*22 Bischof Gitter 3.1 - Hagia Chora Journal
*22 Bischof Gitter 3.1 - Hagia Chora Journal
*22 Bischof Gitter 3.1 - Hagia Chora Journal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Die Hypothese von einer pentagonalen<br />
Energiestruktur der<br />
Erde, wie sie zuletzt auch von<br />
Siegfried Prumbach vorgetragen<br />
1<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
○ ○<br />
Der Kristallplanet<br />
Ideengeschichte der Marco <strong>Bischof</strong><br />
globalen <strong>Gitter</strong>netze<br />
wurde, hat in unserem Forum<br />
eine lebhafte Diskussion ausgelöst.<br />
Das Gespräch konzentriert<br />
sich zunehmend auf die<br />
grundsätzliche Frage, welche<br />
Bedeutung den verschiedenen<br />
Konzepten von einer Kristallstruktur<br />
der Erde oder von<br />
„<strong>Gitter</strong>netzen“ und „Energieleitbahnen“<br />
in der Geomantie<br />
zukommt. Marco <strong>Bischof</strong> hat<br />
KRISTALLMUSEUM RIEDENBURG<br />
nun erstmals einen historischen<br />
Überblick über die einflussreichsten<br />
Globalgitter-<br />
Theorien von der Geologie des<br />
19. Jahrhunderts bis zum New<br />
Age erarbeitet. In den nächsten<br />
Ausgaben werden wir<br />
neben der Fortsetzung dieses<br />
Beitrags die ins Deutsche<br />
übersetzten Originaltexte von<br />
Christopher Bird sowie von<br />
Gontscharow und Neiman veröffentlichen.<br />
Wir meinen, dass<br />
erst die Kenntnis der zum Teil<br />
weit voneinander entfernt<br />
entstandenen Ursprungsideen<br />
eine kompetente Beurteilung<br />
der gegenwärtig propagierten<br />
<strong>Gitter</strong>netz- und Kristallstruktur-Konzepte<br />
möglich macht.<br />
In der historischen Entwicklung der<br />
Globalgitter-Vorstellungen müssen<br />
zwei Hauptphasen unterschieden werden.<br />
Die erste Phase bilden die geologischen<br />
Hypothesen über eine kristalline<br />
Struktur der Erde in der Zeit von ca. 1850<br />
bis 1920 – die russischen Arbeiten von<br />
Makarow, Morosow und Gontscharow aus<br />
den 70er-Jahren haben nämlich eine lange<br />
Vorgeschichte; sie, wie auch das Konzept<br />
von Schmutz, haben ihre Vorläufer in<br />
der Geologie des 19. Jahrhunderts, wie ich<br />
zeigen möchte.<br />
Die große Wende in der Geschichte der<br />
Globalgitter-Vorstellungen markiert dann<br />
der berühmte Aufsatz von Christopher<br />
Bird im „New Age <strong>Journal</strong>“ von 1975, der<br />
ihre Verwandlung in eine New-Age-Idee<br />
einleitete. Bird griff drei russische Zeitschriftenartikel<br />
aus den Jahren 1973 auf<br />
und verband sie mit den Ideen von Ivan<br />
Sanderson aus der 2. Hälfte der 60er-Jahre,<br />
die sich im Zusammenhang mit den<br />
Forschungen zum „Bermuda-Dreieck“ entwickelt<br />
hatten. Die zweite Phase schließlich<br />
besteht in der Entwicklung der<br />
Globalgitter unter dem Einfluss von New-<br />
Age-Ideen, wobei diese sich mit den Vorstellungen<br />
der radiästhetischen <strong>Gitter</strong>netze<br />
und der Leylinien vermischten und<br />
zu „Energielinien“ wurden. In dieser Phase<br />
kamen auch die geometrischen Konzepte<br />
Buckminster Fullers und seines<br />
Fortsetzers Keith Critchlow ins Spiel. Diese<br />
Entwicklungsphasen werden im Folgenden<br />
in ihrer chronologischen Abfolge<br />
dargestellt. Durch genaue bibliographische<br />
Informationen zu allen besprochenen<br />
und zitierten Werken können alle Angaben<br />
vom interessierten Leser selbst überprüft<br />
werden.<br />
Konzepte des 19. Jahrhunderts<br />
Die Idee, dass die Erde eine geometrische<br />
Gestalt besitzt, geht wohl auf die altgriechische<br />
Schule der Pythagoräer zurück.<br />
Wie die Russen und Bird anführen, findet<br />
sich bei Plato, der in vielem aus dieser<br />
Denkschule schöpfte, der Ausspruch, „von<br />
oben gesehen gleicht die Erde einem Ball<br />
aus zwölf Lederstücken“ (Phaidon 109A-<br />
110D). Plato bezieht sich bei diesem Vergleich<br />
auf den Ball, den Aphrodite dem<br />
Eros schenkte, damit er mit ihm Jason in<br />
Medea verliebt machen könne (Deonna,<br />
1954; Le Roux, 1955). Gleichzeitig ist die<br />
Stelle ein Hinweis auf das Dodekaeder, einen<br />
der fünf „platonischen Körper“; die<br />
Lehre von den platonischen Körpern hatte<br />
Plato vermutlich ebenfalls von den Pythagoräern<br />
übernommen. Wie ich noch ausführen<br />
werde, spielt sie in den verschiedenen<br />
Konzepten der globalen <strong>Gitter</strong> immer<br />
wieder eine Rolle. Stark beeinflusst von<br />
platonischen Vorstellungen war auch der<br />
bedeutendste Naturforscher der beginnenden<br />
Neuzeit, Johannes Kepler (1571–<br />
1630). Er brachte 1596 in seinem ersten<br />
Buch „Mysterium Cosmographicum“ die<br />
von Kopernikus postulierten kreisförmigen<br />
(und von ihm selbst später [1605] als<br />
elliptisch erkannten) Planetenbahnen um<br />
die Sonne mit den fünf platonischen Körpern<br />
