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Kropfmühl. Im ersten Teil<br />
dieser zweiteiligen Serie<br />
wollen wir Ihnen einen historischen<br />
Abriss des Graphit-<br />
Bergbaus im Abteiland aufzeigen.<br />
Der Name Graphit leitet sich aus<br />
dem Griechischen graphein<br />
ab, was ‚schreiben‘ bedeutet.<br />
Er spielt damit auf die Tatsache<br />
an, dass Graphit auf rauen<br />
Oberflächen wie Papier durch<br />
Abreibung der einzelnen Blättchen<br />
eine graue Ablagerung<br />
hinterlässt. Dies wird im Bleistift<br />
zum Schreiben genutzt.<br />
Die ersten Hinweise einer Verwendung<br />
kennt man aus der<br />
Mittelsteinzeit, also etwa 9.600<br />
v. Chr. aus Norditalien, wo Rohgraphitstücke<br />
als Färbemittel<br />
benutzt und den Toten in die<br />
Gräber mitgegeben wurden. In<br />
der Jungsteinzeit finden sich in<br />
Böhmen Belege von Graphitton-<br />
und graphitierter Keramik,<br />
in Bayern ist in der frühen<br />
Bronzezeit vor allem die Straubinger<br />
Kultur von Bedeutung.<br />
Passauer Graphitgräberei<br />
Der Zwieseler Geologe und<br />
Mineraloge Fritz Pfaffl datiert<br />
die erste Erwähnung der Passauer<br />
Graphitgräberei auf<br />
das Jahr 1400, als Alchimisten<br />
und Metallgießer aus Obernzell<br />
Graphittiegel für ihre<br />
Experimente benutzten. Sie<br />
war die erste und für lange<br />
Zeit auch die einzige in Europa.<br />
Im Bayerischen Wald fanden<br />
sich später weitere Graphitvorkommen<br />
bei Zwiesel,<br />
Langdorf und Frauenau. Und<br />
auch bei unseren böhmischen<br />
Nachbarn wurde vor allem im<br />
Krumauer Gebiet seit Mitte des<br />
18. Jahrhunderts Graphit abgebaut.<br />
Der Graphitbergbau mit den<br />
ersten größeren Gruben entstand<br />
im Abteiland bei Pfaffenreuth<br />
um 1730 und bei Germannsdorf<br />
in der Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts, bei Ficht und bei<br />
Haar am Ende des Jahrhunderts.<br />
Der Preis wurde vom Passauer<br />
Fürstbischof festgesetzt,<br />
um die Schmelztiegelmacher<br />
vor der Preistreiberei der Graphitbauern<br />
zu schützen. Graphit<br />
wurde bis in die Neuzeit<br />
von Landwirten auf dem eigenen<br />
Grund vor allem in den<br />
Wintermonaten abgebaut.<br />
Sofern es ihre technischen und<br />
finanziellen Mittel erlaubten,<br />
gruben sie Schächte senkrecht,<br />
in einer Linie und in Abständen<br />
in den Boden und verbanden<br />
diese schließlich. Zur Unterstützung<br />
holten sie sich Bergmänner<br />
an ihre Höfe.<br />
Gefördert wurde das Graphit in<br />
den Schächten der Bauern mittels<br />
Handhaspeln oder mittels<br />
von Pferdekraft angetriebenen<br />
Förderanlagen, sogenannten<br />
Göpeln. Diese Technik wurde<br />
vom Bergbauern Donaubauer<br />
in der Passauer Graphitgräberei<br />
eingeführt. Ein Name, der<br />
auch heute noch im Abteiland<br />
sehr präsent ist.<br />
DAS ABTEILAND<br />
Graphit – Das „Schwarze Gold“ (Teil 1)<br />
Ein historischer Abriss des Graphit-Bergbaus im Abteiland<br />
Ertragreiche Jahre<br />
Zu Zeiten der fortschreitenden<br />
Industrialisierung in der<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
stieg fortan auch der Bedarf<br />
an Graphit und es kam zu<br />
einer Ausweitung des Bergbaus.<br />
1851/52 wurden 5300<br />
Zentner Graphit auf 26 Gruben<br />
gefördert, bis 1900 stieg<br />
die Zahl der Gruben auf 144.<br />
1914 waren es dann nur noch<br />
22, der Wert des Graphits hatte<br />
stark abgenommen. Während<br />
des Ersten Weltkrieges<br />
förderten die Graphitbauern<br />
aus Pfaffenreuth, Schaibing,<br />
Diendorf und Oberötzdorf<br />
zusammen mit etwa 600<br />
Arbeitern fast zwei Drittel der<br />
gesamten Rohförderung. Zur<br />
Steigerung der Produktivität<br />
und der Vermarktung hatten<br />
sich die Eigenlöhner Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts zu Verbänden<br />
