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Einleitung: Fleisch oder nicht Fleisch – das ist hier die Frage

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<strong>Fleisch</strong> <strong>oder</strong> <strong>nicht</strong> <strong>Fleisch</strong><br />

<strong>Fleisch</strong> <strong>oder</strong> <strong>nicht</strong> <strong>Fleisch</strong> <strong>–</strong> <strong>das</strong> <strong>ist</strong> <strong>hier</strong> <strong>die</strong> <strong>Frage</strong><br />

Für <strong>die</strong> einen <strong>ist</strong> <strong>Fleisch</strong> ein Urnahrungsmittel und notwendiger<br />

Teil der Ernährung, für <strong>die</strong> anderen verwerflich und<br />

der Ursprung vieler Krankheiten. Beide Seiten können viele<br />

qualitativ hochwertige Stu<strong>die</strong>n aufzeigen, <strong>die</strong> den jeweiligen<br />

Standpunkt objektiv untermauern.<br />

Die folgenden Zeilen sollen aus einer anderen wissenschaftlichen<br />

Sichtweise <strong>die</strong> wichtigsten Vor- und Nachteile von<br />

<strong>Fleisch</strong>konsum aufzeigen, ohne einen eindeutigen philosophischen<br />

<strong>oder</strong> ideologischen Standpunkt zu beziehen.<br />

Artgerechte Haltung bedeutet Qualität<br />

Ein großer Anteil der enormen weltweiten <strong>Fleisch</strong>produktion<br />

stammt aus Massentierhaltung, <strong>die</strong> vom ethischen und<br />

ökologischen Standpunkt aus abzulehnen <strong>ist</strong>. Neben vielen<br />

bekannten Umweltbelastungen birgt <strong>die</strong>ses <strong>Fleisch</strong> durch<br />

den flächendeckenden Einsatz von Medikamenten, belastetem<br />

Futtermittel und der hygienischen sowie sozialen<br />

Belastung der Tiere große gesundheitliche Risiken für uns<br />

Menschen.<br />

Einen gesundheitlichen Faktor, den es zu beachten gilt, <strong>ist</strong><br />

<strong>die</strong> Qualität und <strong>die</strong> Zusammensetzung der Fettsäuren des<br />

<strong>Fleisch</strong>es. Dies wird hauptsächlich durch <strong>die</strong> Haltung und<br />

Fütterung der Tiere beeinflusst. So enthalten wild lebende<br />

Tiere durch <strong>das</strong> Fressen grüner Pflanzen, Moose und Farne<br />

einen hohen Anteil an den wichtigen Omega-3-Fettsäuren<br />

EPA und DHA. Wird ein Tier mit »Kraftfutter« wie Getreide<br />

<strong>oder</strong> Soja gefüttert, enthält <strong>das</strong> <strong>Fleisch</strong> nach neun Monaten<br />

überwiegend Omega-6-Fettsäuren, <strong>die</strong> in unserer m<strong>oder</strong>nen<br />

Ernährung zu viel konsumiert werden und stark entzündungsfördernd<br />

sind 1<br />

.<br />

Entscheidend für <strong>die</strong> <strong>Fleisch</strong>qualität <strong>ist</strong> eine möglichst artgerechte<br />

Haltung und eine kraftfutterarme Ernährung der<br />

Tiere.<br />

Den wirklich großen Unterschied machen allerdings Gehalt<br />

und Zusammensetzung der Sialinsäuren im <strong>Fleisch</strong>. Was<br />

genau <strong>die</strong>se Substanzen sind, und warum sie bis heute<br />

kaum beachtet werden, <strong>ist</strong> Inhalt der folgenden Zeilen.<br />

Einführung<br />

24


Unser Abwehrsystem und <strong>die</strong> Eroberung der Welt<br />

Eine neue wissenschaftliche Theorie durchläuft in der Regel<br />

drei Sta<strong>die</strong>n: Zuerst wird behauptet, es sei <strong>nicht</strong> wahr. Dann<br />

wird gesagt, <strong>die</strong> Theorie wäre zwar wahr, aber <strong>nicht</strong> von<br />

