hier - Fachschaft WiWi
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© Gerd Altmann / PIXELIO<br />
Zeitreise<br />
von Hannah Bakker<br />
und Tom Stähr<br />
Per WhatsApp verabredet man<br />
sich zum Mittagessen, die<br />
Vorlesung hört man sich in<br />
1,5-facher Geschwindigkeit über den<br />
Live-Stream zu Hause im Bett an,<br />
während man im anderen Tab über<br />
die Online-Praktikumsbörse Ausschreibungen<br />
aus China durchscrollt.<br />
Trotzdem, seit „Bologna“ sind wir die<br />
gebeutelten Studenten, die verfluchte<br />
Generation, die in einem verschulten<br />
System ihrer studentischen Freiheiten<br />
beraubt wurde. Doch stimmt<br />
das überhaupt? Das Wi² hat für euch<br />
verschiedene Generationen von Wirtschaftsingenieuren<br />
des KIT zu ihrer<br />
Studien- und Berufserfahrung befragt.<br />
Gibt es vielleicht Vorteile unserer<br />
Zeit, die wir gar nicht sehen, weil<br />
sie für uns bereits selbstverständlich<br />
geworden sind? Und welche Aspekte<br />
des Studiums beachtet unsere Generation<br />
zu wenig? Was sagen jene, die<br />
schon alles hinter sich haben? Welche<br />
waren gute und welche waren<br />
schlechte Entscheidungen? Wenn sie<br />
die Chance hätten, was würden sie<br />
Dieter<br />
Class<br />
of ‘58<br />
Das Beste an der Mensa: Russischer<br />
Salat mit Ei für 70 Pfennig<br />
Zum Feiern: Bei mir zu Hause<br />
und im Dörfle<br />
<strong>WiWi</strong>s zu seiner Zeit: Das hat<br />
uns nie interessiert<br />
uns heute mit auf den Weg geben?<br />
Kurz: Wie kann man mit den Erfahrungen<br />
der letzten 50 Jahre heute als<br />
Karlsruher <strong>WiWi</strong> besser leben?<br />
Dieter, 80 Jahre und 7 Monate alt,<br />
begann nach einer zweijährigen Ausbildung<br />
zum Maschinenbauschlosser<br />
sein Maschinenbaustudium an der<br />
Fridericiana. Wer damals das Studium<br />
begann, zog es laut Hanns Dieter<br />
auch durch. Studienwechsel und -abbrüche<br />
waren damals nicht üblich.<br />
Die Frauenquote war damals freilich<br />
noch verheerender als heute: „Wenn’s<br />
hoch kommt, 5%!“.<br />
Der Studienalltag bestand ausschließlich<br />
aus Vorlesungen, in denen<br />
der Prof seinen Stoff vorstellte.<br />
Den galt es sich dann zu erarbeiten –<br />
Übungen und Tutorien gab es nicht,<br />
lediglich die Möglichkeit, Schwächen<br />
durch privat ausgehandelte Nachhilfe<br />
von Assistenten des Lehrstuhls<br />
auszumerzen. Eine Erfolgskontrolle<br />
fand lediglich zum Vordiplom und<br />
zum Diplom in Form von mündlichen,<br />
teilweise auch schriftlichen<br />
Prüfungen statt.<br />
Die Freizeitgestaltung hatte damals<br />
wenig mit der Uni zu tun – Partys<br />
in Clubs oder gar direkt an der<br />
Uni wie <strong>WiWi</strong>Wi und <strong>WiWi</strong>So gab es<br />
damals nicht. Außer an den Akaflieg<br />
kann sich Hanns Dieter auch keiner<br />
Hochschulgruppe entsinnen die<br />
damals schon aktiv war. Man traf<br />
sich bei Kommilitonen zu Hause und<br />
machte Ausflüge nach Straßburg<br />
oder gerne, ähnlich wie auch heute<br />
noch, nach Germersheim. „Dort gab<br />
es die Dolmetscherinnen“, erklärt<br />
Hanns Dieter. Einzig den Hochschulsport<br />
gab es schon in den 50ern, über<br />
den Dieter Handball spielte.<br />
Auslandssemester waren damals<br />
allenfalls Exoten vorbehalten. So<br />
kurz nach dem Krieg fehlte es sowohl<br />
an Geld als auch an dem nötigen<br />
Netzwerk für solche „Eskapaden“.<br />
Das Studium war damals eben weniger<br />
eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung,<br />
als ein Mittel für bessere<br />
Berufsaussichten.<br />
Der Berufseinstieg stellte für Dieter<br />
dann auch kein Problem dar. Er<br />
bewarb sich bei der Demak und wurde<br />
direkt eingestellt. Nach ein paar<br />
Jahren im Ruhrgebiet konnte er<br />
dann wie gewünscht nach Südamerika<br />
wechseln. Trotzdem hatten es<br />
andere Generationen seiner Meinung<br />
nach leichter. Die Generation vor ihm<br />
hatte ja noch vor dem Krieg studiert<br />
und die nachfolgende profitierte bereits<br />
vom Wirtschaftswunder. Auch<br />
die Situation der heutigen Studenten<br />
schätzt er positiv ein. „Wenn ich<br />
heute noch einmal studieren könnte,<br />
ich wäre wie ein freigelassener Fisch<br />
im Wasser. Was man alles machen<br />
könnte… In welche Länder man heute<br />
gehen kann! Es gibt Angebote noch<br />
und nöcher!“ Trotzdem bedauert er es<br />
nicht, in den Fünfzigern studiert zu<br />
haben. „Wir haben um Gottes Willen<br />
ja auch nicht gelitten. Wir haben so<br />
gelebt, wie es die Umstände damals<br />
zuließen, aber wir haben uns auch<br />
nicht als vom Schicksal getroffene<br />
gefühlt. Wenn es allen gleich geht,<br />
dann geht es allen gleich.“<br />
Nicolai Andersen, 38, hat seinen<br />
Abschluss in Karlsruhe 1999 gemacht.<br />
Damals war der Studiengang<br />
Wirtschaftsingenieurwesen erst Wenigen<br />
bekannt. Mit ihm begannen<br />
500 Kommilitonen, mit einer Frauenquote<br />
von geschätzten 10-15% und<br />
„gefühlten 3%“.<br />
Rückblickend war für ihn einer<br />
der besten Aspekte des Studiums die<br />
enormen Freiheitsgrade in Bezug<br />
auf die Anwesenheit. Anstatt in die<br />
eigentlichen Veranstaltungen zu gehen,<br />
haben er und seine Kommilitonen,<br />
sich die „Rosinen“ rausgepickt<br />
6. November: US-Wahlen: Barack Obama<br />
wird mit knapper Mehrheit im Amt<br />
bestätigt.<br />
6. November: Die Bürger von Puerto Rico<br />
stimmen für den vollständigen Anschluss<br />
ihres Landes an die USA.<br />
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