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Energie - ROYAL CANIN Tiernahrung GmbH & Co. KG

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INHALT<br />

VETERINARY<br />

#18.3<br />

2 0 0 8 - 1 0 $ / 1 0 €<br />

© Xerri Youri<br />

I n t e r n a t i o n a l e P u b l i k a t i o n e n f ü r d e n K l e i n t i e r p r a k t i k e r<br />

Diese Ausgabe des Veterinary Focus erscheint in folgenden Sprachen: Englisch, Französisch, Deutsch,<br />

Chinesisch, Niederländisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch, Japanisch, Griechisch und Russisch.<br />

Biomarker in der Diagnose caniner Herzerkrankungen S. 02<br />

Caryn Reynolds und Mark Oyama<br />

Neue Techniken der Echokardiographie und Doppler-Sonographie S. 07<br />

Valérie Chetboul<br />

Interventionelle Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen S. 16<br />

Suzanne Cunningham und John Rush<br />

Persönliche Empfehlungen für... Herzklappenerkrankungen beim Hund S. 25<br />

Adrian Boswood<br />

Royal Canin Standpunkt... Diätetische Behandlung von Herzerkrankungen S. 32<br />

im Frühstadium: ACT with SPEED<br />

Daniel Baker und Denise Elliott<br />

Persönliche Empfehlungen für... Synkopen beim Hund – ein Syndrom, keine Krankheit S. 36<br />

Marianne Skrodzki und Eberhard Trautvetter<br />

Veterinary Focus- Guide... Elektrokardiographie beim Hund S. 47<br />

Michael Johnson<br />

ARGENTINIEN AUSTRALIEN BAHRAIN BELGIEN BRASILIEN CHINA DÄNEMARK DEUTSCHLAND ESTLAND FINNLAND FRANKREICH GRIECHENLAND GROSSBRITANNIEN HOLLAND HONGKONG IRLAND ISLAND ISRAEL ITALIEN JAPAN KANADA KOREA KROATIEN LETTLAND<br />

LITAUEN MALTA MEXICO NEUSEELAND NORWEGEN ÖSTERREICH DIE PHILIPPINEN POLEN PORTUGAL PUERTO RICO RUMÄNIEN RUSSLAND SCHWEDEN SCHWEIZ SINGAPUR SLOWAKISCHE REPUBLIK SLOWENIEN SPANIEN SÜDAFRIKANISCHE REPUBLIK TSCHECHISCHE<br />

REPUBLIK TÜRKEI UNGARN VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE VEREINIGTE STATEN VON AMERIKA ZYPERN<br />

Veterinary Focus, Vol 18 n° 3 - 2008<br />

Die aktuellsten Ausgaben des Veterinary Focus finden Sie auf der IVIS-Website: www.ivis.org<br />

Redaktioneller Beirat<br />

• Dr. Denise A. Elliott, BVSc(Hons), PhD, Dipl.<br />

ACVIM, Dipl. ACVN Scientific <strong>Co</strong>mmunications,<br />

Royal Canin, USA<br />

• Dr. Philippe Marniquet, DVM, Scientific<br />

<strong>Co</strong>mmunication Manager, Royal Canin, France<br />

• Dr. Pauline Devlin, BSc, PhD,Veterinary<br />

Support Manager, Royal Canin, UK<br />

• Dr. Franziska <strong>Co</strong>nrad, DVM, Scientific<br />

<strong>Co</strong>mmunications, Royal Canin, Germany<br />

• Dr. Julieta Asanovic, DVM, Dipl. FCV, UBA,<br />

Scientific <strong>Co</strong>mmunications, Royal Canin,<br />

Argentina<br />

Redakteur<br />

• Dr. Richard Harvey, PhD, BVSc, DVD,<br />

FIBiol, MRCVS<br />

Redaktionssekretariat<br />

• Laurent Cathalan<br />

lcathalan@buena-media.fr<br />

• Ellinor Gunnarsson<br />

Gestaltung<br />

• Youri Xerri<br />

Redaktionelle Kontrolle Fremdsprachen<br />

• Dr. Clemens Schickling (Deutsch)<br />

• Dr. Imke Engelke (Deutsch)<br />

• Dr. Maria Elena Fernandez, DVM (Spanisch)<br />

• Dr. Eva Ramalho, DVM (Portugiesisch)<br />

• Dr. Giulio Giannotti, DVM (Italienisch)<br />

• Dr. Margriet Bos, DVM (Niederländisch)<br />

• Prof. Dr. R. Moraillon, DVM (Französisch)<br />

Mitherausgeber: Buena Media Plus<br />

CEO: Bernardo Gallitelli<br />

Anschrift: 85, avenue Pierre Grenier<br />

92100 Boulogne – Frankreich<br />

Telefon: +33 (0) 1 72 44 62 00<br />

Druck in der EU<br />

ISSN 0965-4593<br />

Auflage: 100.000<br />

Hinterlegung der Pflichtexemlpare<br />

Oktober 2008<br />

Verlag Aniwa S. A. S.<br />

Die Zulassungsbestimmungen für Medikamente zum Einsatz bei Kleintieren sind weltweit sehr unterschiedlich. Liegt keine spezifische Zulassung vor,<br />

sollten vor der Anwendung eines solchen Medikamentes entsprechende Warnhinweise gegeben werden.


Biomarker in der<br />

Diagnose caniner<br />

Herzerkrankungen<br />

Caryn Reynolds, DVM<br />

Matthew J. Ryan Veterinary Hospital, School of<br />

Veterinary Medicine, University of Pennsylvania,<br />

Philadelphia, USA<br />

Dr. Reynolds ist Resident im Bereich Kardiologie an der<br />

School of Veterinary Medicine der University of<br />

Pennsylvania, USA. Ihr Studium schloss sie 2006 an der<br />

<strong>Co</strong>lorado State University mit dem Grad eines DVM ab.<br />

Anschließend absolvierte Caryn Reynolds ein Internship<br />

in Small Animal Medicine and Surgery und ein Internship<br />

im Bereich der kardiologischen Forschung am Ryan<br />

Veterinary Hospital der University of Pennsylvania.<br />

Einleitung<br />

Traditionell erfolgt die Beurteilung der Herzfunktion mit Hilfe<br />

der Elektrokardiographie, der Radiologie und der Echokardiographie.<br />

Diese diagnostischen Verfahren sind jedoch relativ<br />

zeitaufwendig und kostspielig, und stehen insbesondere im<br />

Falle der Echokardiographie nicht unbedingt jederzeit allen<br />

Patienten zur Verfügung. Innerhalb der vergangenen zehn<br />

Jahre haben sich kardiale Biomarker, im Wesentlichen kardiales<br />

Troponin und natriuretische Peptide, zu einer tragenden Säule<br />

für die Diagnose und das Patientenmonitoring bei humanen<br />

Herzerkrankungen entwickelt. Seit kurzer Zeit beschäftigt sich<br />

auch die veterinärmedizinische Forschung mit dem potenziellen<br />

klinischen und diagnostischen Nutzen dieser blutbasierten<br />

kardialen Biomarker bei caninen und felinen Patienten.<br />

Ein Biomarker wird definiert als eine Substanz, die von einem<br />

spezifischen Gewebe gebildet wird und im Blut nachgewiesen<br />

werden kann. Um einen klinischen bzw. diagnostischen<br />

Nutzen zu haben, sollte diese Substanz in Proportion zu<br />

einem spezifischen Krankheitsprozess freigesetzt werden<br />

und Informationen über das Vorhandensein, den Grad und die<br />

Prognose der Erkrankung liefern. Im Idealfall handelt es sich bei<br />

Mark Oyama, DVM, Dipl. ACVIM (Kardiologie)<br />

Matthew J. Ryan Veterinary Hospital,<br />

School of Veterinary Medicine, University of<br />

Pennsylvania, Philadelphia, USA<br />

Dr. Oyama schloss sein Studium 1994 an der University of<br />

Illinois ab. Er absolvierte ein Internship am Animal Medical<br />

Center in NYC und im Anschluss eine Residency im Bereich<br />

Kardiologie an der University of California, Davis. Zurzeit ist<br />

Mark Oyama Associate Professor (außerordentlicher<br />

Professor) am Department of Clinical Sciences der<br />

University of Pennsylvania.<br />

einem Biomarker um eine stabile Substanz, die mit Hilfe eines<br />

überall erhältlichen, schnellen und kostengünstigen Tests<br />

einfach nachzuweisen ist. In der Veterinärmedizin werden<br />

Biomarker häufig zur Beurteilung der Funktion anderer Organe<br />

und Organsysteme herangezogen. So dienen zum Beispiel BUN<br />

und Creatinin der Überwachung der Nierenfunktion, während<br />

ALT zur Beurteilung hepatozellulärer Schäden herangezogen<br />

wird. Die klassischen enzymatischen Assays für Herzerkrankungen,<br />

wie zum Beispiel der Creatinkinase-Test, ließen<br />

in der Vergangenheit die für eine aussagekräftige klinische Anwendung<br />

beim Hund erforderliche Sensitivität und Spezifität<br />

vermissen. Dagegen scheinen die neueren Tests zum Nachweis<br />

von kardialem Troponin und natriuretischen Peptiden bei<br />

caninen Herzerkrankungen klinisch und diagnostisch hilfreiche<br />

Informationen zu liefern. Dieser Übersichtsartikel diskutiert<br />

den aktuellen Informationsstand über die entsprechenden<br />

Tests und ihre potenziellen Anwendungsmöglichkeiten.<br />

Natriuretische Peptide<br />

Bei Patienten mit Herzerkrankungen kommt es zu einer<br />

Überstimulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems.<br />

Die Folgen sind eine Herzvergrößerung, eine Volumenüber-<br />

2 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


ladung und eine (kongestive) Herzinsuffizienz. Die natriuretischen<br />

Peptide wirken dieser Aktivität entgegen durch die<br />

Stimulation der Natriurese, die Steigerung der Nierendurchblutung,<br />

die Förderung der Diurese und der Vasodilatation,<br />

sowie die Stärkung der diastolischen Herzfunktion. Die<br />

zirkulierenden Konzentrationen des atrialen natriuretischen<br />

Peptids (ANP) und des B-Typ natriuretischen Peptids (BNP) sind<br />

primär als Reaktion auf eine erhöhte Myokardwandbelastung<br />

erhöht. ANP hat seinen Ursprung hauptsächlich in den Atrien,<br />

während BNP sowohl aus den atrialen als auch aus den<br />

ventrikulären Myozyten stammt. Beide Substanzen werden<br />

zunächst als Vorläufermoleküle freigesetzt und danach durch<br />

Serumproteasen gespalten, um schließlich identische Mengen<br />

eines aktiven C-terminalen Fragments (auch als C-ANP und<br />

C-BNP bezeichnet) und eines inaktiven N-terminalen Fragments<br />

(NT-proANP und NT-proBNP) zu bilden (Abbildung 1).<br />

C-ANP und C-BNP haben ultrakurze Halbwertszeiten, und die<br />

Messung ihrer zirkulierenden Konzentrationen erweist sich<br />

als schwierig. NT-proANP und NT-proBNP haben längere<br />

Halbwertszeiten und verhalten sich bei der Probenentnahme<br />

und bei der weiteren Handhabung der Proben deutlich stabiler,<br />

so dass sich die Messung dieser beiden Parameter unter<br />

klinischen Bedingungen als die praktikablere Option erweist.<br />

Hundespezifische ELISA-Tests für NT-proANP und NT-proBNP<br />

sind seit kurzer Zeit erhältlich.<br />

Heute gilt die Messung der Plasma- oder Serumkonzentrationen<br />

natriuretischer Peptide als integraler Bestandteil der diagnostischen<br />

Datenbasis für humane kardiovaskuläre Patienten.<br />

In Notfallsituationen kann NT-proBNP in Verbindung mit der<br />

klinischen Untersuchung, Thoraxröntgenaufnahmen und der<br />

Elektrokardiographie herangezogen werden, um primäre<br />

respiratorische Ursachen einer Dyspnoe von einer (kongestiven)<br />

Herzinsuffizienz zu unterscheiden (1). Bei asymptomatischen<br />

Patienten dient BNP der unabhängigen Vorhersage des Todesrisikos<br />

oder des Herzinsuffizienzrisikos und erweist sich in<br />

diesem Rahmen als ein wertvolles Werkzeug für die Risikobeurteilung<br />

und das Patientenscreening. Darüber hinaus hilft<br />

die Bestimmung der BNP-Konzentrationen dem Kliniker bei<br />

der Beurteilung der Kurzzeitantwort auf die Behandlung einer<br />

(kongestiven) Herzinsuffizienz (2). Beim Menschen werden<br />

die Blutkonzentrationen der natriuretischen Peptide durch<br />

die Nierenfunktion, das Geschlecht, Adipositas und das Alter<br />

beeinflusst. Diese Faktoren müssen also bei der Interpretation<br />

der Ergebnisse berücksichtigt werden.<br />

In der jüngsten Zeit wurden mehrere Studien über den<br />

klinischen Nutzen von Tests zur Messung der Blutkonzentrationen<br />

natriuretischer Peptide, insbesondere NT-proBNP, beim<br />

Hund veröffentlicht. Die wichtigsten Indikationen für diese<br />

Tests werden im Folgenden diskutiert.<br />

NT-proBNP<br />

Inaktiv<br />

Höhere Stabilität<br />

Längere Halbwertszeit<br />

ProBNP<br />

Abbildung 1.<br />

C-BNP<br />

Biologisch aktiv<br />

Geringere Stabilität<br />

Kürzere Halbwertszeit<br />

NT-proBNP entsteht, wenn proBNP durch Serumendopeptidasen<br />

gespalten wird, um C-BNP zu bilden. NT-proBNP ist biologisch<br />

inaktiv, besitzt aber eine höhere Stabilität als das biologisch<br />

aktive C-BNP. Da NT-proBNP und C-BNP im Verhältnis von 1:1<br />

gebildet werden, spiegelt die Messung von NT-proBNP die im<br />

Rahmen einer Herzerkrankung gebildete Menge des aktiven<br />

C-BNP genau wider.<br />

Diagnose der Herzinsuffizienz<br />

Boswood et al. beschreiben einen signifikanten Unterschied<br />

zwischen Hunden mit Herzerkrankung, Hunden mit Herzinsuffizienz<br />

und Hunden mit primärer respiratorischer Erkrankung.<br />

Auf der Grundlage eines Cut-off-Wertes von 210 pmol/l<br />

hat NT-proBNP bei Hunden mit Herzerkrankung oder Herzinsuffizienz<br />

einen positiven prädiktiven Wert von 94% und<br />

einen negativen prädiktiven Wert von 77% (3). Dies bedeutet,<br />

dass Hunde mit einem positiven Test mit einer 94% igen<br />

Wahrscheinlichkeit unter einer Herzerkrankung oder Herzinsuffizienz<br />

leiden, während Hunde mit negativem Test mit<br />

einer Wahrscheinlichkeit von 77% keine Herzerkrankung oder<br />

Herzinsuffizienz haben. In einer anderen Studie von Oyama<br />

et al. (4) über 119 Hunde mit Mitralklappenerkrankungen,<br />

18 Hunde mit dilatativer Kardiomyopathie und 40 gesunde<br />

Kontrollhunde konnten anhand der NT-proBNP-Werte im<br />

Serum Hunde mit Herzerkrankung von gesunden Hunden<br />

unterschieden werden und zwar mit einem positiven prädiktiven<br />

Wert von 97% und einem negativen prädiktiven Wert von<br />

61% bei Verwendung eines Cut-off-Wertes von 445 pmol/l.<br />

Berichtet wird zudem, dass NT-proBNP mit der Herzfrequenz,<br />

mit der Atemfrequenz, mit der echokardiographischen Herzgröße<br />

und mit der Nierenfunktion korreliert. Darüber hinaus<br />

konnte der NT-proBNP-Wert bei Verwendung eines Cut-off-<br />

Wertes von 680 pmol/l eingesetzt werden, um zu bestimmen,<br />

welche Hunde eine klinisch signifikante radiographische<br />

Herzvergrößerung aufwiesen, und welche nicht (positiver<br />

prädiktiver Wert: 81%; negativer prädiktiver Wert: 86%).<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 3


Die Ergebnisse dieser Studien sprechen dafür, dass die<br />

Messung der NT-proBNP-Konzentration in Verbindung mit<br />

anderen diagnostischen Maßnahmen wie der klinischen<br />

Untersuchung, der Röntgenuntersuchung und der Echokardiographie<br />

für die Unterstützung der Diagnose von<br />

Herzerkrankungen beim Hund eingesetzt werden kann. Nach<br />

den Angaben des kommerziellen Labors, das die NT-proBNP-<br />

Assays gegenwärtig durchführt, gilt eine Herzerkrankung bei<br />

Patienten mit NT-proBNP-Werten von ≤566 pmol/l im Serum<br />

oder Plasma als unwahrscheinlich. Zurzeit werden Prospektivstudien<br />

durchgeführt, um zu beurteilen, ob NT-proBNP<br />

ein geeigneter Parameter für die Langzeitüberwachung von<br />

Hunden mit asymptomatischer Mitralklappenerkrankung<br />

ist. Das Ziel ist eine Beurteilung des individuellen Risikos<br />

eines Patienten für die Entwicklung einer kongestiven<br />

Herzinsuffizienz als Folge der Klappenerkrankung.<br />

Ätiologie respiratorischer Symptome<br />

Fine et al. (5) untersuchten 46 Hunde mit Husten oder Atemnot<br />

und stellten fest, dass Hunde mit kongestiver Herzinsuffizienz<br />

signifikant höhere mediane NT-proBNP-Konzentrationen aufweisen<br />

als Hunde mit Atemwegserkrankung (Herzinsuffizienz:<br />

Medianwert 2554 pmol/l, Quartilabstand [25%-75%] 1652-<br />

3476; Atemwegserkrankung: Medianwert: 357 pmol/l, Quartilabstand<br />

[193-566]. Diese Ergebnisse sprechen sehr stark dafür,<br />

dass NT-proBNP bei der Ermittlung der zugrunde liegenden<br />

Ursachen respiratorischer Symptome unterstützend eingesetzt<br />

werden kann. So hatte in der Tat ein NT-proBNP-Wert von<br />

> 1200 pmol/l im Serum in einer Studie über 116 Hunde, die<br />

aufgrund von mittel- bis hochgradigen Atemwegssymptomen<br />

(Husten, Röcheln, Dyspnoe etc.) in einer Überweisungsklinik<br />

vorgestellt worden waren, bei der Unterscheidung zwischen<br />

Hunden mit (kongestiver) Herzinsuffizienz und Hunden mit<br />

primärer Atemwegserkrankung einen positiven prädiktiven<br />

Wert von 85,5% und einen negativen prädiktiven Wert von<br />

81,6% (6). Diese Ergebnisse stimmen überein mit den Aussagen<br />

in Abstracts von Fine, et al. und Wess, et al., denen zufolge<br />

eine gute Sensitivität für die Diagnose einer kongestiven<br />

Herzinsuffizienz bei Hunden mit Atemwegserkrankungen<br />

besteht (5, 7).<br />

Eine zum Teil sehr schwierige diagnostische Herausforderung<br />

ist die Bestimmung der Ursache respiratorischer Symptome<br />

bei älteren Hunden kleiner Rassen, bei denen Mitralklappenerkrankungen<br />

und primäre chronische Atemwegserkrankungen<br />

nicht selten kombiniert auftreten. Eine NTproBNP-Konzentration<br />

von >1200pmol/l kann in diesen<br />

Fällen besonders hilfreich sein, wenn anamnestische, klinische<br />

und radiologische Befunde entweder nicht zur Verfügung<br />

stehen oder zweifelhaft sind (8). Ein schneller Point-ofcare-Test<br />

(Schnelltest am Ort der Untersuchung), wie er zum<br />

Beispiel in humanmedizinischen Notfalleinrichtungen<br />

zur Verfügung steht, wäre auch für veterinärmedizinische<br />

Patienten von großem Nutzen. Insbesondere gilt dies für<br />

Patienten, die eine Röntgenuntersuchung aufgrund der<br />

Schwere ihrer Atemnot nicht tolerieren, bevor sich ihr Zustand<br />

Dank der initialen Behandlung nicht ausreichend stabilisiert<br />

hat. In Fällen einer hochgradigen Lungenerkrankung und<br />

damit einhergehender pulmonaler Hypertonie können die<br />

NT-proBNP -Werte falschpositiv erhöht sein und Anlass zu<br />

Fehlinterpretationen geben.<br />

Screening auf okkulte Erkrankungen<br />

Gegenwärtig erfordert die Diagnose der okkulten DCM beim<br />

Hund eine echokardiographische Untersuchung und das<br />

Tragen eines Holter-Monitors (Langzeit-E<strong>KG</strong>-Recorder). Vor<br />

allem bei Letzterem handelt es sich um eine relativ kostspielige<br />

und darüber hinaus auch sehr unbequeme Maßnahme (der<br />

Hund muss den Holter-Monitor über 24 Stunden tragen), die<br />

zudem nicht allen Hundebesitzern zur Verfügung steht. Im<br />

Rahmen einer Untersuchung von 118 Hunden der Rassen<br />

Dobermann, Boxer und Dogge unterschieden sich NT-proANP,<br />

C-BNP und das kardiale Troponin signifikant zwischen den 21<br />

Hunden mit diagnostizierter okkulter Kardiomyopathie und<br />

den gesunden Hunden. Von den drei getesteten Biomarkern<br />

besaß BNP die höchste Sensitivität und Spezifität (92,5%<br />

bzw. 61,9%) beim Nachweis der okkulten DCM (9).<br />

Gegenwärtig werden umfangreichere Studien zur Beurteilung<br />

des klinischen und diagnostischen Nutzens von NT-proBNP<br />

und NT-proANP als Screeningtests für die okkulte DCM<br />

durchgeführt. Ein Biomarker, der eine frühe Kardiomyopathie<br />

bei asymptomatischen Patienten nachweist, wäre zweifellos<br />

von substanziellem klinischem Nutzen. Ziel dieser Studien ist<br />

die Ermittlung von geeigneten Cut-off-Werten, der Sensitivität<br />

und Spezifität, sowie positiver und negativer prädikativer<br />

Werte, um herauszufinden, auf welche Weise diese Tests unter<br />

klinischen Bedingungen bei prädisponierten Hunderassen<br />

wie Dobermann, Boxer und Dogge eingesetzt werden können.<br />

Überlegungen zur Interpretation<br />

der Ergebnisse<br />

In Anbetracht der zunehmenden Verbreitung der NT-proBNP-<br />

Tests müssen bei der Interpretation der Ergebnisse einige<br />

Faktoren berücksichtigt werden. In einer Studie, die gesunde<br />

Hunde mit an renaler Azotämie (und strukturell normalen<br />

Herzen) erkrankten Hunden verglich, hatte die Gruppe mit<br />

renaler Dysfunktion einen mittleren NT-proBNP-Wert von<br />

1069 pmol/l (Bereich: 179-2071 pmol/l) und damit einen<br />

signifikant höheren Wert als die gesunde Kontrollgruppe<br />

(Mittelwert: 282 pmol/l; Bereich 179-578 pmol/l). Eine<br />

Nierendysfunktion kann also beim Hund ebenso wie beim<br />

Menschen zu einer falsch-positiven Erhöhung der NTproBNP-Konzentrationen<br />

führen.<br />

4 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


BIOMARKER IN DER DIAGNOSE <strong>CANIN</strong>ER HERZERKRANKUNGEN<br />

Nur wenig ist bekannt über die Tag-zuTag-Schwankungen<br />

der NT-proBNP-Konzentrationen. Theoretisch könnten<br />

die Nahrung, die Trinkwasseraufnahme und körperliche<br />

Belastung sowohl bei gesunden als auch bei kranken Hunden<br />

einen Einfluss auf die NT-proBNP-Konzentrationen haben. In<br />

einer Studie über die wöchentlichen Schwankungen der NTproBNP-Konzentration<br />

bei gesunden Hunden betrug die<br />

Variabilität der Serum- und Plasma-Werte bei einigen Hunden<br />

bis zu 51%. Aufgrund dieses hohen Variationsgrades wurden<br />

bei einigen dieser Hunde gelegentlich Werte über dem oberen<br />

Grenzwert des Referenzbereiches von 566 pmol/l gemessen.<br />

Offensichtlich gesunde Hunde mit einer nur geringgradigen<br />

Erhöhung eines einzelnen NT-proBNP-Wertes sollten deshalb<br />

wiederholt getestet werden (11).<br />

Obgleich NT-proBNP und NT-proANP stabiler sind als ihr<br />

C-terminales Gegenstück, ist auch hierbei eine strikte Einhaltungder<br />

Anweisungen des Assayherstellers zum Umgang<br />

mit den Proben, der Lagerung und der Versendung erforderlich.<br />

Plasma- oder Serumproben sollten nach Entnahme schnell<br />

getrennt und tief gefroren werden, da es bei Temperaturen von<br />

über 4°C innerhalb von nur drei bis fünf Stunden zu einem<br />

signifikanten Abbau von NT-proBNP kommt (12).<br />

Zusammengefasst lässt sich auf der Grundlage der aktuell<br />

verfügbaren Forschungsergebnisse sagen, dass die natriuretischen<br />

Peptide im Blut in Verbindung mit anderen diagnostischen<br />

Maßnahmen wie der klinischen Untersuchung, der<br />

Röntgenuntersuchung und der Echokardiographie die<br />

Diagnose von Herzerkrankungen und die Ermittlung der<br />

zugrunde liegenden Ursachen respiratorischer Symptome<br />

beim Hund unterstützen. Darüber hinaus kann der NT-proBNP-<br />

Assay bei der Diagnose der okkulten Kardiomyopathie bei<br />

asymptomatischen Hunden hilfreich sein. Aktuellen Empfehlungen<br />

zufolge gilt eine Herzerkrankung beim Hund als<br />

unwahrscheinlich, wenn die NT-proBNP-Konzentrationen<br />

unter 566 pmol/l liegen. Bei Patienten mit respiratorischen<br />

Symptomen sprechen NT-proBNP-Werte über 1200 pmol/l für<br />

das Vorliegen einer kongestiven Herzinsuffizienz. Der Großteil<br />

der aktuellen Literatur befasst sich mit der Bestimmung des<br />

NT-proBNP, während der klinische Nutzen von NT-proANP-<br />

Tests gegenwärtig etwas weniger deutlich erscheint. In weiteren<br />

Studien sollte deshalb herausgefunden werden, welcher der<br />

beste Weg ist, diesen Test in Kombination mit dem NT-proBNP-<br />

Assay oder anderen kardialen Biomarkern wie dem kardialen<br />

Troponin einzusetzen.<br />

Kardiales Troponin<br />

Der Troponinkomplex setzt sich aus drei Untereinheiten<br />

(cTnI, cTnT, und cTnC) zusammen, die für die Regulation<br />

der Kopplung von elektrischer Erregung und mechanischer<br />

Kontraktion in den Herzmuskelzellen zuständig sind. cTnI ist<br />

die inhibitorische Komponente, die eine Interaktion zwischen<br />

Actin und Myosin verhindert, bis sich cTnC an Kalziumionen<br />

bindet. Eine Schädigung der Sarkomere verursacht eine<br />

Ablösung des cTnI vom Actin. Die nachfolgende Zerreißung<br />

der Zellmembran führt zu einem Austritt von cTnI in den<br />

allgemeinen Kreislauf. Eine hohe cTnI-Konzentration im<br />

Serum oder Plasma gilt folglich als ein hoch sensitiver und<br />

zugleich hoch spezifischer Indikator für eine Herzmuskelzellschädigung<br />

und Herzmuskelnekrose. Die enge Homologie<br />

des cTnI unter den Säugetierspezies gestattet eine genaue<br />

Messung dieses Parameters bei Hunden und Katzen mit Hilfe<br />

des für die Humanmedizin entwickelten Assays.<br />

In der Humanmedizin sind die kardialen Troponine ein<br />

integrales diagnostisches Kriterium bei Patienten mit akuten<br />

koronaren Syndromen. Erhöhte cTnI-Werte können bereits<br />

3-4 Stunden nach Eintritt einer Myokardschädigung nachgewiesen<br />

werden und bleiben nach dem initialen Myokardinfarkt<br />

über einen Zeitraum von 4-7 Tagen erhöht.<br />

Herzinsuffizienzpatienten weisen chronisch moderat erhöhte<br />

zirkulierende cTnI-Spiegel auf, die zur Überwachung des<br />

Fortschreitens der Erkrankung herangezogen werden können<br />

und zudem prognostische Hinweise liefern. Erhöhte cTnI-<br />

Werte gehen mit schlechten Langzeitprognosen einher<br />

und sind unabhängige Prädiktoren der Mortalität (13, 14).<br />

Als wahrscheinlich gilt, dass entsprechende cTnI-Messungen<br />

bei veterinärmedizinischen Patienten ähnliche prognostische<br />

Informationen liefern, trotz der Tatsache, dass Myokardinfarkte<br />

bei Hunden relativ selten vorkommen.<br />

Nachweis von Herzmuskelschäden<br />

Immunoassays zum Nachweis von kardialem Troponin I sind<br />

für die Anwendung beim Hund validiert (15, 16). Die Untereinheit<br />

cTnI ist ein Marker für die Herzmuskelnekrose, besitzt<br />

jedoch keine Spezifität für die einer Herzmuskelschädigung<br />

zugrunde liegenden Ursache. Dies bedeutet, dass ein Anstieg der<br />

cTnI-Konzentration sowohl auf eine primäre Herzerkrankung,<br />

als auch auf eine systemische Erkrankung mit sekundärer Herzschädigung<br />

zurückzuführen sein kann. In der Humanmedizin<br />

werden die Niereninsuffizienz im Endstadium, Sepsis, und<br />

Traumata als potenzielle Ursachen erhöhter Werte beschrieben.<br />

Beim Hund können Pyometra, Magendilatation/ Magentorsion,<br />

Perikarderguss, Traumata und Sepsis zu dramatischen Anstiegen<br />

der cTnI-Konzentration führen. Eine Myokarditis kann<br />

einen 100fachen Anstieg der cTnI-Werte hervorrufen, zum<br />

Beispiel bei Hunden mit Babesiose und Chagas-Krankheit<br />

(sog. Südamerikanische Trypanosomiasis).<br />

Bei Patienten mit Sepsis und Magendilatation/Magentorsion<br />

kann kardiales Troponin in Verbindung mit anderen diagnostischen<br />

Tests prognostische Hinweise liefern. Bei Patienten mit<br />

akuter Arrhythmie oder systolischer Dysfunktion spricht eine<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 5