klinischer <strong>oder</strong> wissenschaftlicher Bedeutung. Im letzten<br />

Schritt wird zugegeben, <strong>das</strong>s sie wahr und von Bedeutung<br />

sei, aber <strong>nicht</strong> neu. Nur wenn eine Theorie sehr schnell <strong>das</strong><br />

dritte Stadium erreicht, erhält sie <strong>die</strong> nötige Aufmerksamkeit<br />

und <strong>die</strong> finanziellen Mittel, <strong>die</strong> notwendig sind, um <strong>die</strong> Thematik<br />

genauer zu erforschen und zu untermauern. Dabei<br />

spielt auch eine große Rolle, wie viel Nutzen <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

daraus zieht <strong>oder</strong> ob es sogar schädigend für <strong>die</strong> Weltkonzerne<br />

<strong>ist</strong>, denn sie verfügen über <strong>die</strong> finanziellen Möglichkeiten,<br />

um etwas zu unterstützen <strong>oder</strong> zu unterdrücken.<br />

Die Sialinsäuren, um <strong>die</strong> es in <strong>die</strong>sem Artikel geht, erreichen<br />

erst jetzt und immer noch schleppend <strong>das</strong> dritte Stadium<br />

seit ihrer Entdeckung im Jahr 1985, als man sie für einen<br />

unbedeutenden Bestandteil von Aminozucker hielt. Der folgende<br />

Inhalt <strong>ist</strong> von größter Wichtigkeit, da er ein neues<br />

Licht auf <strong>das</strong> Verhältnis zwischen Mensch und Tier wirft und<br />

dem <strong>Fleisch</strong>konsum eine neue Bedeutung gibt.<br />

Eine der drängendsten <strong>Frage</strong>n der heutigen Medizin <strong>ist</strong>,<br />

warum so viele Menschen an chronischen, niedriggradigen<br />

Entzündungskrankheiten (Depression, Arteriosklerose), Autoimmunerkrankungen<br />

(Rheuma, Morbus Crohn, Psoriasis,<br />

Allergie, Asthma) 2, 3<br />

<strong>oder</strong> Auto-Entzündungskrankheiten<br />

(Gicht, Pseudogicht, Colitis Ulcerosa) leiden.<br />

Vergleicht man nur <strong>das</strong> menschliche Immunsystem mit den<br />

auf <strong>die</strong>ser Ebene ähnlich funktionierenden Schimpansen,<br />

so <strong>ist</strong> es eindeutig überreaktiv 4<br />

. Diese Überreaktivität betrifft<br />

<strong>das</strong> gesamte Immunsystem (angeboren und erworben).<br />

Es scheint so, als ob jede einzelne Körperzelle weniger<br />

Schutzstoffe produzieren kann, um eine Entzündung gegen<br />

Bakterien, Viren und potentiell gefährliche pflanzliche Substanzen<br />

(PHA-Lectine) einzudämmen 5, 6<br />

. Die Substanzen, <strong>die</strong><br />

unser Immunsystem beruhigen können, heißen »inhibitory sialic<br />

acid-recognizing Ig-superfamily lectins«, kurz »SIGLECS«<br />

und werden von allen unseren Körperzellen gebildet 4<br />

. Die<br />

SIGLECS bilden ein Erkennungssystem auf jeder unserer<br />

Köperzellen, <strong>das</strong> bestimmt, ob etwas im Körper als Freund<br />

<strong>oder</strong> als Feind einzustufen <strong>ist</strong>.<br />

Abb. 1: Eine kleine Veränderung mit großer Wirkung. Die SIGLECS von Menschen unterscheiden sich nur sehr gering von anderen Säugetieren und<br />

sind dennoch für ganz andere Bakterien, Viren und Gifte passierbar. Nach dem Konsum von tierischen SIGLECS werden <strong>die</strong>se in körpereigenes<br />

Gewebe und Zellstrukturen eingebaut, weil wir es <strong>nicht</strong> klar als menschenfremd einordnen können. Die Folge <strong>ist</strong> eine chronische, niedriggradige<br />

