*22 Bischof Gitter 3.1 - Hagia Chora Journal
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G E O M A N T I E- W I S S E N<br />
Das Ineinandergreifen von Kompressions- (rot)<br />
und Dilatationstetraeder (grün)<br />
dann 1924 seine Vorstellungen zur Tetraederstruktur<br />
der Erde. In seinem Buch unternahm<br />
es Schmutz, die seit Steiners Hinweisen<br />
(und seit den oben beschriebenen<br />
früheren Tetraedertheorien) gemachten Erkenntnisfortschritte<br />
der Geologie auf ihre<br />
Verträglichkeit mit der Tetraedertheorie zu<br />
überprüfen.<br />
Aspekte der Plattentektonik<br />
Durch die Erkenntnisse der „Kontinentalverschiebungstheorie“,<br />
die hauptsächlich<br />
der deutsche Geophysiker Alfred Wegener<br />
(1880–1930) ab 1912 entwickelte und<br />
1915 in seinem Buch „Die Entstehung der<br />
Kontinente und Ozeane“ darstellte, wurde<br />
die Geologie auf eine völlig neue Grundlage<br />
gestellt; seinen vorläufigen Abschluss<br />
erhielt dieser Prozess durch das in den<br />
70er-Jahren von J.T. Wilson und anderen<br />
entwickelte Konzept der „globalen Plattentektonik“,<br />
das Gebirgsbildung, Vulkanismus<br />
und Erdbebenzonen in einen inneren<br />
Zusammenhang brachte. Die den<br />
Tetraedertheoretikern des 19. Jahrhunderts<br />
noch verborgenen Bewegungsvorgänge<br />
innerhalb der Erdkruste sind – nach der<br />
Entdeckung des „Mittelozeanischen Rükkens“,<br />
eines untermeerischen Gebirges,<br />
das sich durchgehend über eine Länge<br />
von 70000 Kilometer mitten durch den<br />
Atlantik, den Indischen Ozean und den<br />
Südpazifik hinzieht, und der weltweiten<br />
systematischen Bestandesaufnahme eines<br />
Teils der kontinentalen Erdkruste – heute<br />
im Großen und Ganzen bekannt.<br />
Nach den Erkenntnissen der Plattentektonik<br />
besteht die Erdkruste aus einer<br />
Anzahl von so genannten Platten, die sich<br />
mit verschiedenen Bewegungsrichtungen<br />
aufeinander zu oder voneinander weg bewegen.<br />
An den Plattengrenzen gibt es somit<br />
einerseits „Ausdehnungszonen“, andererseits<br />
„Kompressionszonen“. Die Erdkruste<br />
durchläuft auf der einen Seite einen<br />
Prozess kontinuierlicher Ausdehnung,<br />
der vor allem im Bereich der erwähnten<br />
untermeerischen Gebirgsrücken, aber auch<br />
in einigen kontinentalen Dehnungszonen<br />
wie dem ostafrikanischen Grabenbruchsystem<br />
(Rotes Meer, Jordantal), im Golf<br />
von Kalifornien (mit dem berüchtigten<br />
San-Andreas-Graben) und im Grabenbruch<br />
des sibirischen Baikalsees vor sich<br />
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geht. Auf der anderen<br />
Seite findet gleichzeitig<br />
in den Kompressionszonen<br />
ein Prozess<br />
der Krustenverkürzung<br />
statt, so<br />
beispielsweise in<br />
den Alpen und im<br />
Himalaya. Interessant<br />
ist, dass dem erwähnten<br />
weltumspannenden untermeerischen<br />
Gebirgsrücken der<br />
Dehnungszonen ein etwa gleich langer<br />
Gürtel von jungen Faltengebirgen und<br />
Inselgebirgen gegenübersteht, in deren<br />
Region mit der Auffaltung der Gebirge<br />
eine Zusammenziehung der Erdkruste<br />
stattfindet.<br />
Diese von Schmutz entdeckte Polarität<br />
von submarinen Dehnungszonen und<br />
kontinentalen Kompressionszonen zeigt<br />
sich auch, wenn man das Gefüge der<br />
Dehnungs- und Kompressionslinien an<br />
den Plattengrenzen auf ihre Geometrie<br />
untersucht. Die Ausdehnungslinien teilen<br />
nämlich die Erdoberfläche in vier Felder,<br />
von denen sich jeweils drei an vier Stellen<br />
(den „Tripelpunkten“) treffen, nämlich in<br />
Ostsibirien (N in obiger Grafik), bei den<br />
Bouvet-Inseln im Südatlantik (A), bei der<br />
Insel Rodrigues im Indischen Ozean (I),<br />
und bei den Osterinseln im Pazifik (P). Die<br />
Feldgrenzen werden durch die Mittelozeanischen<br />
Dehnungsrücken, die kontinentalen<br />
Riftzonen der großen Bruch- und Grabensysteme<br />
und die seismisch schwach<br />
aktiven, basischen Vulkane markiert. Eine<br />
zweite Einteilung der Erdkruste in vier<br />
Felder ergibt sich aus den Kompressionslinien,<br />
wobei die Linien des Zusammenschubs<br />
der Erdkruste – die erdgeschichtlich<br />
jungen kontinentalen Faltungszonen<br />
und Tiefseegräben – sowie die Zonen intensiver<br />