BIOMARKER IN DER DIAGNOSE <strong>CANIN</strong>ER HERZERKRANKUNGEN<br />

extreme Erhöhung der cTnI-Werte für eine Myokarditis und<br />

kann zur Überwachung des Therapieerfolges herangezogen<br />

werden. In einer kleinen Pilotstudie zeigen Linklater, et al. (17)<br />

eine verringerte Überlebenszeit bei Hunden mit Mitralklappenerkrankung,<br />

die aufgrund einer kongestiven Herzinsuffizienz in<br />

einer Notfallklinik vorgestellt worden waren, und erhöhte<br />

cTnI-Werte aufwiesen. Weitere Studien sind angezeigt, um<br />

die prognostische Aussagekraft der cTnI-Konzentration bei<br />

kongenitalen und erworbenen Herzerkrankungen besser<br />

einordnen zu können.<br />

Diagnose von Herzerkrankungen<br />

Oyama, et al. untersuchten die cTnI-Konzentrationen bei<br />

269 Hunden mit bzw. ohne Herzerkrankung. Festgestellt<br />

wurde eine im Vergleich zu gesunden Hunden (0,03 ng/ml)<br />

signifikante Erhöhung der cTnI-Werte bei Hunden mit Kardiomyopathie<br />

(Medianwert 0,14 ng/ml), Mitralklappenerkrankung<br />

(0,11 ng/ml) und Subaortenstenose (0,08 ng/ml). Eine<br />

geringere mediane Überlebenszeit wurde bei Hunden<br />

festgestellt, die eine Kardiomyopathie und cTnI-Werte über<br />

0,20 ng/ml hatten (18). Bei Boxern mit arrhythmogener,<br />

rechtsventrikulärer Kardiomyopathie kann das kardiale<br />

Troponin erhöht sein (19). In einer weiteren Studie über<br />

Hunde der Rassen Dobermann, Boxer und Dogge mit okkulter<br />

dilatativer Kardiomyopathie waren die cTnI-Werte im<br />

Vergleich zu gesunden Tieren signifikant erhöht (19). Trotz<br />

der Tatsache, dass cTnI bei vielen asymptomatischen Hunden<br />

erhöht ist, ist dieser Test aufgrund seiner mangelnden<br />

Spezifität als einziger Screening-Test mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

nicht ausreichend. Kombinierte Strategien<br />

unter Berücksichtigung verschiedener Biomarker, wie zum<br />

Beispiel die Bestimmung von cTnI und NT-proBNP dürften<br />

deshalb bei asymptomatischen Hunden bessere und aussagekräftigere<br />

diagnostische Ergebnisse liefern. Die Sensitivität,<br />

die Spezifität und der prädiktive Wert dieser Kombination<br />

müssen in weiteren Studien untersucht werden.<br />

Schlussfolgerung<br />

Kardiale Biomarker sind ein hoch interessantes neues<br />

Werkzeug für die Diagnose von Herzerkrankungen beim<br />

Hund. NT-proBNP-Tests unterstützen die Diagnose von<br />

Herzerkrankungen und die Differenzierung von Ursachen<br />

respiratorischer Symptome beim Hund. Die Ergebnisse von<br />

Tests zur Bestimmung der kardialen Troponinkonzentration<br />

spiegeln den Grad der zugrunde liegenden Myokardschädigung<br />

wider und korrelieren wahrscheinlich auch mit<br />

der Prognose. Mit der fortgesetzten Forschung auf diesem<br />

Gebiet und der zunehmenden Verfügbarkeit dieser Tests in<br />

der klinischen Routinepraxis dürften künftig noch weitere<br />

Anwendungsfelder in den Mittelpunkt des Interesses rücken,<br />

wie zum Beispiel die Risikobewertung, die Überwachung<br />

der Therapie und die prognostische Aussagekraft.<br />

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6 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


Neue Techniken der<br />

Echokardiographie und<br />

Doppler-Sonographie<br />

Valérie Chetboul, DVM, PhD, Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie)<br />

Unité de Cardiologie Ecole Nationale Vétérinaire d’Alfort, Frankreich<br />

Dr. Chetboul schloss ihr Studium 1984 an der Ecole Nationale Vétérinaire d’Alfort in Frankreich ab. Dort absolvierte sie<br />

Postgraduierten-Kurse im Bereich der universitären Lehre und ist heute als Professorin für Innere Medizin und Kardiologie der<br />

Kleintiere tätig. Valérie Chetboul ist Mitglied einer der Université Paris XII angeschlossenen kardiologischen Forschungsgruppe<br />

(National Institute of Health and Medical Research). Dort ist sie verantwortlich für nicht-invasive Bild gebende Verfahren im<br />

Bereich des kardiovaskulären Systems der Klein- und Großtiere. Ihre Promotion (PhD) schloss Dr. Chetboul im Jahr 2000 zum<br />

Thema Gentherapie in der Kardiologie ebenfalls an der Université Paris XII ab. Im Jahr 1999 erhielt sie die Board Certification<br />

(Diplomate) des European <strong>Co</strong>llege of Veterinary Internal Medicine (Kardiologie). Von 2002 bis 2006 war Dr. Chetboul leitende<br />

Herausgeberin des Journal of Veterinary Cardiology und ist gegenwärtig Mitherausgeberin der Sektion „Cardiovascular<br />

Imaging“ dieser Zeitschrift.<br />

KERNAUSSAGEN<br />

➧ Das Tissue Doppler Imaging (TDI) (Gewebedoppler) bietet<br />

die Möglichkeit einer nicht-invasiven und sensitiven<br />

Doppler-Analyse der regionalen Myokardbewegungen durch<br />

Quantifizierung der Myokardgeschwindigkeiten in Echtzeit<br />

➧ Hauptvorteil des zweidimensionalen Farb-TDI-Modus<br />

gegenüber dem Pulsed-wave-TDI-Modus und dem Farb-TDI-<br />

M-Modus ist die Fähigkeit zur simultanen Quantifizierung<br />

der Myokardgeschwindigkeiten in mehreren Segmenten in<br />

einer, zwei oder drei Myokardwänden<br />

➧ Strain und Strain Rate Imaging sind zwei auf dem TDI-<br />

Verfahren basierende Techniken, die eine quantitative<br />

Beurteilung der regionalen Myokarddeformation bzw.<br />

Myokarddeformationsrate ermöglichen<br />

➧ Die zweidimensionale Speckle Tracking Echokardiographie<br />

ist eine neu entwickelte Ultraschalltechnik für die Dopplerunabhängige<br />

Beurteilung der regionalen Myokardbewegung,<br />

einschließlich Geschwindigkeit, Strain und Strain rate,<br />

Displacement (Lageverschiebung von Myokardregionen),<br />

sowie der Amplitude der systolischen Rotation<br />

Einleitung<br />

Die quantitative Beurteilung der Herzmuskelfunktion spielt<br />

eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Behandlung<br />

von Herzerkrankungen, und darüber hinaus auch für das<br />

Verständnis der zugrunde liegenden Pathophysiologie. Beim<br />

Menschen und bei Kleintieren erfolgt die nicht-invasive<br />

Beurteilung der Myokardfunktion üblicherweise mit Hilfe der<br />

routinemäßigen Standardechokardiographie. Für die Ermittlung<br />

der Herzmuskelleistung stehen dabei mehrere zweidimensionale<br />

(2D) und M-Mode-Parameter zur Verfügung, wie<br />

zum Beispiel der systolische Durchmesser des linken Ventrikels,<br />

der Volumenindex oder die fraktionelle Verkürzung (% FS).<br />

Das Tissue Doppler Imaging (TDI) (Gewebedoppler) und die<br />

davon abgeleiteten Verfahren Strain (St) und Strain Rate (SR)<br />

Imaging (Verfahren zur Messung der regionalen Deformierung<br />

bzw. Deformierungsgeschwindigkeit) sind neu entwickelte<br />

Ultraschalltechniken zur quantitativen Beurteilung der<br />

Myokardfunktion durch Messung der Myokardgeschwindigkeiten<br />

in Echtzeit (1, 2) und durch Messung der segmentalen<br />

Myokarddeformation (Kontraktion oder Streckung) und der<br />

Deformationsgeschwindigkeit (Deformationsrate) (3, 4).<br />

Die zweidimensionale Speckle Tracking Echokardiographie<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 7


Beurteilung der regionalen Myokardbewegung durch Messung<br />

verschiedener Myokardparameter wie Geschwindigkeit, St und<br />

SR, Displacement und auch der Amplitude der systolischen<br />

Rotation (5-7).<br />

Abbildung 1.<br />

Die drei TDI-Verfahren: Pulsed-wave TDI (gepulster Gewebedoppler)<br />

(1A), <strong>Co</strong>lour M-Mode TDI (Farb-Gewebedoppler)<br />

(1B) und der zweidimensionale (2D) <strong>Co</strong>lour Mode TDI (1C).<br />

1A: Der Pulsed-wave TDI Modus liefert Informationen über die<br />

Myokardbewegungen durch ein so genanntes Single Sample<br />

Volume, also ein einzelnes kleines „Messfenster“, das in<br />

der Myokardwand platziert wird. Wenn sich das Myokard<br />

in Richtung des Transducers bewegt, sind die Myokardgeschwindigkeiten<br />

positiv (oberhalb der Grundlinie). Wenn sich<br />

das Myokard vom Transducer weg bewegt, sind die Myokardgeschwindigkeiten<br />

negativ (unterhalb der Grundlinie).<br />

1B: Dieses <strong>Co</strong>lour-M-Mode TDI-Profil der freien Wand des linken<br />

Ventrikels (radiale Bewegung) zeigt im selben Bild sowohl<br />

die systolischen als auch die diastolischen Geschwindigkeiten<br />

innerhalb der gesamten Wanddicke. Myokardgeschwindigkeiten<br />

in Richtung Transducer sind rot kodiert, Myokardgeschwindigkeiten<br />

vom Transducer weg sind blau kodiert. Mit<br />

Hilfe einer speziellen Software wird die mittlere Myokardgeschwindigkeit<br />

(definiert als Durchschnitt der Geschwindigkeitswerte<br />

entlang jeder M-Mode Scanlinie über die gesamte<br />

Myokardwanddicke) über den gesamten Herzzyklus berechnet.<br />

1C: Beim 2D Farbmodus werden die Myokardgeschwindigkeiten<br />

über 2D-Modus Bilder gelagert (hier: rechte parasternale<br />

transventrikuläre Kurzachsensicht). Geschwindigkeiten in<br />

Richtung Transducer sind rot kodiert, Geschwindigkeiten weg<br />

vom Transducer sind blau kodiert. Mit Hilfe einer speziellen<br />

Software werden die Myokardgeschwindigkeiten innerhalb<br />

eines oder mehrerer Segmente analysiert (siehe Abbildung 2).<br />

LV: Linker Ventrikel.<br />

(2D STE) ist eine noch neuere Ultraschallmethode, basierend<br />

auf der Analyse von Myokardbewegungen durch Verfolgung<br />

(„Tracking“) so genannter Speckles in 2D echokardiographischen<br />

Graustufenbildern. Diese nicht-invasive Technik<br />

bietet völlig neue Möglichkeiten einer Doppler-unabhängigen<br />

Tissue Doppler Imaging<br />

(Gewebedoppler)<br />

Die physikalischen Grundlagen des TDI entsprechen im<br />

Wesentlichen denen der konventionellen Doppler-Sonographie<br />

mit Ausnahme der Tatsache, dass die TDI-Technologie in<br />

entscheidendem Maße auf der Fähigkeit des Ultraschallgerätes<br />

basiert, die Dopplersignale aus dem Blutstrom zu unterdrücken<br />

und nur die durch das Myokard reflektierten Schallwellen zu<br />

registrieren (1). Um die durch ihre geringe Geschwindigkeit<br />

und eine hohe Amplitude gekennzeichneten Dopplersignale<br />

des Myokards zu erhalten und gleichzeitig die schnellen und<br />

durch ihre niedrige Amplitude gekennzeichneten Doppler-<br />

Signale des Blutflusses zu unterdrücken, sind spezifische<br />

Doppler-Einstellungen erforderlich, wie zum Beispiel die<br />

Suppression von Highpass-Filtern und die Herabsetzung des<br />

Gains (Verstärkereinstellung) (1).<br />

TDI-Modi<br />

Wir unterscheiden drei verschiedene TDI-Verfahren (1). Der<br />

Pulsed-wave TDI Modus (gepulster Gewebedoppler) liefert<br />

Informationen über die Myokardbewegungen durch ein<br />

einzelnes kleines „Messfenster“, das innerhalb der Myokardwand<br />

platziert wird, um die radiale oder longitudinale<br />

Bewegung zu analysieren (Abbildung 1A). Beim Farb-M-<br />

Modus (Abbildung 1B) werden die Myokardgeschwindigkeiten<br />

entlang einer einzelnen ausgewählten Scanlinie<br />

analysiert, die auf dieselbe Weise platziert wird, wie bei der<br />

konventionellen transventrikulären M-Mode zur Analyse der<br />

radialen Bewegung des interventrikulären Septums (IVS) oder<br />

der freien Wand des linken Ventrikels (LVFW). Beim 2D Farb-<br />

TDI-Modus (Abbildung 1C) wird der Echtzeit-Farbdoppler den<br />

Graustufenbildern des 2D-Modus überlagert, und der Doppler<br />

Receive Gain (Empfangsempfindlichkeit) wird so justiert,<br />

dass eine optimale Färbung des Myokards entsteht. Einer<br />

der Hauptvorteile des 2D-Farb-TDI-Modus gegenüber den<br />

beiden anderen Verfahren ist die Fähigkeit der simultanen<br />

Quantifizierung der Myokardgeschwindigkeiten in mehreren<br />

Segmenten in einer, zwei oder drei Wänden, wodurch eine<br />

Beurteilung der intra- und interventrikulären Myokardsynchronizität<br />

möglich wird (Abbildung 2 und 3) (8).<br />

Physiologische TDI-<br />

Myokardgeschwindigkeitsprofile<br />

links und rechts: Das normale,<br />

nicht-uniforme Erscheinungsbild<br />

Die radialen und longitudinalen LVFW-Geschwindigkeiten<br />

8 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


NEUE TECHNIKEN DER ECHOKARDIOGRAPHIE UND DOPPLER-SONOGRAPHIE<br />

Abbildung 2.<br />

Beispiel für ein physiologisches radiales Geschwindigkeitsprofil, aufgezeichnet in zwei Segmenten der freien Wand des linken Ventrikels<br />

mit Hilfe des zweidimensionalen Farb-TDI Modus bei einem gesunden Hund (rechte parasternale transventrikuläre Kurzachsensicht).<br />

Diese simultane Aufzeichnung der Myokardgeschwindigkeiten in einem subendokardialen (gelb) und subepikardialen (grün) Segment<br />

zeigt, dass sich das Subendokard in der Systole wie auch in der Diastole schneller bewegt als das Subepikard. Dabei entsteht ein deutlich<br />

ausgeprägter myokardialer Geschwindigkeitsgradient über den gesamten Herzzyklus hinweg. Wie beim Pulsed-wave TDI-Modus sind die<br />

Myokardgeschwindigkeiten positiv, wenn sich das Myokard in Richtung des Transducers bewegt, während sie negative Vorzeichen haben,<br />

wenn es sich vom Transducer weg bewegt. Die Farbdarstellung der Geschwindigkeit ist der rechten parasternalen transventrikulären<br />

Kurzachsensicht überlagert (links oben).<br />

A: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Spätdiastole. AVC: Aortenklappenschluss. AVO: Aortenklappenöffnung. E: Maximale<br />

Myokardgeschwindigkeit in der Frühdiastole. IVC: Isovolumetrische Kontraktionsphase. IVR: Isovolumetrische Entspannungsphase.<br />

LV: Linker Ventrikel. S: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Systole.<br />

lassen sich bei Kleintieren in der rechten parasternalen<br />

Kurzachsenprojektion bzw. dem linken apikalen Vierkammerblick<br />

mit korrekter bis guter Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit<br />

analysieren (9, 10). Nach einer kurzen isovolumetrischen<br />

Kontraktionsphase (9-14) enthalten alle radialen<br />

und longitudinalen Geschwindigkeitsprofile eine positive<br />

systolische Welle (S), und nach einer kurzen isovolumetrischen<br />

Entspannungsphase zwei diastolische negative Wellen (E in der<br />

Frühdiastole und A in der Spätdiastole, Abbildung 2 und 4).<br />

Eine Fusion der beiden diastolischen Wellen E und A zu<br />

einer einzigen negativen diastolischen Welle EA wird bei der<br />

Katze aufgrund einer schnellen Herzfrequenz beobachtet (9).<br />

Die physiologische radiale LVFW-Bewegung ist gekennzeichnet<br />

durch ihre Uneinheitlichkeit (13, 14), wobei sich die Myokardschichten<br />

im Subendokard schneller bewegen als im Subepikard<br />

und somit einen intramyokardialen radialen Geschwindigkeitsgradienten<br />

während des Herzzyklus generieren<br />

(MVG, Abbildung 2). Auch die physiologische longitudinale<br />

Myokardbewegung ist durch ihre Uneinheitlichkeit gekennzeichnet<br />

(9-14), wobei die Myokardgeschwindigkeiten von der<br />

Basis zur Apex hin abnehmen und auf diese Weise einen<br />

longitudinalen myokardialen Geschwindigkeitsgradienten<br />

(MVG) generieren (Abbildung 4). Eine physiologische Heterogenität<br />

der longitudinalen Myokardbewegung zwischen dem<br />

IVS und der LVFW wurde auch bei der gesunden Katze gezeigt,<br />

mit höherer frühdiastolischer Geschwindigkeit, Akzeleration<br />

und Dezeleration im IVS als in der LVFW (15). Auch die<br />

longitudinalen rechtsventrikulären Myokardgeschwindigkeiten<br />

(RVM) sind an der Basis höher als an der Spitze<br />

(16), und auch höher als die LVFW-Geschwindigkeiten der<br />

entsprechenden Segmente (basal oder apikal). Eine mögliche<br />

Erklärung für diese zusätzliche Heterogenität ist der Unterschied<br />

der Füllungsbedingungen zwischen beiden Ventrikeln<br />

und wahrscheinlich auch die unterschiedliche regionale<br />

Architektur der Myokardfasern.<br />

Variationsfaktoren<br />

Die Hauptvariationsfaktoren der einzelnen TDI-Variablen sind<br />

die Rassezugehörigkeit, die Herzfrequenz und die Anästhesie.<br />

In einer Studie (13) über eine umfangreiche Population<br />

gesunder Hunde (n = 100) wurde ein rassespezifischer<br />

Effekt für die longitudinale S-Welle an der Basis gemessen.<br />

Beim Hund (13) besteht eine positive Korrelation zwischen<br />

Herzfrequenz und longitudinaler S-Welle an der Basis. Ein<br />

ähnliches Verhältnis zwischen Herzfrequenz und systolischen<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 9


Abbildung 3.<br />

Beispiel einer interventrikulären Asynchronizität, erfasst durch den zweidimensionalen Farb-TDI-Modus bei einem Hund mit dilatativer<br />

Kardiomyopathie.<br />

Die longitudinalen Geschwindigkeitsprofile aus drei basalen Segmenten der freien linken Ventrikelwand (LVFW, rot), des interventrikulären<br />

Septums (IVS, grün) und der rechten Myokardwand (RVMW, gelb) zeigen eine verzögerte systolische Maximalgeschwindigkeit der LVFW<br />

(Pfeile) im Vergleich mit den beiden anderen. Die Farbdaten der Geschwindigkeit werden in der linken apikalen Vierkammersicht<br />

überlagert (links oben).<br />

S: Myokardiale Maximalgeschwindigkeit in der Systole. LA: Linkes Atrium. LV: Linker Ventrikel. RA: Rechtes Atrium. RV: Rechter Ventrikel.<br />

Abbildung 4.<br />

Beispiel für physiologische longitudinale Geschwindigkeitsprofile, aufgezeichnet in zwei Segmenten der freien linken<br />

Ventrikelwand mit Hilfe des zweidimensionalen Farb-TDI-Modus bei einem gesunden Hund (linker apikaler Vierkammerblick).<br />

Diese simultane Aufzeichnung der Myokardgeschwindigkeiten in einem basalen (gelb) und in einem apikalen (grün) Segment<br />

zeigt, dass sich die Basis in der Systole wie auch in der Diastole schneller bewegt als die Spitze. So entsteht ein myokardialer<br />

Geschwindigkeitsgradient über den gesamten Herzzyklus. Die Farbdaten der Geschwindigkeit sind der linken apikalen<br />

Vierkammersicht überlagert (links oben).<br />

A: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Spätdiastole. AVC: Aortenklappenschluss. AVO: Aortenklappenöffnung. E: Maximale<br />

Myokardgeschwindigkeit in der Frühdiastole. IVC: Isovolumetrische Kontraktionsphase. IVR: Isovolumetrische Relaxationsphase.<br />

LA: Linkes Atrium. LV: Linker Ventrikel. S: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Systole.<br />

10 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


NEUE TECHNIKEN DER ECHOKARDIOGRAPHIE UND DOPPLER-SONOGRAPHIE<br />

Abbildung 5.<br />

Beispiel für pathologische radiale Geschwindigkeitsprofile, aufgezeichnet in zwei Segmenten der freien linken Ventrikelwand mit<br />

Hilfe des zweidimensionalen Farb-TDI-Modus bei einem jungen Golden Retriever mit Muskeldystrophie (rechter parasternaler<br />

transventrikulärer Kurzachsenblick).<br />

Die subendokardialen (gelb) und subepikardialen (grün) Geschwindigkeitsprofile sind in der Systole fast deckungsgleich überlagert und<br />

weisen damit auf einen sehr niedrigen systolischen myokardialen Geschwindigkeitsgradienten hin (Doppelpfeile, zum Vergleich siehe die<br />

physiologischen radialen Geschwindigkeitsprofile in Abbildung 2). Diese mittels Gewebedoppler (TDI) erkennbare systolische<br />

Dysfunktion war mit der konventionellen Echokardiographie nicht nachweisbar (fraktionelle Verkürzung 38%, also innerhalb des<br />

Normalbereiches). Die Farbdaten sind im rechten parasternalen transventrikulären Kurzachsenblick überlagert (links oben).<br />

A: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Spätdiastole. AVC: Aortenklappenschluss. AVO: Aortenklappenöffnung. E: Maximale<br />

Myokardgeschwindigkeit in der Frühdiastole. IVC: Isovolumetrische Kontraktionsphase. IVR: Isovolumetrische Relaxationsphase.<br />

LV: Linker Ventrikel. RV: Rechter Ventrikel. S: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Systole.<br />

Geschwindigkeiten wird auch bei der Katze beschrieben<br />

(14), einschließlich der radialen subendokardialen und<br />

subepikardialen S-Wellen, und der longitudinalen anulären<br />

und basalen S-Wellen. Eine Studie an gesunden Hunden (10)<br />

zeigt, dass die Anästhesie sowohl die radialen als auch die<br />

longitudinalen Myokardgeschwindigkeiten signifikant senkt,<br />

und zwar in einer Größenordnung von bis zu 60% gegenüber<br />

den bei wachen Tieren gemessenen Werten.<br />

Aktuelle Anwendungsgebiete<br />

der TDI-Technik<br />

Das TDI-Verfahren bietet die Möglichkeit der nicht-invasiven,<br />

sensitiven und quantitativen Analyse der regionalen Myokardbewegung.<br />

Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete der<br />

TDI-Technologie ist der Nachweis geringgradiger Myokardveränderungen,<br />

die bei der konventionellen Echokardiographie<br />

entweder als verdächtig erscheinen oder gar nicht nachweisbar<br />

sind. Mit Hilfe eines Hundemodells der dilatativen<br />

Kardiomyopathie (DCM) konnte unsere Forschungsgruppe<br />

zeigen (17), dass das TDI beim Nachweis präklinischer<br />

regionaler Myokardanomalien noch vor dem Auftreten einer<br />

linksventrikulären Dilatation und einer manifesten systolischen<br />

Dysfunktion eine höhere Sensitivität besitzt als die<br />

konventionelle Echokardiographie (Abbildung 5). Auch in<br />

einem felinen Modell der hypertrophen Kardiomyopathie<br />

(HCM) konnte mit Hilfe des TDI trotz des Fehlens einer<br />

Herzmuskelhypertrophie bei betroffenen männlichen Tieren<br />

und bei weiblichen Trägern regelmäßig eine LVFW-Dysfunktion<br />

gezeigt werden (18).<br />

Ein weiteres Einsatzgebiet des TDI ist die genaue Untersuchung<br />

und Analyse der mit Herzerkrankungen einhergehenden<br />

Herzmuskeldysfunktion, um auf diese Weise neue Einblicke in<br />

das Verständnis ihrer Pathophysiologie zu gewinnen. So ging<br />

man bislang stets davon aus, dass es sich bei der diastolischen<br />

Dysfunktion um die einzige funktionelle Anomalie bei Katzen<br />

mit HCM handelt. Eine Studie konnte jetzt mit Hilfe des 2D-<br />

Farb-TDI-Modus zeigen, dass zusätzlich auch eine systolische<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 11


Abbildung 6.<br />

Beispiel für pathologische longitudinale Geschwindigkeitsprofile,<br />

aufgezeichnet in zwei Segmenten der freien linken Ventrikelwand<br />

mit Hilfe des zweidimensionalen Farb-TDI-Modus bei<br />

einer Katze mit hypertropher Kardiomyopathie (linker apikaler<br />

Vierkammerblick).<br />

Zu beachten ist, dass E niedriger ist als A im basalen Segment<br />

(gelbe Kurve) und damit die diastolische Dysfunktion bestätigt.<br />

Zudem zeigt die apikale Geschwindigkeitskurve (grüne Kurve)<br />

postsystolische Kontraktionswellen (grüne Pfeile), die beim Strain-<br />

Imaging bestätigt wurden.<br />

A: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Spätdiastole.<br />

E: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Frühdiastole.<br />

S: Maximale Myokardgeschwindigkeit in der Systole.<br />

Dysfunktion eine Rolle bei den Myokardveränderungen spielt<br />

(19). Gekennzeichnet ist eine solche systolische Dysfunktion<br />

durch eine Abnahme der longitudinalen systolischen Geschwindigkeiten<br />

und Gradienten (trotz normaler oder erhöhter<br />

fraktioneller Verkürzung) und die hohe Prävalenz postsystolischer<br />

Kontraktionswellen (Abbildung 6). Eine jüngst<br />

von einer anderen Forschungsgruppe durchgeführte Studie<br />

mit dem Pulsed-wave TDI-Modus bestätigt diese Ergebnisse<br />

und zeigt eine systolische Beeinträchtigung entlang der<br />

longitudinalen Achse der LVFW bei Katzen mit HCM (15).<br />

Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld der TDI-Technik ist die<br />

Beurteilung des therapeutischen Effektes auf das Myokard. So<br />

hat unsere Forschungsgruppe erst kürzlich die TDI-Technologie<br />

zum Nachweis des vorteilhaften regionalen systolischen<br />

Myokardeffekts nicht-kultivierter Skelettmuskelzelltransplantate<br />

in einem Tiermodell der nicht-ischämischen DCM<br />

eingesetzt (20).<br />

Abbildung 7.<br />

Beispiel für physiologische regionale radiale Strain- (7A) und<br />

Strain Rate- (7B) Profile, aufgezeichnet in der freien linken<br />

Ventrikelwand eines gesunden Hundes (rechter parasternaler<br />

transventrikulärer Kurzachsenblick).<br />

Das radiale Strain-Profil (dargestellt in %) ist positiv, erreicht sein<br />

Maximum in der Endsystole (Pfeile) und sinkt anschließend<br />

während der Diastole. Es bestätigt somit eine regionale systolische<br />

Erweiterung (Verdickung) und eine diastolische Kompression<br />

(Verkürzung) (7A). Das Strain rate-Profil (dargestellt in s -1 ) ist<br />

positiv während der Systole (SRS), auf eine regionale Verdickung<br />

hinweisend, und zeigt anschließend zwei negative diastolische<br />

Peaks während der frühen Füllungsphase und atrialen Kontraktion<br />

(SRE und SRA), einer biphasischen Verdünnungsphase<br />

entsprechend. Die Farbdaten des Strains und der Strain rate sind<br />

im rechten parasternalen transventrikulären Kurzachsenblick überlagert<br />

(links oben, Abbildung 7A bzw. 7B). Strainlänge = 12 mm,<br />

Größe der untersuchten Region = 3/3 mm.<br />

AVC: Aortenklappenschluss. AVO: Aortenklappenöffnung.<br />

LV: Linker Ventrikel<br />

Strain-Imaging und Strain<br />

rate Imaging<br />

Das St-Imaging und das SR-Imaging sind zwei auf der TDI-<br />

Technologie basierende Verfahren, die das TDI-Verfahren<br />

vervollständigen, indem sie die segmentale Deformation<br />

des Myokards bzw. die Deformationsgeschwindigkeit<br />

12 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


NEUE TECHNIKEN DER ECHOKARDIOGRAPHIE UND DOPPLER-SONOGRAPHIE<br />

Abbildung 8.<br />

Beispiel für ein pathologisches regionales longitudinales Strain-Profil, aufgezeichnet in der rechtsventrikulären Myokardwand eines<br />

Hundes mit Pulmonalarterienstenose (linker apikaler Vierkammerblick).<br />

Das longitudinale Strain-Profil ist negativ, und bestätigt damit eine regionale Kompression (d.h., Myokardverkürzung) während der<br />

Systole. Der maximale negative Strain-Wert wird jedoch nach der T-Welle des E<strong>KG</strong>s gemessen, d. h., in der Diastole anstatt in der<br />

Systole. Diese postsystolischen Kontraktionswellen (PSC) bestätigen die ausgeprägte systolische rechte myokardiale Dysfunktion. Diese<br />

systolische Dysfunktion ist auch charakterisiert durch einen unterhalb der veröffentlichten Referenzwerte liegenden maximalen<br />

systolischen Strain-Wert (Pfeile) (4). Die Farbdaten der Geschwindigkeit sind im linksventrikulären Vierkammerblick überlagert (links<br />

oben). Strainlänge = 12 mm. Größe der untersuchten Region 6/3 mm.<br />

AVC: Aortenklappenschluss. AVO: Aortenklappenöffnung. RA: Rechtes Atrium. RV: Rechter Ventrikel.<br />

(Deformationsrate) messen. Beide Doppler-basierte Techniken<br />

haben sich als gut wiederholbare und reproduzierbare<br />

Methoden zur Beurteilung der systolischen radialen und<br />

longitudinalen LVFW-Funktion und darüber hinaus auch der<br />

systolischen longitudinalen Funktion des IVS und des RVM<br />

beim wachen Hund erwiesen (4). Der „Strain“ (St) des<br />

Myokards bezeichnet die Dehnung oder elastische Verformung<br />

eines Myokardsegments über einen bestimmten Zeitraum (3, 4)<br />

und wird als prozentuale Veränderung der ursprünglichen<br />

Dimension dieses Segmentes angegeben (Abbildung 7A).<br />

Die myokardiale SR ist die zeitliche Ableitung des St (3, 4)<br />

und wird in s -1 angegeben (Abbildung 7B). Die SR bezeichnet<br />

die Geschwindigkeit (Rate) der Myokardverformung, die<br />

beschreibt, wie schnell sich ein Myokardsegment verkürzt oder<br />

streckt. Im Vergleich zum TDI-Verfahren liefern das St- und das<br />

SR-Imaging genaue Werte der lokalen Myokardverformung<br />

und unterscheiden dadurch zwischen aktiver und passiver<br />

Myokardbewegung (3, 4). Dagegen können die mit dem<br />

Gewebedoppler bestimmten Myokardgeschwindigkeiten nicht<br />

zwischen aktiv kontrahierendem Myokard und passiver<br />

Bewegung infolge der mechanischen Herzverschiebung und<br />

so genannter Verziehungseffekte („tethering effects“) unterscheiden.<br />

Regionale systolische St- und SR-Messungen haben<br />

sich bereits erfolgreich als aussagekräftige und sensitive nichtinvasive<br />

Indikatoren der Herzmuskelkontraktilität erwiesen<br />

(Abbildung 8), und darüber hinaus gelten diese Indikatoren<br />

auch als sensitive und aussagekräftige Parameter zur Messung<br />

der myokardialen Synchronizität (3, 8).<br />

Zu beachten ist allerdings, dass das St- und das SR-Imaging<br />

einige erhebliche Grenzen aufweisen, die einem hohen<br />

Fehlinterpretationsrisiko zugrunde liegen. Dazu gehören die<br />

Winkelabhängigkeit (wie bei der TDI-Technik), eine geringe<br />

Signal/Geräusch-Rate (insbesondere beim SR-Imaging) und<br />

zahlreiche Formen von Artefakten aufgrund von stationären<br />

Reverberationen (Wiederholungsartefakte), Dropout-Zonen<br />

und einer geringen lateralen Auflösung. Diese Artefakte können<br />

den falsch-positiven Befund einer regionalen myokardialen<br />

Akinesie oder Dyskinesie hervorrufen. St- und SR-Kurven<br />

müssen deshalb stets sehr vorsichtig und nach Möglichkeit<br />

von einem erfahrenen Untersucher interpretiert werden,<br />

wobei stets die Ausrichtung zur Ultraschallebene und die<br />

Lokalisierung des untersuchten Areals während des Herzzyklus<br />

zu beachten sind. Myokardsegmente mit offensichtlichen<br />

Artefakten sollten stets von der post-prozessualen<br />

Analyse ausgenommen werden.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 13


