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*22 Bischof Gitter 3.1 - Hagia Chora Journal

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Die Hypothese von einer pentagonalen<br />

Energiestruktur der<br />

Erde, wie sie zuletzt auch von<br />

Siegfried Prumbach vorgetragen<br />

1<br />

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○ ○<br />

Der Kristallplanet<br />

Ideengeschichte der Marco <strong>Bischof</strong><br />

globalen <strong>Gitter</strong>netze<br />

wurde, hat in unserem Forum<br />

eine lebhafte Diskussion ausgelöst.<br />

Das Gespräch konzentriert<br />

sich zunehmend auf die<br />

grundsätzliche Frage, welche<br />

Bedeutung den verschiedenen<br />

Konzepten von einer Kristallstruktur<br />

der Erde oder von<br />

„<strong>Gitter</strong>netzen“ und „Energieleitbahnen“<br />

in der Geomantie<br />

zukommt. Marco <strong>Bischof</strong> hat<br />

KRISTALLMUSEUM RIEDENBURG<br />

nun erstmals einen historischen<br />

Überblick über die einflussreichsten<br />

Globalgitter-<br />

Theorien von der Geologie des<br />

19. Jahrhunderts bis zum New<br />

Age erarbeitet. In den nächsten<br />

Ausgaben werden wir<br />

neben der Fortsetzung dieses<br />

Beitrags die ins Deutsche<br />

übersetzten Originaltexte von<br />

Christopher Bird sowie von<br />

Gontscharow und Neiman veröffentlichen.<br />

Wir meinen, dass<br />

erst die Kenntnis der zum Teil<br />

weit voneinander entfernt<br />

entstandenen Ursprungsideen<br />

eine kompetente Beurteilung<br />

der gegenwärtig propagierten<br />

<strong>Gitter</strong>netz- und Kristallstruktur-Konzepte<br />

möglich macht.<br />

In der historischen Entwicklung der<br />

Globalgitter-Vorstellungen müssen<br />

zwei Hauptphasen unterschieden werden.<br />

Die erste Phase bilden die geologischen<br />

Hypothesen über eine kristalline<br />

Struktur der Erde in der Zeit von ca. 1850<br />

bis 1920 – die russischen Arbeiten von<br />

Makarow, Morosow und Gontscharow aus<br />

den 70er-Jahren haben nämlich eine lange<br />

Vorgeschichte; sie, wie auch das Konzept<br />

von Schmutz, haben ihre Vorläufer in<br />

der Geologie des 19. Jahrhunderts, wie ich<br />

zeigen möchte.<br />

Die große Wende in der Geschichte der<br />

Globalgitter-Vorstellungen markiert dann<br />

der berühmte Aufsatz von Christopher<br />

Bird im „New Age <strong>Journal</strong>“ von 1975, der<br />

ihre Verwandlung in eine New-Age-Idee<br />

einleitete. Bird griff drei russische Zeitschriftenartikel<br />

aus den Jahren 1973 auf<br />

und verband sie mit den Ideen von Ivan<br />

Sanderson aus der 2. Hälfte der 60er-Jahre,<br />

die sich im Zusammenhang mit den<br />

Forschungen zum „Bermuda-Dreieck“ entwickelt<br />

hatten. Die zweite Phase schließlich<br />

besteht in der Entwicklung der<br />

Globalgitter unter dem Einfluss von New-<br />

Age-Ideen, wobei diese sich mit den Vorstellungen<br />

der radiästhetischen <strong>Gitter</strong>netze<br />

und der Leylinien vermischten und<br />

zu „Energielinien“ wurden. In dieser Phase<br />

kamen auch die geometrischen Konzepte<br />

Buckminster Fullers und seines<br />

Fortsetzers Keith Critchlow ins Spiel. Diese<br />

Entwicklungsphasen werden im Folgenden<br />

in ihrer chronologischen Abfolge<br />

dargestellt. Durch genaue bibliographische<br />

Informationen zu allen besprochenen<br />

und zitierten Werken können alle Angaben<br />

vom interessierten Leser selbst überprüft<br />

werden.<br />

Konzepte des 19. Jahrhunderts<br />

Die Idee, dass die Erde eine geometrische<br />

Gestalt besitzt, geht wohl auf die altgriechische<br />

Schule der Pythagoräer zurück.<br />

Wie die Russen und Bird anführen, findet<br />

sich bei Plato, der in vielem aus dieser<br />

Denkschule schöpfte, der Ausspruch, „von<br />

oben gesehen gleicht die Erde einem Ball<br />

aus zwölf Lederstücken“ (Phaidon 109A-<br />

110D). Plato bezieht sich bei diesem Vergleich<br />

auf den Ball, den Aphrodite dem<br />

Eros schenkte, damit er mit ihm Jason in<br />

Medea verliebt machen könne (Deonna,<br />

1954; Le Roux, 1955). Gleichzeitig ist die<br />

Stelle ein Hinweis auf das Dodekaeder, einen<br />

der fünf „platonischen Körper“; die<br />

Lehre von den platonischen Körpern hatte<br />

Plato vermutlich ebenfalls von den Pythagoräern<br />

übernommen. Wie ich noch ausführen<br />

werde, spielt sie in den verschiedenen<br />

Konzepten der globalen <strong>Gitter</strong> immer<br />

wieder eine Rolle. Stark beeinflusst von<br />

platonischen Vorstellungen war auch der<br />

bedeutendste Naturforscher der beginnenden<br />

Neuzeit, Johannes Kepler (1571–<br />

1630). Er brachte 1596 in seinem ersten<br />

Buch „Mysterium Cosmographicum“ die<br />

von Kopernikus postulierten kreisförmigen<br />

(und von ihm selbst später [1605] als<br />

elliptisch erkannten) Planetenbahnen um<br />

die Sonne mit den fünf platonischen Körpern<br />

in Zusammenhang. In seiner „Weltharmonie“<br />

(1619) hob er deren Bedeutung<br />

für das Verständnis der Erde hervor.<br />

74<br />

B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000


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G E O M A N T I E- W I S S E N<br />