Entzündung als Abwehrreaktion.<br />

Neu5Ac<br />

Neu5Gc<br />

OH<br />

CO 2<br />

-<br />

OH<br />

CO 2<br />

-<br />

HO<br />

O<br />

H<br />

N<br />

HO<br />

HO<br />

O<br />

OR<br />

HO<br />

HO<br />

O<br />

H<br />

N<br />

HO<br />

HO<br />

O<br />

OR<br />

Einbau in<br />

Zellstrukturen<br />

Neu5Gc-Aufnahme<br />

über <strong>die</strong> Nahrung<br />

Chronische<br />

niedriggradige<br />

Entzündung<br />

WM 03<br />

25 Einführung


<strong>Fleisch</strong> <strong>oder</strong> <strong>nicht</strong> <strong>Fleisch</strong><br />

Je mehr <strong>die</strong>ser SIGLECS sich auf einer Zelle ansiedeln, umso<br />

toleranter <strong>ist</strong> sie im Umgang mit körperfremden Substanzen.<br />

In Zellen, <strong>die</strong> im häufigen Kontakt mit fremden Substanzen<br />

sind, wie »Wandzellen« im Darm <strong>oder</strong> im Mundraum, befinden<br />

sich folglich größere Mengen an SIGLECS, damit sich<br />

<strong>die</strong>se Zellen <strong>nicht</strong> ständig aufgrund von Substanzen von<br />

außen entzünden. Immunzellen besitzen am wenigsten SIG-<br />

LECS, da sie als Teil unseres Abwehrsystems <strong>nicht</strong> tolerant<br />

gegen körperfremde Substanzen sein dürfen. Würden unsere<br />

Abwehrzellen z. B. nur ein einziges Mal tolerant gegen ein<br />

gefährliches Virus sein, könnte <strong>die</strong>s tödlich sein.<br />

Warum werden <strong>die</strong>se wichtigen Substanzen, <strong>die</strong> unser Immunsystem<br />

nach unten regulieren, weniger produziert? Die<br />

Ursache liegt in der ältesten und wichtigsten Aufgabe unseres<br />

Immunsystem: Schutz vor feindlichen Erregern von außen<br />

zu gewährle<strong>ist</strong>en. Ein überreaktives Immunsystem kann<br />

uns besser gegen neue Erreger schützen als ein gehemmtes<br />

Abwehrsystem. Dadurch war der Mensch überhaupt erst in<br />

der Lage, <strong>die</strong> ganze Welt zu bevölkern und sich einer neuen<br />

Umgebung anzupassen, ohne von unbekannten Viren und<br />

Bakterien getötet zu werden. Ein weiterer Grund war einerseits<br />

der vermehrte Kontakt mit Erregern aufgrund des engen<br />

Zusammenlebens in einer Gruppe und anderseits <strong>das</strong><br />

Jagen und Sammeln von immer wieder neuen Tieren und<br />

Pflanzen 5, 7<br />

. Diese Welteroberung, mit einem starken Abwehrsystem<br />

als Grundvoraussetzung, bezahlen wir heute allerdings<br />

mit den zu Beginn genannten Krankheitsbildern, <strong>die</strong><br />

von einer Überreaktivität unseres Immunsystems verursacht<br />

werden. Immer mehr Untersuchungen identifizieren bei chronisch<br />

erkrankten Menschen eine erhöhte Belastung durch<br />

Bakterien und Viren in den betroffenen Geweben: Arthrose,<br />

Morbus Alzheimer 8, 9<br />

, Multiple Sklerose 10<br />

, Rückenschmerzen<br />

und Bandscheibenprobleme 11, 12<br />

<strong>oder</strong> Plaques in Gefäßen 13<br />

,<br />

<strong>die</strong> zu Herzinfarkten, Thromben <strong>oder</strong> Schlaganfällen führen.<br />