Abbildung 9.<br />

Beispiel für physiologische linksventrikuläre (LV) Rotationsprofile, aufgezeichnet in sechs apikalen Myokardsegmenten mit Hilfe der<br />

zweidimensionalen Speckle Tracking Echokardiographie bei einem gesunden Hund (rechter parasternaler apikaler Kurzachsenblick).<br />

Die Software hat automatisch sechs äquidistante Myokardsegmente innerhalb des interventrikulären Septums und der freien LV-<br />

Wand definiert. Abbildung 9 zeigt rechts die sechs korrespondierenden linksventrikulären apikalen Rotationskurven gegen die<br />

Zeitkurven, und die orangefarbene gepunktete Linie zeigt die gemittelte linksventrikuläre Rotationskurve gegen die Zeitkurve der<br />

sechs Segmente. Von der Apex aus betrachtet durchlaufen die sechs Myokardsegmente eine homogene systolische Wringbewegung<br />

mit initialer Rotation im Uhrzeigersinn (negative Rotation), gefolgt von einer dominanten Rotation gegen den Uhrzeigersinn<br />

(positive Rotation). Dieses Phänomen kann auch in 2D farbkodierten Projektionen (links) gesehen werden, die eine Rotation im<br />

Uhrzeigersinn (rot) und anschließend im Gegenuhrzeigersinn (blau) in der Frühsystole bzw. Endsystole (ES) zeigen.<br />

Zweidimensionale Speckle<br />

Tracking Echokardiographie<br />

Die 2D STE ist eine der neuesten Entwicklungen im Bereich der<br />

kardiologischen Sonographie. Das Verfahren dient der gleichzeitigen<br />

Beurteilung der regionalen Myokardfunktion in mehreren<br />

Segmenten (5-7). Die STE basiert auf der Bildung so genannter<br />

„Speckles“ (Gewebereflexionsmuster) durch Reflexion,<br />

Streuechos und Interferenzen zwischen Gewebe und Ultraschallwellen<br />

bei der routinemäßigen 2D Graustufen-Echokardiographie<br />

(5-7). Im 2D-Modus erscheinen diese Speckles<br />

als kleine, helle, homogen im Myokard verteilte Elemente. Es<br />

handelt sich um natürliche akustische Gewebemarker, die von<br />

Bild zu Bild über den Herzzyklus hinweg verfolgt („tracked“)<br />

werden können. Die 2D STE ermöglicht somit eine Dopplerunabhängige<br />

Beurteilung der regionalen (segmentalen) Myokardbewegung<br />

(Geschwindigkeit, Rotation, St und SR) durch das<br />

Herausfiltern dieser zufälligen Speckles mit anschließender Autokorrelation<br />

zur Beurteilung der Bewegung stabiler Strukturen.<br />

Einer der Hauptvorteile des 2D STE-Verfahrens gegenüber<br />

Doppler-basierten Techniken wie dem Gewebedoppler (TDI)<br />

oder anderen TDI-basierten Techniken (St- und SR-Imaging) ist<br />

die Unabhängigkeit von der mechanischen Herzverschiebung<br />

und dem Schallwinkel. Bei den letztgenannten Verfahren<br />

kann eine inkorrekte Ausrichtung der Ultraschallebene zur<br />

Myokardwandbewegung zu substanziellen Fehlern führen<br />

(Unterschätzung von Geschwindigkeit, St und SR). Beim 2D STE<br />

besteht diese Gefahr dagegen nicht. Ein weiterer Vorteil des 2D<br />

STE ist die Möglichkeit der direkten Messung des Myokard-<br />

Displacements (Lageverschiebung von Myokardregionen),<br />

wohingegen bei den Doppler-basierten Techniken sämtliche<br />

Messungen in Bezug zu einem externen Punkt, zum Beispiel<br />

der Transducersonde, erfolgen.<br />

Unsere Forschungsgruppe hat gezeigt, dass die 2D STE eine<br />

wiederholbare und reproduzierbare Methode zur Beurteilung<br />

der radialen linksventrikulären St und SR beim wachen Hund<br />

ist. Darüber hinaus korrelieren diese Doppler-unabhängigen<br />

Messungen gut mit den Ergebnissen der TDI-basierten<br />

Techniken, zumindest in gesunden Myokardsegmenten (6).<br />

Ungeklärt bleibt zunächst jedoch, welche dieser Techniken<br />

tatsächlich am besten geeignet ist, insbesondere hinsichtlich der<br />

Sensitivität beim Nachweis einer myokardialen Dysfunktion.<br />

Eine andere Studie (7) zeigt, dass die 2D STE auch eine<br />

wiederholbare und reproduzierbare nicht-invasive Beurteilung<br />

14 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


NEUE TECHNIKEN DER ECHOKARDIOGRAPHIE UND DOPPLER-SONOGRAPHIE<br />

der systolischen linksventrikulären Wringbewegung beim<br />

wachen Hund gestattet (Abbildung 9). Die maximalen basalen<br />

und apikalen systolischen LV-Rotationen und die systolische<br />

globale LV-Torsion, definiert als apikale Rotation relativ zur<br />

Basis, sind bei Hunden mit Hypokinesie nachweislich verändert<br />

(7). Ähnliche Veränderungen der systolischen LV-Wringbewegung<br />

wurden auch bei Menschen mit verschiedenen<br />

Herzerkrankungen (DCM und Myokardinfarkt) gefunden und<br />

könnten unter diesen pathologischen Bedingungen zu einem<br />

gewissen Maß zur Reduktion des Schlagvolumens beitragen.<br />

Ähnlich wie die anderen drei Ultraschallmethoden unterliegt<br />

auch die 2D STE einigen technischen Grenzen. Dazu gehört das<br />

Misslingen zuverlässiger und aussagekräftiger STE-Messwerte<br />

hauptsächlich aufgrund von Reverberationsartefakten (Wiederholungsartefakte)<br />

und Dropouts und darüber hinaus auch<br />

aufgrund der Verwendung von Kurzachsenbildern für die<br />

Analyse (6). Im letzteren Fall kann die longitudinale Myokardbewegung<br />

dazu führen, dass Speckles sich in die Bildebene<br />

hinein oder aus dieser heraus bewegen, und auf diese Weise die<br />

Zuverlässigkeit und die Möglichkeit der Speckleverfolgung<br />

(„speckle tracking“) beeinträchtigen.<br />

Schlussfolgerung<br />

Die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Doppler<br />

Imaging Techniken, wie zum Beispiel der Gewebedoppler (TDI)<br />

oder das St- und das SR-Imaging, eröffnen neue Wege einer<br />

nicht-invasiven Beurteilung der regionalen (segmentalen)<br />

Myokardfunktion bei Kleintieren. Die Doppler-unabhängige 2D<br />

STE Technik bietet sich als Ergänzung oder Alternative zum<br />

Gewebedoppler oder anderen TDI-basierten Techniken an. Sie<br />

dient der Quantifizierung der myokardialen Synchronizität und<br />

darüber hinaus auch der Beurteilung des komplexen Musters<br />

der regionalen (segmentalen) Myokardbewegung, einschließlich<br />

der LV-Wringbewegung. Die kombinierte Anwendung<br />

dieser Bild gebenden Techniken mit ihrer für die routinemäßige<br />

klinische Anwendung ausreichend hohen Wiederholbarkeit<br />

und Reproduzierbarkeit liefert dem Untersucher ergänzende,<br />

und weit über die konventionelle Echokardiographie hinausreichende,<br />

Informationen. Weitere Studien an umfangreicheren<br />

Populationen erkrankter Tiere sind nun notwendig,<br />

um die komparative klinische Relevanz dieser neuen Bild<br />

gebenden Verfahren und darüber hinaus ihren potenziellen<br />

Zusatznutzen für Prognose und Therapie zu bestimmen.<br />

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Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 15


Interventionelle Therapie<br />

kardiovaskulärer<br />

Erkrankungen<br />

Suzanne Cunningham, DVM, Dipl. ACVIM<br />

(Kardiologie)<br />

Department of Clinical Sciences, Tufts Cummings<br />

School of Veterinary Medicine, North Grafton, USA<br />

Dr. Cunningham ist Professorin für Kardiologie an der Tufts<br />

Cummings School of Veterinary Medicine in North Grafton,<br />

MA. Sie schloss ihr Studium 2003 an der <strong>Co</strong>rnell University<br />

mit dem Grad eines DVM ab und absolvierte ein Internship<br />

im Bereich Small Animal Medicine sowie eine Residency im<br />

Bereich Kardiologie an der Tufts Cummings School of Veterinary<br />

Medicine. Vor kurzem erhielt Suzanne Cunningham die<br />

Board Certification (Diplomate) des American <strong>Co</strong>llege of<br />

Veterinary Internal Medicine (Kardiologie). Schwerpunkte<br />

ihrer aktuellen wissenschaftlichen Tätigkeit sind die<br />

interventionelle Kardiologie und neue Therapien der<br />

Kardiomyopathie und der kongestiven Herzinsuffizienz.<br />

John Rush, DVM, MS, Dipl. ACVIM<br />

(Kardiologie), Dipl. ACVECC<br />

Department of Clinical Sciences, Tufts Cummings,<br />

School of Veterinary Medicine, North Grafton, USA<br />

Dr. Rush ist Professor an der Tufts Cummings School of<br />

Veterinary Medicine in North Grafton, MA. Er ist Diplomate<br />

des American <strong>Co</strong>llege of Veterinary Internal Medicine<br />

(Kardiologie) und Diplomate des American <strong>Co</strong>llege of<br />

Veterinary Emergency and Critical Care. Er erhielt den Grad<br />

des DVM und einen Master’s Degree an der Ohio State<br />

University, absolvierte ein Internship am Animal Medical<br />

Center in New York, sowie eine Residency an der<br />

University of Wisconsin-Madison. Dr. Rush ist Autor<br />

mehrerer Veröffentlichungen in den Bereichen Kardiologie<br />

und Notfall-/Intensivmedizin.<br />

Einleitung<br />

Die Einführung minimal-invasiver, katheterbasierter Interventionen<br />

hat die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen<br />

beim Menschen revolutioniert, und auch in der Veterinärmedizin<br />

werden so genannte Transkatheterinterventionen<br />

immer üblicher. Mit Hilfe von Transkatheterinterventionen<br />

können verschiedene kongenitale und erworbene kardiale<br />

Defekte unter Vermeidung der mit chirurgischen Eingriffen<br />

einhergehenden Morbidität und Mortalität durchgeführt<br />

werden. Seit der ersten Ballonvalvuloplastie bei einer Bulldogge<br />

im Jahr 1980 hat sich der Anwendungsbereich dieser Technologie<br />

erheblich erweitert und umfasst heute zahlreiche neue<br />

Verfahren. Interventionelle Maßnahmen werden heute häufig<br />

und erfolgreich in der Behandlung des persistierenden Ductus<br />

arteriosus botalli, der Pulmonalstenose, atrioventrikulärer<br />

Klappenstenosen, Gefäßstenosen, atrialer und ventrikulärer<br />

Septumdefekte, Herzwurmerkrankungen und lebensbedrohlicher<br />

Bradyarrhythmien eingesetzt, für Erkrankungen also, die<br />

früher ausschließlich auf chirurgischem Wege mit beträchtlicher<br />

Morbidität und Mortalität behandelbar waren. Der Schwerpunkt<br />

dieses Artikels liegt auf der Präsentation der am<br />

häufigsten eingesetzten interventionellen Maßnahmen in der<br />

Behandlung kongenitaler und erworbener kardiovaskulärer<br />

Erkrankungen bei Hund und Katze.<br />

Ductus arteriosus persistens<br />

Der Ductus arteriosus persistens (DAP) ist einer der häufigsten<br />

kongenitalen Herzfehler beim Hund, und kommt bei der Katze<br />

nur sehr selten vor. Ein ausbleibender Verschluss des Ductus führt<br />

zu einem Links-Rechts-Shunt mit daraus folgender pulmonaler<br />

Hyperperfusion, Kardiomegalie, Lungengefäß-schädigung und<br />

einer kongestiven Herzinsuffizienz (KHI), die sich bei betroffenen<br />

Patienten im typischen Fall im Alter von etwa einem Jahr<br />

entwickelt. Klassische diagnostische Befunde bei DAP mit Links-<br />

Rechts- Shunt sind ein kontinuierliches Herzgeräusch über<br />

der linken Herzbasis und ein hyperdynamischer arterieller<br />

Puls. Thoraxröntgenaufnahmen lassen eine pulmonale Hyperperfusion<br />

erkennen. Echokardiographische Befunde zeigen<br />

eine Volumenüberladung zum linken Herzen und einen aus der<br />

Verbindung des Ductus arteriosus stammenden, kontinuierlichen,<br />

turbulenten Blutfluss in die Hauptlungenarterie.<br />

16 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


Abbildung 1.<br />

Embolisations-<strong>Co</strong>ils verschiedener Größen aus rostfreiem Stahl. Die Thrombenbildung wird stimuliert durch die in die <strong>Co</strong>ils eingeflochtenen<br />

Dacron-Fasern.<br />

Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Fortschreitens<br />

der kongestiven Herzinsuffizienz, wird bei diesen Patienten<br />

praktisch ausnahmslos ein Verschluss des DAP empfohlen.<br />

Der Transkatheterverschluss des DAP ist eine minimal-invasive<br />

Alternative zur offenen chirurgischen Ligatur. Dieses Verfahren<br />

umgeht die Notwendigkeit einer Thorakotomie und die damit<br />

einhergehende chirurgische Morbidität. Die in erfahrenen<br />

Händen durchaus erfolgreiche chirurgische DAP-Ligatur über<br />

eine Thorakotomie birgt stets das Risiko einer katastrophalen<br />

Blutung durch Zerreißen des Ductus. Beschrieben wird eine<br />

chirurgische Mortalität zwischen 4 und 10%. Der Transkatheterverschluss<br />

des DAP erfolgt über eine Embolisation mit Hilfe<br />

so genannter „<strong>Co</strong>ils“ (Spiralfedern) oder das Einsetzen<br />

verschiedener selbstexpandierender Okklusionsinstrumente<br />

für Menschen (1) oder Hunde (2).<br />

Bei der so genannten <strong>Co</strong>il-Okklusion werden die embolisierenden<br />

<strong>Co</strong>ils über einen Katheter in das Lumen des zu<br />

Abbildung 2.<br />

Laterale selektive Angiogramme einer jungen Papillon-Hündin<br />

mit persistierendem Ductus arteriosus (PDA). In der linken<br />

Abbildung wird das Kontrastmittel in die absteigende Aorta<br />

injiziert, und der Blutstrom durch den PDA und in die<br />

Hauptlungenarterie wird dokumentiert. Das rechte Angiogramm<br />

wurde nach Einbringung eines <strong>Co</strong>ils in den PDA angefertigt und<br />

bestätigt dessen vollständigen Verschluss.<br />

verschließenden Gefäßes eingebracht (Abbildung 1). Die<br />

<strong>Co</strong>ils bestehen aus Metall (z.B. rostfreier Stahl a ) und sind so<br />

konstruiert, dass sie nach der Entlassung aus dem Katheterlumen<br />

eine helikale Struktur annehmen. Eingeflochten in<br />

den <strong>Co</strong>ils befinden sich synthetische Dacron-Fasern, die die<br />

Thrombenbildung stimulieren. Der Zugang zum DAP erfolgt<br />

meist über die aufsteigende Aorta (Aorta ascendens) ausgehend<br />

von der A. femoralis. Mit Hilfe einer selektiven Angiographie<br />

erfolgen zunächst eine radiographische Darstellung der<br />

Ductusanatomie und eine Vermessung des minimalen Ductusdurchmessers,<br />

um die Eignung der Situation für eine <strong>Co</strong>il-<br />

Okklusion zu beurteilen und im positiven Falle <strong>Co</strong>ils der richtigen<br />

Größe auszuwählen. Nach der Entlassung und Entfaltung des<br />

<strong>Co</strong>ils im Zielgefäß führt die anschließende Thrombenbildung zu<br />

einem Verschluss des Ductus und damit zur Unterbindung des<br />

abnormen Blutflusses (Abbildung 2). Eine erfolgreiche <strong>Co</strong>il-<br />

Platzierung wird in der Regel in 85-90% aller Versuche einer<br />

<strong>Co</strong>il-Embolisation erreicht. Ein Jahr nach dem Verschluss ist<br />

eine vollständige Unterbindung des duktalen Blutflusses bei<br />

mindestens 60% der Patienten zu beobachten (3). Hunde,<br />

die nach einer <strong>Co</strong>il-Okklusion weiterhin einen persistierenden<br />

Blutfluss durch den PDA aufweisen, haben in der Regel<br />

hämodynamisch unbedeutende, residuale Shunt-Volumina und<br />

benötigen nur in seltenen Fällen einen zweiten Eingriff, um einen<br />

vollständigen Verschluss zu erreichen (3). Risiken der <strong>Co</strong>il-<br />

Embolisation sind Blutungen, Perforationen großer Gefäße,<br />

Infektion, Hämolyse und am häufigsten die Embolisation<br />

von <strong>Co</strong>ils in den pulmonalen oder systemischen Kreislauf.<br />

Eine pulmonale Embolisation von ein bis zwei kleineren bis<br />

mittelgroßen <strong>Co</strong>ils wird im Allgemeinen gut toleriert, und eine<br />

Entfernung von <strong>Co</strong>ils aus dem Lungenkreislauf ist meist nicht<br />

notwendig und in der Regel eher kontraindiziert. Beschrieben<br />

wird eine erfolgreiche <strong>Co</strong>il-Embolisation eines PDA bei der<br />

Katze über einen retrograden, transvenösen Zugang (4).<br />

Schwieriger zu erreichen ist eine erfolgreiche <strong>Co</strong>il-Embolisation<br />

bei Hunden mit großem PDA und bei Hunden ohne Verengung<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 17


Abbildung 3.<br />

Selbstexpandierendes, mehrschichtiges Nitinol-Netz für den<br />

Verschluss eines persistierenden Ductus arteriosus (PDA), vollständig<br />

entfaltet am Einbringungskatheter. Während der eigentlichen<br />

Einbringung, wird der Einbringungskatheter durch die Aorta<br />

und den PDA vorgeführt und in der Hauptlungenarterie platziert.<br />

Die flache distale Scheibe wird zuerst in der Lungenarterie platziert,<br />

und anschließend wird der Einbringungskatheter vorsichtig in den<br />

PDA zurückgezogen, um die distale Scheibe im pulmonalen Ostium<br />

des PDA zu platzieren. Die proximale Scheibe wird dann im<br />

Ductuslumen platziert und das Implantat wird vom Einführungsdraht<br />

abgekoppelt.<br />

im Übergangsbereich zwischen Ductus und Pulmonalarterie.<br />

Einige Veterinärkardiologen sprechen sich gegen eine <strong>Co</strong>il-<br />

Okklusion aus, wenn der geringste Durchmesser des PDA mehr<br />

als 0,5 cm misst. In der Humanmedizin stehen verschiedene<br />

selbstexpandierende Occluder für den Transkatheterverschluss<br />

großer PDA zur Verfügung, und seit kurzer Zeit ist ein speziell<br />

für Hunde entwickelter Occluder b kommerziell erhältlich<br />

(Abbildung 3). Die ersten Erfahrungen mit diesem caninen<br />

Occluder sind sehr viel versprechend. Beschrieben werden<br />

ein erfolgreicher Verschluss großer PDA und unmittelbare,<br />

vollständige Verschlussraten von 94% (2) (Abbildung 4). Im<br />

Vergleich hierzu liegen die unmittelbaren Verschlussraten<br />

bei Verwendung der Techniken der <strong>Co</strong>il-Embolisation bei<br />

lediglich 34% (3).<br />

Pulmonalstenose<br />

Die Pulmonalstenose ist ein weiterer häufiger kongenitaler<br />

Herzdefekt beim Hund. Die Einengung des Ausflusstraktes<br />

von der rechten Herzkammer hin zur Lungenschlagader kann<br />

subvalvulär, valvulär oder supravalvulär lokalisiert sein. Die<br />

valvuläre Stenose ist gekennzeichnet durch dysplastische,<br />

verdickte, miteinander verwachsene und unbewegliche<br />

Pulmonalklappensegel. Es handelt sich um die häufigste<br />

Manifestation dieser Erkrankung und zudem um die für eine<br />

Ballonvalvuloplastie am besten zugängliche Form. Hunde<br />

mit Pulmonalstenose zeigen im typischen Fall ein lautes,<br />

systolisches Ejektionsgeräusch über der linken Herzbasis<br />

und unterschiedliche Grade einer rechtsventrikulären (RV)<br />

Hypertrophie. Objektiv zu beurteilen ist der Grad der Erkrankung<br />

durch eine Messung des Doppler-Druckgradienten an<br />

Abbildung 4.<br />

Postoperative rechtslaterale Röntgenaufnahme einer adulten<br />

Springer Spaniel Hündin mit Kardiomegalie und persistierendem<br />

Ductus arteriosus (PDA). Ein Doppelscheiben- (bzw. Doppelschirm-)<br />

Occluder aus einem Nitinoldrahtgeflecht für Hunde wurde<br />

im PDA platziert. Bei diesem Hund kam es nach der Platzierung<br />

des Occluders zu einer vollständigen Unterbindung des PDA-<br />

Blutflusses und einer Remission der kongestiven Herzinsuffizienz.<br />

der Pulmonalklappe in Kombination mit dem Grad der RV-<br />

Hypertrophie, der Vergrößerung des rechten Atriums, der<br />

Trikuspidalklappenregurgitation und dem Vorhandensein oder<br />

Fehlen von entweder Herzarrhythmien oder entsprechenden<br />

klinischen Symptomen. Hunde mit Druckgradienten an der<br />

Pulmonalklappe von < 50 mmHg haben nach allgemeiner<br />

Einschätzung in der Regel eine geringgradige Erkrankung<br />

und können auch ohne Intervention asymptomatisch bleiben.<br />

Dagegen zeigen Hunde mit hochgradiger Erkrankung (Doppler-<br />

Druckgradient >100 mmHg) mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

klinische Symptome einer Rechtsherzinsuffizienz, Arrhythmien,<br />

Synkopen oder plötzliche Todesfälle und rechtfertigen ein<br />

frühzeitiges therapeutisches Eingreifen mittels Chirurgie oder<br />

Valvuloplastie. Die Ballonvalvuloplastie gilt gegenwärtig als<br />

die Behandlungsmethode der Wahl bei diesen Hunden. Ziel<br />

ist es, klinische Symptome zu verhindern oder zu lindern.<br />

Bei der pulmonalen Ballonvalvuloplastie wird ein im Pulmonalklappenring<br />

an der Stelle der Stenose eingeführter Ballondilatationskatheter<br />

aufgepumpt (Abbildung 5). Die Größe des<br />

Ballons wird bestimmt durch den Durchmesser des Pulmonalklappenrings<br />

und der Aorta. Im typischen Fall wird eine<br />

Ballonweite vom 1,2 bis 1,4 fachen des Durchmessers des<br />

Pulmonalklappenrings oder dem ungefähren Durchmesser<br />

des normalen Aortenklappenrings gewählt (5). Bei kleineren<br />

Hunden kann es schwierig sein, ein Einführbesteck bzw. einen<br />

Dilatationskatheter eines ausreichend großen Durchmessers<br />

durch die Jugular- oder Femoralvene einzuführen. Eine<br />

mögliche Alternative in diesen Fällen ist die Doppelballontechnik,<br />

bei der zwei kleinere, jeweils über die Jugularvene und<br />

die Femoralvene eingeführte Ballonkatheter simultan aufgepumpt<br />

werden, um einen insgesamt größeren Ballondurchmesser<br />

zu erreichen (5).<br />

18 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


INTERVENTIONELLE THERAPIE KARDIOVASKULÄRER ERKRANKUNGEN<br />

Sofortreduktion des Druckgradienten um 46% und zu einer<br />

anhaltenden klinischen Besserung bei 80% aller zuvor<br />

symptomatischen Hunde (8).<br />

Abbildung 5.<br />

Laterale fluoroskopische Aufnahmen während einer pulmonalen<br />

Ballonvalvuloplastie bei einer sieben Monate alten Boxerhündin<br />

mit Pulmonalklappenstenose. Eine transösophageale Ultraschallsonde<br />

ist im Ösophagus zu erkennen. Bei der runden Struktur in der<br />

linken unteren Bildecke handelt es sich um ein Zehncentstück zur<br />

Standardisierung der Herzmessungen. Ein durch das rechte Atrium<br />

und den rechten Ventrikel geführter und in die Hauptlungenarterie<br />

eintretender Führungsdraht ist zu erkennen. Der Ballondilatationskatheter<br />

ist in beiden Aufnahmen im Bereich der stenotischen<br />

Pulmonalklappe positioniert. Die in der linken Aufnahme zu<br />

erkennende Einziehung im partiell aufgepumpten Ballon wird<br />

durch die stenotischen Pulmonalklappensegel hervorgerufen. Im<br />

rechten Bild ist der Ballon vollständig aufgepumpt, und die<br />

Einziehung ist nicht mehr vorhanden. Die Klappenstenose konnte<br />

erfolgreich behandelt werden mit einer 65%igen Reduktion des<br />

transvalvulären Druckgradienten nach drei aufeinander folgenden<br />

Inflationen des Ballons.<br />

Die am besten geeigneten Kandidaten für eine Valvuloplastie<br />

sind Hunde mit dysplastischen Pulmonalklappensegeln und<br />

einem Pulmonalklappenring normaler Größe. Hunde mit einem<br />

fibrotischen subvalvulären Ring und Hunde mit begleitender<br />

Hypoplasie des Pulmonalklappenrings (gekennzeichnet durch<br />

ein Aorta:Pulmonalarterien-Verhältnis von > 1,2) haben eine<br />

unsicherere Prognose (6). Bulldoggen, Boxer und einige andere<br />

Rassen (z.B. Beagle, Bison Frisé) können eine durch eine<br />

abnorme Koronararterie (die so genannte R2A Koronaranomalie)<br />

komplizierte Pulmonalstenose aufweisen, bei der<br />

eine einzige rechte Koronararterie einen Ast entlässt, der den<br />

RV-Ausflusstrakt zirkumferrent umschließt. Der Versuch einer<br />

Valvuloplastie dieser Form der Pulmonalstenose kann infolge<br />

des Zerreißens dieses zirkumferrent um den pulmonalen<br />

Ausflusstrakt verlaufenden Koronararterienastes zu einer tödlichen<br />

Blutung führen (7). Bis zu 20% aller Hunde mit Pulmonalstenose<br />

weisen begleitend einen atrialen Septumdefekt oder<br />

ein persistierendes Foramen ovale auf. Mögliche Folge ist<br />

eine Hypoxämie infolge des erhöhten Rechts-Links-Shuntings<br />

während der Ballonvalvuloplastie. Um diese potenziell komplikativen<br />

Läsionen zu identifizieren, sollten die Herzanatomie<br />

und die Anatomie der Koronararterien im Vorfeld einer<br />

Ballonvalvuloplastie zunächst sehr sorgfältig mit Hilfe der<br />

Echokardiographie und/oder einer selektiven Angiographie<br />

untersucht werden. Berichten zufolge hat der Eingriff eine<br />

Gesamterfolgsrate von über 90% und führt zu einer mittleren<br />

Subaortenstenose<br />

Aortenstenosen entstehen überwiegend durch eine subvalvuläre<br />

Obstruktion infolge einer fibrotischen Gewebeleiste im linksventrikulären<br />

Ausflusstrakt. Die valvuläre Aortenstenose<br />

(Aortenklappenstenose) kommt beim Hund nur selten vor.<br />

Typische klinische Befunde sind ein lautes und über der linken<br />

und rechten Herzbasis besonders gut zu hörendes systolisches<br />

Ejektionsgeräusch, ein schwacher arterieller Puls und ein<br />

prominenter linksventrikulärer (LV) apikaler Impuls. Die<br />

stenotische Läsion führt zu einer Drucküberladung des linken<br />

Ventrikels und zu charakteristischen echokardiographischen<br />

Befunden einer konzentrischen LV-Hypertrophie, oft einhergehend<br />

mit echoreichen Regionen im Bereich der Papillarmuskeln<br />

und des Subendokards, die eine Widerspiegelung der<br />

Gewebehypoxie, Ischämie und der daraus folgenden Fibrose<br />

darstellen. Die Schädigung und die Hypoxie des Myokards<br />

können auch zu elektrokardiographischen Anomalien führen,<br />

wie zum Beispiel typischen Mustern einer LV-Vergrößerung,<br />

einer Senkung des ST-Segments und ventrikulären Arrhythmien.<br />

Der Schweregrad der Subaortenstenose (SAS) wird, zum<br />

Teil anhand des echokardiographisch gemessenen Doppler-<br />

Druckgradienten an der Aortenklappe kategorisiert. Hochgradig<br />

betroffene Hunde mit transvalvulären Druckgradienten<br />

über 80-100 mmHg an der Aortenklappe können Herzarrhythmien,<br />

eine bakterielle Endokarditis der Aortenklappe,<br />

Synkopen, Linksherzinsuffizienz oder plötzliche Todesfälle<br />

entwickeln. Der Vorbericht von Patienten mit Subaortenstenose<br />

beinhaltet plötzliche Todesfälle bei mindestens einem von fünf<br />

hochgradig betroffenen Hunden, und die durchschnittliche<br />

Überlebenszeit von Hunden mit hochgradiger SAS reicht<br />

von 19 bis 56 Monaten (9).<br />

Die Ballonvalvuloplastie zeigt in der Behandlung der Aortenstenose<br />

geringere Erfolge als bei der Behandlung der Pulmonalstenose.<br />

Auch wenn der Eingriff zunächst eine unmittelbare<br />

Reduzierung des aortalen Ausstromgradienten hervorrufen<br />

mag, so zeigt eine Retrospektivanalyse der Krankheitsverläufe<br />

bei hochgradig erkrankten Hunden keine Unterschiede der<br />

Überlebenszeit zwischen Hunden, die mittels Valvuloplastie<br />

behandelt wurden und Hunden, die medikamentös mit dem<br />

Beta-Blocker Atenolol behandelt wurden (9). Die Gründe, aus<br />

denen eine Valvuloplastie bei Hunden mit hochgradiger SAS<br />

keine Vorteile bringt, sind weitgehend unbekannt. Eine Studie<br />

über Hunde mit SAS, die einer offenen chirurgischen Resektion<br />

eines subaortalen fibrotischen Rings unterzogen wurden, zeigt<br />

ebenfalls keine Vorteile dieser Behandlungsoption im Hinblick<br />

auf die Überlebenszeiten (10).<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 19