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Einteilung der Kugeloberfläche der Erde in 30 Rauten,<br />

20 gleichseitige Dreiecke oder 12 regelmäßige<br />

sphärische Fünfecke wie bei Èlie de Beaumont<br />

In der Geschichte der Geologie finden<br />

sich bereits im frühen 19. Jahrhundert<br />

eine ganze Reihe von Theorien, die<br />

bestrebt waren, die Gestalt der Erde,<br />

die Verteilung der Landmassen<br />

und die Struktur der Erdoberfläche<br />

kristallographisch zu erklären,<br />

so bei Delamotherie, Jameson,<br />

Oken und Hauslab. Etwas bekannter<br />

ist der Versuch des französischen<br />

Geologen Léonce Élie de Beaumont<br />

(1798–1874), Professor an der Pariser<br />

Ecole des Mines und am Collège de<br />

France sowie Generalinspektor der französischen<br />

Minen, Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

die Struktur eines Dodekaeders in der Erdkruste<br />

zu sehen (Élie de Beaumont, 1847,<br />

1849, 1850, 1852; Zittel, 1899).<br />

Beaumonts Ausgangspunkt war die Beobachtung,<br />

dass die Gebirgssysteme der Erde<br />

jeweils auf einem Kreis liegen; die einander<br />

überlappenden Kreise der verschiedenen<br />

Gebirgssysteme schneiden einander<br />

unter ganz bestimmten Winkeln. Élie de<br />

Beaumont schloss aus diesen Beobachtungen,<br />

dass die Verteilung der Gebirge auf<br />

der Oberfläche der Erdkugel nicht zufällig<br />

sei, sondern einem bestimmten Muster<br />

folgen müsse. Auf der Suche nach diesem<br />

Muster ging er von der Tatsache aus, dass<br />

die Oberfläche einer Kugel mit Hilfe von<br />

15 Kreisen, von denen sich jeweils fünf in<br />

12 Punkten unter einem Winkel von 36°<br />

schneiden, gleichzeitig in 20 gleichseitige<br />

Dreiecke wie auch in 12 regelmäßige<br />

sphärische Fünfecke aufgeteilt werden<br />

kann. Die erste Aufteilung ergibt ein so<br />

genanntes sphärisches Ikosaeder, die letztere<br />

ein sphärisches Dodekaeder – zwei<br />

der fünf platonischen Körper; die drei anderen<br />

sind das Tetraeder, das Oktaeder<br />

und der Würfel. Mit anderen Worten, diese<br />

15 Kreise teilen die Kugeloberfläche in<br />

120 gleich große, rechtwinklige Dreiecke,<br />

welche nach Belieben entweder zu 30<br />

Rauten, 20 gleichseitigen Dreiecken oder<br />

12 regelmäßigen sphärischen Fünfecken<br />

(Pentagonen) zusammengefügt werden<br />

können.<br />

Da Élie de Beaumont Gründe zur Annahme<br />

hatte, dass in geologischen Zusammenhängen<br />

das Fünfeck von größter<br />

Bedeutung war, ging er davon aus, das<br />

gesuchte globale Muster in der Anordnung<br />

der Gebirgssysteme könnte ein<br />

Réseau pentagonal (pentagonales Netzgitter)<br />

mit zwölf fünfeckigen „Maschen“<br />

sein. Die 15 Kreise entsprechen den Kanten<br />

eines im Mittelpunkt der Erde befindlichen<br />

regulären Ikosaeders – daraus<br />

konstruierte er das Pentagonalnetz als Basis<br />

der Anordnung der Gebirgssysteme.<br />

Der französische Geologe schrieb in seinem<br />

Akademieaufsatz „Notes sur la<br />

corrélation des directions des différents<br />

systèmes de montagnes“ (1850), es sei<br />

vorstellbar, dass ein solches Muster durch<br />

die Kontraktion des Planeten entstanden<br />

sei, die dieser im Zuge seiner zunehmenden<br />

Abkühlung im Laufe der Jahrtausende<br />

durchgemacht habe. Man könne sich die<br />

Wirkungen dieser Kontraktion auf die<br />

Erdkruste in Analogie zur Bildung der hexagonalen<br />

Basaltsäulen vorstellen. Während<br />

aber bei der Teilung einer Fläche in<br />

gleiche Elemente gleichseitige Dreiecke,<br />

Quadrate oder Sechsecke entstehen könnten,<br />

wobei das Sechseck jene Fläche mit<br />

der größten Zahl von Seiten und dem geringsten<br />

Umfang darstellt, sei die Kugeloberfläche<br />

weder in regelmäßige Sechsecke<br />

noch in Quadrate, sondern nur in<br />

gleichseitige Dreiecke oder regelmäßige<br />

Fünfecke teilbar. „Die 15 Kreise, die die<br />

Kugeloberfläche in 12 regelmäßige Fünfecke<br />

teilen … bilden ein System von Linien<br />

mit dem flachsten Bogenmaß“ (es handelt<br />

sich also um so genannte Großkreise).<br />

Weiter heißt es bei Élie de Beaumont:<br />