Genau <strong>die</strong>se Erkrankungen steigen weltweit an und <strong>die</strong> Jahre,<br />

in denen Menschen ohne chronische Krankheiten leben,<br />

werden kontinuierlich weniger.<br />

Die kleine Veränderung und <strong>die</strong> große Wirkung<br />

Wenn also <strong>das</strong> menschliche Abwehrsystem im Vergleich zu<br />

dem der me<strong>ist</strong>en anderen Lebewesen auf <strong>die</strong>sem Planeten<br />

überreaktiv <strong>ist</strong> und damit viel toleranter und effizienter gegen<br />

schädliche Substanzen, wie können dann trotzdem so viele<br />

Pathogene (Viren, Bakterien) in beinahe alle unsere Gewebearten<br />

gelangen?<br />

Die Suche nach einer Antwort führt uns in <strong>die</strong> Grundlagen<br />

des Verhältnisses von Mensch und Tier. Zu Beginn müssen<br />

wir den wesentlichsten Unterschied zwischen Menschen und<br />

Säugetieren genauer betrachten.<br />

Bei Menschen finden sich andere Untergruppen von<br />

SIGLECS als bei Tieren. Wichtig sind vor allem <strong>die</strong> zwei<br />

mit Abstand am me<strong>ist</strong>en vorkommenden SIGLECS<br />

Neu5Ac und Neu5Gc. Sie werden in verschiedenen Mengenverhältnissen<br />

von allen Säugetieren gebildet, wobei<br />

Menschen nur Neu5Ac bilden können. Die Tatsache, <strong>das</strong>s<br />

Menschen im Vergleich zu anderen Säugetieren nur Neu-<br />

5Ac bilden, <strong>ist</strong> evolutionär begründet. Wahrscheinlich hat ein<br />

Malariavirus vor 2.000.000 Jahren alle Menschen, <strong>die</strong> auch<br />

Neu5Gc bilden konnten, getötet 14<br />

.<br />

Menschen können also nur Neu5Ac produzieren, und Säugetiere<br />

bilden Neu5Ac sowie Neu5Gc. SIGLECS bilden zusammen<br />

mit anderen Zuckermolekülen, wie beispielsweise<br />

denen unserer Blutgruppe, <strong>die</strong> Außenhülle von beinahe allen<br />

unseren Zellen. Diese Zellaußenhülle (Glycokalix) <strong>ist</strong> von so<br />

großer Bedeutung, <strong>das</strong>s sie zur Entstehung einer eigenen<br />

Wissenschaft, der Glycobiologie, geführt hat. SIGLECS sind<br />

in der Lage, sowohl <strong>das</strong> angeborene als auch <strong>das</strong> erworbene<br />

Immunsystem zu hemmen, wobei <strong>das</strong> letztere <strong>nicht</strong> so stark<br />

beeinflusst werden kann. Darum kommt <strong>die</strong>sen Zuckermolekülen<br />

eine zentrale Rolle bei beinahe allen Erkrankungen, <strong>die</strong><br />

im Zusammenhang mit dem Immunsystem stehen, zu.<br />

Vor allem Neugeborene brauchen für Entwicklung und<br />

Wachstum der Nervenzellen und des Gehirns sehr große<br />

Mengen an essentiellen Substanzen, um SIGLECS bilden zu<br />

können. Die Muttermilch enthält alle notwendigen Bausteine<br />

reichlich: D-Mannose, Inositol und Lactoferrin 15<br />

.<br />

Das Schwein in uns<br />

Was passiert, wenn wir <strong>das</strong> <strong>Fleisch</strong> von Säugetieren und damit<br />

auch deren SIGLECS essen? Werden sie in unsere eigene<br />

Zellaußenhülle eingebaut? Und wenn ja, haben tierische<br />

SIGLECS eine Auswirkung auf unsere Gesundheit?<br />

JA, Menschen bauen Teile von tierischen SIGLECS (Neu5Gc) in<br />

beinahe alle ihre Gewebearten ein, sogar in <strong>das</strong> Gehirn und <strong>die</strong><br />

