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Winzige Botschafter - Hallig-Bote

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MiT FreuNDliCHer uNTersTüTzuNg Des<br />

Der HAllig-bOTe | Ausgabe 2011<br />

VORhER – NACHHer<br />

ZEITSPRUNG Mal sind es »nur« 60 Jahre, dann wieder rund<br />

120, die zwischen zwei Momentaufnahmen liegen: Hans Jessel<br />

fotografierte für den <strong>Hallig</strong>-<strong>Bote</strong>n auf Hooge historische<br />

Postkartenmotive nach. Mit einer Erkenntnis, die so ergreifend<br />

und schlicht ist, wie das Leben selbst es sein kann: Manchmal<br />

ist nichts mehr, wie es einst war, und manchmal scheint vieles<br />

unveränderlich. Die Hooger Gästeführerin Renée Oetting-Jessel<br />

kommentiert den Wandel im Lauf der Jahrzehnte.<br />

Am 7. Februar 1896 berichteten<br />

die 'eiderstedter Nachrichten',<br />

dass die Kaiserin Auguste Victoria<br />

den Maler Jacob Alberts in<br />

seinem berliner Atelier besucht habe, um<br />

seine <strong>Hallig</strong>bilder zu betrachten. Alberts,<br />

der »Maler der <strong>Hallig</strong>en«, war angekommen<br />

in den höchsten gesellschaftskreisen! Mit<br />

den <strong>Hallig</strong>bewohnern hingegen hatte es<br />

sich der bauernsohn durch seine überheb-<br />

liche Art so verscherzt, dass noch generationen<br />

nachfolgender Maler darunter zu<br />

leiden hatten.<br />

1893 logierte er im Haus der angesehenen<br />

seefahrerfamilie Hansen auf <strong>Hallig</strong> Hooge.<br />

Dort malte er dieses bild des »Königspesel«,<br />

die Kapitänsstube, in der einst der dänische<br />

König Frederik Vi. übernachtet hatte.<br />

Der Hausherr edlef bandick Hansen war<br />

jedoch über das anspruchsvolle gehabe<br />

Foto: Photohaus Johannes Q.<br />

unbeschadet scheint die eilende Friesin aus der Vergangenheit direkt ins Heute<br />

gebeamt worden zu sein. Die Hanswarft vor der saison strahlt die ruhe und<br />

unberührtheit früherer zeiten aus. Wer im sommer tagsüber in das quirlige<br />

zentrum der <strong>Hallig</strong> Hooge kommt, sucht diese stimmung vergebens. schwärme<br />

von Ausflüglern umlagern dann den »Königspesel«, das alte Haus am linken bildrand.<br />

Die Anziehungskraft seines königlichen übernachtungsgastes nimmt noch jeden <strong>Hallig</strong>gast<br />

gefangen. Dabei sind das besondere vor allem die liebevoll erhaltenen räume und<br />

einrichtungsgegenstände der seefahrenden besitzer des Hauses und die geschichten der<br />

Frauen, die das Anwesen in Abwesenheit ihrer Männer bewahrt und mit leben gefüllt haben.<br />

Maren bendixen und ihre Tochter Klaudia, die hier geschäftig über die Warft stürmt,<br />

erzählen dem interessierten besucher außerhalb der saison schon mal die eine oder andere<br />

kuriose Anekdote ihrer starken und selbstbewussten Vorfahrinnen. Die alte Ansicht der<br />

Foto: Verlag: W. lind<br />

des Künstelers so erbost, dass er ihm nahelegte:<br />

»Wenn se mit allens nich tofreden<br />

sünd, dann könnt se jern Krom tosammen<br />

packen un afreisen!« und seine Tochter ellewine<br />

verweigerte sogar das Modellsitzen<br />

mit dem Hinweis, »se wüll nich op jede Piepenkopp«.<br />

Jacob Alberts arrangierte sich. in<br />

der Nachbarschaft fand er zwei <strong>Hallig</strong>frauen,<br />

die er nachträglich als Mutter und Kind<br />

in sein gemälde hinein montierte. Auch der<br />

Anreise Hooge<br />

mit der<br />

Adler-Express:<br />

Täglich ab Nordstrand<br />

um 9.15 Uhr;<br />

ab Hörnum/Sylt um<br />

12 Uhr; ab Amrum<br />

um 12.50 Uhr<br />

seemann über der stubentür entsprang<br />

seiner Fantasie. Die Komposition von realität<br />

und Fiktion brachte ihm ruhm und<br />

1000 goldmark ein. Heute hängt das großformatige<br />

bild im landesmuseum schloss<br />

gottorf. 118 Jahre später standen Karola<br />

Diedrichsen und die 11-jährige Merle Nour<br />

Dell Missier, beide Mitglieder der Hooger<br />

Trachtentanzgruppe, dem Fotografen im<br />

Königspesel Modell.<br />

Hanswarft führt zurück in die zeit vor der großen sturmflut von 1962, die an den meisten<br />

Häusern erhebliche schäden anrichtete. Danach entstanden die Warften praktisch neu.<br />

ziegelgedeckte Häuser, zu Ferienwohnungen ausgebaute Dachgeschosse und ställe, blumen-<br />

statt gemüsegärten und ein erweitertes Wegenetz prägen das äußere bild. Der Tourismus<br />

entwickelte sich zunehmend zu einem Haupterwerbszweig der <strong>Hallig</strong>bewohner.<br />

Die landwirte, deren Wirtschaftsmöglichkeiten auf den eng bebauten Warften immer eingeschränkt<br />

waren, übernahmen mehr und mehr die Aufgaben von landschaftspflegern.<br />

zwar versteckt sich hinter dem Haus in der Mitte des bildes heute ein wesentlich größerer<br />

stall als noch in alter zeit, doch wird auch hier nur noch Ammenkuhhaltung betrieben.

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