„Wären die Auffaltungen der Erdkruste<br />

alle zur gleichen Zeit erfolgt, so wären<br />

vielleicht nur die 15 Kreise entstanden;<br />

da aber die Entstehung der verschiedenen<br />

Gebirgssysteme eine sukzessive war, so<br />

entstanden neben den pentagonalen zusätzlich<br />

auch oktaedrische, dodekaedrische<br />

und andere Kreise als notwendige<br />

Zwischenstufen im Übergang von dem einen<br />

zum nächsten der Grundkreise. Alle<br />

zusammen bilden sie gewissermaßen so<br />

etwas wie ein Klavier, auf dem die unermüdliche<br />

Natur, seit Beginn der Abkühlung<br />

des Planeten, eine Art von ‚Jahrtausend-Harmonie‘<br />

entfaltet“.<br />

Dies zeigt, wie sehr Élie de Beaumont<br />

noch in der Tradition der idealistischen<br />

Morphologie stand, die mit ihrem harmonikalen<br />

Denken, der Tendenz von Goethes<br />

naturwissenschaftlichen Arbeiten nicht<br />

unähnlich, in der französischen Biologie<br />

und Naturphilosophie des 18. und frühen<br />

19. Jahrhunderts (so bei Georges Cuvier<br />

und Geoffroy de St-Hilaire) eine zentrale<br />

Rolle spielte.<br />

Kritik am pentagonalen Netzgitter<br />

Da nicht alle bekannten Gebirgssysteme<br />

in das pentagonale Netz passten, musste<br />

Élie de Beaumont durch Berechnungen<br />

weitere subsidiäre Kreise zu Hilfe nehmen,<br />

die er aufgrund geometrisch-kristallographischer<br />

Voraussetzungen auswählte. Die<br />

komplexe Netzstruktur, die sich auf diese<br />

Weise ergab, veranlasste ihn dazu, die<br />

Erde als ein komplexes kristallines System<br />

von hoher Regularität zu betrachten, dessen<br />

Seiten sowohl von Achtecken, wie<br />

auch von Rhomben und Pentagonen, sowie<br />

von Trapezoiden und anderen Flächen<br />

gebildet wurden. Er hatte keine Schwierigkeiten,<br />

viele verblüffende Übereinstimmungen<br />

zwischen wichtigen geographischen<br />

Linien und seinem Netzgitter zu<br />

finden. Doch ist es, wie der Münchner Paläontologe<br />

Edgar Dacqué (1878–1945) im<br />

letzten Bericht der wissenschaftlichen Literatur,<br />

die wir über diese Vorstellungen<br />

des 19. Jahrhunderts haben, kritisch anmerkt,<br />

„von vornherein selbstverständlich,<br />

dass bei jedem nur einigermaßen engen<br />

Netz, das man über das endlose Mosaik<br />

tektonisch und morphologisch ganz heterogener<br />

und ihrer Struktur nach ganz<br />

grundverschiedener Schollen ausbreitet,<br />

aus denen die Erdoberfläche besteht, zahllose<br />

‚Punkte‘ auf die Linien, in die<br />

Schnittpunkte und in die Zwischenräume<br />

dieses Netzes fallen“, ohne dass damit ein<br />

Beweis für irgendwelche Gesetzmäßigkeiten<br />

in der Anordnung der Mosaikstückchen<br />

und in dem Verlauf ihrer Grenzen<br />

erbracht wäre (Dacqué, 1915). In seinem<br />

Lehrbuch über die „Grundlagen und Methoden<br />

der Paläogeographie“ schreibt<br />

Dacqué, dass alle derartigen Versuche, gesetzmäßig<br />

verlaufende Linien in der Erdkruste<br />

nachzuweisen, abzulehnen seien,<br />

außer in dem Falle, dass sie durch bestimmte<br />

physikalische (geologische) Notwendigkeiten<br />

und Möglichkeiten nahegelegt<br />

würden. Dies schien ihm bei der sogenannten<br />

„Tetraedertheorie“ eher der Fall<br />

zu sein.<br />

Frühe Tetraeder-Theorien<br />

Auch Hans-Ulrich Schmutz’ „Tetraeder-<br />

Theorie der Erde“ (1986) hat nämlich ihre<br />

Vorläufer in der Geologie des 19. Jahrhunderts.<br />

Élie de Beaumonts Theorie, die<br />

außerhalb Frankreichs keine Anerkennung<br />

fand und nach seinem Tod rasch in Vergessenheit<br />

geriet, veranlasste den englischen<br />

Geologen William Lowthian Green<br />

1857 zur Hypothese, die<br />

Erde dürfe nicht als Dodekaeder,<br />

sondern<br />

müsse als Tetraeder<br />

betrachtet<br />

werden.<br />

Das<br />

Tetraeder<br />

ist jener<br />

platonische<br />

Körper, dessen<br />

Flächen<br />

aus vier gleichgroßen<br />

Dreiecken<br />

gebildet werden und<br />

<strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000<br />

B E S E E L T E S B A U E N<br />

75


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Die das Gebirgskreuz bildenden zwei orthogonalen Ringstrukturen<br />