Abbildung 6.<br />

Rechte parasternale transthorakale echokardiographische Längsachsenansicht<br />

bei einem Hund mit atrialem Septumdefekt (ASD).<br />

Ein Vorhofseptum-Occluder wurde im interatrialen Septum<br />

positioniert und ist in der Aufnahme als helle, echoreiche Doppelscheibenstruktur<br />

zwischen rechtem Atrium (RA) und linkem<br />

Atrium (LA) zu erkennen. LV = Linker Ventrikel, RV = Rechter<br />

Ventrikel. Die Aufnahme stammt aus der Texas A&M University.<br />

Bislang liegen keine Studien vor, die erkennen lassen, ob eine<br />

frühzeitige Intervention im Alter von einigen Monaten oder eine<br />

kombinierte Valvuloplastie und Beta-Blocker-Behandlung<br />

die klinischen Ergebnisse verbessern kann. Während also<br />

viele Kardiologen betroffenen Hunden routinemäßig Atenolol<br />

verabreichen, verfahren wir nach der Praxis, bestimmte<br />

Hunde anhand einiger Kriterien selektiv für eine aortale<br />

Ballonvalvuloplastie auszuwählen. So wird eine Ballonvalvuloplastie<br />

bei Hunden durchgeführt, deren Krankheitsbild<br />

eine Komponente einer valvulären Aortenstenose aufweist und<br />

bei Hunden mit einem dünnen fibrotischen subaortalen Ring<br />

und begrenzter Muskelhypertrophie des interventrikulären<br />

Septums. Sehr deutlich befürworten wir diesen Eingriff bei<br />

jungen Hunden, bevor sich ein ausgeprägtes Remodelling und<br />

eine ausgeprägte Fibrose des linken Ventrikels entwickelt<br />

haben. Nach unserer Erfahrung ist es deutlich einfacher, den<br />

subaortalen Ring mit Hilfe zweier kleinerer Ballons zu dilatieren<br />

(Doppelballontechnik), anstatt zu versuchen, die Obstruktion<br />

mit Hilfe eines einzigen, größeren Ballons zu beseitigen.<br />

Die Ballondilatation der Aortenklappe ist im Vergleich zur<br />

pulmonalen Ballonvalvuloplastie mit höheren Risiken verbunden<br />

und führt häufig zu schwereren Arrhythmien.<br />

Atriale Septumdefekte<br />

(Vorhofseptumdefekte)<br />

Atriale Septumdefekte (ASD) gehören zu den relativ seltenen<br />

Herzfehlern des Hundes. Beim Boxer, Dobermann, Samoyeden<br />

und Standard Pudel wird indes eine genetische Prädisposition<br />

beobachtet. Typische klinische Befunde eines ASD sind ein<br />

systolisches Ejektionsgeräusch einer funktionellen Pulmonalstenose<br />

und eine konstante Spaltung des zweiten Herztons.<br />

Während kleine ASD hämodynamisch unbedeutend sein<br />

können, führen große Defekte mit umfangreichem Links-<br />

Rechts-Shunt zu einer rechtsseitigen Volumenüberladung mit<br />

nachfolgender rechter Vorhof- und Hauptkammervergrößerung,<br />

pulmonaler Hypertonie, erhöhten Füllungsdrücken im rechten<br />

Vorhof und möglicherweise zur Entwicklung einer kongestiven<br />

Rechtsherzinsuffizienz. Die chirurgische Korrektur eines ASD<br />

erfordert einen kardiopulmonalen Bypass und ist mit nicht<br />

unerheblichen Risiken und Kosten verbunden. Beschrieben<br />

wird ein erfolgreicher Transkatheterverschluss von ASD<br />

vom Ostium secundum-Typ beim Hund unter Verwendung<br />

eines selbstexpandierenden Occluders zum Verschluss des<br />

Vorhofseptums (Double-disk septal occluder device c )(11, 12)<br />

(Abbildung 6). Eine im Vorfeld des Eingriffes durchzuführende<br />

transthorakale und transösophageale echokardiographische<br />

Beurteilung der anatomischen Verhältnisse des ASD ist<br />

entscheidend für die Bestimmung von Größe und Lage des<br />

Defektes und die Beantwortung der Frage, ob ein ausreichend<br />

breiter Rand interatrialen Septumgewebes vorhanden ist,<br />

um den Occluder zu halten, ohne umliegende Herzstrukturen<br />

zu beeinträchtigen. Tiere mit Eisenmenger-Physiologie,<br />

gekennzeichnet durch eine hochgradige pulmonale Hypertonie<br />

und einen mit einem umfangreichen Rechts-Links-Shunt<br />

einhergehenden Atrium- oder Ventrikelseptumdefekt, scheiden<br />

als Kandidaten für einen chirurgischen Verschluss oder eine<br />

Transkatheterokklusion aus.<br />

Ventrikelseptumdefekte<br />

Ventrikelseptumdefekte (VSD) gehören zu den häufigsten<br />

kongenitalen Defekten bei Katzen. Beschrieben wird zudem eine<br />

Prädisposition für VSD bei Hunden der Rassen English Springer<br />

Spaniel, Keeshond und Englische Bulldogge. Begleitet werden<br />

Ventrikelseptumdefekte von einem lauten, systolischen Herzgeräusch,<br />

das oft am deutlichsten über der rechten Brustwand<br />

am rechten kranialen Brustbeinrand zu auskultieren ist. Der<br />

Grad der mit einem VSD einhergehenden Kardiomegalie und<br />

pulmonalen Hyperperfusion ist abhängig von der Größe des<br />

Septumdefektes und der relativen <strong>Co</strong>mpliance (diastolische<br />

Dehnbarkeit) des rechten und linken Ventrikels. Kleinere,<br />

restriktive VSDs sind hämodynamisch oft unbedeutend und<br />

können lebenslang gut toleriert werden. Größere Defekte führen<br />

dagegen nicht selten zu beträchtlichen Links-Rechts-Shunts mit<br />

linksseitiger Volumenüberladung und Kammervergrößerung,<br />

Lungengefäßschäden und Linksherzinsuffizienz. Die chirurgische<br />

Palliation großer VSDs umfasst eine Korrektur des<br />

Defektes unter einem kardiopulmonalen Bypass oder ein<br />

zirkumferentes Banding der Hauptpulmonalarterie zur Reduktion<br />

des Volumens des Links-Rechts-Shunts und zur Verhinderung<br />

einer pulmonalen Hyperperfusion. Die chirurgischen<br />

Risiken und die postoperativen Beschwerden einer Thorako-<br />

20 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


INTERVENTIONELLE THERAPIE KARDIOVASKULÄRER ERKRANKUNGEN<br />

behandeln, da der expandierte Occluder mit der Funktion der<br />

Aortenklappe oder der Trikuspidalklappe interferieren kann.<br />

Ein membranöser Occluder für den Verschluss von VSD wurde<br />

kürzlich für die Anwendung bei humanen Patienten entwickelt<br />

und könnte zukünftig auch bei einer größeren Zahl veterinärmedizinischer<br />

Patienten zum Einsatz kommen. Die gegenwärtig<br />

verfügbaren Systeme zum Verschluss von Ventrikelseptumdefekten<br />

sind für Katzen nicht geeignet.<br />

Abbildung 7.<br />

Rechte laterale Thoraxröntgenaufnahme eines Hundes ein Jahr<br />

nach perkutaner Okklusion eines muskulären VSD. Zu erkennen<br />

ist der im interventrikulären Septum platzierte VSD-Occluder<br />

(Double-disk septal occluder). Die Aufnahme stammt von<br />

Dr. Marco Margiocco.<br />

tomie können gemindert werden, indem die Defektreparatur<br />

über einen perkutanen Zugang durchgeführt wird.<br />

Der Transkatheterverschluss geeigneter Defekte ist die Behandlung<br />

der Wahl bei humanen Patienten mit VSD, und wird<br />

auch bei Hunden beschrieben. Beschrieben wird eine katheterbasierte<br />

Okklusion kleiner VSDs beim Hund mit Hilfe so<br />

genannter abkoppelbarer Embolisations-<strong>Co</strong>ils (13). Große,<br />

nicht restriktive VSDs, die in ausreichendem Abstand zur<br />

Aortenklappe im muskulären Teil der Scheidewand liegen, sind<br />

potenzielle Kandidaten für einen Defektverschluss mit einem<br />

so genannten Double-disk septal Occluder C (14) (Abbildung 7).<br />

Eine transösophageale echokardiographische Untersuchung im<br />

Vorfeld des Eingriffes ist notwendig, um zu entscheiden, ob der<br />

Patient für einen Defektverschluss auf perkutanem Weg in Frage<br />

kommt. Leider kommen die hoch im membranösen Abschnitt<br />

des Septums gelegenen Defekte bei Hunden und Katzen<br />

häufiger vor. Defekte in dieser Lokalisation sind schwieriger zu<br />

Trikuspidalstenose<br />

Bei der Trikuspidalstenose handelt es sich um einen seltenen<br />

kongenitalen Defekt, der gekennzeichnet ist durch einen<br />

diastolischen Druckgradienten zwischen rechtem Atrium und<br />

rechtem Ventrikel, einer rechten Vorhofvergrößerung, einer<br />

atrialen Arrhythmie und möglicherweise einer rechtsseitigen<br />

Herzinsuffizienz. Eine Trikuspidalklappenstenose geht im<br />

typischen Fall mit einer Trikuspidalklappendysplasie einher,<br />

einer erblichen Erkrankung beim Labrador. Fehlt eine begleitende<br />

Klappeninsuffizienz, haben die betroffenen Hunde oft<br />

sehr leise oder vollständig fehlende Herzgeräusche, und die<br />

Erkrankung kann unbemerkt bleiben, bis sich klinische<br />

Symptome entwickeln. Die perkutane Ballonvalvuloplastie der<br />

Trikuspidalklappe mit einem oder zwei Ballons (Abbildung 8)<br />

erfolgt über einen Jugular- oder Femoralvenenzugang und kann<br />

zu einer signifikanten Abnahme des Druckgradienten an der<br />

Klappe führen, einhergehend mit einer deutlichen Besserung<br />

der Hämodynamik und der klinischen Symptome (15).<br />

Mitralstenose<br />

Die Mitralklappendysplasie und –stenose (MS) ist ein seltener<br />

kongenitaler Defekt mit rassespezifischer Prädisposition beim<br />

Neufundländer und beim Bullterrier. Betroffene Hunde zeigen<br />

im typischen Fall klinische Symptome einer Leistungsintoleranz,<br />

Synkopen und Anzeichen einer kongestiven Herzinsuffizienz,<br />

und die meisten caninen Patienten mit Mitralklappenstenose<br />

überleben maximal bis zu einem Alter von zwei bis drei Jahren<br />

(16). Die perkutane Mitralvalvuloplastie ist die Behandlung der<br />

Abbildung 8.<br />

Laterale fluoroskopische Aufnahmen eines jungen Labradors mit<br />

Trikuspidalklappendysplasie und Trikuspidalklappenstenose.<br />

Durchgeführt wurde eine Ballonvalvuloplastie der stenotischen<br />

Trikuspidalklappe mit Hilfe der Doppelballontechnik. Zwei<br />

Führungsdrähte sind erkennbar in der V. cava cranialis, im rechten<br />

Atrium, im rechten Ventrikel und in die Pulmonalarterie eintretend.<br />

Zwei Ballondilatationskatheter wurden über die Führungsdrähte<br />

eingeführt und sind in der Trikuspidalklappenöffnung zu erkennen.<br />

In der linken Aufnahme ist eine durch die stenotischen Trikuspidalklappensegel<br />

hervorgerufene Einziehung im mittleren<br />

Abschnitt der simultan aufgepumpten Ballons zu erkennen. In<br />

der rechten Aufnahme sind beide Ballons vollständig inflatiert,<br />

und die nicht mehr vorhandene Einziehung weist auf eine<br />

erfolgreiche Dilatation der Stenose hin.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 21


Wahl bei humanen Patienten mit symptomatischer Mitralstenose.<br />

Dieser bislang nur einmal beim Hund beschriebene<br />

Eingriff (17) ist schwieriger als andere Formen der Valvuloplastie,<br />

da der Zugang zum linken Atrium eine transseptale<br />

Punktion erfordert. Valvuläre und supravalvuläre Mitralstenosen<br />

kommen auch bei der Katze vor, eine Mitralvalvuloplastie<br />

wird bei dieser Spezies jedoch nicht beschrieben.<br />

<strong>Co</strong>r triatriatum<br />

Das <strong>Co</strong>r triatriatum dexter und das <strong>Co</strong>r triatriatum sinister sind<br />

gekennzeichnet durch eine perforierte oder nicht perforierte<br />

fibrotische Membran, die das rechte bzw. das linke Atrium in<br />

eine proximale und eine distale Kammer unterteilt. Die klinische<br />

Manifestation ist abhängig von der Lokalisation der Membran<br />

und dem Ausmaß der Kommunikation zwischen proximaler<br />

und distaler Kammer. Der Anstieg des Füllungsdrucks in der<br />

proximalen Kammer führt zu Symptomen einer kongestiven<br />

Herzinsuffizienz. Ein <strong>Co</strong>r triatriatum dexter kann palliativ<br />

behandelt werden durch eine perkutane Ballondilatation der<br />

abnormen Membran, mit dem Ziel, den Druckgradienten<br />

zwischen proximaler und distaler Kammer des rechten Atriums<br />

zu verringern (18). Eine Ballondilatation des <strong>Co</strong>r triatriatum<br />

sinister erfolgt über eine transseptale Punktion, um einen<br />

Zugang zum linken Vorhof zu erhalten, sie wird bei Kleintieren<br />

bislang jedoch nicht beschrieben.<br />

Kongenitale und erworbene Vena-cava-<br />

Stenosen<br />

Stenosen oder Strikturen der Vena cava können als kongenitale<br />

Defekte auftreten oder als erworbene, sekundäre Folge einer<br />

Endothelschädigung durch kardiovaskuläre Instrumente oder<br />

Zentralvenenkatheter. Die funktionellen Folgen einer Vena-cava<br />

Stenose hängen von der Lokalisation und dem Grad der Stenose<br />

ab. Die Behandlung symptomatischer Stenosen erfolgt auf<br />

perkutanem Weg durch eine Ballonangioplastie oder das<br />

Einsetzen intravaskulärer Stents.<br />

Bei der Katze werden eine kongenitale Stenose der Vena<br />

cava caudalis und das durch eine intraluminale fibrotische<br />

Membran hervorgerufene Budd-Chiari-Syndrom beschrieben<br />

(19). Betroffene Katzen entwickeln häufig einen hochgradigen<br />

Aszites infolge der Behinderung des venösen Rückflusses über<br />

die V. cava caudalis. In einem Bericht führte die Behandlung<br />

einer betroffenen Katze mittels Ballondilatation und Einsetzen<br />

eines endovaskulären Stents nicht zu einer Linderung des<br />

Aszites und endete letztlich fatal (19). Die Autoren haben<br />

jedoch eine erfolgreiche Ballondilatation einer obstruktiven<br />

intraluminalen Membran in der V. cava caudalis einer Katze<br />

durchgeführt, die mit hochgradigem, behandlungsresistentem<br />

Aszites vorgestellt worden war. Die Behandlung führte zu einer<br />

vollständigen Remission der zuvor über einen Zeitraum von 15<br />

Abbildung 9.<br />

Selektives Venogramm einer jungen, kastrierten, männlichen<br />

Kurzhaarhauskatze mit Budd-Chiari-Syndrom und hochgradigem<br />

Aszites infolge einer obstruktiven Membran in der Vena cava<br />

caudalis auf Höhe des Diaphragmas. In der linken Aufnahme<br />

wurde der Katheter über die Femoralvene eingeführt und<br />

unmittelbar kaudal des Diaphragmas in der Vena cava caudalis<br />

positioniert. Das Kontrastmittel füllt die dilatierte Vena cava, und<br />

nur ein schmaler Steifen des Kontrastmittels passiert durch die<br />

Membran in den kranial des Diaphragmas gelegenen Abschnitt<br />

der Vena cava (c). In der rechten Aufnahme erkennt man den<br />

durch die Membran geführten und aufgepumpten Ballon. Der<br />

Aszites bei dieser Katze bildete sich im Anschluss an die<br />

erfolgreiche Ballondilatation der Stenose zurück.<br />

Monaten persistierenden klinischen Symptome (Abbildung 9).<br />

Wir haben darüber hinaus eine erfolgreiche Venoplastie bei zwei<br />

Hunden mit Vena-cava-cranialis-Syndrom und Pleuraerguss<br />

infolge einer erworbenen Stenose und Thrombose der V. cava<br />

cranialis infolge einer Implantation transvenöser Schrittmacherelektroden<br />

durchgeführt.<br />

Supraventrikuläre Tachykardie im<br />

Zusammenhang mit akzessorischen<br />

Leitungsbahnen<br />

Akzessorische atrioventrikuläre (AV) Leitungsbahnen oder<br />

„Bypass tracts“ sind abnorme elektrische Kommunikationen<br />

über das bindegewebige Herzskelett, das neben seinen strukturellen<br />

Aufgaben normalerweise als elektrische Isolation zwischen<br />

den Atrien und den Ventrikeln dient. Die akzessorische Leitungsbahn<br />

kann eine schnelle, enge, komplexe, tachyarrhythmische<br />

kreisende Erregung ermöglichen, die auch als orthodrome<br />

atrioventrikuläre Re-entry Tachykardie (Orthodromic atrioventricular<br />

reciprocating tachycardia; OAVRT) bezeichnet<br />

wird. Die bei humanen Patienten mit OAVRT wirksamen<br />

therapeutischen Erstmaßnahmen wie vagale Manöver (z.B.<br />

Karotissinus-Massage) und die Gabe von Adenosin, sind beim<br />

Hund mit OAVRT im Allgemeinen unwirksam. Die Antwort von<br />

Reentry-Tachyarrhythmien auf antiarrhythmische Arzneimittel<br />

ist bei dieser Spezies inkonstant, wobei die betroffenen Hunde<br />

oft behandlungsresistent gegen zuvor wirksame antiarrhythmische<br />

Strategien werden. Eine behandlungsresistente Tachykardie<br />

führt zu einem reduzierten Herzzeitvolumen und bei<br />

ausbleibender Behandlung möglicherweise zur Entwicklung<br />

einer Tachykardiomyopathie und einer kongestiven Herzinsuffizienz.<br />

22 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


INTERVENTIONELLE THERAPIE KARDIOVASKULÄRER ERKRANKUNGEN<br />

Abbildung 10.<br />

Rechte laterale Röntgenaufnahme einer älteren <strong>Co</strong>cker Spaniel<br />

Hündin mit hochgradigem AV-Block zweiten Grades nach<br />

permanenter transvenöser Schrittmacherimplantation. Zu erkennen<br />

ist die durch die Vena cava cranialis und das rechte Atrium in die<br />

rechtsventrikuläre Apex geführte Schrittmacherelektrode, die im<br />

Myokard des rechten Ventrikels aktiv verankert ist.<br />

Bei der Hochfrequenz-Katheterablation wird Wechselstrom<br />

verwendet, um eine thermische Schädigung der akzessorischen<br />

Leitungsbahnen zu induzieren. Es handelt sich um die Standardbehandlung<br />

für humane Patienten mit Makroreentry-Tachykardien.<br />

Als hoch effizient hat sich diese Maßnahme auch bei<br />

der Ausschaltung akzessorischer Leitungsbahnen beim Hund<br />

erwiesen (20), sie wird aufgrund des notwendigen hochspeziellen<br />

Equipments und der speziellen Fachkenntnis des<br />

Operateurs jedoch nur von einigen wenigen spezialisierten<br />

Zentren durchgeführt. Bei der Elektroablation werden mehrere<br />

multipolare Elektrodenkatheter im rechten Atrium platziert.<br />

Anschließend folgt ein elektrisches Mapping zur Bestimmung<br />

der exakten Lokalisation der akzessorischen Leitungsbahnen.<br />

Die Hochfrequenzenergie wird nun durch die Elektroden an der<br />

Katheterspitze in den Bereich der akzessorischen Bahn<br />

geleitet und führt dort zu einer thermischen Schädigung<br />

der unerwünschten Bahn und einer Ablation der elektrischen<br />

Impulsleitung. Die Elektroablation wird bei humanen Patienten<br />

auch in der Behandlung des Vorhofflimmerns und Vorhofflatterns<br />

eingesetzt und besitzt durchaus das Potenzial für<br />

eine umfassendere Anwendung in der Behandlung dieser<br />

Arrhythmien bei Hunden.<br />

Bradyarrhythmien und<br />

Herzschrittmacher (Pacing)<br />

Hochgradige atrioventrikuläre Blocks zweiten und dritten<br />

Grades gehen mit Symptomen wie Leistungsintoleranz,<br />

Synkope, Kardiomegalie und einer hohen Inzidenz plötzlicher<br />

Todesfälle einher (21). Die Schrittmachertherapie ist die einzige<br />

wirksame Behandlungsoption zur Linderung der klinischen<br />

Symptome und zur Verlängerung der Überlebenszeit betroffener<br />

Hunde. Die Implantation eines Schrittmachers gilt heute als<br />

Therapiestandard für Patienten mit hochgradigem AV-Block,<br />

Vorhofstillstand und Sick-Sinus-Syndrom. Seit der Einführung<br />

epikardialer Schrittmacher beim Hund im Jahre 1967 konnte<br />

sich das transvenöse Pacing zu einem immer weiter verbreiteten<br />

Verfahren entwickeln und hat heute die Methode der chirurgischen<br />

Implantierung epikardialer Elektroden beim Hund<br />

weitgehend ersetzt (Abbildung 10). Ein permanentes transvenöses<br />

Pacing kann heute mit Hilfe einer großen Bandbreite<br />

verschiedener Modalitäten erreicht werden, einschließlich der<br />

Verwendung eines oder mehrerer Schrittmacherelektroden.<br />

Beim Hund wird am häufigsten das permanente transvenöse<br />

Einzelkammer-Pacing eingesetzt. Die Schrittmacherelektrode<br />

wird hierbei über eine Vene, in der Regel die V. jugularis, durch<br />

den rechten Vorhof in den rechten Ventrikel eingeführt. Die<br />

meisten Schrittmachersysteme ermöglichen heute eine aktive<br />

Fixierung der endokardialen Elektrode im Myokard des rechten<br />

Ventrikels und reduzieren dadurch die Gefahr einer Dislokation<br />

der Elektrodenspitze. Der Impulsgenerator wird subkutan<br />

implantiert, und der Schrittmachermodus, die Schrittmacherfrequenz,<br />

die Amplitude und die Pulsbreite des Impulses, sowie<br />

eine ganze Reihe weiterer hoch entwickelter Parameter werden<br />

anschließend über eine externe Programmiereinheit eingestellt.<br />

Viele Schrittmacher sind mit einem Sensor ausgestattet, der<br />

Vibrationen erkennt und eine Modulation der Frequenz mit<br />

zunehmender Aktivität gestattet. Trotz der zahlreichen potenziellen<br />

Komplikationen eines Schrittmachers, wie zum Beispiel<br />

Elektrodenbrüche oder Elektrodendislokationen, Infektionen,<br />

Batteriestörungen oder die Entwicklung kongestiver Symptome<br />

(z.B. Dyspnoe, Halsvenenstauung, Ödem) bei Patienten mit<br />

interkurrenter struktureller Herzerkrankung, zeigt die große<br />

Mehrzahl der Hunde (über 90%) nach Implantation des Schrittmachers<br />

ein gutes Allgemeinbefinden ohne eine Rezidivierung<br />

der Bradyarrhythmie bedingten klinischen Symptome (22).<br />

Die durchschnittliche Überlebenszeit von Hunden mit Schrittmacher<br />

beträgt mindestens zwei Jahre, und viele Hunde<br />

überleben nach der Implantation sogar mehr als 3 bis 5 Jahre<br />

(21, 22).<br />

Das physiologische Zweikammer-Pacing ermöglicht den<br />

Erhalt der atrioventrikulären Synchronizität und ist in der<br />

Humanmedizin weit verbreitet, obgleich sich die Programmierung<br />

des Schrittmachers bei diesem Verfahren deutlich<br />

komplexer gestaltet. Akute vorteilhafte hämodynamische<br />

und neurohormonelle Veränderungen werden bei Verwendung<br />

physiologischer Schrittmachermodalitäten beim Hund<br />

beschrieben (23). Unklar sind bislang jedoch die Langzeitvorteile<br />

des Zweikammer-Pacing bei veterinärmedizinischen<br />

Patienten. Implantierbare Cardioverter Defibrillatoren (ICD)<br />

werden in der Humanmedizin häufig eingesetzt, um den plötzlichen<br />

Herztod infolge lebensbedrohlicher Tachyarrhythmien<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 23


INTERVENTIONELLE THERAPIE KARDIOVASKULÄRER ERKRANKUNGEN<br />

wie ventrikulärer Tachykardie und Kammerflimmern zu verhindern.<br />

Ein plötzlicher arrhythmischer Herztod wird bei einigen<br />

Hunderassen (z.B. Boxer, Dobermann) häufig beobachtet. Die<br />

ICD-Technologie besitzt ein großes Anwendungspotenzial bei<br />

diesen Patienten, allerdings sind die gegenwärtig verfügbaren<br />

humanen ICD-Implantate nicht an die Verhältnisse beim<br />

Hund angepasst (24).<br />

Ergänzende interventionelle Maßnahmen<br />

und zukünftige Entwicklungen<br />

Zahlreiche weitere minimal-invasive Behandlungsmaßnahmen<br />

kommen gegenwärtig in der Behandlung erworbener kardiovaskulärer<br />

Erkrankungen bei Kleintieren zum Einsatz. Dazu<br />

gehören unter anderem die transjuguläre Entfernung von<br />

Herzwürmern bei Patienten mit fortgeschrittener Dirofilariose,<br />

das Einsetzen eines Katheters für eine lokale thrombolytische<br />

Therapie, die Thrombektomie zur Behandlung der arteriellen<br />

und venösen Thrombembolie, die endomyokardiale Biopsie und<br />

die Katheterisierung der Pulmonalarterie zur Messung des Herzzeitvolumens,<br />

des Pulmonalarteriendrucks und des Pulmonary<br />

capillary wedge pressure (Wedge-Druck oder Verschlussdruck).<br />

Die Mitralregurgitation infolge einer Endokardiose ist die häufigste<br />

Herzerkrankung beim Hund und zugleich die wichtigste<br />

Ursache der kongestiven Herzinsuffizienz bei dieser Spezies.<br />

Trotz jüngster Fortschritte im Bereich der medikamentösen<br />

Therapie liegt die durchschnittliche Überlebenszeit betroffener<br />

Hunde nach bestätigter Diagnose immer noch unter einem<br />

Jahr. Verschiedene perkutane Techniken zur Behandlung der<br />

Mitralregurgitation beim Menschen befinden sich gegenwärtig<br />

im Stadium der Forschung, und in vielen Fällen werden hierbei<br />

Tiermodelle eingesetzt. Eine erfolgreiche perkutane Therapie<br />

der Mitralregurgitation hätte einen gewaltigen Einfluss auf die<br />

Behandlung von Endokardiosen beim Hund.<br />

Die interventionelle Kardiologie ist ein sich stetig weiter<br />

entwickelndes Gebiet, das sein Potenzial in der Veterinärmedizin<br />

bei weitem noch nicht ausgeschöpft hat. Bei den katheterbasierten<br />

Eingriffen handelt es sich um sehr erfolgreiche<br />

Alternativmethoden, die in hohem Maße zu einer Reduzierung<br />

der chirurgischen Morbidität und Mortalität bei unseren<br />

Kleintierpatienten beitragen. Mit der sich stetig weiter<br />

entwickelnden Technologie werden uns künftig ohne Zweifel<br />

weitere interessante neuartige Strategien für die minimalinvasive<br />

Behandlung kongenitaler und erworbener kardiovaskulärer<br />

Erkrankungen bei Kleintieren zur Verfügung stehen.<br />

Footnotes:<br />

a<br />

<strong>Co</strong>ok Stainless Steel Embolization <strong>Co</strong>ils, <strong>Co</strong>ok Medical Inc, Bloomington, IN<br />

b<br />

Amplatz Canine Duct Occluder (ACDO), Infiniti Medical, Malibu, CA<br />

c<br />

Amplatzer Septal Occluder, AGA Medical <strong>Co</strong>rp, Golden Valley, MN<br />

d<br />

Amplatzer Muscular VSD occluder, AGA Medical <strong>Co</strong>rp, Golden Valley, MN<br />

LITERATUR<br />

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using an Amplatzer vascular plug in six dogs. J Small Anim Pract 2007; 48:<br />

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arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy. J Vet Intern Med 2006;<br />

20: 1232-1237.<br />

24 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

Herzklappenerkrankungen<br />

beim Hund<br />

neben einer höheren Prävalenz dieser Erkrankung auch<br />

eine Neigung zu einem früheren Beginn sowohl der pathologischen<br />

Veränderungen, als auch der klinischen Symptome.<br />

Adrian Boswood, MA, VetMB, DVC,<br />

Dipl. ECVIM (Cardiology), MRCVS<br />

Department of Veterinary Clinical Sciences,<br />

The Royal Veterinary <strong>Co</strong>llege, London, UK<br />

Dr. Boswood schloss sein Studium 1989 an der University of<br />

Cambridge ab. Nach einer kurzen Zeit in der Allgemeinpraxis<br />

ging er an das Royal Veterinary <strong>Co</strong>llege als Intern und ist<br />

dort heute als Senior Lecturer (außerordentlicher Professor)<br />

tätig. Dr. Boswood’s klinisches Interesse gilt der Kardiologie,<br />

und seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind kardiale<br />

Biomarker und Herzklappenerkrankungen beim Hund.<br />

Erworbene Herzklappenerkrankungen sind die häufigste<br />

Ursache von Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz<br />

in der Hundepopulation (1). Bei den Herzklappenerkrankungen<br />

des Hundes handelt es sich in der Regel um<br />

chronisch degenerative Erkrankungen verschiedener Bezeichnungen,<br />

unter anderem Endokardiose und myxomatöse<br />

Mitralklappenerkrankung. Am häufigsten betroffen ist die<br />

Mitralklappe, deren insuffiziente Funktion zur Entstehung<br />

einer Mitralregurgitation führt. Die Mitralregurgitation führt<br />

dazu, dass der linke Ventrikel ein erhöhtes Blutvolumen<br />

pumpen muss, da ein bestimmter Volumenanteil jeder<br />

ventrikulären Ejektion durch die insuffizienten Mitralklappen<br />

zurück in den linken Vorhof gelangt. Bei entsprechender<br />

Chronizität führt diese Überlastung zu einer Vergrößerung des<br />

linken Ventrikels und des linken Atriums, und bei einigen<br />

Tieren schließlich zur Entwicklung klinischer Symptome einer<br />

Herzinsuffizienz. Typischerweise betroffen sind ältere Hunde<br />

kleiner Rassen. Bei bestimmten Rassen, insbesondere dem<br />

Cavalier King Charles Spaniel, beobachtet man jedoch<br />

Bei Patienten, die regelmäßig tierärztlich untersucht werden, ist<br />

das erste auffällige klinische Anzeichen in der Regel das charakteristische<br />

linksseitige, systolische Herzgeräusch der Mitralinsuffizienz.<br />

Die Entwicklung eines Herzgeräusches geht der<br />

Entwicklung klinischer Symptome oft mehrere Jahre voraus. In<br />

der SVEP-Studie (2) zeigen Cavalier King Charles Spaniels mit<br />

Herzgeräusch, aber ohne Herzvergrößerung eine mediane<br />

symptomfreie Periode von deutlich über drei Jahren, bevor sie<br />

schließlich klinische Anzeichen einer Herzinsuffizienz entwickeln.<br />

In einem jüngst erschienenen Artikel berichten<br />

Borgarelli et al. (3), dass in einer gemischten Population<br />

asymptomatischer Hunde mit Mitralregurgitation weniger als<br />

50% der Hunde infolge ihrer Herzerkrankung in der Nachuntersuchungsperiode<br />

starben. Bei einer Mitralklappenerkrankung<br />

kann es sich in einigen Fällen also durchaus um einen relativ<br />

gutartigen und so langsam fortschreitenden Prozess handeln,<br />

dass klinische Symptome nicht erkennbar werden. Bei anderen<br />

Patienten wiederum kann die Erkrankung schließlich einen<br />

Punkt erreichen, an dem klinische Symptome einer Herzinsuffizienz<br />

manifest werden. Die Herausforderung für den mit<br />

dieser Erkrankung konfrontierten Kliniker besteht nun darin,<br />

eine richtige Diagnose zu stellen, zu erkennen, in welchem<br />

Stadium dieser progressiven Erkrankung sich der Patient zum<br />

aktuellen Zeitpunkt befindet, und eine optimale Behandlungsstrategie<br />

für diejenigen Patienten zu entwickeln, die tatsächlich<br />

behandlungsbedürftig sind.<br />

Die Verdachtsdiagnose einer Mitralregurgitation kann bei<br />

jedem Patienten mit links apikalem, systolischem Herzgeräusch<br />

gestellt werden, insbesondere, wenn es sich um einen Hund<br />

einer kleinen Rasse handelt. Es gibt aber auch einige große<br />

Hunderassen, die eine primäre Mitralklappenerkrankung<br />

entwickeln, dabei handelt es sich jedoch um eine eher seltene<br />

Form der Erkrankung. Hunde großer Rassen mit primärer<br />

Klappenerkrankung können einen geringfügig anderen<br />

Krankheitsverlauf haben, als Hunde kleiner Rassen (4).<br />

Die Bestätigung der Diagnose einer primären Klappenerkrankung<br />

erfolgt mit Hilfe der zweidimensionalen Echokardiographie<br />

und der Doppler-Echokardiographie. Das<br />

klinische Bild ist jedoch in aller Regel so typisch, und die<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 25