Erdbebentätigkeit und seismisch<br />
stark aktiver, saurer Vulkane die Feldgrenzen<br />
bilden. Hier sind Honduras (H),<br />
der Kaukasus (K), Japan (J) und die Gegend<br />
des Südpols (S) die Tripelpunkte.<br />
Argumente zur Oktaeder-Struktur<br />
Beide Male ergibt sich ein Gebilde mit<br />
vier Ecken, vier Flächen und 6 Kanten –<br />
mit anderen Worten, ein Tetraeder, das<br />
man sich hier als sphärisch abgerundetes<br />
Tetraeder mit gebogenen Dreiecksflächen<br />
und einem teilweise stark verbogenen<br />
Verlauf der Kanten vorstellen muss. Bei<br />
Berücksichtigung der zwei Typen von<br />
Vulkanen als Kantenlinien bekommt man<br />
somit ein System von zwei sich durchdringenden<br />
Tetraedern, einem Ausdehnungstetraeder<br />
mit vier Ecken südlich des<br />
Äquators (Honduras, Kaukasus, Japan und<br />
Südpol) und der Spitze am Südpol, und<br />
einem Kompressionstetraeder mit 3 Ecken<br />
nördlich des Äquators (Ostsibirien, Bouvet-Inseln,<br />
Rodrigues-Insel und Osterinseln)<br />
und der Spitze in Ostsibirien. Nach<br />
Schmutz ist das Kompressionstetraeder<br />
das geologisch ältere; im Laufe der erdgeschichtlichen<br />
Entwicklung sei durch Umwandlung<br />
von Mineralien im Erdmantel,<br />
was zur Ausdehnung der Erdkruste führte,<br />
das dazu polare Dilatationstetraeder entstanden.<br />
Als Folge dieser Polarität habe<br />
sich dann durch Kombination beider Tetraeder<br />
zusätzlich ein Oktaeder herausgebildet.<br />
Das Tetraeder ist nämlich der einzige<br />
platonische Körper, der eine Links- und<br />
eine Rechtsform aufweist, in sich also polar<br />
ist. Kombiniert man diese zwei polaren<br />
Formen, entsteht die höhersymmetrische<br />
Durchdringungsform des Oktaeders, jenes<br />
platonischen Körpers, der acht Flächen<br />
(gleichseitige Dreiecke), sechs Ecken und<br />
zwölf Kanten besitzt. Dabei werden jeweils<br />
die sechs Kreuzungsstellen des Kompressions-<br />
mit dem Dilatationstetraeder zu<br />
Ecken eines sphärisch gerundeten Oktaeders.<br />
Das Gebirgskreuz<br />
In einer Oktaederstruktur wäre auch das<br />
von Steiner erwähnte rechtwinklige Gebirgskreuz<br />
besser erklärbar als im Tetraedermodell.<br />
Es wird gebildet von zwei um<br />
den Erdball laufenden Gebirgsketten, in<br />
Nord-Süd-Richtung von der Kette, die von<br />
den Rocky Mountains und den Anden sowie<br />
ihrer Unterwasser-Fortsetzung auf der<br />
gegenüberliegenden Halbkugel gebildet<br />
wird, dem so genannten Ninety-East-<br />
Rücken, einem bedeutenden untermeerischen<br />
Gebirgszug im Indischen Ozean,<br />
dessen Verlängerung dann Indochina und<br />
die japanischen Inseln bilden. In West-<br />
Ost-Richtung ist es die die Gebirgskette,<br />
die mit den Alpen beginnt, über den Kaukasus<br />
und den Himalaya weiterläuft, sich<br />
über Burma, Thailand, Indonesien und<br />
Neuguinea fortsetzt und auf der anderen<br />
Seite des Globus untermeerisch über die<br />
„Wallace-Bruchzone“ in die so genannte<br />
Clipperton-Bruchzone (sie reicht von den<br />
Marquesa-Inseln im Ostpazifik bis nach<br />
Honduras) und schließlich über Kuba, Puerto<br />
Rico und den Atlantik wieder in die<br />
Alpen übergeht. Diese beiden Gebirgsringe<br />
schneiden sich rechtwinklig in Honduras<br />
und in Indochina.<br />
Geomantisch besonders interessant ist,<br />
dass die Projektionen dieser beiden Kreuzungspunkte<br />
des globalen Gebirgskreuzes<br />
auf die jeweils gegenüberliegende Seite<br />
des Globus an zwei sehr bedeutsamen<br />
Stellen zu liegen kommen: die eine liegt<br />
im Colorado-Hochplateau im Vierländereck,<br />
in dem die nordamerikanischen Bundesstaaten<br />
Utah, Colorado, Arizona und<br />
New Mexico aneinander grenzen, die andere<br />
im südlichen Hochland von Tibet.<br />
Beide Regionen sind wichtige „Heilige<br />
Gebiete“, werden von den Hopi-Indianern<br />
und der tibetischen Kultur als polare<br />
Kraftpole der Erde betrachtet und besitzen<br />
eine Vielfalt von geologischen, geophysikalischen<br />
und meteorologischen Besonderheiten,<br />
worauf vor allem die amerika-<br />
<strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000<br />
B E S E E L T E S B A U E N<br />
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