in der Ansicht auf dem Globus. (Abbildungen aus Hans-Ulrich Schmutz,<br />

„Die Tetraederstruktur der Erde“, Verlag Freies Geistesleben)<br />

Tetraedermodell nach den Angaben Rudolf Steiners von 1924.<br />

Dem Basisdreieck Honduras-Kaukasus-Südpol steht die Spitze<br />

Japan gegenüber.<br />

der sechs Kanten und 4 Ecken besitzt.<br />

Wenn man ein Tetraeder mit gleichem Volumen<br />

wie eine Kugel in diese einzeichnet,<br />

dann erhält man eine Figur, in der die vier<br />

Ecken über die Kugeloberfläche hinausragen;<br />

die Flächen befinden sich hingegen<br />

größtenteils innerhalb der Kugel. Kanten<br />

und Ecken liegen dann den Flächen gegenüber.<br />

Greens Tetraedertheorie, erst<br />

nicht beachtet, wurde später aufgegriffen<br />

und modifiziert vom Franzosen Albert<br />

Félix de Lapparent (1900) und ausgebaut<br />

vom Franzosen Marcel Bertrand (1900 a,<br />

b), den Engländern J.W. Gregory (1899,<br />

1901) und Emerson (1900) sowie dem<br />

Deutschen Theodor Arldt (1905, 1907).<br />

Diese Geologen schlugen vor, die Erde als<br />

Tetraeder mit der Spitze am Südpol zu betrachten.<br />

Gregory wies darauf hin, dass in<br />

Élie de Beaumonts Netzgittermodell die<br />

antipodischen (einander auf entgegengesetzten<br />

Seiten der Erdkugel gegenüberliegenden)<br />

Gebiete immer eine ähnliche<br />

Struktur haben müssten, doch eine der<br />

fundamentalen Tatsachen der Geologie sei<br />

gerade die Unähnlichkeit der gegenüberliegenden<br />

Gebiete.<br />

Argumente zur Tetraeder-Struktur<br />

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Die Tetraedertheorie würde erklären, warum<br />