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

In diesem Artikel werde ich ausschließlich auf die Langzeitbehandlung<br />

chronisch erkrankter Patienten mit Herzinsuffizienz<br />

eingehen, und nicht auf die akute Behandlung von Patienten<br />

mit plötzlich einsetzender hochgradiger Herzinsuffizienz. Die in<br />

Großbritannien gültigen Handelsbezeichnungen und Dosierungen<br />

aller genannten Arzneimittel sind in Tabelle 1 aufgelistet.<br />

Ich unterteile die Patienten in vier Stadien und diskutiere die in<br />

jedem Stadium nach meiner Ansicht am besten geeigneten und<br />

am besten wissenschaftlich belegten Behandlungsoptionen.<br />

Folgende Stadien werden unterschieden:<br />

• Frühstadium der Erkrankung: Patient ohne klinische<br />

Symptome und ohne signifikante Kardiomegalie.<br />

• Moderat fortgeschrittene Erkrankung: Patient ohne manifeste<br />

klinische Symptome, aber mit Hinweisen auf eine Kardiomegalie,<br />

die therapeutische Anpassungen an das erhöhte Blutvolumen<br />

notwendig macht, das zu einer vermehrten Belastung<br />

sowohl des linken Atriums als auch des linken Ventrikels führt.<br />

• Herzinsuffizienz: Der Patient zeigt Symptome einer kongestiven<br />

Herzinsuffizienz als Folge der Mitralklappenerkrankung.<br />

Die ersten Symptome der Herzinsuffizienz sind im<br />

typischen Fall die einer Linksherzinsuffizienz mit pulmonaler<br />

Kongestion (Lungenstauung) und Lungenödem.<br />

• Refraktorische (behandlungsresistente) Herzinsuffizienz:<br />

Der Patient entwickelt trotz Herzinsuffizienztherapie erneut<br />

klinische Symptome.<br />

Abbildung 1.<br />

Laterale Thoraxröntgenaufnahme eines Hundes mit fortgeschrittener<br />

Mitralklappenerkrankung. Ausgeprägte Kardiomegalie<br />

mit kraniokaudaler Ausdehnung der Herzsilhouette und Dorsalverschiebung<br />

der Luftröhre. Die Lungenfelder sind diffus verschattet<br />

durch ein alveolares Muster, das auf ein Lungenödem hinweist<br />

und in diesem Fall die sekundäre Folge der kongestiven Linksherzinsuffizienz<br />

ist. Es handelt sich um ein gutes Beispiel für die<br />

typischen radiographischen Veränderungen einer fortgeschrittenen<br />

Mitralklappenerkrankung.<br />

Erkrankung kommt so häufig vor, dass echokardiographische<br />

Untersuchungen zur Diagnosebestätigung nicht in jedem Fall<br />

zwingend erforderlich sind. Thoraxröntgenaufnahmen sind<br />

insbesondere sehr hilfreich für die Bestimmung des Stadiums<br />

der Erkrankung. Diagnostische Kriterien sind eine vorhandene<br />

oder fehlende Kardiomegalie, und das Vorhandensein bzw.<br />

Fehlen einer kongestiven Linksherzinsuffizienz (Abbildung 1).<br />

Links apikale, systolische Herzgeräusche können auch durch<br />

kongenitale Herzerkrankungen und eine sekundäre Mitralregurgitation<br />

anderer Ursachen, einschließlich einer dilatativen<br />

Kardiomyopathie und bakterieller Endokarditiden, hervorgerufen<br />

werden. Diese Erkrankungen treten jedoch seltener auf und<br />

kommen tendenziell eher bei Hunden anderer Rassetypen vor.<br />

Behandlung von Patienten mit<br />

Mitralregurgitation in Abhängigkeit<br />

vom Stadium der Erkrankung<br />

Frühstadium der Erkrankung<br />

Es gibt nur wenige Evidenzen, die für den klinischen Nutzen<br />

einer wie auch immer gearteten Behandlung eines Patienten<br />

mit Mitralklappenerkrankung im Frühstadium sprechen. Zwei<br />

veröffentlichte Studien evaluieren die Wirksamkeit einer<br />

Therapie mit Angiotensin <strong>Co</strong>nverting Enzyme Hemmern (ACE-<br />

Hemmer) bei Hunden im Frühstadium der Erkrankung (2, 5).<br />

Die Ergebnisse dieser Studien sind widersprüchlich. Bei der<br />

Studie von Kvart et al. handelt es sich um eine Placebo-kontrollierte,<br />

prospektive Doppelblindstudie, in der ausschließlich<br />

Cavalier King Charles Spaniels untersucht werden (2). Den<br />

Ergebnissen dieser Studie zufolge bringt die Applikation von<br />

ACE-Hemmern bei Hunden vor dem Einsetzen klinischer<br />

Symptome keine Vorteile, und zwar unabhängig davon, ob<br />

bereits eine Kardiomegalie besteht oder nicht. Die neuere Studie<br />

von Puchelon et al. (5) ist eine Retrospektivstudie über eine<br />

kleine und heterogenere Hundepopulation (Anmerkung des<br />

Herausgebers: 141 Hunde). Die Studie kommt zu der Schlussfolgerung,<br />

dass Benazepril bei Hunden mit Erkrankung im<br />

Frühstadium bei Rassen außer dem Cavalier King Charles<br />

Spaniel von Vorteil ist. Die Tatsache jedoch, dass es sich bei<br />

dieser Untersuchung um eine retrospektive, nicht geblindete<br />

Studie mit niedriger Ereignisrate (eine geringe Anzahl Tiere<br />

in der Studie erreicht die Endpunkte Herztod oder beginnende<br />

Herzinsuffizienz) und mit unterschiedlichen medianen Nachuntersuchungsperioden<br />

in den behandelten und unbehandelten<br />

Gruppen handelt, bedeutet, dass die Schlussfolgerungen<br />

sehr vorsichtig interpretiert werden sollten. Ich<br />

würde die Schlussfolgerungen dieser Arbeitsgruppe allenfalls<br />

als nützliche Hypothese betrachten, die in weiteren, Placebokontrollierten<br />

Doppelblindstudien geprüft werden sollte, bin<br />

aber nach wie vor nicht überzeugt vom Nutzen einer frühen<br />

Therapie bei Patienten dieser Gruppe.<br />

Meine Vorgehensweise bei caninen Patienten dieser Kategorie<br />

beinhaltet keine pharmakologischen Maßnahmen, sondern<br />

26 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


HERZKLAPPENERKRANKUNGEN BEIM HUND<br />

Tabelle 1.<br />

Medikamente und Dosierungen<br />

Generischer<br />

Name<br />

Enalapril<br />

Benazepril<br />

Pimobendan<br />

Frusemid<br />

Furosemid<br />

Dosierung und Dosierungsfrequenz (Die Dosierungen können<br />

von den Angaben der Produktinformationen abweichen)<br />

0,5 mg/kg 1-2x tägl.<br />

0,25-0,5 mg/kg 1-2x tägl.<br />

0,2-0,6 mg/kg/Tag, verteilt auf zwei Dosen<br />

Initial 1-2 mg/kg 2x tägl., dann steigernd bis maximal 4 mg/kg 3x tägl.<br />

Die im Text und in der Tabelle<br />

angegebenen Dosierungen können<br />

von den Angaben der jeweiligen<br />

Produktinformationen abweichen.<br />

Wir übernehmen keine Verantwortung<br />

für eventuell auftretende unerwünschte<br />

Nebenwirkungen nach<br />

Applikation der Arzneimittel in den<br />

hier empfohlenen Dosierungen.<br />

Es wird empfohlen, vor jeder Applikation,<br />

zusätzlich andere Quellen<br />

(z. B. BSAVA Small Animal Formulary)<br />

zu Rate zu ziehen.<br />

Spironolacton<br />

Digoxin<br />

1-3 mg/kg 2x tägl.<br />

0,22 mg/m 2 2x tägl. Kontrolle der Serumdigoxinkonzentration<br />

(8 Std. nach Tabletteneingabe) nach 5-7 Tagen, um eine therapeutische<br />

Dosierung sicherzustellen und eine Überdosierung zu vermeiden.<br />

Amlodipin<br />

0,05-0,1 mg/kg 1-2x tägl.<br />

Hydralazin<br />

Sildenafil<br />

0,5-3,0 mg/kg 2-3x tägl. (beginnen mit niedriger Dosierung und<br />

erhöhen nach Wirkung unter Blutdruckkontrolle)<br />

0,5-3,0 mg/kg 1-3x tägl.<br />

Theophyllin<br />

Etamiphyllinecamsylat<br />

20 mg/kg 1x tägl.<br />

10-33 mg/kg 3x tägl. (nach den Angaben der Produktinformation)<br />

Terbutalin<br />

Butorphanol<br />

<strong>Co</strong>dein<br />

1,25-5 mg/Hund 2-3x tägl.<br />

0,5 mg/kg 2-4x tägl.<br />

0,5-2,0 mg/kg 2x tägl.<br />

vielmehr die Beratung und Information der Besitzer. Bei<br />

übergewichtigen Tieren spielt Gewichtskontrolle eine wichtige<br />

Rolle. Auch die Aufrechterhaltung regelmäßiger körperlicher<br />

Bewegung ist bei diesen Patienten meiner Ansicht nach von<br />

Vorteil. Dagegen gibt es keine überzeugenden oder durch<br />

wissenschaftliche Daten untermauerbare Argumente für eine<br />

diätetische Natriumrestriktion in diesem Stadium. Wichtig ist<br />

eine Aufklärung der Besitzer über die Symptome, die auf<br />

die Entwicklung einer Herzinsuffizienz und damit auf die<br />

Notwendigkeit einer therapeutischen Intervention hindeuten.<br />

Zu nennen sind hier in erster Linie Leistungsintoleranz, erhöhte<br />

Atemfrequenz, Husten, Lethargie und unerklärlicher Gewichtsverlust.<br />

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen dieser Patienten<br />

stellen sicher, dass Verschlechterungen der frühen klinischen<br />

Symptome rechtzeitig erkannt werden und geben gleichzeitig<br />

dem Patientenbesitzer das Gefühl, dass eine eventuell<br />

auftretende klinische Erkrankung von tierärztlicher Seite sehr<br />

ernst genommen wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist ein eher<br />

beruhigendes Einwirken auf die Besitzer von Patienten in den<br />

frühen Stadien der Erkrankung. Wird die Wahrscheinlichkeit<br />

der Entwicklung von Problemen in der nahen Zukunft zu<br />

stark betont, so löst dies lediglich eine unnötige Beunruhigung<br />

beim Besitzer aus. Viele Hunde im frühen Stadium einer<br />

Mitralklappenerkrankung halten über viele Jahre hinweg einen<br />

bemerkenswert stabilen klinischen Zustand, und einige dieser<br />

Patienten erliegen eher einer herzunabhängigen Erkrankung,<br />

bevor sie die Gelegenheit bekommen, klinische Symptome<br />

einer Herzinsuffizienz an den Tag zu legen.<br />

Moderat fortgeschrittene Erkrankung<br />

Zwei Studien, die SVEP-Studie (2) und die VETPROOF-<br />

Studie (6), untersuchten die Wirkungen von ACE-Hemmern bei<br />

Hunden mit Kardiomegalie vor dem Eintreten klinischer Herzinsuffizienzsymptome.<br />

Beide Studien untersuchten, welche<br />

Effekte eine Behandlung von Hunden mit Mitralklappenerkrankung<br />

vor Beginn der klinischen Symptome hat. Einige<br />

Hunde in der SVEP-Studie wiesen eine Kardiomegalie auf,<br />

und in der VETPROOF-Studie war die Vergrößerung des<br />

linken Vorhofs eines der Einschlusskriterien. Deshalb wiesen<br />

alle Hunde in dieser Studie eine mehr oder weniger stark<br />

ausgeprägte Herzvergrößerung auf. Auch in diesem Fall<br />

scheinen die beiden Studien widersprüchliche Ergebnisse<br />

hervorzubringen. Die SVEP-Studie beschreibt keine Vorteile der<br />

ACE-Hemmer-Therapie gemessen an einer Verzögerung des<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 27


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

Beginns der Herzinsuffizienz beim Cavalier King Charles<br />

Spaniel. Die VETPROOF-Studie zeigt keinerlei signifikante<br />

Effekte von Enalapril auf den primären Endpunkt der Studie,<br />

also den Zeitpunkt des Einsetzens einer kongestiven Herzinsuffizienz.<br />

Betrachtet man einen sekundären, kombinierten<br />

Endpunkt einer ursachenunabhängigen Mortalität und einer<br />

beginnenden Herzinsuffizienz, scheint es jedoch nach Ausschluss<br />

der Hunde, die innerhalb der ersten 60 Tage der Studie<br />

starben, einen signifikanten Unterschied zu geben. Diese<br />

Analyse war im Vorfeld der Studie nicht geplant, sie liefert aber<br />

eine faszinierende Hypothese, der zufolge es eine herzunabhängige<br />

vorteilhafte Wirkung von Enalapril auf die Überlebenszeit<br />

geben könnte. In der Kombination können mich die<br />

Ergebnisse aus diesen beiden Studien dennoch nicht davon<br />

überzeugen, dass eine Therapie Vorteile haben soll, selbst bei<br />

Hunden mit einer Kardiomegalie zum Zeitpunkt der Diagnose.<br />

An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, dass bislang<br />

lediglich ACE-Hemmer als potenziell vorteilhafte Behandlungsoption<br />

vor Beginn klinischer Symptome im Rahmen groß<br />

angelegter, gut kontrollierter Studien untersucht worden sind.<br />

Zweifellos gibt es noch weitere pharmakologische Kandidaten<br />

für eine frühzeitige Behandlung, die bislang aber noch nicht so<br />

konsequent untersucht wurden. Alles, was wir über solche<br />

alternativen Therapieoptionen gegenwärtig sagen können, ist<br />

deshalb, dass wir „nichts Genaues wissen“. In Zukunft kann sich<br />

die eine oder andere Therapieoption durchaus als vorteilhafte<br />

Alternative bei Erkrankungen in diesen frühen Stadien<br />

erweisen. Nehmen wir aber die Grundsätze der „evidenzbasierten<br />

Medizin“ als Maßstab, so stelle ich fest, dass es heute<br />

an ausreichender Evidenz für die Vorteile solcher Therapien<br />

fehlt, so dass ihre Anwendung bei Patienten in diesem Stadium<br />

gegenwärtig nicht befürwortet werden kann.<br />

Eine neuere und bislang noch unveröffentlichte Studie<br />

postuliert einen vorteilhaften Effekt von Spironolacton vor<br />

Beginn klinischer Symptome einer Herzinsuffizienz. Da<br />

diese Ergebnisse jedoch aufgrund der noch nicht erfolgten<br />

Veröffentlichung gegenwärtig als nicht vollständig evaluiert<br />

zu gelten haben, scheint eine weitere Bewertung zunächst<br />

ausgeschlossen, und bislang hat dieses Postulat keinen Einfluss<br />

auf meine Behandlungspraxis für diese Patienten.<br />

Die zentralen Aspekte meiner Strategie für Patienten in diesem<br />

Stadium der Erkrankung und ihre Besitzer sind, wie bereits<br />

oben erwähnt, Information, Beratung und Monitoring. Wichtig<br />

ist, dass die Symptome einer entstehenden Herzinsuffizienz<br />

sofort erkannt werden, wenn sie auftreten, damit die Behandlung<br />

zu dem Zeitpunkt eingeleitet werden kann, an dem sie<br />

bekanntermaßen am wirksamsten ist. Patientenbesitzer sollten<br />

deshalb so geschult werden, dass sie in der Lage sind, die<br />

Atemfrequenz zu Hause zu messen. Ferner sollten sie angewiesen<br />

werden, auf subtile Anzeichen einer beginnenden<br />

Leistungsintoleranz zu achten. Gleichzeitig sollten die Patientenbesitzer<br />

im Rahmen dieser Beratung jedoch auch darauf<br />

hingewiesen werden, dass viele Hunde mit Mitralklappenregurgitation<br />

und Kardiomegalie viele Jahre lang ohne Symptome<br />

einer Herzinsuffizienz leben können. Die Überbetonung<br />

der Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung klinischer Symptome<br />

kann beim Besitzer zu unnötiger Verunsicherung und zahlreichen<br />

„falschen Alarmen“ führen.<br />

Beginnende Herzinsuffizienz<br />

Eine beginnende kongestive Herzinsuffizienz lässt sich am<br />

besten mit Hilfe von Thoraxröntgenaufnahmen dokumentieren.<br />

Bei Patienten mit Symptomen einer kongestiven Herzinsuffizienz<br />

infolge einer Mitralklappenregurgitation gibt es<br />

im Gegensatz zu den beiden oben erläuterten Stadien überzeugende<br />

Evidenzen für die Vorteile einer Therapie. Dies gilt<br />

nicht nur im Hinblick auf eine Verbesserung der Lebensqualität,<br />

sondern bei einigen Behandlungsoptionen auch für eine<br />

Verlängerung der Lebenserwartung. Aus den Ergebnissen<br />

einiger kontrollierter Studien können wir stichhaltige Schlussfolgerungen<br />

als Grundlage für unsere Therapie ziehen. So<br />

belegen zahlreiche Studien die Vorteile von ACE-Hemmern bei<br />

der Behandlung von Hunden mit Mitralklappenerkrankung.<br />

Die LIVE-Studie (7) und die BENCH-Studie (8) sind zwei<br />

der schon etwas länger zurückliegenden Untersuchungen. Sie<br />

zeigen, dass ACE-Hemmer die Überlebenszeit von Hunden mit<br />

Herzinsuffizienz im Vergleich zu einem Placebo verlängern,<br />

wenn sie als Ergänzung zu der aus Diuretika, in einigen Fällen<br />

kombiniert mit Digoxin und anderen Arzneimitteln, bestehenden<br />

Standardtherapie eingesetzt werden. Beide Studien<br />

schließen auch Hundepopulationen mit Mitralregurgitation<br />

ein. Eine Subanalyse der LIVE-Studie (7) zeigt insbesondere in<br />

der Gruppe der Hunde mit Mitralregurgitation Vorteile der<br />

ACE-Hemmer-Therapie. Schlussfolgernd kann festgestellt<br />

werden, dass ACE-Hemmer in der Behandlung von Hunden mit<br />

Herzinsuffizienz infolge Mitralklappenerkrankung eine<br />

bessere Wirkung erzielen als Placebos.<br />

Etwas neueren Datums ist die Feststellung, dass Pimobendan<br />

in diesem Zusammenhang wirksam ist. Studien über Mitralklappenerkrankungen<br />

zeigen unter der Behandlung mit<br />

Pimobendan Verbesserungen der Lebensqualität und Verbesserungen<br />

von zeitlichen Aspekten bestimmter Ereignisse, wie<br />

zum Beispiel der Hospitalisation (9). Die VetSCOPE-Studie<br />

kommt zu dem Ergebnis, dass die vorteilhaften Wirkungen von<br />

Pimobendan die vorteilhaften Wirkungen der ACE-Hemmer<br />

übertreffen (10), allerdings gibt die Schlussfolgerung dieser<br />

Studie Anlass für eine substanzielle kontroverse Debatte.<br />

Die jüngst veröffentlichte QUEST-Studie (11), eine positiv<br />

kontrollierte, prospektive Einzelblindstudie, in der Benazepril<br />

und Pimobendan miteinander verglichen wurden, kommt<br />

zu der Schlussfolgerung, dass die Vorteile von Pimobendan<br />

28 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


HERZKLAPPENERKRANKUNGEN BEIM HUND<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Hunde, die in der Studie blieben (%)<br />

Log-Rank Test, P=0,0099<br />

Pimobendan-Gruppe<br />

267 Tage, IQR 122-523 Tage<br />

Benazepril-Gruppe<br />

140 Tage, IQR 67-311 Tage<br />

0<br />

100<br />

200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100<br />

Zeit (Tage)<br />

Abbildung 2.<br />

Kaplan-Meier-Analyse der Überlebenszeit aus der QUEST-Studie. Die mediane Zeit zum Erreichen des primären Endpunktes lag bei 267 Tagen in der<br />

Pimobendan-Gruppe, verglichen mit 140 Tagen in der Benazepril-Gruppe. Demzufolge erreicht die Pimobendan-Gruppe eine 91% ige Verlängerung<br />

der Zeit bis zum Erreichen des primären Endpunktes (Herztod oder Euthanasie aus kardiologischen Gründen oder Scheitern der Therapie).<br />

diejenigen von Benazepril (und wahrscheinlich auch die<br />

anderer ACE-Hemmer) übertreffen, was sich in einer 91%<br />

igen Verlängerung der Zeitspanne bis zum Erreichen eines<br />

zusammengesetzten Endpunktes (Tod, Euthanasie aufgrund<br />

der Herzerkrankung oder Scheitern der Behandlung) ausdrückt<br />

(Abbildung 2). Diese Studie legt nahe, dass Pimobendan<br />

vorzuziehen ist, wenn ACE-Hemmer oder Pimobendan, entweder<br />

allein oder in Kombination mit Diuretika oder anderen<br />

Behandlungsoptionen eingesetzt werden. Ungeklärt bleibt, ob<br />

nicht eine Kombination eines ACE-Hemmers mit Pimobendan<br />

eine noch bessere Wirkung erzielen kann. Jüngsten, noch<br />

unveröffentlichten Erkenntnissen zufolge, zeigt Spironolacton<br />

bei Hunden mit Mitralregurgitation und Symptomen einer<br />

Herzinsuffizienz vorteilhafte Wirkungen.<br />

Meine Behandlungsstrategie für Patienten in diesem Stadium<br />

ist zum Teil abhängig von den Vorlieben und Einstellungen der<br />

Besitzer und der Frage, ob es möglich ist, diese Patienten mit<br />

mehreren verschiedenen Medikamenten zu behandeln. Eine<br />

optimale Behandlung könnte aus bis zu vier verschiedenen<br />

Arzneimitteln bestehen. Außer Zweifel steht sicherlich die<br />

Notwendigkeit, Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz<br />

gewissermaßen als Basistherapie mit Furosemid zu behandeln.<br />

Auf dieser Grundlage kommen folgende Arzneimittelkombinationen<br />

in Frage:<br />

• Furosemid plus Pimobendan<br />

• Furosemid plus Pimobendan plus ACE-Hemmer<br />

• Furosemid plus Pimobendan plus ACE-Hemmer plus<br />

Spironolacton.<br />

In Fällen, in denen entweder aus finanziellen Gründen oder<br />

aufgrund des Risikos einer schlechten <strong>Co</strong>mpliance eine<br />

Minimaltherapie erforderlich wird, ist die erste Variante mit<br />

zwei Medikamenten ausreichend. Optimal wäre natürlich eine<br />

Behandlung mit der Dreier- oder Viererkombination, obgleich<br />

wissenschaftliche Nachweise für einen zusätzlichen Nutzen<br />

einer Ergänzung der Zweierkombination mit den beiden<br />

anderen Arzneimitteln bislang nicht vorliegen. Unter Kardiologen<br />

ist jedoch die Ansicht weit verbreitet, dass eine Mehrfachtherapie<br />

tatsächlich zusätzliche Vorteile bringt.<br />

Refraktäre Herzinsuffizienz<br />

Sobald ein Patient nach dem Einsetzen der klinischen Herzinsuffizienzsymptome<br />

die für ihn optimal geeignete Behandlung<br />

erhält, beobachtet man oft eine mehrmonatige Periode, die<br />

durch eine relative Stabilität des Patienten und eine erfolgreiche<br />

Kompensation der Herzinsuffizienz gekennzeichnet ist (vorausgesetzt,<br />

die Behandlung wird konsequent aufrechterhalten).<br />

Leider erreichen die meisten dieser Hunde einen Punkt, an dem<br />

die klinischen Symptome trotz fortgesetzter Behandlung<br />

rezidivieren. In dieser Situation ist eine Modifikation des<br />

Behandlungsschemas erforderlich. Diese Modifikation besteht<br />

zum einen darin, die Dosierung der bereits verabreichten<br />

Arzneimittel anzupassen und zum anderen zusätzliche Behand-<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 29