in Zusammenhang. In seiner „Weltharmonie“<br />
(1619) hob er deren Bedeutung<br />
für das Verständnis der Erde hervor.<br />
74<br />
B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
G E O M A N T I E- W I S S E N<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Einteilung der Kugeloberfläche der Erde in 30 Rauten,<br />
20 gleichseitige Dreiecke oder 12 regelmäßige<br />
sphärische Fünfecke wie bei Èlie de Beaumont<br />
In der Geschichte der Geologie finden<br />
sich bereits im frühen 19. Jahrhundert<br />
eine ganze Reihe von Theorien, die<br />
bestrebt waren, die Gestalt der Erde,<br />
die Verteilung der Landmassen<br />
und die Struktur der Erdoberfläche<br />
kristallographisch zu erklären,<br />
so bei Delamotherie, Jameson,<br />
Oken und Hauslab. Etwas bekannter<br />
ist der Versuch des französischen<br />
Geologen Léonce Élie de Beaumont<br />
(1798–1874), Professor an der Pariser<br />
Ecole des Mines und am Collège de<br />
France sowie Generalinspektor der französischen<br />
Minen, Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
die Struktur eines Dodekaeders in der Erdkruste<br />
zu sehen (Élie de Beaumont, 1847,<br />
1849, 1850, 1852; Zittel, 1899).<br />
Beaumonts Ausgangspunkt war die Beobachtung,<br />
dass die Gebirgssysteme der Erde<br />
jeweils auf einem Kreis liegen; die einander<br />
überlappenden Kreise der verschiedenen<br />
Gebirgssysteme schneiden einander<br />
unter ganz bestimmten Winkeln. Élie de<br />
Beaumont schloss aus diesen Beobachtungen,<br />
dass die Verteilung der Gebirge auf<br />
der Oberfläche der Erdkugel nicht zufällig<br />
sei, sondern einem bestimmten Muster<br />
folgen müsse. Auf der Suche nach diesem<br />
Muster ging er von der Tatsache aus, dass<br />
die Oberfläche einer Kugel mit Hilfe von<br />
15 Kreisen, von denen sich jeweils fünf in<br />
12 Punkten unter einem Winkel von 36°<br />
schneiden, gleichzeitig in 20 gleichseitige<br />
Dreiecke wie auch in 12 regelmäßige<br />
sphärische Fünfecke aufgeteilt werden<br />
kann. Die erste Aufteilung ergibt ein so<br />
genanntes sphärisches Ikosaeder, die letztere<br />
ein sphärisches Dodekaeder – zwei<br />
der fünf platonischen Körper; die drei anderen<br />
sind das Tetraeder, das Oktaeder<br />
und der Würfel. Mit anderen Worten, diese<br />
15 Kreise teilen die Kugeloberfläche in<br />
120 gleich große, rechtwinklige Dreiecke,<br />
welche nach Belieben entweder zu 30<br />
Rauten, 20 gleichseitigen Dreiecken oder<br />
12 regelmäßigen sphärischen Fünfecken<br />
(Pentagonen) zusammengefügt werden<br />
können.<br />
Da Élie de Beaumont Gründe zur Annahme<br />
hatte, dass in geologischen Zusammenhängen<br />
das Fünfeck von größter<br />
Bedeutung war, ging er davon aus, das<br />
gesuchte globale Muster in der Anordnung<br />
der Gebirgssysteme könnte ein<br />
Réseau pentagonal (pentagonales Netzgitter)<br />
mit zwölf fünfeckigen „Maschen“<br />
sein. Die 15 Kreise entsprechen den Kanten<br />
eines im Mittelpunkt der Erde befindlichen<br />
regulären Ikosaeders – daraus<br />
konstruierte er das Pentagonalnetz als Basis<br />
der Anordnung der Gebirgssysteme.<br />
Der französische Geologe schrieb in seinem<br />
Akademieaufsatz „Notes sur la<br />
corrélation des directions des différents<br />
systèmes de montagnes“ (1850), es sei<br />
vorstellbar, dass ein solches Muster durch<br />
die Kontraktion des Planeten entstanden<br />
sei, die dieser im Zuge seiner zunehmenden<br />
Abkühlung im Laufe der Jahrtausende<br />
durchgemacht habe. Man könne sich die<br />
Wirkungen dieser Kontraktion auf die<br />
Erdkruste in Analogie zur Bildung der hexagonalen<br />
Basaltsäulen vorstellen. Während<br />
aber bei der Teilung einer Fläche in<br />
gleiche Elemente gleichseitige Dreiecke,<br />
Quadrate oder Sechsecke entstehen könnten,<br />
wobei das Sechseck jene Fläche mit<br />
der größten Zahl von Seiten und dem geringsten<br />
Umfang darstellt, sei die Kugeloberfläche<br />
weder in regelmäßige Sechsecke<br />
noch in Quadrate, sondern nur in<br />
gleichseitige Dreiecke oder regelmäßige<br />
Fünfecke teilbar. „Die 15 Kreise, die die<br />
Kugeloberfläche in 12 regelmäßige Fünfecke<br />
teilen … bilden ein System von Linien<br />
mit dem flachsten Bogenmaß“ (es handelt<br />
sich also um so genannte Großkreise).<br />
Weiter heißt es bei Élie de Beaumont:<br />
„Wären die Auffaltungen der Erdkruste<br />
alle zur gleichen Zeit erfolgt, so wären<br />
vielleicht nur die 15 Kreise entstanden;<br />
da aber die Entstehung der verschiedenen<br />
Gebirgssysteme eine sukzessive war, so<br />
entstanden neben den pentagonalen zusätzlich<br />
auch oktaedrische, dodekaedrische<br />
und andere Kreise als notwendige<br />
Zwischenstufen im Übergang von dem einen<br />
zum nächsten der Grundkreise. Alle<br />
zusammen bilden sie gewissermaßen so<br />
etwas wie ein Klavier, auf dem die unermüdliche<br />