Meere und Festlandschollen (mit Ausnahme<br />

einiger Teile von Südamerika)<br />

antipodisch liegen – der Landhalbkugel<br />

gegenüber liegt die Wasserhalbkugel, dem<br />

Nordpolarmeer gegenüber liegt die antarktische<br />

Landmasse. Für die Tetraedertheorie<br />

sprechen außerdem eine ganze<br />

Reihe von weiteren geologischen Tatsachen;<br />

wie Dacqué schreibt, kann sie deshalb<br />

nicht, wie die Beaumont-Theorie,<br />

einfach abgewiesen werden. Wenn die<br />

Spitze des Tetraeders durch den Südpol<br />

geht, dann muss am Nordpol eine der Flächen<br />

des Tetraeders liegen. Tatsächlich ist<br />

am Nordpol ein tiefes Meer von einem im<br />

Wesentlichen geschlossenen Landring umgeben.<br />

Wo die Ecken des Tetraeders vorstehen,<br />

würde man nach dem Tetraedermodell<br />

die stabilen Fixpunkte der<br />

Kontinentalmassen erwarten. Dies ist tatsächlich<br />

der Fall: die drei archaischen<br />

Urmassive des kanadischen Schildes, der<br />

den Norden der USA, Ost- und Mittelkanada<br />

sowie den größten Teil der nördlich<br />

davon gelegenen Regionen und den<br />

südlichen Teil Westgrönlands, mit der<br />

Hudson-Bay als Zentrum, umfasst, des<br />

finnoskandinavischen Schildes (Skandinavien,<br />

Finnland und der südlich anschließende<br />

Teil Russlands) und des ostsibirischen<br />

Schildes (das Angaramassiv und die<br />

Region zwischen den Flüssen Jenissei und<br />

Lena bis zum Baikalsee) – ihre Zentren<br />

liegen alle fast auf demselben Breitengrad<br />

– haben während der gesamten Erdgeschichte<br />

eine große Stabilität gegenüber<br />

Faltungsvorgängen bewahrt, was man<br />

von den Ecken eines solchen Erdtetraeders<br />

erwarten würde. Die vom nördlichen<br />

Landring ausgehenden, nach Süden zugespitzten<br />

Festlandsgrenzen Südamerikas,<br />

Afrikas und Australasiens, die entlang der<br />

meridionalen Kanten verlaufen und die<br />

Dreiecksgestalt der Kontinente ausmachen,<br />

entsprechen der nach Süden sich<br />

verjüngenden Spitze des Tetraeders. Auch<br />

der südliche Ozeangürtel, der einen<br />

südpolaren Kontinent umgibt, entspricht<br />

der Erwartung des Modells. Ebenso passt<br />

die bisher nicht erklärte unterschiedliche<br />

Abplattung der beiden Polargebiete – der<br />

Nordpol ist stärker abgeplattet als der<br />

Südpol – ins Tetraedermodell. Messungen<br />

des Gravitationsfeldes der Erde an den<br />

Orten von zweien der hypothetischen Tetraederecken<br />

(Nordamerika und Wolgabecken)<br />

ergeben ein Schwerefeld, das für<br />

eine kugelförmige Erde zu gering, aber<br />

mit der Annahme einer tetraederförmigen<br />

Erde vereinbar ist.<br />

Theorie zur Kontraktion der Erdkruste<br />

Die Autoren der Tetraedertheorie nehmen,<br />

wie Élie de Beaumont, an, dass die Tetraederform<br />

durch die Kontraktion bei der<br />

Abkühlung der Erdkruste entstanden sei.<br />

Arldt argumentiert, die tetraedrische Form<br />

sei diejenige, die die tangentialen Spannungen<br />

am besten ausgleiche. Unter allen<br />

regelmäßigen Körpern mit gleicher Oberfläche<br />

sei das Tetraeder derjenige mit dem<br />

kleinsten Volumen. Wenn das Volumen<br />

einer Kugel abnimmt, ohne dass gleichzeitig<br />

die Oberfläche entsprechend damit<br />

Schritt halten kann, so verwandelt sich<br />

die Kugel nach Möglichkeit in ein Tetraeder,<br />

weil diese Form ihr am längsten die<br />

Erhaltung ihrer früheren Oberfläche erlaubt.<br />

Nach Green ist auch die 23,5°-Abweichung<br />

der Erdachse von einer ursprünglich<br />

senkrechten Lage auf die Bildung<br />

des Tetraeders zurückzuführen, da<br />

sich dabei ein Massenüberschuss nördlich<br />

des Äquators ergab. Gleichzeitig habe dies<br />

infolge der Anziehung von Sonne und<br />

Mond die Erscheinungen der Präzession<br />

und der Nutation hervorgerufen, unter deren<br />

Einfluss sich die erwähnte Neigung<br />

der Erdachse im Laufe des Jahres geringfügig<br />

verschiebt.<br />

Dacqué hielt die Tetraeder-Hypothese<br />

insgesamt für plausibel, wies jedoch darauf<br />

hin, dass die „zweifellos vorhandene<br />

tetraedrische Verteilung der Landmassen<br />

und Meere“ nicht bei der Erkaltung des<br />

Planeten entstanden sein könne, sondern<br />

jüngeren Datums sein müsse, weil ja diese<br />

Form aus der heutigen Struktur der Erdoberfläche<br />

erschlossen worden sei. Bei einer<br />

frühen erdgeschichtlichen Bildung<br />

wären diese Strukturen infolge der diversen<br />

Umgestaltungsprozesse kaum mehr<br />

vorhanden.<br />

Die Tetraedertheorie von Schmutz<br />

Der Schweizer Hans-Ulrich Schmutz<br />

schließlich, Geologe und Lehrer an der<br />

Waldorfschule Wetzikon bei Zürich, der in<br />

seinem Werk „Die Tetraederstruktur der<br />

Erde“ (1986) die bisher jüngste Version<br />

dieser Vorstellung von der kristallinen<br />

Struktur unseres Planeten vorgelegt hat,<br />

scheint nichts von diesen Vorläufern zu<br />

wissen. Er zitiert keinen der erwähnten<br />

Autoren und geht einzig von einigen Anregungen<br />

von Rudolf Steiner (1861–1925)<br />

aus den 20er-Jahren über die Kreuzstruktur<br />

der globalen Gebirgszüge und die<br />

Tetraederstruktur der Erde aus. Der Gründer<br />

der Anthroposophie selbst kannte aber<br />

vermutlich zumindest Dacqués Veröffentlichung,<br />

denn beide waren Mitglieder der<br />

Theosophischen Gesellschaft, und Dacqués<br />

naturphilosophische Arbeiten waren<br />

Steiner mit Sicherheit bekannt. Steiner<br />

hatte 1920 in den Lehrplanangaben für<br />

die Waldorfschulen die Lehrer aufgefordert,<br />

die Struktur der Gebirge rund um die<br />

Erde als zwei kreuzförmig aufeinander<br />

stehende Ringe anschaulich zu machen.<br />

Im Anschluss an einen Vortrag zur Entstehung<br />

der Vulkane entwickelte Steiner<br />

76<br />

B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000


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G E O M A N T I E- W I S S E N<br />

