WIR WERDEN ACHTZEHN ... - Stadtgespräche Rostock
WIR WERDEN ACHTZEHN ... - Stadtgespräche Rostock
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AUSGABE NR.<br />
<strong>WIR</strong> <strong>WERDEN</strong> <strong>ACHTZEHN</strong> ...<br />
GEDRUCKTE<br />
GEDRUCKTE<br />
KÖRPERHALTUNG<br />
KÖRPERHALTUNG<br />
MAGAZIN<br />
FÜR FÜR BEWEGUNG,<br />
MOTIVATION UND UND<br />
DIE DIE NACHHALTIGE<br />
KULTIVIERUNG<br />
DER DER REGION ROSTOCK<br />
stadtgespraeche- stadtgespraeche- rostock.de rostock.de<br />
ISSN ISSN 0948-8839 0948-8839<br />
ERSCHEINT<br />
ERSCHEINT<br />
QUARTALSWEISE<br />
QUARTALSWEISE<br />
SEIT SEIT 1994 1994<br />
18. JAHRGANG // ///____EINZELHEFTPREIS: 2,50 € ___///// JAHRESABO (4 AUSGABEN): 10,00 €
Diesen Beitrag des Direktors des <strong>Rostock</strong>er<br />
Stadtarchivs in der November/Dezember-<br />
Ausgabe des „Wirtschaftsreports“ des <strong>Rostock</strong>er<br />
Unternehmerverbandes (UV) fanden<br />
wir so atemberaubend unsensibel, dass<br />
wir zunächst gar keine Worte fanden. Einmal<br />
abgesehen davon, dass Ernst Heinkel<br />
sich persönlich rücksichtslos am Besitz<br />
Dritter im Zuge der „Arisierung“ bereichert<br />
hat und sich außerdem eher als Karrierist<br />
und Oportunist hervortat, sind in<br />
seinen Werken auch KZ-Häftlinge und<br />
Zwangsarbeiter eingesetzt worden.<br />
Wenn wir sojemanden heute als „durchsetzungsstark“<br />
und mit einem „Faible für<br />
seine Mitarbeiter“ loben, ist das einfach<br />
nur zynisch.<br />
Sind wir hier in <strong>Rostock</strong> wirklich so<br />
provinziell, dass wir uns immer<br />
noch/wieder eines so verachtenswerten<br />
Altnazis bedienen müssen, um<br />
unser Selbstverständnis aufzuwerten?!
00.1 __ //// EDITORIAL | INHALT<br />
Inhalt dieses Heftes<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
18 Jahre alt zu werden ist ja<br />
keine ganz unwichtige Sache -<br />
und da uns genau dieser Jahrestag<br />
in diesen Monaten<br />
ereilt, wenn man das Erscheinens<br />
unserer ersten Ausgabe<br />
als Geburtsstunde ansetzt, haben<br />
wir uns ein wenig Nostalgie<br />
erlaubt und in den insgesamt<br />
69 Heften geblättert, die<br />
seit 1995 erschienen sind. Dabei<br />
entstand die Idee, in einer - sehr willkürlichen, wie könnte es anders<br />
sein - Auswahl ganz verschiedene Auszüge aus ganz verschiedenen Beiträgen<br />
all dieser Jahre zu veröffentlichen, eine Art Querschnitt durch<br />
Kindheit und Jugend unseres kleinen Magazins.<br />
Harri Engelmann: Elmsfeuer/Die Grüne Fee<br />
und sehr viel Blau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3<br />
C. Mannewitz: Dienen.Wir.Deutschland? . . . . . . . .4<br />
Schwerpunktthema<br />
18 Jahre „Stadtgespräche“ - Leserstimmen . . . . . . . .6<br />
70 Hefte, 18 Jahre ... - Die „Stadtgespräche“<br />
über ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12<br />
Nachgefragt: Und wie steht es heute um ... . . . . . .33<br />
Glückwünsche an ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36<br />
Termin AStA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36<br />
Die so entstandene Zusammenstellung liest sich ein bisschen auch wie<br />
eine Chronik der letzten fast zwei Jahrzehnte - wobei sie gelegentlich sicher<br />
ein anderes Bild zeichnet, als es viele Rückblicke dieser Art sicher<br />
tun würden.<br />
Außerdem haben wir verschiedene Leser unseres Heftes nach ihrer Meinung<br />