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

lungsmaßnahmen einzuleiten. Für dieses Spätstadium der<br />

Erkrankung herrscht ein Evidenzmangel für die Wirksamkeit<br />

einer bestimmten Therapie, und in diesem Zusammenhang gibt<br />

es unzählige verschiedene Expertenmeinungen. Erhält der<br />

Patient nur zwei oder drei der oben aufgelisteten Arzneimittel,<br />

würde ich an dieser Stelle zusätzlich die anderen, noch nicht<br />

applizierten Komponenten aus der oben genannten Liste<br />

verabreichen, um zunächst sicherzustellen, dass der Patient<br />

alle vier Medikamente – Furosemid, Pimobendan, einen ACE-<br />

Hemmer und Spironolacton – erhält. Ist das Ergebnis nicht<br />

zufrieden stellend, besteht zusätzlich zu dieser Viererkombination<br />

die Möglichkeit, weitere Diuretika, weitere Vasodilatatoren<br />

und/oder Digoxin zu verabreichen. Digoxin ist insbesondere<br />

bei Patienten mit Vorhofflimmern angezeigt. Ich führe<br />

folgende Modifikationen des Behandlungsschemas durch:<br />

• Erhöhung der Dosierung und der Dosierungsfrequenz von<br />

Furosemid bis auf ein Maximum von 4 mg/kg dreimal täglich.<br />

• Erhöhung der Spironolacton-Dosierung auf maximal 2-3 mg/<br />

kg zweimal täglich.<br />

• Verdopplung der Dosierungsfrequenz des ACE-Hemmers<br />

(von einmal täglich auf zweimal täglich).<br />

Im Anschluss an diese Maßnahmen können zusätzliche<br />

Diuretika, insbesondere die in anderen Zielstrukturen im<br />

Nephron wirkenden Thiazid-Diuretika (sequenzielle Nephronblockade),<br />

und weitere Vasodilatatoren, wie zum Beispiel<br />

Amlodipin und Hydralazin, in Betracht gezogen werden. Entwickeln<br />

die Patienten Anzeichen einer kongestiven Rechtsherzinsuffizienz,<br />

so kann es sich hierbei um die sekundäre Folge<br />

einer pulmonalen Hypertonie handeln. Einige Autoren befürworten<br />

in diesen Fällen eine Behandlung mit Sildenafil (12).<br />

Eine multiple medikamentöse Behandlung von Patienten mit<br />

fortgeschrittener Herzklappenerkrankung ist mit zahlreichen<br />

Risiken verbunden. Zu den häufigsten Komplikationen gehören<br />

eine eingeschränkte Nierenfunktion und Elektrolytstörungen<br />

(13). Ich empfehle deshalb bei Patienten mit Mitralregurgitation<br />

eine Kontrolle des biochemischen Profils vor Behandlungsbeginn,<br />

sowie 7 bis 10 Tage nach jeder signifikanten<br />

Modifikation des Behandlungsschemas. In den späteren<br />

Stadien der Erkrankung ist die Entwicklung einer mehr oder<br />

weniger stark ausgeprägten Azotämie nahezu unvermeidlich.<br />

Handelt es sich um eine eher geringgradige Azotämie, so kann<br />

die Behandlung fortgesetzt werden. Bei einigen Patienten kann<br />

sich die Entwicklung einer signifikanten Nierendysfunktion<br />

jedoch als ein limitierender Faktor für die Fortsetzung der<br />

Behandlung erweisen.<br />

Letztlich wird die Mehrzahl der Patienten mit Symptomen<br />

einer Herzinsuffizienz infolge einer Mitralregurgitation der<br />

Erkrankung trotz fortgesetzter therapeutischer Bemühungen<br />

erliegen (75% der Hunde in der QUEST-Studie erreichten den<br />

primären Endpunkt (11)). In vielen Fällen stellt sich früher<br />

oder später die Frage einer Euthanasie, und die Entscheidung<br />

hierüber sollte stets objektiv unter dem Aspekt der Lebensqualität<br />

des Patienten unter der Behandlung getroffen werden,<br />

aber auch die Wünsche des Patientenbesitzers berücksichtigen.<br />

Zusätzliche Probleme<br />

Die oben erläuterte Klassifikation kann zwei Probleme aufwerfen.<br />

Eines dieser Probleme ist das durch die Klassifikation<br />

künstlich geschaffene Gefühl der Gewissheit einer Einstufung<br />

eines Hundes, der sich unter Umständen eher im Grenzbereich<br />

zwischen zwei Kategorien bewegt. Das zweite Problem betrifft<br />

das klinische Symptom eines hartnäckigen Hustens, das bei<br />

vielen Hunden mit Herzklappenerkrankung zu beobachten ist.<br />

Jede Form der Kategorisierung einer Erkrankung unterteilt auf<br />

künstliche Weise ein kontinuierliches Spektrum von Patienten<br />

in eine Reihe offensichtlich unterschiedlicher Kategorien.<br />

Probleme entstehen oft bei Hunden, deren Zustand sich im<br />

Grenzbereich zwischen zwei Kategorien bewegt. Bei einigen<br />

Patienten gestaltet sich eine eindeutige Beurteilung oft sehr<br />

schwierig, beispielsweise bei Patienten mit mittel- bis hochgradiger<br />

Leistungsintoleranz oder Patienten mit Hinweisen auf<br />

ein geringgradiges interstitielles Lungenmuster im Röntgenbild:<br />

Haben diese Patienten eine Herzinsuffizienz oder nicht?<br />

Möglicherweise erhalten wir in Zukunft bei der Unterscheidung<br />

von Hunden, die mehr oder weniger wahrscheinlich Symptome<br />

einer Herzinsuffizienz zeigen werden, Unterstützung durch die<br />

Anwendung von Biomarkern. NTproBNP scheint in dieser<br />

Hinsicht am vielversprechendsten zu sein (14, 15) (siehe auch<br />

Artikel von Oyama und Reynolds in dieser Ausgabe). Wenn<br />

klinische Symptome und radiologische oder echokardiographische<br />

Befunde auf eine fortgeschrittene Erkrankung<br />

hinweisen, ist es in einigen Fällen notwendig, eine empirische<br />

Behandlung in Betracht zu ziehen, um zu überprüfen, ob sich<br />

die Symptome bessern. Nicht selten ist eine solche empirische<br />

Strategie jedoch von einer gewissen Unsicherheit geprägt, da<br />

für die vorliegenden Symptome auch begleitende Erkrankungen<br />

verantwortlich sein könnten, die sich entweder unter<br />

derselben Therapie bessern oder aber mit der Zeit spontan<br />

zurückgehen. Ein offensichtliches Ansprechen auf die Behandlung<br />

ist also eher ein sehr schwaches Argument, um einen Hund<br />

zu einer lebenslangen Therapie zu verurteilen. Als sehr unwahrscheinlich<br />

gilt, dass ein Hund mit einem relativ leisen Herzgeräusch<br />

und ohne Anzeichen einer Herzvergrößerung irgendwelche<br />

klinischen Symptome als Folge seiner Erkrankung zeigt.<br />

Husten ist ein sehr spezifisches klinisches Symptom bei Hunden<br />

mit Mitralklappenerkrankung. Es kann sich um eine Folge der<br />

Erkrankung handeln, aber nicht unbedingt um ein Anzeichen<br />

für eine Herzinsuffizienz. Weithin wird angenommen, dass der<br />

den Symptomen einer Herzinsuffizienz oftmals vorausgehende<br />

Husten bei Hunden mit Mitralklappenerkrankung eine Folge<br />

30 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


HERZKLAPPENERKRANKUNGEN BEIM HUND<br />

mechanischer Auswirkungen des vergrößerten linken Atriums<br />

ist, das zu einer Kompression des linken Hauptstammbronchus<br />

führt. Unter diesen Voraussetzungen führt eine lediglich auf die<br />

Kontrolle der Symptome der kongestiven Herzinsuffizienz<br />

ausgerichtete Behandlung unter Umständen nicht zu einer<br />

Remission des Hustens, da dadurch nicht notwendigerweise<br />

auch die Größe des linken Vorhofs abnimmt. Verschiedene<br />

Strategien werden für diese Patienten vorgeschlagen, mit dem<br />

Ziel, die Symptome zu lindern. Sämtliche dieser Optionen<br />

können bei einem solchen Patienten getestet werden, in vielen<br />

Fällen erweist sich der Husten jedoch trotz dieser therapeutischen<br />

Bemühungen als behandlungsresistent. Folgende<br />

Behandlungsstrategien bieten sich an:<br />

• Bronchodilatation: Theophyllin, Etamiphyllin und Terbutalin<br />

kommen in Frage.<br />

• Veränderungen des Managements (Lebensweise, Fütterung,<br />

Haltungsbedingungen etc.): Gewichtsreduktion, Vermeidung<br />

rauchiger, staubiger Umgebungen, Halsband durch Brustgeschirr<br />

ersetzen, um eine weitere Reizung der Atemwege zu<br />

vermeiden.<br />

• Vasodilatatoren oder Diuretika in geringer Dosierung mit<br />

dem Ziel, die Größe des linken Vorhofs zu reduzieren.<br />

• Husten unterdrückende Arzneimittel: Butorphanol oder<br />

<strong>Co</strong>dein können intermittierend eingesetzt werden, um<br />

besonders problematischen Husten zu unterdrücken.<br />

• Antiinflammatorische Arzneimittel: Einige Autoren befürworten<br />

in dieser Situation die intermittierende Gabe gering<br />

dosierter Kortikosteroide oder Steroide über einen Inhalator.<br />

Zukünftige Entwicklungen<br />

Eine jüngste aufregende Entwicklung, die signifikante Auswirkungen<br />

auf die Diagnose und Behandlung von Herzerkrankungen<br />

bei Hunden mit Mitralklappenerkrankung (und<br />

anderen Herzerkrankungen) haben kann, ist die Entwicklung<br />

von Assays für kardiale Biomarker (siehe Artikel Seite 2).<br />

Besonders viel versprechend in diesem Zusammenhang scheint<br />

die Bestimmung des NTproBNP. Mehrere neuere Studien<br />

unterstreichen die diagnostischen Vorteile dieses Markers beim<br />

Erkennen von Patienten mit Herzerkrankung und Herzinsuffizienz<br />

(14, 15). In der Humanmedizin unterstützt die<br />

Bestimmung von Biomarkern sowohl das Erkennen von<br />

Patienten mit weiter fortgeschrittener Erkrankung, als auch die<br />

Entscheidungsfindung hinsichtlich ihrer Therapie. Beim<br />

Menschen lassen erhöhte NTproBNP-Konzentrationen darüber<br />

hinaus prognostische Schlussfolgerungen zu, und auch bei<br />

Hunden weisen erste vorläufige Daten darauf hin, dass es einen<br />

starken prädiktiven Zusammenhang zwischen der NTproBNP-<br />

Konzentration und der Prognose gibt.<br />

Denkbar ist in Anbetracht dieser Entwicklungen, dass wir in<br />

Zukunft in der Lage sein werden, die Behandlung von Patienten<br />

mit Mitralklappenerkrankung und erhöhter NTproBNP-Konzentration<br />

mit deutlich mehr Zuversicht in Angriff zu nehmen. In der<br />

Humanmedizin wird bereits die Möglichkeit einer gezielten und<br />

spezifischen Reduktion der Konzentration des natriuretischen<br />

Peptides untersucht (16, 17), und dies ist zweifellos ein Weg,<br />

dessen weitere Verfolgung sich auch beim Hund lohnen würde.<br />

LITERATUR<br />

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Saunders, W.B.; 1999: 457-470.<br />

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prevention of congestive heart failure in dogs with myxomatous valve<br />

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16: 80-88.<br />

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myxomatous valve disease. J Vet Intern Med 2008; 22: 120-128.<br />

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trial to prove reduction in onset of heart failure in dogs chronically treated<br />

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on survival of dogs with naturally acquired heart failure. The Long-Term<br />

Investigation of Veterinary Enalapril (LIVE) Study Group. J Am Vet Med<br />

Assoc 1998; 213: 1573-1577.<br />

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survival times and clinical signs of dogs with congestive heart failure:<br />

Results of a multicenter, prospective, randomized, double-blinded,<br />

placebo-controlled, long-term clinical trial. J Vet Cardiol 1999; 1: 7-18.<br />

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10. Lombard CW, Jons O, Bussadori CM. Clinical efficacy of pimobendan<br />

versus benazepril for the treatment of acquired atrioventricular valvular<br />

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11. Häggström J, Boswood A, O'Grady M, et al. Effect of pimobendan versus<br />

benazepril hydrochloride on survival times in dogs with congestive heart<br />

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12. Bach JF, Rozanski EA, MacGregor J, et al. Retrospective evaluation of<br />

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dogs. J Vet Cardiol 2006; 8: 1-9.<br />

14. Boswood A, Dukes-McEwan J, Loureiro J, et al. The diagnostic accuracy<br />

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disease. J Small Anim Pract 2008; 49: 26-32.<br />

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pro-B-type natriuretic peptide concentration for identifying cardiac disease<br />

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16. Troughton RW, Frampton CM, Yandle TG, et al. Treatment of heart failure<br />

guided by plasma aminoterminal brain natriuretic peptide (N-BNP)<br />

concentrations. The Lancet 2000; 355: 1126-1130.<br />

17. Lainchbury JG, Troughton RW, Frampton CM, et al. NTproBNP-guided<br />

drug treatment for chronic heart failure: design and methods in the<br />

"BATTLESCARRED" trial. Eur J Heart Fail 2006; 8: 532-538.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 31


<strong>ROYAL</strong> <strong>CANIN</strong> STANDPUNKT...<br />

Diätetische Behandlung von<br />

Herzerkrankungen im<br />

Frühstadium: ACT with SPEED<br />

Daniel Baker, DVM<br />

Scientific <strong>Co</strong>mmunications, Royal Canin USA<br />

Dr. Baker schloss sein Studium 1999 an der University of<br />

Massachusetts-Amherst mit dem Grad eines Bachelor of<br />

Science in Biologie mit Auszeichnung ab. Als Student<br />

(undergraduate) nahm er als eines von 18 Mitgliedern<br />

weltweit am East/West marine biology program der<br />

Northeastern University teil. Im Rahmen dieses Projektes<br />

hatten die Studenten die Möglichkeit, die marine Flora<br />

und Fauna in drei unterschiedlichen Regionen der Erde<br />

zu untersuchen und zu vergleichen. Nach Abschluss<br />

seines klinischen Jahres an der University of Minnesota<br />

errang Daniel Baker 2003 den Grad des DVM an der Ross<br />

University. Nach seiner Approbation arbeitete er über vier<br />

Jahre als Kleintierpraktiker. Während dieser Zeit<br />

beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Notfall- und<br />

Intensivmedizin. Zurzeit ist Dr. Baker Mitglied des Teams<br />

Scientific <strong>Co</strong>mmunications bei Royal Canin, USA.<br />

Denise Elliott, BVSc (Hons), PhD,<br />

Dipl. ACVIM, Dipl. ACVN<br />

Scientific Affairs, Royal Canin USA<br />

Dr. Elliott schloss ihr Tiermedizinstudium im Jahr 1991 an der<br />

University of Melbourne mit Auszeichnung ab. Nach einem<br />

Internship in den Bereichen Kleintiermedizin und – chirurgie<br />

an der University of Pennsylvania ging Dr. Elliott an die<br />

University of California in Davis, wo sie eine Residency in<br />

Kleintiermedizin und Klinischer Diätetik der Kleintiere<br />

absolvierte. Im Jahr 1996 erhielt Dr. Elliott die Board<br />

Certification des American <strong>Co</strong>llege of Veterinary Internal<br />

Medicine und im Jahr 2001 das entsprechende Zertifikat des<br />

American <strong>Co</strong>llege of Veterinary Nutrition. Für ihre<br />

Dissertation zum Thema „Multifrequency Bioelectrical<br />

Impedance Analysis in Healthy Cats and Dogs“ erhielt sie im<br />

Jahre 2001 den Doktorgrad (PhD) im Fachbereich Ernährung<br />

der University of California, Davis. Gegenwärtig ist Dr. Elliott<br />

Leiterin der Abteilung Scientific Affairs bei Royal Canin, USA.<br />

Die genaue und rechtzeitige Diagnose der frühen<br />

Stadien (Grad 1 & 2, Tabelle 1) einer Herzerkrankung<br />

gilt seit jeher als eine schwierige Herausforderung. In<br />

dieser Phase der Erkrankung zeigen die meisten Patienten keine<br />

nach außen hin erkennbaren Krankheitsanzeichen. Klinische<br />

Symptome, die auf eine pathologische Veränderung im<br />

kardiologischen Bereich zurückzuführen wären, werden von<br />

Besitzern in der Regel erst dann beschrieben, wenn das Tier<br />

bereits eines der späteren Krankheitsstadien erreicht hat. In den<br />

meisten Fällen einer Herzerkrankung im Frühstadium wird<br />

keine Behandlung durchgeführt, sondern vielmehr eine regelmäßige<br />

Überwachung der Herzfrequenz, des Herzrhythmus<br />

und der Herzgröße, sowie assoziierter klinischer Symptome in<br />

sechs- bis zwölfmonatigen Intervallen. Die zentrale Frage, die in<br />

diesem Zusammenhang gestellt werden muss, ist Gegenstand<br />

einer intensiven Diskussion innerhalb der veterinärmedizinischen<br />

Gemeinde: „Wenn ein Patient keine nach außen<br />

sichtbaren klinischen Symptome zeigt, zum Beispiel bei einer<br />

Herzerkrankung im Frühstadium, welche Maßnahmen sollten<br />

auf klinischer Ebene ergriffen werden, um eine Verbesserung<br />

der Gesundheit des Tieres zu unterstützen“?<br />

Dank der Zusammenarbeit mit einigen der weltweit führenden<br />

Kardiologen und Ernährungswissenschaftlern und der innovativen<br />

Forschung bei Royal Canin und am WALTHAM Centre for<br />

Pet Nutrition sind wir heute in der Lage, die vorteilhaften Wirkungen<br />

einer frühzeitigen diätetisch-therapeutischen Unterstützung<br />

von Patienten mit kardiologischen Erkrankungen zu<br />

verstehen. Die Ernährung kann tief greifende vorteilhafte Wirkungen<br />

haben, insbesondere im Hinblick auf eine Reduzierung<br />

metabolischer Störungen, und gleichzeitig für eine Verbesserung<br />

der allgemeinen Lebensqualität des Patienten sorgen.<br />

32 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


Tabelle 1.<br />

Klassifikation von Herzerkrankungen<br />

Grad<br />

Grad I<br />

Grad II<br />

Grad III<br />

Grad IV<br />

Herzerkrankungen sind heute die zweithäufigste Todesursache<br />

bei Hunden. Chronische Herzklappenerkrankungen haben<br />

einen Anteil von 75% an diesen Fällen, während die dilatative<br />

Kardiomyopathie (DCM) für 10-15% aller beobachteten<br />

Fälle verantwortlich zeichnet. Dank der Entwicklungen der<br />

vergangenen Jahrzehnte verfügt der Allgemeinpraktiker heute<br />

in der Regel über zahlreiche fortschrittliche diagnostische<br />

Verfahren, wie zum Beispiel die Elektrokardiographie (E<strong>KG</strong>),<br />

den Holter-Monitor (Langzeit-E<strong>KG</strong>) und die Echokardiographie.<br />

Diese Verfahren bieten die Möglichkeit einer frühzeitigen<br />

Diagnose von Herzerkrankungen im Frühstadium<br />

und damit einer frühzeitigen therapeutischen Intervention.<br />

Die primäre Rolle der Ernährung bei der Prävention und Behandlung<br />

von Herzerkrankungen ist multimodalen Charakters.<br />

Durch die Zufuhr von Schlüsselnährstoffen versucht die klinische<br />

Diätetik, eine optimale <strong>Energie</strong>versorgung zu sichern,<br />

oxidativen Stress zu minimieren, entzündliche Ereignisse<br />

zu reduzieren, das Elektrolytgleichgewicht zu erhalten und<br />

schließlich die Herzleistung zu verbessern. Das Akronym<br />

„ACT with SPEED“ hilft uns dabei, die Rolle der wichtigsten<br />

Schlüsselnährstoffe bei der Verlangsamung des Fortschreitens<br />

einer Herzerkrankung besser zu verstehen.<br />

ACT<br />

Klinische Beschreibung<br />

Keine Einschränkung der körperlichen Aktivität.<br />

Normale körperliche Aktivität verursacht keine übermäßige<br />

Ermüdung, Herzfrequenzsteigerung oder Dyspnoe.<br />

Geringfügige Einschränkung der körperlichen Aktivität.<br />

Keine Einschränkung in Ruhe, aber normale körperliche<br />

Aktivität führt zu Ermüdung, Herzfrequenzsteigerung<br />

oder Dyspnoe.<br />

Ausgeprägte Einschränkung der körperlichen Aktivität.<br />

Keine Einschränkung in Ruhe, aber bereits eine geringe<br />

körperliche Aktivität verursacht Ermüdung,<br />

Herzfrequenzsteigerung oder Dyspnoe.<br />

Unfähigkeit zu jeglicher körperlicher Aktivität ohne<br />

Beschwerden. Herzinsuffizienzsymptome in Ruhe. Bei<br />

jeglicher körperlicher Anstrengung steigern sich die<br />

Beschwerden.<br />

Arginin, eine essenzielle Aminosäure, ist eine Vorstufe des<br />

endogen synthetisierten Stickstoffmonoxids (NO). Gut bekannt<br />

ist die Funktion von Stickstoffmonoxid als endothelialer<br />

Relaxationsfaktor, der für den Erhalt eines physiologischen<br />

Gefäßtonus verantwortlich ist (1). Beim Menschen und beim<br />

Hund wird eine endotheliale Dysfunktion mit einer kongestiven<br />

Herzinsuffizienz in Verbindung gebracht (2). Eine<br />

Argininsupplementierung scheint das Herzzeitvolumen bei<br />

Patienten mit Herzerkrankung zu verbessern, indem die<br />

Vorlast und die Nachlast positiv beeinflusst werden (HZV<br />

[Herzzeitvolumen] = HF [Herzfrequenz] x Kontraktilität x<br />

Vorlast/Nachlast).<br />

Carnitin, ein quaternäres Amin, besteht aus den beiden<br />

essenziellen Aminosäuren Lysin und Methionin. In höheren<br />

Konzentrationen kommt Carnitin sowohl im Skelett-, als auch im<br />

Herzmuskel vor. L-Carnitin (die biologisch aktive Form) ist<br />

ein entscheidender Faktor für die Fettsäureoxidation in den<br />

Mitochondrien. Es dient als Shuttle für den Transport von<br />

Fettsäuren von der Außenseite der Mitochondrien zu deren<br />

innerer Membran, und ist eine Schlüsselkomponente bei<br />

der Regulation des Citratzyklus (3). Zudem ist L-Carnitin<br />

verantwortlich für den Transport von potenziell kardiotoxischen<br />

Stoffwechselabfallprodukten aus den Mitochondrien. Normalerweise<br />

erfolgt eine ausreichende Versorgung des Körpers mit<br />

L-Carnitin über die intestinale Absorption oder die hepatische<br />

und renale Synthese. Bei bestimmten Rassen (Boxer, Dobermann<br />

und American <strong>Co</strong>cker Spaniel) wird ein myokardialer Carnitinmangel<br />

beschrieben (4, 5). In der überwiegenden Mehrzahl<br />

dieser Fälle liegen die Carnitinkonzentrationen im Plasma<br />

jedoch innerhalb ihres physiologischen Referenzbereiches.<br />

Diese Befunde sprechen für einen Defekt des Membrantransports,<br />

der verhindert, dass L-Carnitin aus dem Plasma in<br />

die Herzmuskelzellen eintritt. Eine bedarfsgerechte diätetische<br />

Versorgung mit optimalen Carnitinmengen kann zu einer<br />

Verbesserung der Gesamtfunktion der Herzmuskelzellen<br />

beitragen.<br />

Taurin, eine beim Hund nicht-essenzielle Aminosäure, ist gut<br />

bekannt für seine starken antioxidativen Wirkungen im gesamten<br />

Körper. Darüber hinaus ist Taurin ein Schlüsselnährstoff in<br />

der Behandlung bestimmter Kardiomyopathien (6-8). Jüngste<br />

Untersuchungen legen nahe, dass die Fütterung bestimmter<br />

Futtermittel auf Lammbasis und eine hochgradig proteinarme<br />

Ernährung zu einem stark ausgeprägten Taurinmangel mit den<br />

entsprechenden klinischen Symptomen führen kann (9-10).<br />

Rasseassoziierter Taurinmangel (z.B. American <strong>Co</strong>cker Spaniel,<br />

Portugiesischer Wasserhund) manifestiert sich in Form einer<br />

dilatativen Kardiomyopathie. In mehreren dieser Fälle kam es zu<br />

einer klinischen Besserung, wenn die Nahrung einen ausreichenden<br />

Tauringehalt aufwies (5-11). Bei Tieren mit experimentell<br />

induzierter Herzinsuffizienz besitzt Taurin darüber<br />

hinaus einen positiv inotropen Effekt (12). Diese Ergebnisse<br />

sprechen dafür, dass eine Taurinsupplementierung sich auch<br />

bei Herzpatienten ohne echten Taurinmangel als vorteilhaft<br />

erweisen kann.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 33


<strong>ROYAL</strong> <strong>CANIN</strong> STANDPUNKT...<br />

With<br />

SPEED<br />

Sodium: Eine Natriumrestriktion (Sodium) gilt seit langer<br />

Zeit als ein diätetischer Grundpfeiler der Behandlung von<br />

Herzerkrankungen. Zwar hat die Natriumrestriktion ohne<br />

Frage ihren Platz als ergänzende Maßnahme neben anderen<br />

diätetischen Maßnahmen, eine entscheidende Rolle spielt<br />

dabei jedoch die auf dem Schweregrad der Herzerkrankung<br />

basierende Höhe der Natriumrestriktion. So kann eine übertriebene<br />

Restriktion in einem frühen Stadium des Krankheitsprozesses<br />

zu einer übermäßigen Reaktion des Renin-<br />

Angiotensin-Aldosteron-Systems führen (13-18), deren Folge<br />

eine Verstärkung der klinischen Symptome und letztlich das<br />

Fortschreiten der Erkrankung ist. Seit Einführung der ACE-<br />

Hemmer ist die Notwendigkeit einer hochgradigen Natriumrestriktion<br />

bei den meisten Patienten weiter zurückgegangen<br />

(19). Auf der Grundlage unseres aktuellen Verständnisses der<br />

Zusammenhänge zwischen Natrium und der Herzphysiologie in<br />

bestimmten Stadien von Herzerkrankungen, wird heute vor<br />

allem der maßgeschneiderten, individuellen Anpassung des<br />

Grades der Natriumrestriktion eine herausragende Bedeutung<br />

beigemessen.<br />

Protein: Die Proteinrestriktion hat irrtümlicherweise über viele<br />

Jahre ihren Weg in die Behandlung von Herzerkrankungen<br />

gefunden. Viele der heute verfügbaren Diäten sind auf der<br />

Grundlage eines obsoleten Denkmusters formuliert, nach dem<br />

eine Proteinrestriktion zu einer Abnahme der metabolischen<br />

Belastung von Niere und Leber führt (20). Begutachtete<br />

Veröffentlichungen, die diese Hypothese bestätigen, gibt es<br />

jedoch nicht. Noch gravierender als diese fehlende Evidenz ist<br />

die Tatsache, dass proteinarme Diäten die Entwicklung einer<br />

kardialen Kachexie begünstigen. Diese Kachexie wiederum<br />

kann auf Seiten des Besitzers zur Wahrnehmung einer<br />

Tabelle 2.<br />

Kachexie-Scoring-System<br />

Kachexie-<br />

Score<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

*Modifiziert nach Freeman (29).<br />

`<br />

Beschreibung<br />

Guter Muskeltonus ohne Anzeichen einer<br />

Muskelatrophie<br />

Frühe, geringgradige Muskelatrophie,<br />

insbesondere im Bereich der Hinterhandund<br />

Lendenmuskulatur<br />

Mittelgradige Muskelatrophie, in allen<br />

Muskelgruppen sichtbar<br />

Hochgradige Muskelatrophie aller<br />

Muskelgruppen<br />

Höchstgradige Muskelatrophie<br />

schlechten Lebensqualität seines Tieres führen, und schließlich<br />

die Entscheidung in Richtung einer Euthanasie beschleunigen.<br />

Herzdiäten sollten nach heutigem Wissensstand optimale<br />

Mengen hoch verdaulicher Proteine enthalten, die den Erhalt<br />

der fettfreien Körpermasse sicherstellen.<br />

<strong>Energie</strong>: Der <strong>Energie</strong>bedarf von Patienten mit Herzerkrankung<br />

sollte stets unter Berücksichtigung des Body <strong>Co</strong>ndition<br />

Score (BCS) und des Grades der kardialen Kachexie (Tabelle 2)<br />

beurteilt werden. Ziel ist es, eine Kalorienzufuhr sicherzustellen,<br />

die sowohl die Entstehung einer Adipositas, als auch eine<br />

Auszehrung verhindert und gleichzeitig den Erhalt der fettfreien<br />

Körpermasse gewährleistet. Besondere Aufmerksamkeit<br />

verlangen Herzpatienten mit bereits bestehendem niedrigen<br />

BCS und/oder kardialer Kachexie. Ein schlechtes Allgemeinbefinden<br />

ist bei Herzpatienten nicht selten auf eine Anorexie<br />

zurückzuführen. So zeigt eine neuere Studie, dass die tägliche<br />

Kalorienaufnahme bei Hunden mit dilatativer Kardiomyopathie<br />

bei 72-84% ihres erwarteten täglichen <strong>Energie</strong>bedarfes liegt<br />

(21). Herzdiäten müssen deshalb Nährstoffe enthalten, die<br />

eine hohe Verdaulichkeit und eine hohe Bioverfügbarkeit<br />

aufweisen.<br />

Eikosapentaensäure (EPA)<br />

&<br />

Dokosahexaensäure (DHA) sind essenzielle langkettige Fettsäuren<br />

aus marinen Quellen, wie zum Beispiel Seefischen.<br />

Diese Fettsäuren haben tief greifende antiinflammatorische<br />

Wirkungen im gesamten Körper, insbesondere aber im Herzen.<br />

Studien zeigen, dass Hunde mit kongestiver Herzinsuffizienz<br />

im Vergleich zu gesunden Hunden niedrigere EPA/DHA-<br />

Konzentrationen im Plasma haben (21). Die kombinierten<br />

Effekte dieser Fettsäuren zielen auf eine Reduktion der Wirkungen<br />

proinflammatorischer Mediatoren auf die kardiale<br />

Infrastruktur (21). Die Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren<br />

mariner Herkunft führt bei Hunden mit Herzerkrankung<br />

nachweislich zu einer Verbesserung der kardialen Kachexie.<br />

Eine neuere Studie zeigt zudem, dass EPA/DHA aus Fischölen,<br />

die über einen Zeitraum von sechs Wochen verabreicht werden,<br />

den Grad und die Frequenz von Arrhythmien bei Boxern mit<br />

arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie (ARVC)<br />

reduzieren (22).<br />

Mehrere weitere Schlüsselnährstoffe mit kardiologischer<br />

Bedeutung sollten im Rahmen der diätetischen Behandlung<br />

von Patienten mit Herzerkrankungen ebenfalls in Betracht<br />

gezogen werden. So besitzt beispielsweise Vitamin E hemmende<br />

Wirkungen auf die Lipidperoxidation der Zellmembranen von<br />

Herzzellen. Vitamin E kann zudem als Biomarker für oxidativen<br />

Stress eingesetzt werden. So hat man herausgefunden, dass<br />

34 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


DIÄTETISCHE BEHANDLUNG VON HERZERKRANKUNGEN IM FRÜHSTADIUM: ACT WITH SPEED<br />

niedrige Vitamin-E-Konzentrationen bei Herzpatienten<br />

negativ mit dem Grad der Erkrankung korrelieren (23).<br />

Beschrieben wird darüber hinaus ein Vitamin-B-Mangel bei<br />

Katzen mit Kardiomyopathie (24). Hypomagnesämie kann<br />

Herzarrhythmien potenzieren, die Herzmuskelkontraktilität<br />

herabsetzen und zu Muskelschwäche beitragen (25, 26).<br />

Dieser Zusammenhang wird gehäuft beim Cavalier King<br />

Charles Spaniel beobachtet (27). Kalium wurde in den früher<br />

propagierten Herzdiäten übersupplementiert, um die infolge<br />

der diuretischen Therapie erhöhten renalen Kaliumverluste zu<br />

kompensieren. Heute wird diese hohe Supplementierung nicht<br />

mehr als notwendig erachtet. Seit der Einführung der ACE-<br />

Hemmer, die zu einer Steigerung der renalen Kaliumabsorption<br />

beitragen, sollten moderne Herzdiäten „normale“ Kaliumkonzentrationen<br />

aufweisen (28).<br />

Zusammenfassend betrachtet steht an erster Stelle natürlich<br />

die richtige Diagnose einer Herzerkrankung im Frühstadium.<br />

Anschließend müssen wir dem Besitzer des betroffenen Tieres<br />

erläutern, dass eine im Frühstadium unbehandelte Herzerkrankung<br />

unter Umständen drastische lebenslange Komplikationen<br />

nach sich ziehen kann. Viele dieser Komplikationen<br />

sind Folgen des subklinischen Krankheitsprozesses, der sich<br />

nicht notwendigerweise in Form von äußerlich erkennbaren<br />

klinischen Symptomen manifestieren muss. Als Kliniker haben<br />

wir heute die Möglichkeit, unseren Patientenbesitzern eine<br />

frühzeitige diätetische Therapie in Verbindung mit einer engen<br />

Überwachung des Gesundheitszustandes ihres Tieres anzubieten.<br />

Heute sind wir in der Lage, den Besitzern und ihren<br />

Tieren das diätetische Rüstzeug an die Hand zu geben, mit<br />

dessen Hilfe wir die Behandlung von Herzerkrankungen<br />

unterstützen und die Aussichten auf ein längeres, gesünderes<br />

Leben deutlich verbessern können.<br />

LITERATUR<br />

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the biological activity of endothelium-derived relaxing factor.<br />

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and dietary taurine concentrations in dogs with dilated cardiomyopathy.<br />

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high potassium content on plasma endothelin-1, atrial natriuretic peptide<br />

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Special Edition Advances in Clinical Nutrition, 2000; 36-42.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 35