Natur, seit Beginn der Abkühlung<br />
des Planeten, eine Art von ‚Jahrtausend-Harmonie‘<br />
entfaltet“.<br />
Dies zeigt, wie sehr Élie de Beaumont<br />
noch in der Tradition der idealistischen<br />
Morphologie stand, die mit ihrem harmonikalen<br />
Denken, der Tendenz von Goethes<br />
naturwissenschaftlichen Arbeiten nicht<br />
unähnlich, in der französischen Biologie<br />
und Naturphilosophie des 18. und frühen<br />
19. Jahrhunderts (so bei Georges Cuvier<br />
und Geoffroy de St-Hilaire) eine zentrale<br />
Rolle spielte.<br />
Kritik am pentagonalen Netzgitter<br />
Da nicht alle bekannten Gebirgssysteme<br />
in das pentagonale Netz passten, musste<br />
Élie de Beaumont durch Berechnungen<br />
weitere subsidiäre Kreise zu Hilfe nehmen,<br />
die er aufgrund geometrisch-kristallographischer<br />
Voraussetzungen auswählte. Die<br />
komplexe Netzstruktur, die sich auf diese<br />
Weise ergab, veranlasste ihn dazu, die<br />
Erde als ein komplexes kristallines System<br />
von hoher Regularität zu betrachten, dessen<br />
Seiten sowohl von Achtecken, wie<br />
auch von Rhomben und Pentagonen, sowie<br />
von Trapezoiden und anderen Flächen<br />
gebildet wurden. Er hatte keine Schwierigkeiten,<br />
viele verblüffende Übereinstimmungen<br />
zwischen wichtigen geographischen<br />
Linien und seinem Netzgitter zu<br />
finden. Doch ist es, wie der Münchner Paläontologe<br />
Edgar Dacqué (1878–1945) im<br />
letzten Bericht der wissenschaftlichen Literatur,<br />
die wir über diese Vorstellungen<br />
des 19. Jahrhunderts haben, kritisch anmerkt,<br />
„von vornherein selbstverständlich,<br />
dass bei jedem nur einigermaßen engen<br />
Netz, das man über das endlose Mosaik<br />
tektonisch und morphologisch ganz heterogener<br />
und ihrer Struktur nach ganz<br />
grundverschiedener Schollen ausbreitet,<br />
aus denen die Erdoberfläche besteht, zahllose<br />
‚Punkte‘ auf die Linien, in die<br />
Schnittpunkte und in die Zwischenräume<br />
dieses Netzes fallen“, ohne dass damit ein<br />
Beweis für irgendwelche Gesetzmäßigkeiten<br />
in der Anordnung der Mosaikstückchen<br />
und in dem Verlauf ihrer Grenzen<br />
erbracht wäre (Dacqué, 1915). In seinem<br />
Lehrbuch über die „Grundlagen und Methoden<br />
der Paläogeographie“ schreibt<br />
Dacqué, dass alle derartigen Versuche, gesetzmäßig<br />
verlaufende Linien in der Erdkruste<br />
nachzuweisen, abzulehnen seien,<br />
außer in dem Falle, dass sie durch bestimmte<br />
physikalische (geologische) Notwendigkeiten<br />
und Möglichkeiten nahegelegt<br />
würden. Dies schien ihm bei der sogenannten<br />
„Tetraedertheorie“ eher der Fall<br />
zu sein.<br />
Frühe Tetraeder-Theorien<br />
Auch Hans-Ulrich Schmutz’ „Tetraeder-<br />
Theorie der Erde“ (1986) hat nämlich ihre<br />
Vorläufer in der Geologie des 19. Jahrhunderts.<br />
Élie de Beaumonts Theorie, die<br />
außerhalb Frankreichs keine Anerkennung<br />
fand und nach seinem Tod rasch in Vergessenheit<br />
geriet, veranlasste den englischen<br />
Geologen William Lowthian Green<br />
1857 zur Hypothese, die<br />
Erde dürfe nicht als Dodekaeder,<br />
sondern<br />
müsse als Tetraeder<br />
betrachtet<br />
werden.<br />
Das<br />
Tetraeder<br />
ist jener<br />
platonische<br />
Körper, dessen<br />
Flächen<br />
aus vier gleichgroßen<br />
Dreiecken<br />
gebildet werden und<br />
<strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000<br />
B E S E E L T E S B A U E N<br />
75
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Die das Gebirgskreuz bildenden zwei orthogonalen Ringstrukturen<br />
in der Ansicht auf dem Globus. (Abbildungen aus Hans-Ulrich Schmutz,<br />
„Die Tetraederstruktur der Erde“, Verlag Freies Geistesleben)<br />
Tetraedermodell nach den Angaben Rudolf Steiners von 1924.<br />
Dem Basisdreieck Honduras-Kaukasus-Südpol steht die Spitze<br />
Japan gegenüber.<br />
der sechs Kanten und 4 Ecken besitzt.<br />
Wenn man ein Tetraeder mit gleichem Volumen<br />
wie eine Kugel in diese einzeichnet,<br />
dann erhält man eine Figur, in der die vier<br />
Ecken über die Kugeloberfläche hinausragen;<br />
die Flächen befinden sich hingegen<br />
größtenteils innerhalb der Kugel. Kanten<br />
und Ecken liegen dann den Flächen gegenüber.<br />
Greens Tetraedertheorie, erst<br />
nicht beachtet, wurde später aufgegriffen<br />
und modifiziert vom Franzosen Albert<br />
Félix de Lapparent (1900) und ausgebaut<br />
vom Franzosen Marcel Bertrand (1900 a,<br />
b), den Engländern J.W. Gregory (1899,<br />
1901) und Emerson (1900) sowie dem<br />
Deutschen Theodor Arldt (1905, 1907).<br />
Diese Geologen schlugen vor, die Erde als<br />
Tetraeder mit der Spitze am Südpol zu betrachten.<br />
Gregory wies darauf hin, dass in<br />
Élie de Beaumonts Netzgittermodell die<br />
antipodischen (einander auf entgegengesetzten<br />
Seiten der Erdkugel gegenüberliegenden)<br />