Placenta und somit auch im ungeborenen Embryo ein. Auch<br />

andere Gewebe sind betroffen: Lunge, Darm, Haut, Prostata,<br />

Bauchspeicheldrüse, Niere, Milz, Hoden und Leber 16<br />

.<br />

Einführung<br />

26


Hat <strong>die</strong>se Tatsache nun Auswirkungen auf unsere Gesundheit?<br />

Wenn tierisches Neu5Gc in unsere eigenen Zellen eingebaut<br />

wird, bedeutet <strong>das</strong> wörtlich, <strong>das</strong>s kleinste molekulare<br />

Teilchen des gerade verspe<strong>ist</strong>en Tieres zu unserem eigenen<br />

Gewebe werden. Unser gesamter Organismus <strong>ist</strong> also ein<br />

wenig Schwein, Kalb, Rind, Schaf <strong>oder</strong> was wir sonst an<br />

Säugetieren in den vergangenen 30 Tagen gegessen haben.<br />

Das erste Problem <strong>ist</strong>, <strong>das</strong>s Neu5Gc <strong>nicht</strong> körpereigen <strong>ist</strong>.<br />

Wird es vom Immunsystem erkannt, werden dagegen Antikörper<br />

gebildet, <strong>die</strong> dann in weiterer Folge unser eigenes<br />

Gewebe angreifen, da <strong>das</strong> Neu5Gc nun Teil unserer Körperzellen<br />

<strong>ist</strong>. Dass sich unser Immunsystem nun gegen den<br />

eigenen Körper richtet, <strong>ist</strong> genau <strong>die</strong> Definition einer Autoimmunkrankheit<br />

wie Rheuma, Psoriasis, Morbus Crohn <strong>oder</strong><br />

Multiple Sklerose 2<br />

. Es sind sicher noch weitere Untersuchungen<br />

nötig, aber es scheint eine logische Erklärung für<br />

den dramatischen Anstieg <strong>die</strong>ser doch so eigenartigen Erkrankungen<br />

zu sein, in denen wir unter Beschuss unseres<br />

eigenen Abwehrsystems stehen. Die Aufgabe der SIGLECS<br />

besteht vor allem darin, dem Immunsystem zu zeigen, wer<br />

unser Freund <strong>oder</strong> Feind <strong>ist</strong>. Dieser Lernprozess entstand in<br />

Millionen Jahren der Evolution.<br />

Für uns nützliche Bestandteile von Pflanzen können sich an<br />

unsere menschlichen SIGLECS anheften und werden <strong>nicht</strong><br />

angegriffen 17<br />

. Tiere haben andere Freunde und Feinde als<br />

Menschen. Wenn Teile unserer Zellmembrane aber tierisch<br />

sind, können <strong>die</strong>se tierischen SIGLECS (Neu5Gc) wie ein<br />

trojanisches Pferd für körperfremde Substanzen funktionieren.<br />

Mit anderen Worten: Für uns bedenkliche Pflanzenstoffe,<br />

Bakterien, Pilze und Viren können, ohne von unserem Immunsystem<br />

entdeckt zu werden, in unseren Körper gelangen.<br />

Sie binden sich zu <strong>die</strong>sem Zweck an Neu5Gc und nutzen<br />

es als »Maske«, um <strong>nicht</strong> erkannt zu werden. Wir haben<br />

schon beschrieben, <strong>das</strong>s tierische SIGLECS in beinahe allen<br />

unseren Gewebearten eingebaut werden können und auch<br />

eine zentrale Rolle bei vielen Erkrankungen spielen 18<br />

. Die<br />

Rolle von Neu5Gc als trojanisches Pferd trägt dazu bei, <strong>das</strong>s<br />

mögliche Krankheitserreger, hauptsächlich aus der Nahrung,<br />

in Organe wie <strong>das</strong> Gehirn (Multiple Sklerose), in Blutgefäße<br />

(Arteriosklerose) und Gelenke (Rheuma, Arthritis) gelangen<br />

können, ohne vom Immunsystem erkannt zu werden 8, 9, 19-21<br />

.<br />

Doch damit <strong>nicht</strong> genug, es gibt noch eine zweite Problematik.<br />