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

Synkopen beim<br />

Hund– ein Syndrom,<br />

keine Krankheit<br />

Marianne Skrodzki, DVM<br />

Berlin, Deutschland<br />

Studium der Rechtswissenschaft und der Veterinärmedizin<br />

in Berlin, Habilitation sowie Privatdozentur mit der<br />

Lehrbefugnis für das Fach Kleintierkrankheiten; seit 2002<br />

eine eigene kardiologische Kleintierpraxis in Berlin.<br />

Gastdozentin an den Universitäten in Riga, St. Petersburg,<br />

Moskau und Tirana und Studienaufenthalte an den<br />

Universitäten in Philadelphia, Utrecht und Edinburgh.<br />

Ihre Hauptinteressen sind Diagnostik und Therapie<br />

angeborener und erworbener Herz-Kreislauferkrankungen<br />

beim Kleintier. Dr. Skrodzki ist international tätig, z.B. bei<br />

der WSAVA oder dem Canine Heart-failure International<br />

Expert Forum (CHIEF).<br />

Eberhard Trautvetter, DVM<br />

Berlin, Deutschland<br />

Prof. Dr. Trautvetter arbeitet seit 1967 auf dem Gebiet der<br />

Kleintierkardiologie. Nach Forschungsaufenthalten an der<br />

Universität Pennsylvania wurde er 1972 an der Freien<br />

Universität Berlin zum Universitätsprofessor berufen, 1984<br />

übernahm er die Leitung der Kleintierklinik, im Jahre 2000<br />

wurde er pensioniert, seitdem arbeitet er bei Berlin in einer<br />

Praxis und betreut Doktoranden aus dem In- und Ausland.<br />

Sein wissenschaftliches Hauptinteresse gilt Stammbaumanalysen<br />

zu genetisch bedingten Herz-Kreislauferkrankungen<br />

bei Rassehunden und –katzen; für seine Forschungserfolge<br />

erhielt er weltweite Auszeichnungen, z.B. den Centennial<br />

Award of Merit der University of Pennsylvania oder die<br />

Ehrenmedaille der französischen Spezialistenvereinigung.<br />

Einleitung<br />

Das Gehirn hat als Steuerorgan vieler Körperfunktionen<br />

Präferenz in der Blutversorgung. Im Gegensatz zu anderen<br />

Organsystemen, die bereits früh Funktionseinbußen erleiden,<br />

wird das Gehirn selbst bei mittleren arteriellen Drücken von<br />

60-70 mmHg noch ausreichend mit Blut versorgt. Ein Blutdruckabfall<br />

auf ca. 40 mmHg bedingt eine Reduktion der<br />

cerebralen Sauerstoffaufnahme, der CO 2 - Produktion und der<br />

Glucose-Utilisation. Unterhalb dieses Druckwertes kommt<br />

die Gehirnfunktion allmählich zum Erliegen.<br />

Infolge regionaler oder globaler zerebraler Minderperfusion<br />

kann es zu Schwindelanfällen bzw. zum spontanen reversiblen,<br />

kurzzeitigen Bewusstseinsverlust kommen, der<br />

definitionsgemäß als Synkope (Ohnmacht) bezeichnet wird.<br />

Eine Unterbrechung des zerebralen Blutflusses von 8-10<br />

Sekunden und mehr führt zur Bewusstlosigkeit und in<br />

schweren Fällen auch zum Tod des Patienten.<br />

Eine Synkope ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, das<br />

bei vielen Zuständen und Erkrankungen auftreten kann<br />

(Tabelle 1). Kardial bedingte Synkopen werden durch<br />

Arrhythmien verursacht oder durch Obstruktionen der ventrikulären<br />

Ausflussbahnen, angeborene Vitien mit Zyanose<br />

sowie durch Herzerkrankungen, die zur Abnahme des Herzminutenvolumens<br />

führen mit globaler bzw. regionaler<br />

Minderperfusion. Da die Bewusstlosigkeit von Tonusverlust<br />

der Haltemuskulatur begleitet wird, stürzen die Patienten<br />

oder sacken in sich zusammen. Schließlich kann die zerebrale<br />

Hypoperfusion auch zu Krampfanfällen in Seitenlage führen.<br />

Damit einhergehend können ein Opisthotonus, spontane<br />

Lautäußerungen, sowie unkontrollierter Harn- und/oder<br />

Kotabsatz beobachtet werden. Verschiedene Anfallsformen<br />

können ineinander übergehen bzw. zusammen auftreten.<br />

Zu den extrakardialen Ursachen, die zu einer plötzlich<br />

auftretenden Störung der physiologischen Körperhaltung und<br />

36 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


Tabelle 1.<br />

Einteilung von Anfällen nach Ursache<br />

Arrhythmogen<br />

Asystolie<br />

Bradykardie<br />

Tachykardie<br />

Kardiale Genese<br />

Organische Herzkrankheiten<br />

Obstruktion des ventrikulären<br />

Ausflusstraktes<br />

- Aorten-, Pulmonalstenose<br />

- Hypertroph obstruktive<br />

Kardiomyopathie<br />

- Herzwurmerkrankung<br />

Fallot`sche Tetralogie (Zyanose)<br />

Vermindertes Herzminutenvolumen<br />

- Klappeninsuffizienz<br />

- Dilatative Kardiomyopathie<br />

Herztamponade<br />

Myxom<br />

Medikamenteninduziert<br />

Extrakardiale Genese<br />

Pulmonal<br />

Pulmonale Hypertension<br />

Hustensynkope<br />

Hypoxämie verursachende<br />

Krankheiten<br />

Neurologisch / Neurovaskulär<br />

Epilepsie<br />

Ischämie<br />

zentrale Blutung<br />

zerebrale Vasokonstriktion<br />

Enzephalitis (z.B. Staupe)<br />

Portosystemischer Shunt<br />

Metabolisch / Endokrin<br />

Hypoglykämie<br />

Hypokalzämie<br />

Hypoadrenokortizismus<br />

Medikamenteninduziert<br />

Andere<br />

Anämie<br />

Tumoren<br />

Bewegung führen, aber nicht der strengen Definition einer<br />

Synkope entsprechen, gehören neben der primär zentral<br />

bedingten Epilepsie, vor allem Hypoglykämien, Hypokalzämien,<br />

der portosystemische Shunt, ZNS-Erkrankungen<br />

und Ateminsuffizienzen mit schweren Hypoxien (Tabelle 1).<br />

Anamnese<br />

Die differentialdiagnostische Abklärung eines Anfallsgeschehens<br />

ist in vielen Fällen schwierig, Dennoch kann<br />

bereits mit einer gezielten Anamnese bei vielen Patienten die<br />

Ursache einer Synkope identifiziert werden. Dabei stellt sich<br />

zunächst die Frage, ob es sich überhaupt um eine Synkope<br />

handelt oder z.B. auch nur um einen Schwindelanfall bzw. um<br />

Epilepsie. Von erheblicher Bedeutung ist die Information,<br />

ob der Patient nachgewiesen herzkrank ist, oder ob nur ein<br />

Herzgeräusch bekannt ist, ohne dass bisher eine weitere<br />

Diagnostik oder Therapie erfolgte.<br />

Mit dem Anfallsgeschehen unvorbereitet konfrontiert, werden<br />

die Besitzer, insbesondere, da sie meist Laien sind, in<br />

Angst oder sogar in Panik versetzt, so dass eine objektive<br />

Beschreibung des Geschehens kaum oder gar nicht zu<br />

erwarten ist. Besonders ungenau sind Angaben über die<br />

Anfallsdauer. Auch die Frage nach einem Bewusstseinsverlust<br />

wird meist mit: „Mein Hund hat mich angeschaut“, verneint<br />

und damit häufig fehlinterpretiert. Entsprechend sollte man<br />

Angaben zum Anfallsgeschehen nicht einfach übernehmen,<br />

sondern kritisch hinterfragen. Suggestivfragen sind jedoch<br />

unbedingt zu vermeiden.<br />

Von großem Interesse ist der Zeitpunkt des Anfallsgeschehens.<br />

Epileptische Anfälle treten in der Regel<br />

spontan oder aus der Ruhe bzw. dem Schlaf heraus<br />

auf. Dagegen werden kardiale Synkopen oft durch<br />

charakteristische Auslöser, wie physische oder<br />

psychische Belastungen provoziert. Hustensynkopen<br />

werden ausschließlich während oder unmittelbar<br />

nach Husten bemerkt, wohingegen die meisten<br />

anderen Anfälle extrakardialer Genese situationsunabhängig<br />

sind.<br />

Charakteristisch für die Epilepsie sind anhaltende,<br />

über 20 Sekunden dauernde tonisch-klonische<br />

Bewegungen sowie, ein länger dauernder postiktaler<br />

Dämmerzustand, Letzteres im Unterschied zu einer<br />

mit Krämpfen einhergehenden Synkope. Das Auftreten<br />

von Kaukrämpfen spricht ebenfalls für eine<br />

Epilepsie. Nach einer Synkope sind die Patienten<br />

innerhalb von Sekunden reorientiert. Auch nach<br />

länger dauernden Anfällen von ein bis zwei Minuten<br />

sind die Tiere meist nur wenige Sekunden benommen<br />

oder verwirrt. Eine länger anhaltende Orientierungsstörung<br />

spricht eher für einen epileptischen Anfall.<br />

Erschöpfung und Müdigkeit kommen auch nach Synkopen<br />

vor, sind nach epileptischen Anfällen jedoch häufiger<br />

und ausgeprägter. Weniger entscheidend ist, ob während<br />

der Bewusstlosigkeit "Zuckungen" beobachtet wurden.<br />

Unwillkürliche Bewegungen treten nicht nur bei einem<br />

Krampfanfall auf, sondern kommen auch bei Synkopen<br />

vor. Unkontrollierter Kot- und/oder Harnabsatz sind bei<br />

generalisierten tonischklonischen und synkopalen Anfällen<br />

etwa gleich häufig.<br />

Die Farbe der Schleimhäute bzw. der Zunge, sowie Atemtyp<br />

und Atemfrequenz während eines Anfalls, sind wichtige<br />

Informationen zur differentialdiagnostischen Abgrenzung<br />

beispielsweise einer Anämie infolge einer pulmonalen<br />

Erkrankung.<br />

Zur Einschätzung des genetischen Risikos der Anfallsursache<br />

ist die Familienanamnese hilfreich. Wissenswert ist, ob mit<br />

dem Patienten verwandte Tiere am plötzlichen Herztod<br />

starben, oder ob eine familiäre Häufung angeborener Herzerkrankungen<br />

oder von Epilepsie bekannt ist.<br />

Im Falle einer Wiederholung des Anfalls muss man sich über<br />

Häufigkeit, Anfallsbild und Dauer der vorausgegangenen<br />

Episoden informieren.<br />

Ist der Patient bekanntermaßen herzkrank und wird bereits<br />

therapiert, so ist die Medikamentenanamnese von erheblicher<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 37


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

Bedeutung. Medikamente können entweder durch einen<br />

unerwünschten vasodilatierenden Effekt oder durch die<br />

bradykardisierende bzw. tachykardisierende Wirkung einen<br />

synkopalen Anfall hervorrufen. Neben vasodilatierenden<br />

Antihypertensiva (ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten<br />

und Dihydralazin) können auch Herzglykoside, sowie die<br />

meisten Antiarrhythmika und Diuretika für eine Synkope<br />

verantwortlich sein.<br />

Diagnostisches Vorgehen<br />

Patienten mit Synkopen und kardialer Grunderkrankung<br />

weisen eine wesentlich höhere Mortalität auf als Hunde mit<br />

extrakardialen Synkopen und Synkopen unklarer Genese.<br />

Im Mittelpunkt der Diagnostik stehen nach Erhebung der<br />

Anamnese eine gründliche Allgemeinuntersuchung, die<br />

Auskultation von Herz und Lunge, das Elektrokardiogramm,<br />

sowie die Blutdruckmessung und eine allgemeine neurologische<br />

Untersuchung. Bei der körperlichen Untersuchung<br />

wird neben der Bestimmung der kapillären Füllungszeit und<br />

der Beurteilung der Schleimhautfarbe, besonderes Augenmerk<br />

auf die Pulsfrequenz und –qualität, sowie die Symmetrie<br />

der Pulswellen an beiden Hinterextremitäten gerichtet.<br />

Auskultatorisch ist besonders auf Herzgeräusche, aber auch<br />

auf pathologisch veränderte Herztöne zu achten. Beispielsweise<br />

kann ein betonter zweiter Herzton bei pulmonaler<br />

Hypertonie hörbar sein. Bei längerer Auskultation werden<br />

auch paroxysmal auftretende Bradykardien bzw. Arrhythmien<br />

erkannt. Durch gleichzeitige Erfassung von Puls- und Herzfrequenz<br />

kann ein Pulsdefizit Hinweis auf eine klinisch<br />

relevante Arrhythmie sein.<br />

Eine längere Registrierung des Ruhe-E<strong>KG</strong> gehört unbedingt<br />

zur Basisdiagnostik. Das stets wache Tier wird während der<br />

E<strong>KG</strong>-Aufzeichnung von einer Hilfsperson in rechter Seitenlage<br />

gehalten. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass<br />

man zwar im E<strong>KG</strong> aufgrund charakteristischer Indizes auf<br />

eine Herzkrankheit schließen kann, andererseits kann das<br />

Ruhe-E<strong>KG</strong>, selbst bei Patienten mit schwerer Herzkrankheit,<br />

unauffällig sein. Da bei einigen Hunden erst während körperlicher<br />

Belastung Zeichen der myokardialen Minderperfusion<br />

bzw. Herzrhythmusstörungen sichtbar werden, sollte man in<br />

fraglichen Fällen bzw. bei unklaren Synkopen während oder<br />

kurz nach Belastung des Patienten ein weiteres E<strong>KG</strong> aufnehmen.<br />

Hier geht es nur darum, Herzrhythmusstörungen zu<br />

erkennen und die Herzschlagfrequenz zu erfassen. Entsprechend<br />

ist die Lagerung des Tieres unwichtig. Jedoch<br />

muss auf die Analyse der E<strong>KG</strong>-Amplituden verzichtet werden.<br />

Ein konventionelles E<strong>KG</strong> wird in der Regel maximal einige<br />

Minuten abgeleitet und stellt mehr oder weniger eine<br />

„Momentaufnahme“ dar. Seltenere Ereignisse, wie z.B. höhergradige<br />

Rhythmusstörungen oder nur sporadisch auftretende<br />

Arrhythmien, können oft erst im Langzeit-E<strong>KG</strong> festgestellt<br />

werden. Beim Langzeit-E<strong>KG</strong> bzw. Holter-E<strong>KG</strong> erfolgt die E<strong>KG</strong>-<br />

Registrierung kontinuierlich über 24 Stunden und wird<br />

gespeichert. Jedoch kann selbst nach 24 Stunden Registrierung<br />

die „Momentaufnahme“ noch zu kurz sein.<br />

In der Anfallsdiagnostik sind durch Laboruntersuchungen<br />

lediglich Zusatzinformationen zu erwarten. Dennoch sollten<br />

ein Blutbild (Anämie), sowie die Bestimmung des Blutzuckers<br />

(Hypoglykämie) und der Elektrolyte (Hyperkaliämie, Hypokalzämie)<br />

veranlasst werden.<br />

Bei allen Tieren mit synkopalen Anfällen ist zum Ausschluss<br />

bzw. Erkennen eines Herzfehlers auch eine echokardiographische<br />

Untersuchung ratsam. Bei Verdacht auf eine Herzkrankheit<br />

oder Erkrankung der Atemwege zählt das Thorax-<br />

Röntgen zur Standarduntersuchung. Spezielle neurologische<br />

Untersuchungen können differentialdiagnostisch notwendig<br />

sein und ggf. durch ein CT oder MRT ergänzt werden.<br />

Kardiogene Synkope<br />

Die zerebrale Perfusion ist vom systemischen Blutdruck, d.h.<br />

von der Auswurfleistung des Herzens und dem peripheren<br />

Gefäßwiderstand abhängig. Daher kann die Verminderung<br />

der kardialen Auswurfleistung aufgrund verschiedener Herzerkrankungen<br />

allein, oder infolge von Rhythmusstörungen<br />

sowie das Absinken des peripheren Gefäßwiderstandes,<br />

beispielsweise durch reflexvermittelte Vasodilatation, das<br />

Auftreten von Synkopen begünstigen.<br />

Adams-Stokes-Syndrom<br />

Jede Form der Herzrhythmusstörung, die zur zentralen<br />

Hypoxie führt, kann kardialbedingte Anfälle auslösen. Diese<br />

Anfälle wurden erstmals im vorigen Jahrhundert von zwei<br />

Dubliner Ärzten beschrieben (Robert Adams und William<br />

Stokes), weshalb sie als Adams-Stokes-Anfälle bezeichnet<br />

werden. Dazu zählen die Asystolie, ausgeprägte Bradykardien<br />

sowie supraventrikuläre und/oder ventrikuläre Tachykardien<br />

und das Kammerflimmern. Auch Mischformen kommen<br />

vor (Tabelle 2). Während beim herzgesunden Hund eine<br />

Rhythmusstörung über ein weites Maß durch Anpassung des<br />

Schlagvolumens kompensiert werden kann, ist dies bei den<br />

meisten herzkranken Hunden mit einer Arrhythmie nicht<br />

möglich. Als Folge treten Synkopen auf. Kennzeichnend<br />

für eine Synkope sind der abrupte Beginn und ihre Positionsunabhängigkeit.<br />

Mit Eintreten einer rhythmogenen Synkope<br />

werden die Patienten meist blass und können tonischklonische<br />

Krämpfe zeigen. Bestimmend für das Anfallsbild<br />

sind nur die Schwere und Dauer der Herzrhythmusstörung<br />

bzw. der Grad der Durchblutungsstörung des Gehirns.<br />

38 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


SYNKOPEN BEIM HUND – EIN SYNDROM, KEINE KRANKHEIT<br />

Tabelle 2.<br />

Rhythmusstörungen mit Manifestation als<br />

Synkope<br />

Asystolie<br />

Bradykardie<br />

Sinusbradykardie<br />

hochgradiger AV-<br />

Block<br />

Sick-Sinus-Syndrom<br />

Tachykardie<br />

Vorhofflimmern<br />

supraventrikuläre<br />

Tachykardie<br />

ventrikuläre Tachykardie<br />

Kammerflattern,<br />

-flimmern,<br />

WPW- Syndrom<br />

Das Anfallsbild während paroxysmaler Brady- oder Tachyarrhythmien<br />

kann bei Erhalt der Mindestdurchblutung<br />

des Gehirns variieren. Kurzzeitiges Schwanken oder<br />

allmähliches Zusammenbrechen des Tieres treten besonders<br />

bei ständigen Arrhythmien auf, wie z.B. dem Vorhofflimmern<br />

oder dem totalen AV-Block, meist jedoch nur bei physischer<br />

Anstrengung oder bei Erregung. Generell müssen rhythmogene<br />

Synkopen als Abortivform oder Vorläufer eines<br />

plötzlichen Herztodes angesehen werden.<br />

Asystolie<br />

Das vollständige Fehlen der elektrischen und mechanischen<br />

Herzaktion bezeichnet man als Asystolie (Dying heart).<br />

Aufgrund der fehlenden Systole, im E<strong>KG</strong> als Nulllinie<br />

erkennbar, ist die Blutzirkulation gestört. Der Blutdruck sinkt<br />

plötzlich ab. Eine Asystolie von wenigen Sekunden verursacht<br />

meist nur ein Taumeln. Plötzliches und vollständiges Sistieren<br />

der Gehirndurchblutung kann aber auch zum schlagartigen<br />

Zusammenbrechen des Patienten führen. Bei einem Herzstillstand<br />

von zehn Sekunden kommt es bereits zum Kollaps,<br />

zu Muskelklonien und zu blassen Schleimhäuten. Hunde mit<br />

längerdauernder Asystolie krampfen, sind zyanotisch und<br />

haben oft infolge einer Sphinkterschwäche unkontrollierten<br />

Harn- und/oder Kotabsatz. Der Puls ist nicht mehr fühlbar,<br />

wobei das alleinige Fehlen eines spürbaren Pulses noch kein<br />

sicheres Zeichen für eine Asystolie ist, da auch ein Kammerflimmern<br />

(pulslose Tachykardie) das gleiche Symptom zeigen<br />

kann. Herzgeräusche sind bei Asystolie nicht hörbar. Bei einer<br />

über dreiminütigen Asystolie sterben die meisten Patienten.<br />

Kardialbedingte Asystolien können z.B. bei Kardiomyopathien,<br />

Herztumoren oder Myokarditiden auftreten. Nicht<br />

selten geht der Asystolie ein Kammerflimmern voraus, das<br />

seinerseits durch jede kardiovaskuläre Erkrankung ausgelöst<br />

werden kann. Nicht kardiale Ursachen sind unter anderem<br />

metabolische Veränderungen, wie eine hochgradige Azidose<br />

bei D. mellitus, Elektrolytimbalanzen (Hyper- und Hypokaliämie)<br />

oder Medikamentenintoxikationen.<br />

AV-Blockierungen<br />

Verzögerungen, zeitweise Unterbrechungen oder dauerhafte<br />

Blockierungen der Erregungsüberleitung von den Atrien zu<br />

den Ventrikeln werden als Atrioventrikulärer- (AV-) Block<br />

bezeichnet. Während AV-Blockierungen Grad I bzw. Grad II<br />

Typ I symptomlos bleiben und lediglich Hinweise auf die<br />

Gefahr einer höhergradigen Blockierung sind, kann es<br />

beim AV-Block Grad II Typ II, infolge der Bradykardie mit<br />

regelmäßigem oder unregelmäßigem Ausfall von Kammerkomplexen,<br />

zum Präkollaps, seltener zu Anfällen kommen.<br />

Ein Übergehen in den AV-Block III. Grades ist möglich.<br />

Beim AV-Block III. Grades, auch als kompletter bzw. totaler<br />

AV-Block bezeichnet, kommt es durch totale Leitungsunterbrechung<br />

zwischen Vorhof und Kammer zu einer vollständigen<br />

Separation von Vorhof- und Kammererregung<br />

(Abbildung 1). Die Atrien und die Ventrikel schlagen völlig<br />

unabhängig voneinander, wobei die Vorhoffrequenz sehr<br />

viel höher als die Kammerfrequenz ist. Die Frequenz des<br />

ventrikulären Ersatzrhythmus liegt meist unter 40 Schlägen/<br />

min. Entsprechend sollte man bei Pulsfrequenzen unter<br />

40/min sofort an einen totalen AV-Block denken. Das klinische<br />

Bild reicht von asymptomatischer Bradykardie bei ausreichend<br />

schnellem Ersatzrhythmus (sehr selten!) über Schwindelzustände<br />

bis zum Kollaps. Eine sehr niedrige Kammerfrequenz<br />

von beispielsweise 25 Schlägen/min reicht nicht mehr aus, um<br />

ein normales Minutenvolumen zu erzielen, was sich klinisch<br />

oft durch einen Adams-Stokes-Anfall bemerkbar macht. Die<br />

Häufigkeit der Anfälle ist sehr unterschiedlich und kann von<br />

vereinzelten Synkopen bis zu mehrfachen Anfällen pro Tag<br />

reichen. Da immer die Gefahr besteht, dass die Kammerautomatie<br />

ebenfalls ausfällt, sind die betroffenen Patienten<br />

stets in Lebensgefahr, unabhängig von der Anfallshäufigkeit.<br />

Als Ursache höhergradiger AV-Blockierungen kommen<br />

Herzmuskelerkrankungen, sowie angeborene oder erworbene<br />

Klappenvitien und andere Erkrankungen, die das Erregungsleitungssystem<br />

miterfassen (Ventrikelseptumdefekt, Myokarditis,<br />

degenerative Erkrankungen) in Betracht. Rassespezifische<br />

Veränderungen, wie beim Dobermann im Bereich<br />

des His`schen Bündels, kommen selten vor. Weiterhin können<br />

verschiedene, die Erregungsüberleitung hemmende Medikamente<br />

(z.B. Betarezeptorenblocker, Digitalis, Kalziumantagonisten),<br />

aber auch Einflüsse des autonomen Nervensystems<br />

und Elektrolytverschiebungen (Hyperkaliämie) ursächlich für<br />

einen totalen AV-Block verantwortlich sein.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 39


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

Abbildung 1.<br />

Totaler AV-Block bei einem Hund mit AV-Insuffizienz infolge chronisch degenerativer Mitralklappenerkrankung; regelmäßige<br />

Vorhofkontraktionen vorhanden, totale Überleitungsblockade, Vorhof und Kammer kontrahieren unabhängig voneinander, Ersatzrhythmus<br />

mit breiten, bizarren QRS-Komplexen, Vorhoffrequenz 120/min; Papiervorschub 25 mm/s, Eichung: 0,5 cm = 1mV.<br />

Sick-Sinus-Syndrom<br />

Das Sick-Sinus-Syndrom, auch als "Syndrom des kranken<br />

Sinusknotens" bezeichnet, ist der Oberbegriff für verschiedene<br />

bradykarde Herzrhythmusstörungen, aber auch für den<br />

pathologischen Wechsel von Bradykardie zu Tachykardie<br />

(Bradykardie-Tachykardie-Syndrom). Dabei handelt es sich<br />

ursächlich um eine Ermüdungserscheinung bzw. Fehlfunktion<br />

des Sinusknotens infolge Überdehnung des linken Atriums<br />

oder degenerativer Veränderungen im Bereich der Erregungsleitung<br />

auf Vorhofebene. Das isolierte oder kombinierte<br />

Auftreten von Sinusbradykardie, Sinusstillstand, SA-Block,<br />

Vorhof- oder AV-Knotenersatzrhythmus, Extrasystolen mit<br />

tachykarden Episoden, paroxysmalem Vorhofflimmern,<br />

Vorhofflattern, sowie dem Tachy-/Bradykardiesyndrom<br />

mit wechselnden Vorhofrhythmen führen zu Ataxien bzw.<br />

Synkopen infolge zerebraler Minderdurchblutung. Typisch ist<br />

der fehlende oder unzureichende Frequenzanstieg unter<br />

Belastung.<br />

Vorhofflimmern<br />

Beim Vorhofflimmern tritt der Sinusknoten als normaler<br />

Schrittmacher außer Kraft (Abbildung. 2). Die elektrischen<br />

Impulse zur Erzeugung der Herzkontraktion entstehen in<br />

verschiedenen Stellen der Vorhöfe. Im E<strong>KG</strong> ist keine regelmäßige<br />

Vorhofaktivität erkennbar. Die Flimmerwellen unterscheiden<br />

sich in ihrer Form, Amplitude und Richtung. Die<br />

Überleitung auf die Kammern erfolgt unregelmäßig. Hämodynamisch<br />

bedeutet Vorhofflimmern für den Vorhof einen<br />

Stillstand, denn die Pumpfunktion für den Vorhof fällt aus. Bei<br />

kurz aufeinander folgenden Schlägen ist die Diastolendauer<br />

zum Teil so gering, dass die Ventrikelfüllung nur unzureichend<br />

ist und das Schlagvolumen keine Pulswelle auslösen kann,<br />

klinisch am Pulsdefizit erkennbar.<br />

Abbildung 2.<br />

Hund mit dilatativer Kardiomyopathie; Vorhofflimmern mit<br />

unregelmäßigen Vorhofflimmerwellen (f-Wellen) und unregelmäßigen<br />

RR-Abständen; HF 240/min, Papiervorschub 25 mm/s,<br />

Eichung 1 cm = 1 mV.<br />

Das Vorhofflimmern an sich ist nicht lebensbedrohlich, führt<br />

aber auch beim primär gesunden Myokard zur Insuffizienz.<br />

Bei Patienten mit myokardialer Vorschädigung oder Herzinsuffizienz<br />

kann das tachykarde Vorhofflimmern in sehr<br />

kurzer Zeit den fortschreitenden Krankheitsprozess beschleunigen.<br />

Die hämodynamischen und somit auch die klinischen<br />

Auswirkungen, sind umso stärker, je schneller die Herzaktionen<br />

sind, da der Anteil des Blutvolumens der Vorhofkontraktion<br />

am Schlagvolumen des Ventrikels fehlt. Wird die,<br />

bereits durch die Grundkrankheit verminderte Herzleistung,<br />

beim tachykarden Vorhofflimmern zusätzlich reduziert,<br />

können Synkopen infolge peripherer bzw. zerebraler Hypoxie<br />

auftreten.<br />

Meist sekundär tritt das Vorhofflimmern bei Hunden mit einer<br />

dilatativen Kardiomyopathie, einem Mitralklappenvitium oder<br />

einem persistierenden Ductus arteriosus, infolge einer ausgeprägten<br />

Vorhofdilatation, auf. Relativ selten wird idiopathisches<br />

Vorhofflimmern gesehen.<br />

Ventrikuläre Tachykardien (VT)<br />

Ventrikuläre Tachykardien haben ihren Ursprung im rechten<br />

oder linken Tawara-Schenkel des Erregungsleitungssystems<br />

oder im Myokard und haben stets eine gravierende kardiale<br />

oder extrakardiale Ursache (Tabelle 3). Bei Deutschen<br />

Schäferhunden werden ventrikuläre Tachykardien genetisch<br />

bedingt als primäre Arrhythmie beobachtet. Hochfrequente<br />

ventrikuläre Tachykardien führen, insbesondere bei kardialer<br />

Grunderkrankung, sehr schnell zu einem Versagen der<br />

Pumpfunktion mit Adams-Stokes-Anfällen, kardiogenem<br />

40 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


SYNKOPEN BEIM HUND – EIN SYNDROM, KEINE KRANKHEIT<br />

Tabelle 3.<br />

Die häufigsten Arrhythmieursachen<br />

Kardiale<br />

Kardiomyopathie<br />

Neoplasie<br />

Erworbene Klappenerkrankungen<br />

Kongenitale Vitien<br />

Genetisch (DSH)<br />

Myokarditis<br />

Extrakardiale<br />

Magendrehung, Volvulus<br />

Neoplasie (z.B. Milztumor,<br />

Phäochromozytom)<br />

Septikämie<br />

Fieber<br />

Trauma, Schmerz<br />

Pulmonale Erkrankungen<br />

Hypoxie<br />

Anämie<br />

Urämie<br />

Azidose<br />

Elektrolytimbalancen<br />

Medikamente<br />

Schock und u.U. plötzlichem Herztod. Besonders gefährdete<br />

Rassen sind Boxer und Dobermann. Bei diesen Rassen kann<br />

der plötzliche Herztod infolge ventrikulärer Tachykardie<br />

als erstes und einziges „Symptom“ der Dilatativen Kardiomyopathie<br />

auftreten.<br />

Im E<strong>KG</strong> wird eine ventrikuläre Tachykardie als mindestens<br />

drei abnorme, nacheinander auftretende d.h. deformierte<br />

Kammerkomplexe registriert (Abbildung 3). Die ventrikuläre<br />

Tachykardie kommt meist durch einen Re-Entry-Mechanismus<br />

zustande. Bei der normalen Herzaktion wird ein Aktionspotential<br />

im Sinusknoten generiert, über die Atrien und<br />

den AV-Knoten in das Kammermyokard geleitet und verebbt<br />

im Bereich der Herzspitze, weil das umgebende Myokard<br />

noch nicht wieder erregungsfähig ist (Refraktärphase).<br />

Vorhoferregungen können retrograd, also unabhängig von der<br />

Kammeraktion, erfolgen. In Form und Richtung normal,<br />

sind in den Kammerrhythmus gelegentlich eingestreute<br />

P-Wellen sichtbar.<br />

Lebensbedrohliche Rhythmusstörungen sind das Kammerflattern<br />

und das Kammerflimmern. Während beim Kammerflattern<br />

in Ruhe das kardiale Auswurfvolumen für begrenzte<br />

Zeit ausreichend ist, kann bei Belastung des Patienten die<br />

Volumenabnahme zum Adams-Stokes-Anfall, als ein vorübergehendes<br />

Ereignis, führen. Ohne therapeutische Maßnahmen<br />

geht das Kammerflattern nicht selten ins Kammerflimmern<br />

über.<br />

Beim Kammerflimmern bleibt die Herzaktion hämodynamisch<br />

ineffektiv. Die Auswurfleistung des Herzens sinkt<br />

so schnell ab, dass es bereits nach wenigen Minuten zu<br />

irreversiblen Schäden am Gehirn und Herzen kommen kann.<br />

Während sich das Kammerflattern im E<strong>KG</strong> als wellenförmige<br />

QRS-Komplexe von annähernd gleicher Form, Größe und<br />

Frequenz darstellt, werden beim Kammerflimmern QRS-<br />

Komplexe von stark wechselnder Form, Größe und Frequenz<br />

registriert.<br />

Wolff-Parkinson-White-Syndrom<br />

(WPW-Syndrom)<br />

Beim gesunden Herzen kann sich die Erregung von den<br />

Vorhöfen zu den Herzkammern nur über den AV-Knoten<br />

ausbreiten. Beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW-<br />

Syndrom) handelt es sich um eine Arrhythmie, bei der es in<br />

der Regel einen zweiten, selten mehrere, elektrisch leitende<br />

Wege zwischen Vorhöfen und Kammern gibt. Bei dieser<br />

Rhythmusstörung wird ein Teil der Kammern durch eine<br />

kreisende elektrische Erregung über akzessorische Leitungsbahnen<br />

zwischen den Atrien und den Ventrikeln, z.B. das sog.<br />

Kent-Bündel, vorzeitig aktiviert. Der Sinusknotenimpuls wird<br />

also nicht über den AV-Knoten und das His’sche Bündel zu den<br />

Kammern weitergeleitet.<br />

Im E<strong>KG</strong> ist oft eine Hebung kurz vor der, die Q-Zacke überlagernden<br />