Das Ineinandergreifen von Kompressions- (rot)<br />

und Dilatationstetraeder (grün)<br />

dann 1924 seine Vorstellungen zur Tetraederstruktur<br />

der Erde. In seinem Buch unternahm<br />

es Schmutz, die seit Steiners Hinweisen<br />

(und seit den oben beschriebenen<br />

früheren Tetraedertheorien) gemachten Erkenntnisfortschritte<br />

der Geologie auf ihre<br />

Verträglichkeit mit der Tetraedertheorie zu<br />

überprüfen.<br />

Aspekte der Plattentektonik<br />

Durch die Erkenntnisse der „Kontinentalverschiebungstheorie“,<br />

die hauptsächlich<br />

der deutsche Geophysiker Alfred Wegener<br />

(1880–1930) ab 1912 entwickelte und<br />

1915 in seinem Buch „Die Entstehung der<br />

Kontinente und Ozeane“ darstellte, wurde<br />

die Geologie auf eine völlig neue Grundlage<br />

gestellt; seinen vorläufigen Abschluss<br />

erhielt dieser Prozess durch das in den<br />

70er-Jahren von J.T. Wilson und anderen<br />

entwickelte Konzept der „globalen Plattentektonik“,<br />

das Gebirgsbildung, Vulkanismus<br />

und Erdbebenzonen in einen inneren<br />

Zusammenhang brachte. Die den<br />

Tetraedertheoretikern des 19. Jahrhunderts<br />

noch verborgenen Bewegungsvorgänge<br />

innerhalb der Erdkruste sind – nach der<br />

Entdeckung des „Mittelozeanischen Rükkens“,<br />

eines untermeerischen Gebirges,<br />

das sich durchgehend über eine Länge<br />

von 70000 Kilometer mitten durch den<br />

Atlantik, den Indischen Ozean und den<br />

Südpazifik hinzieht, und der weltweiten<br />

systematischen Bestandesaufnahme eines<br />

Teils der kontinentalen Erdkruste – heute<br />

im Großen und Ganzen bekannt.<br />

Nach den Erkenntnissen der Plattentektonik<br />

besteht die Erdkruste aus einer<br />

Anzahl von so genannten Platten, die sich<br />

mit verschiedenen Bewegungsrichtungen<br />

aufeinander zu oder voneinander weg bewegen.<br />

An den Plattengrenzen gibt es somit<br />

einerseits „Ausdehnungszonen“, andererseits<br />

„Kompressionszonen“. Die Erdkruste<br />

durchläuft auf der einen Seite einen<br />

Prozess kontinuierlicher Ausdehnung,<br />

der vor allem im Bereich der erwähnten<br />

untermeerischen Gebirgsrücken, aber auch<br />

in einigen kontinentalen Dehnungszonen<br />

wie dem ostafrikanischen Grabenbruchsystem<br />

(Rotes Meer, Jordantal), im Golf<br />

von Kalifornien (mit dem berüchtigten<br />

San-Andreas-Graben) und im Grabenbruch<br />

des sibirischen Baikalsees vor sich<br />

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geht. Auf der anderen<br />

Seite findet gleichzeitig<br />

in den Kompressionszonen<br />

ein Prozess<br />

der Krustenverkürzung<br />

statt, so<br />

beispielsweise in<br />

den Alpen und im<br />

Himalaya. Interessant<br />

ist, dass dem erwähnten<br />

weltumspannenden untermeerischen<br />

Gebirgsrücken der<br />

Dehnungszonen ein etwa gleich langer<br />

Gürtel von jungen Faltengebirgen und<br />

Inselgebirgen gegenübersteht, in deren<br />

Region mit der Auffaltung der Gebirge<br />

eine Zusammenziehung der Erdkruste<br />

stattfindet.<br />

Diese von Schmutz entdeckte Polarität<br />

von submarinen Dehnungszonen und<br />

kontinentalen Kompressionszonen zeigt<br />

sich auch, wenn man das Gefüge der<br />

Dehnungs- und Kompressionslinien an<br />

den Plattengrenzen auf ihre Geometrie<br />

untersucht. Die Ausdehnungslinien teilen<br />

nämlich die Erdoberfläche in vier Felder,<br />

von denen sich jeweils drei an vier Stellen<br />

(den „Tripelpunkten“) treffen, nämlich in<br />

Ostsibirien (N in obiger Grafik), bei den<br />

Bouvet-Inseln im Südatlantik (A), bei der<br />

Insel Rodrigues im Indischen Ozean (I),<br />

und bei den Osterinseln im Pazifik (P). Die<br />

Feldgrenzen werden durch die Mittelozeanischen<br />

Dehnungsrücken, die kontinentalen<br />

Riftzonen der großen Bruch- und Grabensysteme<br />

und die seismisch schwach<br />

aktiven, basischen Vulkane markiert. Eine<br />

zweite Einteilung der Erdkruste in vier<br />

Felder ergibt sich aus den Kompressionslinien,<br />

wobei die Linien des Zusammenschubs<br />

der Erdkruste – die erdgeschichtlich<br />

jungen kontinentalen Faltungszonen<br />

und Tiefseegräben – sowie die Zonen intensiver<br />

Erdbebentätigkeit und seismisch<br />