Wenn sich Pathogene, wie pflanzliche Lectine, an <strong>das</strong><br />

tierische Neu5Gc anheften, produziert der Körper <strong>nicht</strong> nur<br />

Antikörper gegen Neu5Gc, sondern auch gegen <strong>die</strong> Substanz,<br />

<strong>die</strong> gerade daran angeheftet <strong>ist</strong>. Ein Beispiel für <strong>das</strong><br />

Verständnis: Lectine sind Abwehrsubstanzen in vielen Pflanzen,<br />

<strong>die</strong> uns unter Umständen schaden können. Es gibt aber<br />

sehr viele nützliche Lectine, <strong>die</strong> der Mensch immer schon<br />

gegessen hat, wie <strong>die</strong> von Pilzen, Zwiebeln, Karotten, usw.<br />

Lectine können sich aber auch an SIGLECS anheften und<br />

für uns dann zum Problem werden 22, 23<br />

. Dies würde auch<br />

erklären, warum so viele Menschen problematisch auf altbekannte<br />

Nahrungsmittel wie Pilze, Äpfel und Nüsse reagieren.<br />

Deren Lectine können uns nur schaden, wenn sie sich<br />

an ein tierisches SIGLECS (Neu5Gc) anheften. Auch wenn<br />

<strong>die</strong>s noch <strong>nicht</strong> ausreichend untersucht wurde, <strong>ist</strong> es bis<br />

zum heutigen Tag <strong>die</strong> einzige plausible Erklärung für so viele<br />

Unverträglichkeiten gegen solche Urnahrungsmittel. Neu5Gc<br />

wurde in Stu<strong>die</strong>n auch vermehrt in Krebszellen gefunden,<br />

was den schon lange nachgewiesenen Zusammenhang von<br />

<strong>Fleisch</strong>konsum und Krebs nun endlich auch pathophysiologisch<br />

erklären würde 24<br />

.<br />

Da nun deutlich gemacht werden konnte, wie problematisch<br />

<strong>das</strong> »Schwein in uns« sein kann, müssen natürlich auch praktikable<br />

Lösungen präsentiert werden. Wenn Neu5Gc in unsere<br />

Zellaußenhüllen eingebaut wurde, bleiben wir dann für immer<br />

eine Mischung aus Mensch, Rind, Schwein und Schaf? NEIN,<br />

tierisches Neu5Gc kann relativ schnell aus unserem Körper eliminiert<br />

werden. In zwei Wochen <strong>ist</strong> der Großteil abgebaut, und<br />

nach 30 Tagen <strong>ist</strong> es fast vollständig eliminiert.<br />

Abb. 2: Abbau von Neu5Gc aus der Nahrung bei völligem Verzicht auf<br />

Neu5Gc-reiche Nahrungsmittel. Nach zwei bis vier Wochen sind wir<br />

»<strong>das</strong> Schwein in uns« fast wieder komplett los 25<br />

.<br />

Neu5GC total<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Tage 0 5 10 15 20 25 30<br />

27 Einführung


<strong>Fleisch</strong> <strong>oder</strong> <strong>nicht</strong> <strong>Fleisch</strong><br />

Die <strong>Frage</strong>, <strong>die</strong> sich nun aufdrängt: In welchen Nahrungsmitteln<br />

<strong>ist</strong> <strong>das</strong> tierische Neu5Gc enthalten?<br />

Ein weiterer wichtiger Schritt <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Versorgung mit den essentiellen<br />

Substanzen, <strong>die</strong> für den körpereigenen Bau der<br />

SIGLECS von Bedeutung sind: D-Mannose (alle Arten von<br />

Beeren), Inositol (Äpfel, Preiselbeeren, Pilze, Mango), Lactoferrin<br />

(Eier) und essentielle Ballaststoffe wie Glucomannan,<br />

beispielsweise in Wurzelgemüse 26, 27<br />

.<br />

Die Verbindung zur Grundursache der häufigsten chronischen<br />

Erkrankungen: Die niedriggradige Entzündung<br />

Die niedriggradige Entzündung wird im WM 03 vom<br />

Problem bis zur Lösung im Detail erklärt. Eine Hauptursache<br />

für <strong>die</strong>sen Zustand <strong>ist</strong> <strong>die</strong> unerkannte Infiltration von Erregern<br />

