Erweiterungsmodule<br />

werden, wird die Architektur der <strong>Kunsthalle</strong> selbst zu einem Cluster von kuratierten<br />

künstlerischen Interventionen, das im Einzelnen und in seiner Gesamtheit als Ausstellung<br />

lesbar sein wird. Diese Verlagerung der Autorschaft geht auf ein zeitgenössisches Phänomen<br />

in der Kunst ein: ein verstärktes Interesse an Architektur und Display.<br />

Der Ansatz hinterfragt gleichzeitig die klassische Unterscheidung zwischen dienenden<br />

und bedienten Räumen bzw. Rollenmodellen. Auch die Frage von Vordergrund und<br />

Hintergrund wird neu verhandelt. Es geht also weniger um eine <strong>Kunsthalle</strong>, die als vorgeblich<br />

neutraler Container für Kunst fungiert, sondern um die Schaffung spezifischer Räume,<br />

die selbst eine künstlerische Intervention darstellen können. Infolgedessen kann der in der<br />

Studie «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>» ermittelte Mittelwert von nur 30 Prozent der Gebäudefläche<br />

für Kunst im extremsten Fall auf 100 Prozent gesteigert werden, da die Architektur aus spezifischen<br />

künstlerischen Interventionen und Beauftragungen besteht. Die Architektur wird<br />

kuratiert und damit selbst zur Ausstellung.<br />

So werden die traditionellen Grenzen zwischen Architekten und Künstlern neu<br />

formuliert. Für den Architekten bedeutet dies, dass er sich nicht mehr ausschließlich über<br />

das Design eines Gebäudes definieren kann und auf eine veränderte Aufmerksamkeitsökonomie<br />

in der Kunstwelt reagieren muss. Es geht weniger um Design als um Scripting:<br />

die Definition möglicher Regeln, die den Akkumulationsprozess der <strong>Kunsthalle</strong> definieren<br />

wie Anschlussbedingungen der Module, Parcours und zeitliche Parameter. Die Rolle des Architekten<br />

bei der Errichtung der einzelnen Raumkomponenten wird je nach Projekt neu bestimmt:<br />

vom Architekten, der eine neutrale Hülle für Ausstellungen schafft, zum Architekten<br />

als Kooperationspartner eines Künstlers. Beispielhaft hierfür ist die Zusammenarbeit von<br />

David Adjaye mit Olafur Eliasson – eine Kollaboration, in der die Autorenschaft von Einzelentscheidungen<br />

nicht mehr klar ablesbar ist. Im Extremfall kann die Rolle des Architekten<br />

vollständig hinter die des Künstlers zurücktreten. Der Architekt wird zu einem unterstützenden<br />

Fachberater für technische und organisatorische Aspekte wie Baugenehmigungen etc.<br />

Das veränderte Rollenmodell von Künstlern und Architekten führt in der Praxis zu<br />

veränderten Planungsabläufen. Die Planungsvorläufe werden kürzer, enger gekoppelt an<br />

die künstlerische Leitung der Institution.<br />

Resumee<br />

In der Abwägung der drei untersuchten Modelle sieht die Studie «<strong>Spaces</strong> <strong>of</strong> <strong>Production</strong>»<br />

die größten Potenziale für die <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> in einer innovativen Kombination<br />

instabiler und stabiler Raumstrategien, also in der dritten Variante einer <strong>Kunsthalle</strong> als<br />

«Corps Exquisite». Gestützt wird diese Argumentation durch unsere empirischen Untersuchungen,<br />

die gezeigt haben, dass sich die Rhythmen der beiden so konträr scheinenden<br />

«stabilen» und «instabilen» Modelle zunehmend angleichen. Die Trennlinie ist häufig eher<br />

ideologischer Natur: Instabile Modelle sind tatsächlich weder so temporär, wie sie behaupten<br />

(viele Provisorien existieren mehrere Jahrzehnte), noch sind stabile Modelle unveränderliche,<br />

statische Objekte. Im vorgeschlagenen Konzept eines «Corps Exquisite» werden die<br />

Nachteile des instabilen Modells (vor allem seine verminderte Sichtbarkeit und Identifikation)<br />

und jene des stabilen Modells (in erster Linie seine mangelnde Flexibilität hinsichtlich<br />

kuratorischer und künstlerischer Programmatik) vermieden und die jeweiligen Vorteile der<br />

beiden Ansätze in einem neuen Modell zusammengeführt.<br />

Stabilität<br />

• <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> goes public: Sichtbarkeit<br />

• Identifikation<br />

• Flexibilität durch strukturelle Unabhängigkeit<br />

Instabilität<br />

• ständige Neudefinition der künstlerischen und kuratorischen Formate<br />

• Flexibilität: zeitliche Anlagerung von Räumen<br />

• Pragmatischer und kurzfristiger Start: das Wachsen ist aus der<br />

jetzigen Situation möglich<br />

• Steigerung finanzieller Spielräume und Förderungsmöglichkeiten<br />

• langfristige Offenheit: die anfängliche Kombination kann sich mittel- und langfristig<br />

sowohl in Richtung Stabilität als auch in Richtung Instabilität entwickeln<br />

Ausgangspunkt des von uns präferierten Modells ist die Fortführung der aus der<br />

zweijährigen Gründungsphase der <strong>European</strong> <strong>Kunsthalle</strong> bekannten Unterscheidung zwischen<br />

den Kernzellen (das Produktionsbüro, nun erweitert um einen Ausstellungsraum)<br />

und temporären Modulen. Diese Trennung erlaubt ein produktives Arbeiten mit «leichtem<br />

Gepäck»: In der Reduktion auf das Wesentliche werden die für viele traditionelle Kultur-

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