stark aktiver, saurer Vulkane die Feldgrenzen<br />

bilden. Hier sind Honduras (H),<br />

der Kaukasus (K), Japan (J) und die Gegend<br />

des Südpols (S) die Tripelpunkte.<br />

Argumente zur Oktaeder-Struktur<br />

Beide Male ergibt sich ein Gebilde mit<br />

vier Ecken, vier Flächen und 6 Kanten –<br />

mit anderen Worten, ein Tetraeder, das<br />

man sich hier als sphärisch abgerundetes<br />

Tetraeder mit gebogenen Dreiecksflächen<br />

und einem teilweise stark verbogenen<br />

Verlauf der Kanten vorstellen muss. Bei<br />

Berücksichtigung der zwei Typen von<br />

Vulkanen als Kantenlinien bekommt man<br />

somit ein System von zwei sich durchdringenden<br />

Tetraedern, einem Ausdehnungstetraeder<br />

mit vier Ecken südlich des<br />

Äquators (Honduras, Kaukasus, Japan und<br />

Südpol) und der Spitze am Südpol, und<br />

einem Kompressionstetraeder mit 3 Ecken<br />

nördlich des Äquators (Ostsibirien, Bouvet-Inseln,<br />

Rodrigues-Insel und Osterinseln)<br />

und der Spitze in Ostsibirien. Nach<br />

Schmutz ist das Kompressionstetraeder<br />

das geologisch ältere; im Laufe der erdgeschichtlichen<br />

Entwicklung sei durch Umwandlung<br />

von Mineralien im Erdmantel,<br />

was zur Ausdehnung der Erdkruste führte,<br />

das dazu polare Dilatationstetraeder entstanden.<br />

Als Folge dieser Polarität habe<br />

sich dann durch Kombination beider Tetraeder<br />

zusätzlich ein Oktaeder herausgebildet.<br />

Das Tetraeder ist nämlich der einzige<br />

platonische Körper, der eine Links- und<br />

eine Rechtsform aufweist, in sich also polar<br />

ist. Kombiniert man diese zwei polaren<br />

Formen, entsteht die höhersymmetrische<br />

Durchdringungsform des Oktaeders, jenes<br />

platonischen Körpers, der acht Flächen<br />

(gleichseitige Dreiecke), sechs Ecken und<br />

zwölf Kanten besitzt. Dabei werden jeweils<br />

die sechs Kreuzungsstellen des Kompressions-<br />

mit dem Dilatationstetraeder zu<br />

Ecken eines sphärisch gerundeten Oktaeders.<br />

Das Gebirgskreuz<br />

In einer Oktaederstruktur wäre auch das<br />

von Steiner erwähnte rechtwinklige Gebirgskreuz<br />

besser erklärbar als im Tetraedermodell.<br />

Es wird gebildet von zwei um<br />

den Erdball laufenden Gebirgsketten, in<br />

Nord-Süd-Richtung von der Kette, die von<br />

den Rocky Mountains und den Anden sowie<br />

ihrer Unterwasser-Fortsetzung auf der<br />

gegenüberliegenden Halbkugel gebildet<br />

wird, dem so genannten Ninety-East-<br />

Rücken, einem bedeutenden untermeerischen<br />

Gebirgszug im Indischen Ozean,<br />

dessen Verlängerung dann Indochina und<br />

die japanischen Inseln bilden. In West-<br />

Ost-Richtung ist es die die Gebirgskette,<br />

die mit den Alpen beginnt, über den Kaukasus<br />

und den Himalaya weiterläuft, sich<br />

über Burma, Thailand, Indonesien und<br />

Neuguinea fortsetzt und auf der anderen<br />

Seite des Globus untermeerisch über die<br />

„Wallace-Bruchzone“ in die so genannte<br />

Clipperton-Bruchzone (sie reicht von den<br />

Marquesa-Inseln im Ostpazifik bis nach<br />

Honduras) und schließlich über Kuba, Puerto<br />

Rico und den Atlantik wieder in die<br />

Alpen übergeht. Diese beiden Gebirgsringe<br />

schneiden sich rechtwinklig in Honduras<br />

und in Indochina.<br />

Geomantisch besonders interessant ist,<br />

dass die Projektionen dieser beiden Kreuzungspunkte<br />

des globalen Gebirgskreuzes<br />

auf die jeweils gegenüberliegende Seite<br />

des Globus an zwei sehr bedeutsamen<br />

Stellen zu liegen kommen: die eine liegt<br />

im Colorado-Hochplateau im Vierländereck,<br />

in dem die nordamerikanischen Bundesstaaten<br />

Utah, Colorado, Arizona und<br />

New Mexico aneinander grenzen, die andere<br />

im südlichen Hochland von Tibet.<br />

Beide Regionen sind wichtige „Heilige<br />

Gebiete“, werden von den Hopi-Indianern<br />

und der tibetischen Kultur als polare<br />

Kraftpole der Erde betrachtet und besitzen<br />

eine Vielfalt von geologischen, geophysikalischen<br />

und meteorologischen Besonderheiten,<br />

worauf vor allem die amerika-<br />

<strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000<br />

B E S E E L T E S B A U E N<br />

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G E O M A N T I E- W I S S E N<br />