durch ein »trojanisches Pferd« wie Neu5Gc. Dadurch wird<br />

Erregern und schädlichen Nahrungsstoffen der ungehinderte<br />

Zugang zu unserem Körper ermöglicht 18<br />

.<br />

Anthropogene Faktoren wie unsere m<strong>oder</strong>ne Ernährung,<br />

Stress, Bewegungsmangel, Umweltverschmutzung, ständig<br />

zunehmende Mengen von Antibiotika in der Medizin, in unserem<br />

Trinkwasser und in Nahrungsmitteln und übertriebene<br />

Hygiene sind schwache, aber dauerhaft anwesende Entzündungsfaktoren.<br />

Abb. 3: Die Rekordmengen an tierischem Neu5Gc in Rindfleisch, aber auch in anderen großen Säugetieren wie Lamm, Kalb, Schwein, Pferd und<br />

deren Produkten machen deutlich, welche Nahrungsmittel wir so wenig wie möglich essen sollten. Im Gegensatz dazu enthalten Fische, Geflügel<br />

(Hühner, Pute, Truthahn, Fasan, Rebhuhn, Ente, Tau be), Schnecken und Insekten so gut wie kein Neu5Gc. Die Lösung liegt in der Reduzierung<br />

von Neu5Gc-reichen Lebensmitteln und einer vermehrten Zufuhr von Lebensmitteln mit hohem Neu5Ac-Gehalt, um den Abbau von Neu5Gc zu<br />

unterstützen 16, 17<br />

.<br />

Neu5Ac in Neu5Gc in Total in Neu5Gc<br />

mcg/g mcg/g mcg/g Gehalt in % der<br />

Gesamtmenge<br />

SIGLECS<br />

Rindfleisch 39,9 30,1 70 43<br />

Fettarmes Rindfleisch 39,7 22,3 62 36<br />

Fettes Rindfleisch 50,8 31,2 82 38<br />

Schwein 108,5 25,5 134 19<br />

Lamm 82,8 18,2 101 18<br />

Hühnchen 75,92 0,076 76 0,1<br />

Ente 19,98 0,02 20 0,1<br />

Truthahn 45,95 0,046 46 0,1<br />

Eigelb (Ei) 175<br />

Eiweiß (Ei) 458,1<br />

Lachs 47,53 1,47 49 3<br />

Dorsch 39,96 0,04 40 0,1<br />

Thunfisch 31,97 0,032 32 0,1<br />

Milch 2 % Fett 250,26 7,74 258 3<br />

Fettarme Milch 254,14 7,86 262 3<br />

Butter 38,8 1,2 40 3<br />

Käse (Kuh) 153,6 6,4 160 4<br />

Käse (Ziege) 55,1 39,9 95 42<br />

Einführung<br />

28


Zusammenfassung<br />

Es gilt zwei wesentliche Faktoren zu beachten, wenn Sie<br />

<strong>Fleisch</strong> konsumieren. Erstens <strong>die</strong> Art der Haltung und Fütterung<br />

der Tiere und zweitens <strong>die</strong> Spezies und der damit verbundene<br />

Gehalt an Neu5Gc.<br />

<strong>Fleisch</strong> liegt auch eindeutig im sauren pH-Bereich, weshalb<br />

der Konsum immer mit großen Mengen an Gemüse und<br />

Obst einhergehen sollte. Wieviel Eiweiß eine einzelne Person<br />

benötigt, hängt sehr stark von der Intensität und Häufigkeit<br />

von Bewegung ab.<br />

Sollten Sie, aus welchen Gründen auch immer, eine vegetarische<br />

Lebensweise bevorzugen, gewinnen <strong>die</strong> folgenden<br />

Nahrungsmittel als möglicher <strong>Fleisch</strong>ersatz an großer Bedeutung:<br />