R-Zacke sichtbar. Dabei handelt es sich um die sog.<br />

Deltawelle. Paroxysmale Tachykardien, mit normalen oder<br />

verbreiterten und bizarren QRS-Komplexen, treten aufgrund<br />

der kreisenden Erregung auf (Re-Entry-Mechanismus). Die<br />

P-Wellen sind unauffällig, aber oft nicht erkennbar. Die<br />

PQ-Dauer ist verkürzt. ST-Veränderungen sind möglich. Das<br />

WPW-Syndrom tritt kongenital isoliert auf, wird aber auch<br />

bei AV-Klappendysplasien, bei Mitralinsuffizienzen infolge<br />

chronisch degenerativer Klappenerkrankung und bei der<br />

Hypertrophen Kardiomyopathie beobachtet.<br />

Behandlung von<br />

arrhythmiebedingten Synkopen<br />

Primär sollte bei der Behandlung von arrhythmiebedingten<br />

Synkopen immer die Ursache von Herzrhythmusstörungen<br />

bedacht und erkannt werden, da eine kausale Behandlung<br />

immer die beste Therapie darstellt. Nicht selten macht bereits<br />

die Therapie der ursächlichen Erkrankung die zusätzliche Gabe<br />

eines Antiarrhythmikums unnötig. Dies gilt für alle Patienten<br />

mit arrhythmiebedingten Anfällen, unabhängig, ob kardialer<br />

oder extrakardialer Genese. Erhält das Tier bereits ein Antiarrhythmikum<br />

oder ein Herzglykosid, sind mögliche Nebenwirkungen<br />

des Medikamentes ursächlich abzuklären (Tabelle<br />

4), und u.U. die bestehende Therapie sofort zu ändern, bevor<br />

weitere therapeutische Maßnahmen ergriffen werden.<br />

Aufgrund ihrer pro-arrhythmischen sowie negativen inotropen<br />

Eigenschaften und anderer weitreichender Nebenwirkungen,<br />

sind Antiarrhythmika nicht ungefährlich. Sie sollten daher<br />

eher zurückhaltend und bei bestehender Stauungsinsuffizienz<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 41


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

grundsätzlich erst nach deren Beseitigung, verordnet werden.<br />

Bradykarde Herzrhythmusstörungen mit synkopalen Episoden<br />

lassen sich durch Medikamente höchstens vorübergehend<br />

ändern. Nur für die Akutbehandlung kommt die intravenöse<br />

Atropininjektion infrage (Tabelle 4). Ist beim symptomatischen<br />

Patienten mit bradykarden Arrhythmien oder z.B. beim<br />

Sick-Sinus-Syndrom eine ursächliche Therapie nicht möglich,<br />

so ist die Schrittmacherimplantation zur kontinuierlichen<br />

Frequenzanhebung Mittel der Wahl.<br />

Wenn synkopale Anfälle bei Patienten mit Vorhofstillstand<br />

oder einem totalen AV-Block infolge ausgeprägter Hyperkaliämie<br />

auftreten, muss möglichst schnell der Kaliumspiegel<br />

im Blut abgesenkt werden. Hierzu empfiehlt sich z.B. die<br />

intravenöse Gabe einer 10%igen Kalziumgluconatlösung (0,1-<br />

0,3 ml/kg langsam i.v.). Die Behandlung der ursächlichen<br />

Erkrankung, wie z.B. dem akuten Nierenversagen, einer<br />

chronischen Niereninsuffizienz oder eines Morbus Addison<br />

muss sich anschließen.<br />

Treten Synkopen infolge Asystolie, einer lebensbedrohlichen<br />

Situation auf, erfordert dies die sofortige Reanimation mit<br />

Beatmung und Herzdruckmassage. Die Asystolie kann<br />

dagegen nicht durch Defibrillation therapiert werden, da<br />

für deren Funktionieren noch eine irreguläre Herztätigkeit<br />

vorhanden sein muss.<br />

Eine Indikation zur sofortigen intravenösen Gabe eines<br />

Antiarrhythmikums ist die symptomatische Tachyarrhythmie<br />

bei Patienten, die akut vom plötzlichen Herztod bedroht sind.<br />

Bei Hunden mit ventrikulären Tachyarrhythmien kommt<br />

primär Lidocain intravenös als Bolus bzw. als Dauertropfinfusion<br />

zur Anwendung. Auch die Gabe von Mexiletin ist<br />

möglich, wobei die ausgeprägte negative Inotropie dieser<br />

Substanz unbedingt berücksichtigt werden muss.<br />

Als parenterale Behandlungsmöglichkeit von Patienten<br />

mit Synkopen infolge tachykarder Arrhythmie kann, unter<br />

Ausschluss bzw. nach Beseitigung einer Stauungsinsuffizienz<br />

(!!), der gezielte Einsatz eines Antiarrhythmikums die<br />

Lebensqualität und die Prognose erheblich verbessern<br />

und die Rezidivgefahr des Anfalls verringern (Tabelle 4).<br />

Herzglykoside werden hauptsächlich bei supraventrikulären<br />

Tachykardien bzw. beim Vorhofflimmern oder –flattern zur<br />

Senkung der Herzfrequenz eingesetzt und müssen, soweit<br />

nötig, durch eine Kalium- und Magnesiumsubstitution<br />

ergänzt werden.<br />

Bei Hunden mit einem WPW-Syndrom ist zur dauerhaften<br />

Beseitigung des akzessorischen Bündels eine Katheterablation<br />

mittels Radiotherapie notwendig.<br />

Abbildung 3.<br />

Hund mit Magendrehung: Rhythmuskontrolle, 1. Zeile: tachykarder<br />

Rhythmus, HF 220/min mit normalen QRS-Komplexen,<br />

P-Wellen vorhanden aber z.T. durch vorangehende T-Wellen<br />

überdeckt. 2. Zeile: supraventrikuläre Tachykardie mit 2 vorzeitig<br />

einfallenden ventrikulären Extrasystolen; 3. Zeile: ventrikuläre<br />

Tachykardie mit deformierten QRS-Komplexen, HF 300/min,<br />

P-Wellen nicht erkennbar; Papiervorschub 25 mm/s. Eichung:<br />

0,5 cm = 1mV.<br />

Synkopen infolge organischer<br />

Herzerkrankungen<br />

Bei Hunden mit strukturellen Veränderungen am Herzen bzw.<br />

den großen herznahen Gefäßen (Tabelle 1), also mit organischen<br />

Herzkrankheiten, treten Synkopen überwiegend unter<br />

physischer oder psychischer Belastung auf und sind nahezu<br />

immer von einem Herzgeräusch begleitet. Klinische Symptome<br />

einer Herzinsuffizienz bzw. Zeichen der Grunderkrankung<br />

können in unterschiedlicher Ausprägung bereits vor<br />

dem Anfall beobachtet werden.<br />

Die häufigsten Ursachen für Synkopen sind Aorten- und<br />

Pulmonalstenosen mit Obstruktion des ventrikulären Ausflusstraktes,<br />

sowie Dilatative Kardiomyopathien und schwere<br />

Mitralinsuffizienz infolge des verminderten Minutenvolumens.<br />

In Deutschland sind kardialbedingte Anfälle infolge einer<br />

Herzwurmerkrankung mit rechtsventrikulärer Ausflusstraktobstruktion<br />

selten. Auch die Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie<br />

wird bei Hunden kaum diagnostiziert. Ursache<br />

der seltenen Synkopen kann sowohl ein Missmatch der Baroreflexafferenzen<br />

bei einer belastungsinduzierten Verstärkung<br />

der Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes sein<br />

oder aber ein arrhythmogener Auslöser, der sich meist als<br />

ventrikuläre Tachykardie manifestiert.<br />

42 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


SYNKOPEN BEIM HUND – EIN SYNDROM, KEINE KRANKHEIT<br />

FALLBESCHREIBUNG<br />

Ein dreijähriger Boxer (25 kg Körpergewicht) wurde in der Praxis vorgestellt, nachdem er eine Stunde zuvor<br />

beim intensiven Spiel mit anderen Hunden kollabiert war. Zu Beginn des Anfalls stand das benommen<br />

wirkende Tier schwankend da und sank dann allmählich in der Hinterhand zusammen. Schließlich fiel er<br />

auf die Seite. Die Extremitäten waren schlaff und die Atmung langsam. Nach ca. einer halben bis einer<br />

Minute wurde die Atmung wieder frequenter. Das Tier erhob sich, war wieder ansprechbar und lief langsam<br />

zu seinem Besitzer.<br />

Bei dem ansonsten bisher symptomlosen Hund, waren Ausdauer und Belastbarkeit retrospektiv in den<br />

letzten drei Monaten etwas limitiert. Dies war vom Besitzer auf die hohen Außentemperaturen<br />

zurückgeführt worden. Während der freudigen Begrüßung seines Besitzers an der Haustür, war das Tier an<br />

zwei verschiedenen Tagen zuvor, kurzzeitig mit beiden Hinterextremitäten eingeknickt. Erst nach<br />

eingehender Befragung fielen dem Besitzer diese Ereignisse wieder ein. Bisher hatte er dem Geschehen keine<br />

Bedeutung zugemessen, da es sich seiner Meinung nach nur um die Folge einer ungeschickten Bewegung<br />

handelte. Bei dem aus Polen stammenden Hund mit unbekannter Familienanamnese, war ein Herzgeräusch<br />

bekannt. Weitergehende Untersuchungen wurden jedoch nicht durchgeführt. Medikamente erhielt er keine.<br />

Die klinische Allgemeinuntersuchung war ohne besonderen Befund. Nur der, an beiden Hinterextremitäten<br />

symmetrische arterielle Puls, war zeitweise nur unregelmäßig (P. irregularis) mit einer kleinen<br />

Druckamplitude (P. parvus) fühlbar.<br />

Auskultatorisch wurde ein systolisches Austreibungsgeräusch Grad IV/VI über der Aortenregion mit dem<br />

P.max. im 4. Interkostalraum links mit Fortleitung in die Karotiden festgestellt. Das Herzgeräusch war auch<br />

kranial über der rechten Thoraxhälfte hörbar. Der dominierende Sinusrhythmus wurde paroxysmal von<br />

kurzen Serien von Extrasystolen unterbrochen. Während dieser Paroxysmen war z.T. ein Pulsdefizit<br />

palpabel. Die Lunge war auskultatorisch unauffällig. Im E<strong>KG</strong> konnten bei einer Herzfrequenz von 180<br />

Schlägen/min kurze und längere Salven von ventrikulären Extrasystolen dokumentiert werden (Abbildung 1).<br />

Während dieser ersten E<strong>KG</strong>-Registrierung war das Tier aufmerksam und in seinem Verhalten ungestört.<br />

Anschließend wurde der Hund zum forcierten Treppensteigen veranlasst. Dabei kam er sehr schnell in<br />

Atemnot und fiel plötzlich auf die Seite. Laut Besitzer entsprach dieses Anfallsbild dem Anfall zuvor im<br />

Wald. Das noch im Anfall innerhalb weniger Sekunden abgeleitete E<strong>KG</strong> mit ventrikulärer Tachykardie<br />

illustriert die Abbildung 2.<br />

Echokardiographisch waren die konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie mit normaler systolischer<br />

Funktion und der dilatierte linke Vorhof erkennbar. Dopplersonographisch wurde eine maximale<br />

Geschwindigkeit des transvalvulären Blutflusses von 4.8 m/sec gemessen, was einer schweren Aortenstenose<br />

Abbildung 1.<br />

Boxer, männlich, 3 Jahre mit subvalvulärer Aortenstenose. E<strong>KG</strong>-<br />

Ableitung I, II, III, links erstes Bilddrittel linksventrikuläre Extrasystolen,<br />

Bildmitte Sinusrhythmus mit drei normotopen Kammerkomplexen<br />

gefolgt von rechtsventrikulären Extrasystolen, beginnend<br />

mit einer supraventrikulären Extrasystole, Papiervorschub 25 mm/s,<br />

0,5 cm= 1 mV.<br />

Abbildung 2.<br />

E<strong>KG</strong> des Boxer wie in Abbildung 1 Ventrikuläre Tachykardie (210<br />

Schläge/min) nach kurzer körperlicher Belastung mit Kollaps /<br />

Synkope in der allmählichen Ruhephase; nach weiteren 2 Minuten<br />

stellte sich ein Sinusrhythmus ein.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 43


PERSÖNLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR...<br />

mit einem maximalen Gradienten von etwa 92 mmHg entspricht. Die Mitralklappe war verdickt mit<br />

dopplersonographisch nachweisbarer mittelgradiger Mitralinsuffizienz. Die rechte Herzhälfte sowie die<br />

Trikuspidal- und die Pulmonalklappe waren dagegen makroskopisch und dopplersonographisch unauffällig.<br />

Röntgenologisch stellte sich die vergrößerte Herzsilhouette dar. Im Vergleich zu den Arterien erschien die V.<br />

lobaris im Bereich der Spitzenlappen der Lunge etwas verbreitert. Ein Lungenödem war nicht erkennbar.<br />

Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen (Blutbild, Elektrolyte, Blutzucker, Leberenzyme, Kreatinin und<br />

Harnstoff) lagen innerhalb der biologischen Varianz.<br />

Zur Myokardentlastung und zur Rhythmusregulation wurde dem 25 kg schweren Hund Propranolol in einer<br />

Dosierung von 0,8 mg/kg 3 x täglich verordnet und zusätzlich, zur Beseitigung der venösen Stauung, 2x<br />

täglich 40 mg Furosemid.<br />

Trotz der Empfehlung, körperliche Anstrengungen zu vermeiden, ließ der Besitzer den Rüden nur zwei Tage<br />

nach Erstvorstellung neben dem Fahrrad herlaufen und zwar bei einer Außentemperatur von ca. 26°C.<br />

Bereits kurz nach Beginn der Fahrradtour kollabierte der Hund und hatte wieder einen, wie zuvor<br />

beschriebenen Anfall. Das Tier starb innerhalb weniger Minuten auf der Straße.<br />

Die postmortale Untersuchung bestätigte die Diagnose einer schweren subvalvulären Aortenstenose.<br />

Bei Patienten mit einer Fallot`schen Tetralogie können<br />

hypoxische Anfälle als Hinweis auf die ausgeprägte Zyanose<br />

auftreten.<br />

Vorhofmyxome sind meist im linken Vorhof lokalisiert.<br />

Abhängig von Größe und Lage der Umfangsvermehrung kann<br />

es durch intermittierende Verlegung der Mitralöffnungsfläche<br />

zu einem plötzlichen Abfall des linksventrikulären Füllungsvolumens<br />

und damit des Herzminutenvolumens mit synkopalen<br />

Episoden kommen.<br />

Bei der Herzbeuteltamponade stehen unter anderem infolge<br />

rechtsventrikulärer Füllungsbehinderung Symptome des<br />

Rechtsherzversagens mit Leistungsschwäche und Synkopen<br />

im Vordergrund. Neben einer Sinustachykardie werden<br />

sowohl atriale als auch ventrikuläre Tachykardien registriert.<br />

Bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz und vermindertem<br />

Herzminutenvolumen infolge dilatativer Kardiomyopathie<br />

(DCM) bzw. schwerer Mitralklappeninsuffizienz sind maligne<br />

Herzrhythmusstörungen die häufigste Ursache synkopaler<br />

Episoden.<br />

Aufgrund schwerer ventrikulärer Arrhythmien kommen beim<br />

Dobermann und beim Boxer mit DCM Synkopen oder<br />

Kollaps häufiger vor als bei anderen Hunderassen. Die<br />

Kardiomyopathie der Boxer entspricht weitgehend der<br />

arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie des<br />

Menschen. Bei dieser Form der DCM, wahrscheinlich mit<br />

autosomalem Erbgang, führt unter anderem der zunehmende<br />

Ersatz der rechtsventrikulären Muskulatur durch Fettgewebe<br />

bis zum Funktionsverlust zu Störungen der elektrischen<br />

Erregungsleitung. Während anfänglich nur vereinzelte<br />

ventrikuläre Extrasystolen auftreten, kommt es im Verlauf der<br />

Erkrankung zu schweren ventrikulären Tachykardien mit<br />

Synkopen und zum Linksherzversagen. Im Finalstadium kann<br />

das Kammerflimmern zu plötzlichen Todesfällen führen.<br />

Bei der Aortenstenose handelt es sich um eine fixierte<br />

Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes, meist<br />

subvalvulär, seltener valvulär oder extrem selten supravalvulär<br />

lokalisiert. Abhängig vom Schweregrad der<br />

Veränderung kommt es zur erhöhten Druckbelastung<br />

des linken Ventrikels. Zur Aufrechterhaltung des Herzzeitvolumens<br />

entwickelt sich eine konzentrische Linkshypertrophie,<br />

die oftmals mit einer diastolischen Funktionsstörung<br />

der Kammer verbunden ist.<br />

Zur kritischen Verminderung des Herzzeitvolumens kommt<br />

es jedoch nicht allein durch die konstante Obstruktion<br />

des linksventrikulären Ausflusstraktes, sondern diese wird<br />

hauptsächlich durch eine paradoxe Baroreflex-Vasodilatation<br />

verursacht. Durch invasive Untersuchungen konnte das<br />

44 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


SYNKOPEN BEIM HUND – EIN SYNDROM, KEINE KRANKHEIT<br />

Tabelle 4.<br />

Therapie von Herzrhythmusstörungen beim Hund<br />

Arzneimittel<br />

Indikation<br />

Nebenwirkungen<br />

Kontraindikation<br />

Parasympatholytikum<br />

Atropin im Notfall<br />

0,02-0,4 mg/kg i.v., s.c.<br />

Bradykarde<br />

Arrhythmie<br />

Einsatz nur bei<br />

lebensbedrohlichen<br />

Situationen, daher<br />

Kontraindikationen relativ<br />

Lokalanästhetikum<br />

Lidocain im Notfall<br />

2-4 (-6) mg/kg i.v.<br />

DTI*: 50-80 µg/kg/min in den ersten<br />

24 Std. i.v.<br />

V Tachyk.<br />

Kammerflimmern,<br />

ZNS-Störungen (Synkope,<br />

Koma)<br />

AV Block (2.° und 3.°),<br />

Bradykardie<br />

Natriumkanalblocker<br />

Mexiletin im Notfall<br />

30 µg/kg/min in<br />

den ersten 24 Std.i.v.,<br />

danach DTI* 5 µg/kg/min i.v.<br />

Dauertherapie: 3-5 (-10) mg/kg<br />

2-3x tägl. oral<br />

V Tachyk.<br />

Negativ inotrope Effekte!<br />

Herzinsuffizienz, bradykarde<br />

Arrhythmien,<br />

Schenkelblockade,<br />

polymorphe V Tachyk.,<br />

gastrointestinale oder ZNS-<br />

Störungen<br />

Kongestive Herzinsuffizienz,<br />

verlängerte QT-Zeit, SA-, AVoder<br />

intraventrikuläre<br />

Leistungsstörungen<br />

Digitalis<br />

Digoxin<br />

0,01 mg/kg/d i.v., oral<br />

AF,<br />

SV Tachyk.<br />

AV-Blockierung,<br />

Schenkelblockade, Anorexie,<br />

Vomitus, Apathie<br />

Sick-Sinus-Syndrom,<br />

AV-Block (1.°, 2.°, 3.°),<br />

WPW-Syndrom,<br />

HCM, HOCM, AS<br />

Kalziumkanalblocker<br />

Verapamil<br />

0,1 mg/kg 3x tägl. i.v.<br />

1,0 mg/kg 3x tägl. oral<br />

AF<br />

Bradykardie, Asystolie, AV-<br />

Blockierung, Verstärkung<br />

einer Herzinsuffizienz,<br />

Blutdruckabfall, Inappetenz,<br />

Übelkeit, Schwindel,<br />

Obstipation<br />

Kongestive Herzinsuffizienz,<br />

Schock, Bradykardie,<br />

Sick-Sinus-Syndrom, SA-Block,<br />

AV-Block, WPW-Syndrom<br />

Vorhofflimmern bei Hypotonie,<br />

Gleichzeitige Gabe von<br />

ß- Blockern,<br />

Lebererkrankungen<br />

Kalziumkanalblocker<br />

AF<br />

wie Verapamil<br />

wie Verapamil<br />

Diltiazem<br />

0,5-1,5 (-2) mg/kg 3x tägl. oral<br />

ß-Rezeptorenblocker<br />

Propranolol<br />

0,2 -1,0 mg/kg 3x tägl. oral<br />

SV Tachyk.<br />

V Tachyk.<br />

Kardiodepressiver Effekt,<br />

Herzinsuffizienz, Hypotonie,<br />

Bronchialobstruktion.<br />

gastrointestinale Störungen<br />

Dekomp. Herzinsuffizienz,<br />

Sick-Sinus-Syndrom,<br />

höhergradiger AV-Block<br />

obstruktive<br />

Atemwegserkrankungen<br />

ß-Rezeptorenblocker<br />

Atenolol<br />

0,25-1,0 mg/kg 2x tägl. oral<br />

AF,<br />

V Arrhythm.<br />

s. Propranolol<br />

s. Propranolol<br />

ß-Rezeptorenblocker (nicht selektiv)<br />

Sotalol<br />

1-2 (-2,5) mg/kg 2 x tägl. oral<br />

AF,<br />

V Arrhythm.<br />

Brady- u. Tachyarrhythmien,<br />

ZNS-Störungen,<br />

bronchiale Obstruktion<br />

Kardiogener Schock,<br />

Bradykardie,<br />

AV-Block (2.° und 3.°),<br />

obstruktive Bronchitis<br />

DTI*: Dauertropfinfusion; AF: Vorhofflimmern; SV Tachyk.: supraventrikuläre Tachykardie; V Tachyk.: ventrikuläre Tachykardie;<br />

V Arrhythm.: ventrikuläre Arrhythmie.<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 45


SYNKOPEN BEIM HUND – EIN SYNDROM, KEINE KRANKHEIT<br />

zumindest für den Menschen bewiesen werden. Es handelt<br />

sich auch um eine spezielle Form der neurokardiogenen<br />

Synkope, bei der es zu einer Diskrepanz der Baroreflexafferenzen<br />

des Ventrikels (hoher Druck) und der Gefäße<br />

(niedriger Druck) mit Vasodilatation der nicht arbeitenden<br />

Muskulatur kommt. Die Steigerung des Herzzeitvolumens<br />

unter Belastung ist bei schwereren Aortenstenosen meist<br />

nicht adäquat möglich. Die hohe Druckbelastung und die<br />

verminderte Koronardurchblutung führen zum myokardialen<br />

Sauerstoffmangel mit Verstärkung der linksventrikulären<br />

Insuffizienz und induzieren schwere ventrikuläre Arrhythmien.<br />

Die sich entwickelnde Kontraktilitätsschwäche des Myokards<br />

führt isoliert oder zusammen mit einer Aortenklappenund/oder<br />

Mitralklappeninsuffizienz zur kongestiven Linksherzinsuffizienz.<br />

In einigen Fällen treten erst jetzt Herzrhythmusstörungen<br />

auf oder bereits vorhandene Arrhythmien<br />

werden verstärkt.<br />

Eine Rassendisposition ist beim Boxer, Golden Retriever,<br />

Bernhardiner, Deutschen Schäferhund, Neufundländer,<br />

Bullterrier, Deutschen Kurzhaar Vorstehhund, bei Deutschen<br />

Doggen und beim Rottweiler bekannt.<br />

WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />

Hainsworth R. Syncope and fainting: classification and<br />

pathophysiological basis. In: Mathias CJ, Bannister R, Hrsg.:<br />

Autonomic failure. A textbook of clinical disorders of the<br />

autonomic nervous system, 4th edition Oxford: Oxford University Press<br />

1999, pp. 428-436.<br />

Schaller B, Lyrer Ph. Synkopen bei neurologischen<br />

Erkrankungen. Geriatrie Praxis 2001; 5: 36-41<br />

Tobias R, M Skrodzki, M. Schneider. Kleintierkardiologie<br />

Kompakt; 1 Auflage: Schlütersche Verlagsgesellschaft, 2008.<br />

46 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008


VETERINARY FOCUS- GUIDE...<br />

Elektrokardiographie<br />

beim Hund<br />

Michael Johnson, MRCVS, MVB, DVC,<br />

Veterinary Cardiorespiratory Centre, Kenilworth, UK<br />

Michael Johnson schloss sein Studium an der UCD Dublin ab und war anschließend über zehn Jahre in der<br />

Gemischtpraxis (Schwerpunkt Großtiere) in Irland, Wales, Australien und Kanada tätig. Anschließend arbeitete<br />

er über einen Zeitraum von sechs Jahren in einer Kleintierpraxis in Manchester, England, und errang in diesem<br />

Zeitraum das Certificate für Small Animal Medicine und Veterinary Cardiology. In den vergangenen sieben Jahren<br />

hat sich Mike Johnson in einer Überweisungspraxis in England (Martin Referrals) im Bereich „Cardiorespiratory<br />

Medicine“ spezialisiert und errang in dieser Zeit sein Diplom in Veterinary Cardiology.<br />

Bei der E<strong>KG</strong>-Aufzeichnung unterscheiden wir<br />

in der Regel zwei Formen. Das Standard-E<strong>KG</strong><br />

registriert den Herzrhythmus über einen Zeitraum<br />

von wenigen Minuten. Beim Holter-E<strong>KG</strong> (Langzeit-<br />

E<strong>KG</strong>) wird der Herzrhythmus mit Hilfe eines tragbaren<br />

Aufzeichnungsgerätes über einen Zeitraum von einem<br />

bis sieben Tagen aufgezeichnet.<br />

Verwendet werden Einkanal- oder Mehrkanalaufzeichnungen.<br />

Letztere zeichnen in der Regel drei oder sechs<br />

Ableitungen simultan auf. Die am besten geeigneten<br />

Papiergeschwindigkeiten sind 25 oder 50 mm/Sekunde.<br />

Die am besten geeignete Sensitivität beträgt 1 cm/mV<br />

(Standardeinstellung [Abbildung 1-10] mit 1 /2 cm/mV<br />

für große Komplexe und 2 cm/mV für sehr kleine<br />

Komplexe (oft bei der Katze zu sehen)).<br />

Kontraindikationen für ein E<strong>KG</strong><br />

E<strong>KG</strong>s werden wahrscheinlich öfter aufgezeichnet als dies<br />

aus klinisch-diagnostischer Sicht tatsächlich notwendig<br />

wäre. Keine Vorteile bringt ein E<strong>KG</strong> beispielsweise bei<br />

der Diagnose der Ursache eines Herzgeräusches bei Kleintieren.<br />

Auch bei Patienten mit auskultatorisch physiologischer<br />

Herzfrequenz und physiologischem Herzrhythmus<br />

dürfte ein E<strong>KG</strong> nur wenig hilfreich sein. Das<br />

E<strong>KG</strong> liefert zudem in der Regel keine aussagekräftigen<br />

Hinweise auf die Herzgröße. Bei Verdacht auf eine<br />

Kardiomegalie sollten vielmehr andere Diagnoseverfahren<br />

an erster Stelle stehen, insbesondere Röntgenaufnahmen.<br />

Bei einem Patienten mit einem vermutlich<br />

kardial bedingten Kollaps liefert ein E<strong>KG</strong> in der Regel nur<br />

dann wertvolle Informationen, wenn gleichzeitig eine<br />

auskultatorisch deutlich vernehmbare Anomalie vorhanden<br />

ist. Sinnvoller wäre in diesen Fällen ein Langzeit-<br />

E<strong>KG</strong>, zum Beispiel ein Holter-E<strong>KG</strong> über einen oder<br />

mehrere Tage.<br />

Indikationen für ein E<strong>KG</strong><br />

Bei Patienten mit ausgeprägter auskultatorischer Bradykardie<br />

oder Tachykardie ist das E<strong>KG</strong> eine wertvolle Hilfe<br />

bei der Klärung der Ätiologie. Chaotische Rhythmen sind<br />

in der Regel Ausdruck eines Vorhofflimmerns, sämtliche<br />

dieser Rhythmen sollten jedoch mittels E<strong>KG</strong> dokumentiert<br />

werden. Extrasystolen können ebenfalls mit Hilfe eines<br />

E<strong>KG</strong> charakterisiert werden. Bei relativ infrequenten<br />

Arrhythmien ist es dagegen eher unwahrscheinlich, dass<br />

die Diagnose mit Hilfe eines Standard-E<strong>KG</strong>s gestellt<br />

werden kann. Besser geeignet in solchen Fällen sind<br />

Langzeit-E<strong>KG</strong>s.<br />

Lagerung des Patienten für das E<strong>KG</strong><br />

Die konventionelle E<strong>KG</strong>-Aufzeichnung erfolgt am Patienten<br />

in rechter Seitenlage. Aufzeichnungen in anderen<br />

Positionen sind aber durchaus akzeptabel. So kann sich<br />

beispielsweise bei nervösen oder großen Hunden die<br />

Aufzeichnung in stehender Position als besser geeignet<br />

erweisen. Veränderungen der Position des Patienten<br />

führen zu gewissen Veränderungen der Morphologie<br />

der aufgezeichneten Komplexe. Klinisch ist dies jedoch<br />

nicht von Bedeutung, da der Rhythmus, also der wichtigste<br />

Parameter der E<strong>KG</strong>-Aufzeichnung, unverändert<br />

bleibt.<br />

✂<br />

Vol 18 No 3 / / 2008 / / Veterinary Focus / / 47


ELEKTROKARDIOGRAPHIE BEIM HUND<br />

Abbildung 1.<br />

Dieses E<strong>KG</strong> zeigt einen normalen Sinusrhythmus bei 140 Schlägen<br />

pro Minute.<br />

Abbildung 2.<br />

West Highland White Terrier mit ausgeprägter Depression, Anorexie<br />

und auskultatorisch nachweisbarer Bradykardie. Durchschnittliche<br />

Herzfrequenz: 35 Schläge/Minute. Keine P-Wellen erkennbar.<br />

Diagnose: Vorhofstillstand infolge einer Hyperkaliämie, verursacht<br />

durch einen Hypoadrenokortizismus.<br />

Abbildung 3.<br />

Bernhardiner mit Vorhofflimmern infolge DCM. Hohe Herzfrequenz<br />

(180 Schläge/Minute), chaotischer Rhythmus und<br />

fehlende P-Wellen.<br />

Abbildung 4.<br />

Gelegentlich liefert die veränderte Morphologie der Komplexe<br />

wertvolle Informationen. Hier sind deutlich alternierende<br />

Amplituden der QRS-Komplexe zu erkennen. Dieser Hund<br />

hatte einen Perikarderguss, ein Befund, der oft zu der hier dargestellten<br />

elektrischen Alternanz führt.<br />

Abbildung 5.<br />

Sieben Jahre alter Shetland Sheepdog, vorgestellt aufgrund von<br />

Lethargie. Zu erkennen ist eine niedrige Herzfrequenz (45<br />

Schläge/Minute) und P-Wellen ohne Zusammenhang mit den<br />

QRS-Komplexen, auf einen AV-Block 3. Grades hinweisend.<br />

Abbildung 7.<br />

Persistierende Sinustachykardie mit 180 Schlägen/Minute bei einem<br />

Hund mit Herzinsuffizienz.<br />

Abbildung 6.<br />

Einzelne supraventrikuläre Extrasystole bei einem Hund mit<br />

Vorhofvergrößerung. Solche Komplexe ähneln normalen QRS-<br />

Komplexen, treten aber verfrüht auf.<br />

Abbildung 8.<br />

Dieser Hund mit DCM zeigt initial zwei ventrikuläre Extrasystolen<br />

(VES), gefolgt von einer hochfrequenten ventrikulären Tachykardie.<br />

Zu beachten ist, dass sich die VES von den normalen<br />

Sinuskomplexen unterscheiden.<br />

Abbildung 9.<br />

Gesunder Hund mit wanderndem Schrittmacher. Die Amplitude<br />

und die Morphologie der P-Wellen variieren von Schlag zu<br />

Schlag. Es handelt sich jedoch nicht um eine pathologische<br />

Veränderung.<br />

Abbildung 10.<br />

West Highland White Terrier mit gelegentlichen Kollapsen. Zu<br />

erkennen ist ein Sinusarrest (Sinusstillstand/ Sinuspause), in<br />

diesem Fall die Folge eines Sick Sinus Syndroms, eines bei älteren<br />

Westies gut bekannten Krankheitsbildes.<br />

48 / / Veterinary Focus / / Vol 18 No 3 / / 2008

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