Gebiete immer eine ähnliche<br />
Struktur haben müssten, doch eine der<br />
fundamentalen Tatsachen der Geologie sei<br />
gerade die Unähnlichkeit der gegenüberliegenden<br />
Gebiete.<br />
Argumente zur Tetraeder-Struktur<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Die Tetraedertheorie würde erklären, warum<br />
Meere und Festlandschollen (mit Ausnahme<br />
einiger Teile von Südamerika)<br />
antipodisch liegen – der Landhalbkugel<br />
gegenüber liegt die Wasserhalbkugel, dem<br />
Nordpolarmeer gegenüber liegt die antarktische<br />
Landmasse. Für die Tetraedertheorie<br />
sprechen außerdem eine ganze<br />
Reihe von weiteren geologischen Tatsachen;<br />
wie Dacqué schreibt, kann sie deshalb<br />
nicht, wie die Beaumont-Theorie,<br />
einfach abgewiesen werden. Wenn die<br />
Spitze des Tetraeders durch den Südpol<br />
geht, dann muss am Nordpol eine der Flächen<br />
des Tetraeders liegen. Tatsächlich ist<br />
am Nordpol ein tiefes Meer von einem im<br />
Wesentlichen geschlossenen Landring umgeben.<br />
Wo die Ecken des Tetraeders vorstehen,<br />
würde man nach dem Tetraedermodell<br />
die stabilen Fixpunkte der<br />
Kontinentalmassen erwarten. Dies ist tatsächlich<br />
der Fall: die drei archaischen<br />
Urmassive des kanadischen Schildes, der<br />
den Norden der USA, Ost- und Mittelkanada<br />
sowie den größten Teil der nördlich<br />
davon gelegenen Regionen und den<br />
südlichen Teil Westgrönlands, mit der<br />
Hudson-Bay als Zentrum, umfasst, des<br />
finnoskandinavischen Schildes (Skandinavien,<br />
Finnland und der südlich anschließende<br />
Teil Russlands) und des ostsibirischen<br />
Schildes (das Angaramassiv und die<br />
Region zwischen den Flüssen Jenissei und<br />
Lena bis zum Baikalsee) – ihre Zentren<br />
liegen alle fast auf demselben Breitengrad<br />
– haben während der gesamten Erdgeschichte<br />
eine große Stabilität gegenüber<br />
Faltungsvorgängen bewahrt, was man<br />
von den Ecken eines solchen Erdtetraeders<br />
erwarten würde. Die vom nördlichen<br />
Landring ausgehenden, nach Süden zugespitzten<br />
Festlandsgrenzen Südamerikas,<br />
Afrikas und Australasiens, die entlang der<br />
meridionalen Kanten verlaufen und die<br />
Dreiecksgestalt der Kontinente ausmachen,<br />
entsprechen der nach Süden sich<br />
verjüngenden Spitze des Tetraeders. Auch<br />
der südliche Ozeangürtel, der einen<br />
südpolaren Kontinent umgibt, entspricht<br />
der Erwartung des Modells. Ebenso passt<br />
die bisher nicht erklärte unterschiedliche<br />
Abplattung der beiden Polargebiete – der<br />
Nordpol ist stärker abgeplattet als der<br />
Südpol – ins Tetraedermodell. Messungen<br />
des Gravitationsfeldes der Erde an den<br />
Orten von zweien der hypothetischen Tetraederecken<br />
(Nordamerika und Wolgabecken)<br />
ergeben ein Schwerefeld, das für<br />
eine kugelförmige Erde zu gering, aber<br />
mit der Annahme einer tetraederförmigen<br />
Erde vereinbar ist.<br />
Theorie zur Kontraktion der Erdkruste<br />
Die Autoren der Tetraedertheorie nehmen,<br />
wie Élie de Beaumont, an, dass die Tetraederform<br />
durch die Kontraktion bei der<br />
Abkühlung der Erdkruste entstanden sei.<br />
Arldt argumentiert, die tetraedrische Form<br />
sei diejenige, die die tangentialen Spannungen<br />
am besten ausgleiche. Unter allen<br />
regelmäßigen Körpern mit gleicher Oberfläche<br />
sei das Tetraeder derjenige mit dem<br />
kleinsten Volumen. Wenn das Volumen<br />
einer Kugel abnimmt, ohne dass gleichzeitig<br />
die Oberfläche entsprechend damit<br />
Schritt halten kann, so verwandelt sich<br />
die Kugel nach Möglichkeit in ein Tetraeder,<br />
weil diese Form ihr am längsten die<br />
Erhaltung ihrer früheren Oberfläche erlaubt.<br />
Nach Green ist auch die 23,5°-Abweichung<br />
der Erdachse von einer ursprünglich<br />
senkrechten Lage auf die Bildung<br />
des Tetraeders zurückzuführen, da<br />
sich dabei ein Massenüberschuss nördlich<br />
des Äquators ergab. Gleichzeitig habe dies<br />
infolge der Anziehung von Sonne und<br />
Mond die Erscheinungen der Präzession<br />
und der Nutation hervorgerufen, unter deren<br />
Einfluss sich die erwähnte Neigung<br />
der Erdachse im Laufe des Jahres geringfügig<br />
verschiebt.<br />
Dacqué hielt die Tetraeder-Hypothese<br />
insgesamt für plausibel, wies jedoch darauf<br />
hin, dass die „zweifellos vorhandene<br />
tetraedrische Verteilung der Landmassen<br />
und Meere“ nicht bei der Erkaltung des<br />
Planeten entstanden sein könne, sondern<br />
jüngeren Datums sein müsse, weil ja diese<br />
Form aus der heutigen Struktur der Erdoberfläche<br />
erschlossen worden sei. Bei einer<br />
frühen erdgeschichtlichen Bildung<br />
wären diese Strukturen infolge der diversen<br />
Umgestaltungsprozesse kaum mehr<br />
vorhanden.<br />
Die Tetraedertheorie von Schmutz<br />
Der Schweizer Hans-Ulrich Schmutz<br />