nische Künstlerin und Forscherin Joan<br />

Price hingewiesen hat (Price, 1979, 1985;<br />

Dömpke, 1982). Im Rahmen des Tetraedermodells<br />

muss man sich vorstellen, dass<br />

die rechtwinkligen Gebirgskreuze durch<br />

die Verformung des Kompressionstetraeders<br />

mit seinen ursprünglich kleineren<br />

Winkeln hervorgerufen wurden.<br />

Erze lagern an Tetraederkanten<br />

Ein weiterer bedeutsamer Zusammenhang,<br />

den Schmutz hergestellt hat, ist derjenige<br />

zwischen der Tetraederstruktur der Erde<br />

und der Lage der größten Metall-Lagerstätten<br />

und -Abbaugebiete auf der Erdoberfläche.<br />

Es scheint dabei auch einen<br />

Zusammenhang mit der Kristallisationsform<br />

der betreffenden Metalle zu geben.<br />

Bei dieser Verteilung spielt offenbar nur<br />

das jüngere Ausdehnungstetraeder eine<br />

Rolle, während das ältere Kompressionstetraeder<br />

nur indirekte Bedeutung hat. Da<br />

die ständige Bildung neuer Kruste in den<br />

Mittelozeanischen Rücken ein Absinken<br />

dieser Kruste an den Plattenrändern und<br />

Untertauchen unter die Nachbarplatten<br />

bewirkt, bilden sich die erdgeschichtlich<br />

jungen, in gediegener Form oktaedrischkubisch<br />

kristallisierenden Metallerze Gold,<br />

Silber und Kupfer an den Kanten des<br />

Kompressionstetraeders, vor allem auf der<br />

Nordhalbkugel.<br />

Das kubisch kristallisierende Silber ist,<br />

wenn es mit Gold zusammen auftritt, immer<br />

an die Tetraederkanten gebunden;<br />

auch das Gold der jungen Goldformationen<br />

und das an Andesit gebundene Kupfer<br />

wird vorwiegend dort gefunden. Die<br />

alten Goldformationen und Kupfererze<br />

hingegen finden sich vorzugsweise im<br />

Zentrum von Tetraederdreiecken in Afrika<br />

und Europa, die polar zum zirkumpazifischen<br />

Gürtel liegen. In der Regel weiter<br />

entfernt von den Tetraederkanten, in<br />

Richtung der Mittelpunkte der Tetraederdreiecke<br />

liegen auch Blei-, Zinn- und<br />

Quecksilbervorkommen. Das kubisch kristallisierende<br />

Blei wird sowohl in der Nähe<br />

der Kanten (junge Bildungen) wie auch<br />

innerhalb des Tetraeders (alte Bildungen)<br />

auf der Nord-Halbkugel in Europa und<br />

Nordamerika gefunden.<br />

Das tetragonal kristallisierende Zinnerz<br />

hingegen ist ein Metall der Südhalbkugel,<br />

wo seine jungen Bildungen in Südostasien<br />

und den zentralen Anden und seine alten<br />

Formationen in den Dreiecken Honduras–<br />

Kaukasus–Südpol (Südamerika, Afrika)<br />

sowie Kaukasus–Japan–Südpol (Australien,<br />

Indonesien) gefunden werden, alle in<br />

Kantennähe. Die seltenen Fundstellen des<br />

Quecksilbers nehmen eine Zwischenstellung<br />

ein und sind in zwei kurzen Kantenabschnitten<br />

in Europa und Kalifornien,<br />

beide innerhalb des Dreiecks Honduras–<br />

Kaukasus–Japan, lokalisiert. Die Lagerstätten<br />

des Eisenerzes mit seiner Vielfalt<br />

der möglichen Kristallisationsformen<br />

schließlich nehmen mit ihrer flächigen<br />

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Verteilung eine Sonderstellung ein. Jüngeres<br />

Erz findet sich an jenen Tetraederkanten,<br />

wo auch Kupfervorkommen sind.<br />

Älteres Erz ist auf den gesamten Flächen<br />

der Tetraederdreiecke Honduras–Kaukasus–Südpol<br />

und Honduras–Kaukasus–<br />

Japan zu finden.<br />

Unregelmäßigkeiten der Erdkugel<br />

In die Oktaederstruktur, die die Erdoberfläche<br />

in acht Dreiecke unterteilt, fügen<br />

sich nach Schmutzs Angaben auch eine<br />

Reihe geologischer und geophysikalischer<br />

Eigenschaften gut ein, darunter die eigenartige<br />

Unregelmäßigkeit des so genannten<br />

Geoids, die Anomalien des Erdmagnetfeldes,<br />

die Wärmeflussverteilung der Erde<br />

und die Konvektionsströmungen. Schon<br />

seit einigen Jahrzehnten weiß die Geologie,<br />

dass die Erde keine Kugel ist, sondern<br />

eher so etwas wie eine Birnenform besitzt<br />

und außerdem an vier Stellen gewissermaßen<br />

Höcker von etwa 70 Kilometer<br />

Höhe und an vier weiteren Stellen Dellen<br />

von rund 70 Kilometer Tiefe aufweist.<br />

Diese Geoid-Form der Erde weist eine verblüffende<br />

Übereinstimmung mit der Oktaederstruktur<br />

auf. Auch die Karte der jährlichen<br />

Abweichungen der magnetischen<br />

Kompassnadel vom geographischen Nordpol<br />

zeigt eine beinahe perfekte Übereinstimmung<br />

mit den auch beim Geoid gefundenen<br />

acht Feldern, wenn man die Gebiete<br />

mit einer Zunahme der Abweichung<br />

von jenen, die eine Abnahme aufweisen,<br />

trennt. Auf einer Karte der weltweiten<br />

Variation des Wärmeflusses stimmen die<br />

Gebiete mit stark erhöhtem Wärmefluss<br />

ungefähr mit den Höckern des Geoids,<br />

jene mit abgeschwächtem Wärmefluss mit<br />

den Dellen überein. Die weiter oben in<br />

anderem Zusammenhang bereits erwähnten<br />

Fließbewegungen des verflüssigten<br />

Gesteins im Erdmantel (Konvektionsströmungen)<br />

zeigen dieselbe achtkammerige<br />

Struktur auf der Erdoberfläche.<br />

Die verschiedenen platonischen Körper,<br />

die Schmutz in der Struktur der Erdkruste<br />

zu sehen glaubt, sind nach seiner Auffassung<br />

Anzeichen für eine Metamorphose<br />

des Erdkörpers, die im Laufe der Erdgeschichte<br />

durch systemimmanente Gestaltkräfte<br />

bewirkt werden. Er sieht eine geometrische<br />

Entwicklung von der ursprünglichen<br />

Kugelform des noch nicht verfestigten<br />

„Erdkeims“ über die Tetraederstruktur<br />

bei der Bildung der festen Erde bis hin<br />

zur Bildung der heutigen orthogonalen<br />

Struktur mit dem Gebirgskreuz. 7<br />

Meinem Bruder Stefan gewidmet –<br />

er weiß warum.<br />

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ihrer Lebewelt. Engelmann, Leipzig 1907.<br />

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Marco <strong>Bischof</strong>, Dipl.-Atemtherapeut,<br />

freischaffender Wissenschaftler, Wissenschaftsautor<br />

und Berater für<br />

Grenzgebiete von Natur- wie Geisteswissenschaften.<br />

Mitglied des International<br />

Institute of Biophysics, Neuss;<br />

Leiter des Instituts für Synthese, Koordination und<br />

Dokumentation/Future Science (ISKD/FS). Publikationen:<br />

Unsere Seele kann fliegen, Biophotonen u.a.<br />

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B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000

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