zusammengeschlossen.<br />
Mit zunehmender Technisierung<br />
und Organisation<br />
erschien der Bergbau einzelner<br />
Grundbesitzer nicht mehr<br />
zeitgemäß.<br />
Neuausrichtung<br />
1870 erwarben die Gebrüder<br />
Bessel aus Dresden-Neustadt,<br />
die Pioniere des Graphitbergbaus<br />
im Abteiland, die ersten<br />
Kropfmühler Gruben und<br />
damit begann dort die technisch<br />
zeitgerechte Graphitförderung.<br />
Mit 5 bis 10 Mann und<br />
mittels Wasserkraft und Kehrrad-Drahtseil<br />
förderte man<br />
damals bis zu 20.000 Tonnen<br />
im Jahr auf einem Gebiet in<br />
der Größe von 69 bayerischen<br />
Tagwerken. 1908 übernahm<br />
das Architekten-Ehepaar Max<br />
und Anna Langheinrich aus<br />
München die Grube in Kropfmühl.<br />
Am 5. Dezember 1916<br />
erfolgte der Eintrag ins Handelsregister<br />
als „Graphitwerke<br />
Kropfmühl AG“. 1933 wurden<br />
auch die Gruben Ficht, Jahrdorf,<br />
Figgermühl und Mitterreut<br />
mit der Graphitwerk<br />
Kropfmühl AG verschmolzen.<br />
Graphit wurde ‚im Ficht‘ im<br />
Helenenschacht in der Nähe<br />
Fotos: obx-news<br />
3<br />
des Bahnhofes Oberötzdorf<br />
bei Untergriesbach abgebaut<br />
und eignete sich aufgrund seiner<br />
dichten, schmierigen Qualität<br />
vor allem zur Herstellung<br />
von Bleistiften. Der Jahrdorfer<br />
Graphit war sehr hart, aber<br />
auch stark mit Ton, Kaolin und<br />
Quarz versetzt. Der Schacht<br />
Figgermühl, dessen Graphit<br />
ebenfalls mit Gneis und Quarz<br />
verunreinigt war, befand sich<br />
in unmittelbarer Nähe des<br />
Bahnhofes Schaibing. In Mitterreuth<br />
bei Hundsruck wurde<br />
brauchbarer Graphit nur<br />
in einigen Nestern festgestellt.<br />
Die Gruben in Jahrdorf<br />
und Ficht mussten nach dem<br />
Ersten Weltkrieg wegen mangelnder<br />
Nachfrage geschlossen<br />
werden. 1937 übernahm<br />
die Graphitwerk Kropfmühl<br />
AG auch die Gruben der Firmen<br />
Rouge und Rott, zwei der<br />
bekanntesten Graphitbauern<br />
im Pfaffenreuther Raum. Die<br />
anderen Graphitbauern aus<br />
Pfaffenreuth schlossen langjährige<br />
Abbauverträge mit<br />
dem Unternehmen ab. Damit<br />
endete auch die Zeit des bäuerlichen<br />
Bergbaus.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
wurde das Graphitwerk von<br />
den Amerikanern beschlagnahmt.<br />
Die Währungsreform<br />
machte schließlich den Weg<br />
für einen Neuanfang frei,<br />
gleichzeitig wurde das Werk<br />
aus der Beschlagnahmung<br />
zurückgegeben. 1951 übertraf<br />
die Fördermenge wieder die<br />
Rekordmarken aus den Kriegsjahren.<br />
Steigende Exporte,<br />
Ausbau des Grubenbetriebes<br />
und Entwicklung neuer Graphitsorten<br />
führten das Unternehmen<br />
zurück an die Spitze.<br />
2005 wurde die Mine in Kropfmühl<br />
dichtgemacht, da sich<br />
der Abbau im Abteiland finanziell<br />
nicht mehr rentierte.<br />
Hafnerzell<br />
Wie bereits zu Beginn angemerkt,<br />
ist die Geschichte des<br />
Graphitabbaus im Abteiland<br />
eng mit der Geschichte<br />
der Schmelztiegel-Hafnerei<br />
in Obernzell verbunden.<br />
1516 wurde von der Graphitschmelztiegelhafnerei<br />
in<br />
Obernzell durch deren Zunftordnung<br />
erstmals urkundlich<br />
berichtet und um 1530 wurde<br />
der Ort, aufgrund der Vielzahl<br />
an Töpfern (Hafnern), erstmals<br />
‚Hafnerzell‘ genannt. Die feuerfesten<br />
Schmelztiegel wurden<br />
von Metallgießern und<br />
Alchemisten benötigt. Sie<br />
bestanden zu fast 50% aus<br />
Graphit, Ton und Quarz. Auch<br />
Öfen und Kochgeschirr entstanden<br />
aus diesem besonderen<br />
Tongemisch im Abteiland.<br />
1940 ging es mit der Schmelztiegel-Produktion<br />
in Obernzell<br />
zu Ende.<br />
Im zweiten Teil lesen Sie,<br />
warum sich die AMG Mining<br />
AG entschlossen hat, wieder<br />
Graphit in Kropfmühl abzubauen<br />
und über Einsatzgebiete<br />
des wertvollen Rohstoffes.<br />
sh