schließlich, Geologe und Lehrer an der<br />
Waldorfschule Wetzikon bei Zürich, der in<br />
seinem Werk „Die Tetraederstruktur der<br />
Erde“ (1986) die bisher jüngste Version<br />
dieser Vorstellung von der kristallinen<br />
Struktur unseres Planeten vorgelegt hat,<br />
scheint nichts von diesen Vorläufern zu<br />
wissen. Er zitiert keinen der erwähnten<br />
Autoren und geht einzig von einigen Anregungen<br />
von Rudolf Steiner (1861–1925)<br />
aus den 20er-Jahren über die Kreuzstruktur<br />
der globalen Gebirgszüge und die<br />
Tetraederstruktur der Erde aus. Der Gründer<br />
der Anthroposophie selbst kannte aber<br />
vermutlich zumindest Dacqués Veröffentlichung,<br />
denn beide waren Mitglieder der<br />
Theosophischen Gesellschaft, und Dacqués<br />
naturphilosophische Arbeiten waren<br />
Steiner mit Sicherheit bekannt. Steiner<br />
hatte 1920 in den Lehrplanangaben für<br />
die Waldorfschulen die Lehrer aufgefordert,<br />
die Struktur der Gebirge rund um die<br />
Erde als zwei kreuzförmig aufeinander<br />
stehende Ringe anschaulich zu machen.<br />
Im Anschluss an einen Vortrag zur Entstehung<br />
der Vulkane entwickelte Steiner<br />
76<br />
B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
G E O M A N T I E- W I S S E N<br />
Das Ineinandergreifen von Kompressions- (rot)<br />
und Dilatationstetraeder (grün)<br />
dann 1924 seine Vorstellungen zur Tetraederstruktur<br />
der Erde. In seinem Buch unternahm<br />
es Schmutz, die seit Steiners Hinweisen<br />
(und seit den oben beschriebenen<br />
früheren Tetraedertheorien) gemachten Erkenntnisfortschritte<br />
der Geologie auf ihre<br />
Verträglichkeit mit der Tetraedertheorie zu<br />
überprüfen.<br />
Aspekte der Plattentektonik<br />
Durch die Erkenntnisse der „Kontinentalverschiebungstheorie“,<br />
die hauptsächlich<br />
der deutsche Geophysiker Alfred Wegener<br />
(1880–1930) ab 1912 entwickelte und<br />
1915 in seinem Buch „Die Entstehung der<br />
Kontinente und Ozeane“ darstellte, wurde<br />
die Geologie auf eine völlig neue Grundlage<br />
gestellt; seinen vorläufigen Abschluss<br />
erhielt dieser Prozess durch das in den<br />
70er-Jahren von J.T. Wilson und anderen<br />
entwickelte Konzept der „globalen Plattentektonik“,<br />
das Gebirgsbildung, Vulkanismus<br />
und Erdbebenzonen in einen inneren<br />
Zusammenhang brachte. Die den<br />
Tetraedertheoretikern des 19. Jahrhunderts<br />
noch verborgenen Bewegungsvorgänge<br />
innerhalb der Erdkruste sind – nach der<br />
Entdeckung des „Mittelozeanischen Rükkens“,<br />
eines untermeerischen Gebirges,<br />
das sich durchgehend über eine Länge<br />
von 70000 Kilometer mitten durch den<br />
Atlantik, den Indischen Ozean und den<br />
Südpazifik hinzieht, und der weltweiten<br />
systematischen Bestandesaufnahme eines<br />
Teils der kontinentalen Erdkruste – heute<br />
im Großen und Ganzen bekannt.<br />
Nach den Erkenntnissen der Plattentektonik<br />
besteht die Erdkruste aus einer<br />
Anzahl von so genannten Platten, die sich<br />
mit verschiedenen Bewegungsrichtungen<br />
aufeinander zu oder voneinander weg bewegen.<br />
An den Plattengrenzen gibt es somit<br />
einerseits „Ausdehnungszonen“, andererseits<br />
„Kompressionszonen“. Die Erdkruste<br />
durchläuft auf der einen Seite einen<br />
Prozess kontinuierlicher Ausdehnung,<br />
der vor allem im Bereich der erwähnten<br />
untermeerischen Gebirgsrücken, aber auch<br />
in einigen kontinentalen Dehnungszonen<br />
wie dem ostafrikanischen Grabenbruchsystem<br />
(Rotes Meer, Jordantal), im Golf<br />
von Kalifornien (mit dem berüchtigten<br />
San-Andreas-Graben) und im Grabenbruch<br />
des sibirischen Baikalsees vor sich<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
geht. Auf der anderen<br />
Seite findet gleichzeitig<br />
in den Kompressionszonen<br />
ein Prozess<br />
der Krustenverkürzung<br />
statt, so<br />
beispielsweise in<br />
den Alpen und im<br />
Himalaya. Interessant<br />
ist, dass dem erwähnten<br />
weltumspannenden untermeerischen<br />
Gebirgsrücken der<br />
Dehnungszonen ein etwa gleich langer<br />
Gürtel von jungen Faltengebirgen und<br />
Inselgebirgen gegenübersteht, in deren<br />
Region mit der Auffaltung der Gebirge<br />
eine Zusammenziehung der Erdkruste<br />
stattfindet.<br />
Diese von Schmutz entdeckte Polarität<br />
von submarinen Dehnungszonen und<br />
kontinentalen Kompressionszonen zeigt<br />
sich auch, wenn man das Gefüge der<br />
Dehnungs- und Kompressionslinien an<br />
den Plattengrenzen auf ihre Geometrie<br />
untersucht. Die Ausdehnungslinien teilen<br />
nämlich die Erdoberfläche in vier Felder,<br />
von denen sich jeweils drei an vier Stellen<br />
(den „Tripelpunkten“) treffen, nämlich in<br />
Ostsibirien (N in obiger Grafik), bei den<br />
Bouvet-Inseln im Südatlantik (A), bei der<br />
Insel Rodrigues im Indischen Ozean (I),<br />