gefragt: Die Antworten waren motivierend, kritisch, differenziert -<br />
also ziemlich genau das, was wir uns erhofft hatten, und zum Anlass für<br />
jene Selbstreflexion nehmen, die Überzeugungen stärkt, aber auch den<br />
Boden für Veränderung bereitet.<br />
Jenseits aller Jubiläen lege ich Ihnen ausdrücklich auch den ganz aktuellen<br />
Beitrag von Cornelia Mannewitz ans Herz, in dem es um die beängstigend<br />
steigenden Militarisierung unserer Gesellschaft geht - ich persönlich<br />
war beim Lesen dieses Beitrags einmal mehr dankbar, dass es<br />
Menschen und Initiativen gibt, die uns immer aufs Neue für dieses Problem<br />
sensibilisieren.<br />
Und beim Lesen von Harri Engelmanns Kolumne „Elmsfeuer“ wünsche<br />
ich ganz ausdrücklich und besonders: Gute Unterhaltung und Viel Vergnügen!<br />
Ihre Kristina Koebe<br />
Auch ein Weg ...<br />
FOTO: TOM MAERCKER
Stadtgesprächs-Kolumne „Elmsfeuer“:<br />
Die Grüne Fee<br />
und sehr viel Blau<br />
HARRI ENGELMANN<br />
FOTO: TOM MAERCKER
00.3 __ //// KOLUMNE ELMSFEUER | IMPRESSUM<br />
Bücher müssen klüger sein als ihre Autoren. Eine Faustformel für die Kunst schlechthin.<br />
Weil es in die Werke breit einströmen sollte: Lebenserfahrung, Wissen, Betrachtungsweise,<br />
Temperament und Durchhaltevermögen. Ein Konzentrat von hoher Dichte.<br />
Offenbar reicht das aber nicht aus, Genie zu erklären. Biographien überschwemmen<br />
die Buchhandlungen. Die Verfasser machen sich über pikante Details her. Als läge in<br />
ihnen der Schlüssel für das erstaunliche Werk.<br />
Goethes letzte Worte, immer wieder kolportiert: „Mehr Licht!“. Dachte er dabei an<br />
seine Farbenlehre? Unsinn, der Tod knipst als erstes die Lichter aus und fertig. Und<br />
dann sein Bett! Ich stand davor und dachte: Ein Universalgenie schlief in diesem schäbigen<br />
Verschlag! Na was denn! Er aß, trank und schlief wie Jedermann. Dann starb er.<br />
Weshalb setzte sich Leo Tolstoi bei klirrender Kälte in einen Zug nach Nirgendwo?<br />
Verschied schließlich in einer Bahnstation, die heute Kultstätte ist. Weil er wie viele im<br />
Alter immer wunderlicher wurde, schließlich ganz durchdrehte. Fragt ja auch keiner,<br />
wenn sie einen Rentner im Schlafanzug aufgreifen, fünfzig Kilometer von seinem Zuhause<br />
entfernt.<br />
Franz Schubert. Immerhin der erste Brillenträger. Auf den Stichen guckt er wie Postbeamter.<br />
Jetzt weiß man, dass er aus Kneipen herausgetragen werden musste und um die<br />
Sechzig Syphilis bekam. Ein Neurotiker, der an Depressionen litt. Die Arbeit an seiner<br />
„Winterreise“ nahm ihn so mit, dass er auch daran zu Grunde ging. Hier ist es dieser<br />
geniale Zyklus, der uns sein Verhalten erklärt: übermächtige Sensibilität.<br />
Hans Fallada. Unterbrach das Trinken nur, um einen Roman zu schreiben. Dabei<br />
rauchte er unentwegt. Peitschte die Handlung voran, war in knapp vier Wochen fertig.<br />
Danach langte er heftiger zu als zuvor. Als die Russen in Feldberg einmarschierten,<br />
stürmten sie seine Wohnung. Ein Kulturoffizier legte ihm wohl die Hand auf die<br />
Schulter: „Chans, du sein der neue Burgermeister.“ Was interessierte den Militär, dass<br />
dieser Mann im Suff seine Frau mit einer Jagdflinte durch den Ort getrieben hatte.<br />
Trinken gehörte für die zum Kulturgut. Und der da war der Schöpfer vom Kleinen<br />
Mann. Das allein sprach für jedwede Tauglichkeit.<br />
Richard Wagner. Probleme mit Frauen, immer auf der Flucht, ständig pleite. Liegt darin<br />
