Rundbrief 01/2012 - ELAN
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Sozialforum, FLP <strong>ELAN</strong>-<strong>Rundbrief</strong> 1/2<strong>01</strong>2 5<br />
Von Porto Alegre nach Rio de Janeiro: Das Sozialforum<br />
auf dem Sprung zum Nachhaltigkeitsgipfel<br />
Von Jürgen Reichel<br />
Ein „Welt“-Sozialforum ist das thematische Sozialforum,<br />
welches vom 24.-28. Januar 2<strong>01</strong>2 in<br />
Porto Alegre, Brasilien, stattfand, nicht gewesen:<br />
nur relativ wenige TeilnehmerInnen aus<br />
Europa, Afrika und Asien waren gekommen.<br />
Die brasilianische Zivilgesellschaft unterstrich<br />
jedoch – vor allem in Hinblick auf den Rio+20-<br />
Gipfel, der in diesem Jahr in Brasilien stattfindet<br />
– ihren Führungsanspruch in der weltweiten<br />
Zivilgesellschaft.<br />
Schon vor dem Start des Sozialforums äußerte<br />
Chico Whitaker, einer der Gründerväter des<br />
Weltsozialforums, in einem Brief an seine Kollegen<br />
des Internationalen Rats des Forums sei-<br />
und bot keinen geistigen Freiraum für Bewegungen,<br />
Organisationen und Gruppierungen.<br />
Das Forum sollte der Vorbereitung des „People’s<br />
Summit Rio+20 für Soziale und Ökologische Gerechtigkeit“<br />
dienen, welches vom 15. bis 23.<br />
Juni 2<strong>01</strong>2, parallel zur UN-Konferenz über Nachhaltige<br />
Entwicklung (UNCSD) in Rio de Janeiro,<br />
stattfinden wird.<br />
Trotz aller Internationalisierungsversuche des<br />
Treffen der brasilianischen<br />
Präsidentin<br />
Dilma Roussef mit<br />
der Zivilgesellschaft<br />
(Fotos: Michael<br />
Flacke, EED)<br />
Dieses darf dennoch nicht unterschätzt werden.<br />
Einige wichtige Perspektiven für die Zukunft<br />
der Sozialforen wurden aufgezeigt: Das<br />
nächste Weltsozialforum wird voraussichtlich<br />
Ende Juni 2<strong>01</strong>3 in Monasteri, Tunesien, stattfinden;<br />
im spanischen Galizien wird vom 14. bis<br />
18. September ein sogenanntes „Forum der Foren“<br />
stattfinden, zu dem alle VeranstalterInnen<br />
von Sozialforen weltweit eingeladen sind über<br />
ne Befürchtung, dass der Gedanke des „Open<br />
Space“ verloren ginge. Denn einige KoordinatorInnen<br />
des Sozialforumsprozesses fühlen sich<br />
– ohne mandatiert zu sein – als Sprachrohr der<br />
internationalen Zivilgesellschaft und liebäugeln<br />
mit einer Art zivilgesellschaftlicher Weltregierung.<br />
Mehrere Reibungspunkte nagen am<br />
Grundverständnis eines Sozialforums: Der bevorzugte<br />
Versammlungsort war der Hörsaal an<br />
der Uni. Die Sprecher auf den Podien waren immer<br />
dieselben. Das Forum fungierte als Schule<br />
Auftaktdemo zum<br />
Weltsozialforum Porto<br />
Alegre: die Artenvielfalt<br />
wird „zu Grabe<br />
getragen“.<br />
Internationalen Rats wollen die brasilianischen<br />
Platzhirsche „ihr“ Forum und „ihren“ Peoples‘<br />
Summit nicht aus der Hand geben. Die politisch<br />
erfahrenen Nichtregierungsorganisationen des<br />
Landes wollen ihre Inhalte wiederfinden und<br />
ihre politische Botschaft im Grundlagendokument<br />
des Weltsozialforums nicht aufgegeben.<br />
Dabei verspielen sie die Zukunft des Forums,<br />
denn die neuen internationalen Bewegungen<br />
orientieren sich wenig oder gar nicht an den<br />
Erkenntnissen des Forums.<br />
die strategischen Veränderungen in und außerhalb<br />
der Sozialforumsbewegung zu diskutieren;<br />
Und schließlich soll der Peoples‘ Summit kräftige<br />
Akzente setzen. Die Zivilgesellschaft fordert<br />
von der brasilianischen Regierung: Das Gelände<br />
des Erdgipfels 1992, 100%-Finanzierung für<br />
die Infrastruktur und vollständige Rede- und<br />
Versammlungsfreiheit. Die brasilianische Präsidentin<br />
Dilma Rousseff und ihr Umweltminister<br />
haben bereits eingewilligt.<br />
Schon während des thematischen Sozialforums<br />
hat ein Nachdenkensprozess eingesetzt: Das<br />
Planungskomitee für den Peoples‘ Summit soll<br />
internationalisiert werden. •<br />
Pfr. Jürgen Reichel ist Leiter des Referats „Entwicklungspolit.<br />
Dialog beim Ev. Entwicklungsdienst e.V.<br />
(EED), Mitglied des Internat. Rates des Weltsozialforums<br />
und stellvertr. Vorsitzender von VENRO.<br />
Fair gehandelte Blumen: Flower Label Program (FLP) vor dem Aus?<br />
Von Judith Kunz und Barbara Mittler<br />
Das Siegel der Initiative Flower Label Programm<br />
(FLP) steht für eine faire Produktion<br />
von Schnittblumen in Ländern des Südens.<br />
Rund 20.000 Menschen auf Plantagen in Afrika,<br />
Asien und Lateinamerika erhielten durch<br />
die Siegelinitiative feste Arbeitsverträge sowie<br />
Mutter-, Arbeits- und Gesundheitsschutz.<br />
Der Kampf gegen Kinderarbeit und Ausbeutung<br />
war sehr erfolgreich. Den Erfolgen des<br />
FLP stehen jedoch strukturelle Schwächen<br />
gegenüber: die Freiwilligkeit des Siegels und<br />
seine Abhängigkeit vom Weltmarkt. Zudem<br />
warben zu wenige Händler<br />
für das Siegel. Immer mehr<br />
Plantagenbesitzer kehrten<br />
der Initiative den Rücken.<br />
Das Flower Label Programm<br />
stand somit Ende 2<strong>01</strong>1 vor<br />
dem Aus. Der Versuch, das<br />
FLP mit dem Fairtrade-Label<br />
des Vereins Transfair zusammenzulegen,<br />
scheiterte. Die GS ist zwar für Anfragen erreichbar;<br />
die Zertifizierung sowie alle damit<br />
verbundenen Tätigkeiten wurden aber notgedrungen<br />
bis Mitte des Jahres eingestellt.<br />
Mitgründer der Initiative wie FIAN, Brot für<br />
die Welt und Terres des hommes befürchten<br />
einen Missbrauch des Siegels und tragen<br />
diese Entscheidung nicht mit. Sie kündigten<br />
dem FLP ihre Mitgliedschaft und wollen<br />
sich außerhalb des Flower-Labels weiter für<br />
soziale Rechte im Blumensektor einsetzen.<br />
Den Verbrauchern empfehlen die Organisationen,<br />
künftig Blumen mit dem Fairtrade-<br />
Siegel zu kaufen.<br />
Durch eine grundsätzliche Umstrukturierung<br />
will FLP die wichtigen Akteure zurückgewinnen<br />
und neu durchstarten. •<br />
www.fairflowers.de<br />
www.fairtrade-deutschland.de