und bei den Osterinseln im Pazifik (P). Die<br />
Feldgrenzen werden durch die Mittelozeanischen<br />
Dehnungsrücken, die kontinentalen<br />
Riftzonen der großen Bruch- und Grabensysteme<br />
und die seismisch schwach<br />
aktiven, basischen Vulkane markiert. Eine<br />
zweite Einteilung der Erdkruste in vier<br />
Felder ergibt sich aus den Kompressionslinien,<br />
wobei die Linien des Zusammenschubs<br />
der Erdkruste – die erdgeschichtlich<br />
jungen kontinentalen Faltungszonen<br />
und Tiefseegräben – sowie die Zonen intensiver<br />
Erdbebentätigkeit und seismisch<br />
stark aktiver, saurer Vulkane die Feldgrenzen<br />
bilden. Hier sind Honduras (H),<br />
der Kaukasus (K), Japan (J) und die Gegend<br />
des Südpols (S) die Tripelpunkte.<br />
Argumente zur Oktaeder-Struktur<br />
Beide Male ergibt sich ein Gebilde mit<br />
vier Ecken, vier Flächen und 6 Kanten –<br />
mit anderen Worten, ein Tetraeder, das<br />
man sich hier als sphärisch abgerundetes<br />
Tetraeder mit gebogenen Dreiecksflächen<br />
und einem teilweise stark verbogenen<br />
Verlauf der Kanten vorstellen muss. Bei<br />
Berücksichtigung der zwei Typen von<br />
Vulkanen als Kantenlinien bekommt man<br />
somit ein System von zwei sich durchdringenden<br />
Tetraedern, einem Ausdehnungstetraeder<br />
mit vier Ecken südlich des<br />
Äquators (Honduras, Kaukasus, Japan und<br />
Südpol) und der Spitze am Südpol, und<br />
einem Kompressionstetraeder mit 3 Ecken<br />
nördlich des Äquators (Ostsibirien, Bouvet-Inseln,<br />
Rodrigues-Insel und Osterinseln)<br />
und der Spitze in Ostsibirien. Nach<br />
Schmutz ist das Kompressionstetraeder<br />
das geologisch ältere; im Laufe der erdgeschichtlichen<br />
Entwicklung sei durch Umwandlung<br />
von Mineralien im Erdmantel,<br />
was zur Ausdehnung der Erdkruste führte,<br />
das dazu polare Dilatationstetraeder entstanden.<br />
Als Folge dieser Polarität habe<br />
sich dann durch Kombination beider Tetraeder<br />
zusätzlich ein Oktaeder herausgebildet.<br />
Das Tetraeder ist nämlich der einzige<br />
platonische Körper, der eine Links- und<br />
eine Rechtsform aufweist, in sich also polar<br />
ist. Kombiniert man diese zwei polaren<br />
Formen, entsteht die höhersymmetrische<br />
Durchdringungsform des Oktaeders, jenes<br />
platonischen Körpers, der acht Flächen<br />
(gleichseitige Dreiecke), sechs Ecken und<br />
zwölf Kanten besitzt. Dabei werden jeweils<br />
die sechs Kreuzungsstellen des Kompressions-<br />
mit dem Dilatationstetraeder zu<br />
Ecken eines sphärisch gerundeten Oktaeders.<br />
Das Gebirgskreuz<br />
In einer Oktaederstruktur wäre auch das<br />
von Steiner erwähnte rechtwinklige Gebirgskreuz<br />
besser erklärbar als im Tetraedermodell.<br />
Es wird gebildet von zwei um<br />
den Erdball laufenden Gebirgsketten, in<br />
Nord-Süd-Richtung von der Kette, die von<br />
den Rocky Mountains und den Anden sowie<br />
ihrer Unterwasser-Fortsetzung auf der<br />
gegenüberliegenden Halbkugel gebildet<br />
wird, dem so genannten Ninety-East-<br />
Rücken, einem bedeutenden untermeerischen<br />
Gebirgszug im Indischen Ozean,<br />
dessen Verlängerung dann Indochina und<br />
die japanischen Inseln bilden. In West-<br />
Ost-Richtung ist es die die Gebirgskette,<br />
die mit den Alpen beginnt, über den Kaukasus<br />
und den Himalaya weiterläuft, sich<br />
über Burma, Thailand, Indonesien und<br />
Neuguinea fortsetzt und auf der anderen<br />
Seite des Globus untermeerisch über die<br />
„Wallace-Bruchzone“ in die so genannte<br />
Clipperton-Bruchzone (sie reicht von den<br />
Marquesa-Inseln im Ostpazifik bis nach<br />
Honduras) und schließlich über Kuba, Puerto<br />
Rico und den Atlantik wieder in die<br />
Alpen übergeht. Diese beiden Gebirgsringe<br />
schneiden sich rechtwinklig in Honduras<br />
und in Indochina.<br />
Geomantisch besonders interessant ist,<br />
dass die Projektionen dieser beiden Kreuzungspunkte<br />
des globalen Gebirgskreuzes<br />
auf die jeweils gegenüberliegende Seite<br />
des Globus an zwei sehr bedeutsamen<br />
Stellen zu liegen kommen: die eine liegt<br />
im Colorado-Hochplateau im Vierländereck,<br />
in dem die nordamerikanischen Bundesstaaten<br />
Utah, Colorado, Arizona und<br />
New Mexico aneinander grenzen, die andere<br />
im südlichen Hochland von Tibet.<br />
Beide Regionen sind wichtige „Heilige<br />
Gebiete“, werden von den Hopi-Indianern<br />
und der tibetischen Kultur als polare<br />
Kraftpole der Erde betrachtet und besitzen<br />
eine Vielfalt von geologischen, geophysikalischen<br />
und meteorologischen Besonderheiten,<br />
worauf vor allem die amerika-<br />
<strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000<br />
B E S E E L T E S B A U E N<br />
77
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
G E O M A N T I E- W I S S E N<br />
nische Künstlerin und Forscherin Joan<br />