Algen<br />

Sie sind <strong>die</strong> einzige pflanzliche Quelle der Omega-3-Fettsäuren<br />

EPA und DHA, <strong>die</strong> in einer vegetarischen<br />

Ernährung stark unterrepräsentiert<br />

sind. Enthalten auch sehr viel Jod.<br />

können, wie Insekten, Meeresinsekten (Muscheln, Garnelen)<br />

und Schnecken. Letztere erfreuen sich in den letzten Jahren<br />

wieder zunehmender Beliebtheit. Was bis vor ca. 100 Jahren<br />

ein weit verbreitetes Lebensmittel war, erlebt heutzutage eine<br />

Renaissance bis in <strong>die</strong> Küchen der Sterneköche.<br />

Kommentar<br />

Ein Schneckenpionier berichtet<br />

»Weinbergschnecken gehören zu den ältesten<br />

Nahrungsmitteln der Menschheit.<br />

Präh<strong>ist</strong>orische Funde in Höhlen sind<br />

Zeugnis dafür, <strong>das</strong>s Schnecken<br />

bereits in der Mittelsteinzeit als<br />

Nahrung <strong>die</strong>nten. Das <strong>Fleisch</strong><br />

von Weinbergschnecken <strong>ist</strong><br />

von angenehmer Kons<strong>ist</strong>enz<br />

und schmeckt me<strong>ist</strong> nach den<br />

Kräutern, welche den Tieren<br />

als Nahrung <strong>die</strong>nten. Der unaufdringliche<br />

Geschmack lässt<br />

sich wunderbar mit vielen anderen<br />

Aromen (vor allem Kräutern, Pilzen<br />

<strong>oder</strong> Gemüse) kombinieren.<br />

Pilze<br />

Eier<br />

Wie Algen enthalten sie Jod und auch größere<br />

Mengen an D-Mannose.<br />

Gut bioverfügbares Eiweiß, beinhaltet viele Nährstoffe,<br />

welche in einer vegetarischen Ernäh rung<br />

unterrepräsentiert sind.<br />

Weinbergschnecken bezieht man aufgrund der Qualität und des Wildsammelverbots<br />

am besten bereits küchenfertig im Glas <strong>oder</strong> tiefgekühlt<br />

direkt vom Züchter.<br />

Die Weinbergschnecke gehört aus ökologischer, physiologischer und<br />

wissenschaftlicher Sicht zu den Lebensmitteln der Zukunft!«<br />

Andreas Gugumuck, österreichischer Schnecken-Pionier<br />

Menschen, <strong>die</strong> keine Säugetiere und somit auch kein<br />

Neu5Gc essen, leben nachweislich gesünder als der durchschnittliche<br />

<strong>Fleisch</strong>fresser 28<br />

. Diesen Gedanken weitergeführt,<br />

heißt aber <strong>nicht</strong> zwingend, <strong>das</strong>s ein vegetarischer Lebensstil<br />

gesünder <strong>ist</strong>. Eine vegetarische Lebensweise beinhaltet<br />

auch <strong>die</strong> Gefahr von Mangelsymptomen mit <strong>nicht</strong> zu<br />

unterschätzenden Konsequenzen. Aus <strong>die</strong>sem Grund wäre<br />

eine optimale Nahrungszufuhr eine mehrheitlich grundlegend<br />

vegetarische, ergänzt mit Geflügel, Fisch und Eiern 29<br />

.<br />

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der goldenen Mitte, was<br />

in unserer heutigen Welt aber <strong>nicht</strong> einfach umsetzbar <strong>ist</strong>.<br />

Mehr Informationen auf www.wirkkochbuch.com<br />

Leider schädigen wir <strong>nicht</strong> nur unser Immunsystem und unsere<br />

Gesundheit, sondern auch unsere Umwelt und <strong>die</strong> Natur<br />

mit dem ständig steigenden Konsum an tierischem Eiweiß.<br />

Ein Lösungsweg wäre, Tiere auf den Speiseplan zu setzen,<br />

<strong>die</strong> sehr effektiv pflanzliche Nahrung in Protein umwandeln<br />

29 Einführung

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