âMaterialien zu Die besseren Wälderâ [PDF-Datei ... - GRIPS Theater
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»<strong>Die</strong> <strong>besseren</strong> Wälder«<br />
Kannst du eine Situation von einem von Abschiebung bedrohten Menschen schildern?<br />
Ein Mensch, ob Kind oder Erwachsener der hier in Deutschland keinen sicheren<br />
Aufenthaltsstatus hat, weiß nicht was mit ihm passieren wird, er kann seine Zukunft nicht<br />
planen. Zweitens hast du nicht nur die Zukunftslosigkeit, sondern auch akut die Angst, dass du<br />
ständig, <strong>zu</strong>r jeder Zeit abgeschoben werden kannst. Es kommt oft vor, dass die Polizei am<br />
frühen Morgen um vier Uhr, fünf Uhr die Häuser stürmen, Kinder, Eltern alle mitnehmen, ohne<br />
dass diese irgendetwas mitnehmen können. Du kannst jederzeit abgeholt und dann<br />
abgeschoben werden - das macht krank!<br />
Wie kann sich solch eine akute »Abschiebesituation» auf die Persönlichkeit auswirken?<br />
Ich war selbst in einer Situation in der ich nicht wusste, ob ich hier bleiben kann, oder<br />
abgeschoben werde. Je nachdem wie lange dies dauert, ob dieser Mensch Unterstüt<strong>zu</strong>ng von<br />
seinen Mitmenschen hat und wie seine Persönlichkeit ist, hat es unterschiedliche<br />
Auswirkungen. Unsicherheit, Ängstlichkeit, du hältst dich eher <strong>zu</strong>rück, du magst nicht über<br />
<strong>zu</strong>künftiges reden, eigentlich möchtest du nichts machen, aber dies ist nicht die Lösung,<br />
sondern verschlimmert die Situation eher. Du zerstörst dich selbst. Bei manchen Menschen<br />
dauert der Zustand abgeschoben werden <strong>zu</strong> können länger, sie leben in Flüchtlingslagern,<br />
haben keinen Kontakt <strong>zu</strong> anderen Menschen, dürfen keine Schule besuchen oder eine<br />
Ausbildung machen, sie sind Perspektivlos. <strong>Die</strong>s kann da<strong>zu</strong> führen, dass sie abnehmen, dass sie<br />
sich <strong>zu</strong>rückziehen und bei manchen Menschen führt es da<strong>zu</strong>, dass sie versuchen sich<br />
um<strong>zu</strong>bringen.<br />
Grundsätzlich haben die meisten Jugendlichen psychische Probleme, einer stärker, der andere<br />
schwächer.<br />
Der Kampf für das Bleiberecht ist für viele der betroffenen Jugendlichen auch eine Befreiung,<br />
Bestärkung oder eine Art von »Therapie».<br />
Viele eurer Aktionen machen auf Grenzen aufmerksam, welche für die meisten Bürger<br />
gar nicht sichtbar sind, kannst du einige nennen?<br />
Viele wissen nicht, dass <strong>zu</strong>m Beispiel Jugendliche die in den Ferien arbeiten gehen wollen, dies<br />
aber nicht dürfen. Eine andere relevante Grenze ist sicherlich, dass die Residenzpflicht einen<br />
Urlaub unmöglich macht. Es ist einfach nicht erlaubt.<br />
Ein Mitaktivist sagte einmal: <strong>Die</strong>s hier ist ein Gefängnis ohne Gitter. Zwischen Berlin und<br />
Brandenburg, gibt es keine Grenze, für die Betroffenen aber schon. Das ist für Flüchtlinge so, als<br />
ob die Grenzen von 1989 noch da sind.<br />
Wie könnte ein Leben ohne Grenzen aussehen? Könnte das überhaupt funktionieren?<br />
Es könnte durchaus ein Leben ohne Grenzen möglich sein – wenn alle mitmachen, dass ist nicht<br />
utopisch. Wir müssen nur daran glauben, um wesentliche Grenzen <strong>zu</strong> überschreiten. Zum<br />
Beispiel, dass jeder überall hingehen darf. Das alle Menschen alle Rechte haben.<br />
Bestimmte Grundregeln und Freiheiten gibt es in jeder Kultur, Religion und Gesellschaft, wie<br />
das Recht auf Leben, das Recht auf Nahrung, das Recht auf Religionsfreiheit und das Recht auf<br />
freie Meinungsäußerung usw. Im Grunde kann man diese Regeln auf alle Kulturen ausweiten.<br />
Wir müssen schauen wie diese umgesetzt werden können und dürfen nicht davon ausgehen,<br />
dass alle Kulturen die gleiche Auslegung dieser Rechte haben. Wichtig ist, dass es nicht Werte<br />
einer einzigen Kultur sind, die den anderen aufgezwungen werden.<br />
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