Price hingewiesen hat (Price, 1979, 1985;<br />
Dömpke, 1982). Im Rahmen des Tetraedermodells<br />
muss man sich vorstellen, dass<br />
die rechtwinkligen Gebirgskreuze durch<br />
die Verformung des Kompressionstetraeders<br />
mit seinen ursprünglich kleineren<br />
Winkeln hervorgerufen wurden.<br />
Erze lagern an Tetraederkanten<br />
Ein weiterer bedeutsamer Zusammenhang,<br />
den Schmutz hergestellt hat, ist derjenige<br />
zwischen der Tetraederstruktur der Erde<br />
und der Lage der größten Metall-Lagerstätten<br />
und -Abbaugebiete auf der Erdoberfläche.<br />
Es scheint dabei auch einen<br />
Zusammenhang mit der Kristallisationsform<br />
der betreffenden Metalle zu geben.<br />
Bei dieser Verteilung spielt offenbar nur<br />
das jüngere Ausdehnungstetraeder eine<br />
Rolle, während das ältere Kompressionstetraeder<br />
nur indirekte Bedeutung hat. Da<br />
die ständige Bildung neuer Kruste in den<br />
Mittelozeanischen Rücken ein Absinken<br />
dieser Kruste an den Plattenrändern und<br />
Untertauchen unter die Nachbarplatten<br />
bewirkt, bilden sich die erdgeschichtlich<br />
jungen, in gediegener Form oktaedrischkubisch<br />
kristallisierenden Metallerze Gold,<br />
Silber und Kupfer an den Kanten des<br />
Kompressionstetraeders, vor allem auf der<br />
Nordhalbkugel.<br />
Das kubisch kristallisierende Silber ist,<br />
wenn es mit Gold zusammen auftritt, immer<br />
an die Tetraederkanten gebunden;<br />
auch das Gold der jungen Goldformationen<br />
und das an Andesit gebundene Kupfer<br />
wird vorwiegend dort gefunden. Die<br />
alten Goldformationen und Kupfererze<br />
hingegen finden sich vorzugsweise im<br />
Zentrum von Tetraederdreiecken in Afrika<br />
und Europa, die polar zum zirkumpazifischen<br />
Gürtel liegen. In der Regel weiter<br />
entfernt von den Tetraederkanten, in<br />
Richtung der Mittelpunkte der Tetraederdreiecke<br />
liegen auch Blei-, Zinn- und<br />
Quecksilbervorkommen. Das kubisch kristallisierende<br />
Blei wird sowohl in der Nähe<br />
der Kanten (junge Bildungen) wie auch<br />
innerhalb des Tetraeders (alte Bildungen)<br />
auf der Nord-Halbkugel in Europa und<br />
Nordamerika gefunden.<br />
Das tetragonal kristallisierende Zinnerz<br />
hingegen ist ein Metall der Südhalbkugel,<br />
wo seine jungen Bildungen in Südostasien<br />
und den zentralen Anden und seine alten<br />
Formationen in den Dreiecken Honduras–<br />
Kaukasus–Südpol (Südamerika, Afrika)<br />
sowie Kaukasus–Japan–Südpol (Australien,<br />
Indonesien) gefunden werden, alle in<br />
Kantennähe. Die seltenen Fundstellen des<br />
Quecksilbers nehmen eine Zwischenstellung<br />
ein und sind in zwei kurzen Kantenabschnitten<br />
in Europa und Kalifornien,<br />
beide innerhalb des Dreiecks Honduras–<br />
Kaukasus–Japan, lokalisiert. Die Lagerstätten<br />
des Eisenerzes mit seiner Vielfalt<br />
der möglichen Kristallisationsformen<br />
schließlich nehmen mit ihrer flächigen<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Verteilung eine Sonderstellung ein. Jüngeres<br />
Erz findet sich an jenen Tetraederkanten,<br />
wo auch Kupfervorkommen sind.<br />
Älteres Erz ist auf den gesamten Flächen<br />
der Tetraederdreiecke Honduras–Kaukasus–Südpol<br />
und Honduras–Kaukasus–<br />
Japan zu finden.<br />
Unregelmäßigkeiten der Erdkugel<br />
In die Oktaederstruktur, die die Erdoberfläche<br />
in acht Dreiecke unterteilt, fügen<br />
sich nach Schmutzs Angaben auch eine<br />
Reihe geologischer und geophysikalischer<br />
Eigenschaften gut ein, darunter die eigenartige<br />
Unregelmäßigkeit des so genannten<br />
Geoids, die Anomalien des Erdmagnetfeldes,<br />
die Wärmeflussverteilung der Erde<br />
und die Konvektionsströmungen. Schon<br />
seit einigen Jahrzehnten weiß die Geologie,<br />
dass die Erde keine Kugel ist, sondern<br />
eher so etwas wie eine Birnenform besitzt<br />
und außerdem an vier Stellen gewissermaßen<br />
Höcker von etwa 70 Kilometer<br />
Höhe und an vier weiteren Stellen Dellen<br />
von rund 70 Kilometer Tiefe aufweist.<br />
Diese Geoid-Form der Erde weist eine verblüffende<br />
Übereinstimmung mit der Oktaederstruktur<br />
auf. Auch die Karte der jährlichen<br />
Abweichungen der magnetischen<br />
Kompassnadel vom geographischen Nordpol<br />
zeigt eine beinahe perfekte Übereinstimmung<br />
mit den auch beim Geoid gefundenen<br />
acht Feldern, wenn man die Gebiete<br />
mit einer Zunahme der Abweichung<br />
von jenen, die eine Abnahme aufweisen,<br />
trennt. Auf einer Karte der weltweiten<br />
Variation des Wärmeflusses stimmen die<br />
Gebiete mit stark erhöhtem Wärmefluss<br />
ungefähr mit den Höckern des Geoids,<br />
jene mit abgeschwächtem Wärmefluss mit<br />
den Dellen überein. Die weiter oben in<br />
anderem Zusammenhang bereits erwähnten<br />
Fließbewegungen des verflüssigten<br />
Gesteins im Erdmantel (Konvektionsströmungen)<br />
zeigen dieselbe achtkammerige<br />
Struktur auf der Erdoberfläche.<br />
Die verschiedenen platonischen Körper,<br />
die Schmutz in der Struktur der Erdkruste<br />
zu sehen glaubt, sind nach seiner Auffassung<br />
Anzeichen für eine Metamorphose<br />
des Erdkörpers, die im Laufe der Erdgeschichte<br />
durch systemimmanente Gestaltkräfte<br />
bewirkt werden. Er sieht eine geometrische<br />
Entwicklung von der ursprünglichen<br />
Kugelform des noch nicht verfestigten<br />
„Erdkeims“ über die Tetraederstruktur<br />
bei der Bildung der festen Erde bis hin<br />
zur Bildung der heutigen orthogonalen<br />
Struktur mit dem Gebirgskreuz. 7<br />
Meinem Bruder Stefan gewidmet –<br />
er weiß warum.<br />
Bibliografie zum Quellenstudium:<br />
Theodor Arldt: Die Entwicklung der Kontinente und<br />
ihrer Lebewelt. Engelmann, Leipzig 1907.<br />
Arthur Birembaut: Élie de Beaumont, Jean-Baptiste-<br />
Armand-Louis-Léonce. In: Ch.C.Gillispie (Hrsg.):<br />
Dictionary of Scientific Biography, Bd.4. New York<br />
1981, S.347-350.<br />
Edgar Dacqué: Gesetzmäßigkeiten im Bau der Erdkruste.<br />
In: Grundlagen und Methoden der Paläogeographie.<br />
Gustav Fischer Verlag, Jena 1915, S.52-68.<br />
Stephan Dömpke (Hrsg.): Tod unter dem kurzen Regenbogen.<br />
Das Colorado-Plateau als Heiliges Land –<br />
Indianische Traditionen, Energieentwicklung und<br />
Neue Physik. Trikont-Dianus Verlag, München 1982.<br />
Léonce Élie de Beaumont: Note sur les systèmes de<br />
montagnes les plus anciens de l’Europe. Imprimerie de<br />
L.Martinet, Paris 1847.<br />
Léonce Élie de Beaumont: Notice sur les systèmes de<br />
montagnes. In: Charles d’Orbigny (Hrsg.): Dictionnaire<br />
d’Histoire Naturelle. Paris 1849, S.656 ff.<br />
Léonce Élie de Beaumont: Notes sur la corrélation des<br />
directions des différents systèmes de montagnes.<br />
Comptes Rendus des Séances de l’Académie des<br />
Sciences, tome 31, No.11, 2 ème sémestre, séance du 9<br />
Septembre 1850, Mémoires et Communications,<br />
S.325-337.<br />
Léonce Élie de Beaumont: Notice sur les systèmes de<br />
montagnes. Paris 1852.<br />
Marcel Bertrand: Déformation tétraédrique de la terre<br />
et déplacement du pole. Comptes Rendus<br />
Hébdomadaires des Séances de l’Académie des<br />
Sciences, tome 130, No.8 (1900a), S.449-464.<br />
Marcel Bertrand: Sur la symmétrie tétraédrique du<br />
globe terrestre. Comptes Rendus Hébdomadaires des<br />
Séances de l’Académie des Sciences, tome 130, No.10<br />
(1900b), S.614-622.<br />
William Lowthian Green: Vestiges of the Molten<br />
Globe. Stanford, London 1873.<br />
J.W.Gregory: The plan of the earth and its causes. The<br />
Geographical <strong>Journal</strong>, Vol.13, No.3 (1899), S.225-251.<br />
Johannes Kepler: Die Zusammenhänge der Welten<br />
(„Harmonices Mundi“). Jena 1968. (Originalausgabe<br />
1619).<br />
Joan Price: Earth vibrating. The Ley Hunter, No.84<br />
(1979); Joan Price: The earth is electric. In<br />
Proceedings of the Conference „Is the Earth a Living<br />
Organism ?“, University of Massachusetts, Amherst,<br />
August 1-6, 1985. National Audubon Society Expedition<br />
Institute, Sharon, Conn. 1985.<br />
Siegfried Prumbach: Jetzt entdeckt: Die pentagonale<br />
Energiestruktur der Erde. Raum &Zeit, 18.Jg., Nr.100<br />
(1999), S.105-109, 122-114.;<br />
Siegfried Prumbach: Kosmische Energieleitbahnen –<br />
die pentagonale Energiestruktur der Erde. <strong>Hagia</strong><br />
<strong>Chora</strong>, Nr.3, S. 40-43;<br />
Siegfried Prumbach: Zur globalen Energiestruktur:<br />
Wurde jetzt der Ursprung der kosmischen Geometrie<br />
entdeckt? Raum & Zeit, Nr.108 (2000), S.106-113.<br />
Hans-Ulrich Schmutz: Die Tetraederstruktur der Erde<br />
– Eine geologisch-geometrische Untersuchung anhand<br />
der Plattentektonik. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart<br />
1986.<br />
Steiner, Rudolf: Lehrplanangaben 22.9.1920 in: Stockmeyer,<br />
E.A.K.: Rudolf Steiners Lehrplan für die Waldorfschulen<br />
(1955).<br />
Steiner, Rudolf: Gestalt und Entstehung der Erde und<br />
des Mondes – Ursachen des Vulkanismus. Gesamtausgabe,<br />
Nr.354. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1924.<br />
Karl Alfred von Zittel: Geschichte der Geologie und<br />
Paläontologie bis Ende des 19. Jahrhunderts.<br />
Oldenbourg, München 1899.<br />
Marco <strong>Bischof</strong>, Dipl.-Atemtherapeut,<br />
freischaffender Wissenschaftler, Wissenschaftsautor<br />
und Berater für<br />
Grenzgebiete von Natur- wie Geisteswissenschaften.<br />
Mitglied des International<br />
Institute of Biophysics, Neuss;<br />
Leiter des Instituts für Synthese, Koordination und<br />
Dokumentation/Future Science (ISKD/FS). Publikationen:<br />
Unsere Seele kann fliegen, Biophotonen u.a.<br />
78<br />
B E S E E L T E S B A U E N <strong>Hagia</strong> <strong>Chora</strong> 7 | 2000