die Erklärung für den „Ring“? Ja. Aber nur weil er in allem konstant blieb: beim<br />
Überleben und beim Komponieren. Als von dem Ruhmgeilen endlich der Druck wich,<br />
„Parsifal“ wurde ein riesiger Erfolg, wich auch sein Leben. Er starb nicht viel später in<br />
Venedig.<br />
Hemingway schoss sich in den Kopf. Weshalb? Er war doch im Götterhimmel angekommen.<br />
Gibt’s da Verbindungen, Rückschlüsse, irgendwelche Geheimnisse? Wohl<br />
kaum, der Rum im Daiquiri hatte lediglich ganze Arbeit geleistet.<br />
Neulich war ich auf einer Lesung eines erfolgreichen Autors. Unter Augenzwinkern<br />
verriet er seiner Gemeinde, dass er einst ein verdammt miserabler Schüler gewesen sei:<br />
eine Fünf in Mathematik! Die Zuhörer schmunzelten. Als ein Mann aufsprang und<br />
rief, er sei sogar zweimal sitzengeblieben, wurde er niedergezischt. Er hatte es nicht kapiert:<br />
Nur dem Begabten steht Nachsicht zu.<br />
Vincent van Gogh. Mein Lieblingsbild ist „Sternennacht“ – sehr viel Blau, und wo das<br />
Gelb hervorsticht, blendet es. Was mit seinem Ohr war? Keine Ahnung, vermutlich<br />
ein Mythos. Wenn er es sich wahrhaftig abgesäbelt hat, lag es weniger an seinem überbordenden<br />
Genie. Die Grüne Fee hat ihm das eingeblasen: Absinth – Volltreffer ins<br />
zentralen Nervensystem. Das erklärt mehr als seine Briefe an den Bruder Theo. Wobei<br />
es keiner Erklärung bedarf. Ich schaue in seine Sternennacht und bin ebenfalls berauscht.<br />
Kürzlich hatte ich etwas über den Durst getrunken. Meine Frau machte mir Vorhaltungen.<br />
„Wo liegt das Problem?“ wehrte ich mich. Selbst Mussorgski habe zugeschlagen,<br />
wurde sogar wegen Trunkenheit von einem Dorfpolizisten aufgegriffen. „Hast du<br />
Die Bilder einer Ausstellung komponiert oder er?“ fragte sie.<br />
Impressum<br />
Stadtgespräche Ausgabe Nr. 70:<br />
„Wir werden Achtzehn”<br />
Ausgabe Februar 2013<br />
(Redaktionsschluss: 11. Februar 2013 )<br />
Herausgeber<br />
Stadtgespräche e.V. in Zusammenarbeit mit der<br />
Bürgerinitiative für eine solidarische Gesellschaft e.V.<br />
<strong>Rostock</strong><br />
Redaktion und Abonnement<br />
Stadtgespräche e.V.<br />
PF 10 40 66<br />
18006 <strong>Rostock</strong><br />
Fax: 03212-1165028<br />
E-Mail: redaktion@stadtgespraeche-rostock.de<br />
Internet: www.stadtgespraeche-rostock.de<br />
Verantwortlich (V.i.S.d.P.):<br />
Dr. Kristina Koebe<br />
Tom Maercker<br />
Redaktion:<br />
Dr. Kristina Koebe<br />
Tom Maercker<br />
Dr. Peter Koeppen<br />
Dr. Jens Langer<br />
Die einzelnen Beiträge sind namentlich gekennzeichnet<br />
und werden von den Autorinnen und Autoren<br />
selbst verantwortet.<br />
Layout: be:deuten.de //Kreativagentur<br />
Mediadaten:<br />
Gründung: 1994<br />
Erscheinung: 18. Jahrgang<br />
ISSN: 0948-8839<br />
Auflage: 230 Exemplare<br />
Erscheinung: quartalsweise<br />
Einzelheftpreis: 2,50 € (Doppelheft: 5,00 €)<br />
Herstellung: KDD<br />
Anzeigenpreise (Kurzfassung)<br />
(ermäßigt / gültig für 2012)<br />
3. Umschlagseite (Spalten-Millimeter-Preis): 0,25 €<br />
4. Umschlagseite (nur komplett): 145,00 €<br />
Details auf unserer Website im Internet<br />
Verkaufstellen in <strong>Rostock</strong>:<br />
Buchhandlung Hugendubel, Kröpeliner Str. 41<br />
die andere Buchhandlung, Wismarsche Str. 6/7<br />
Made by Mira, Neue Werderstr. 4-5<br />
Foto-Studio Zimmert, Lange Str. 12<br />
Pressezentrum, Neuer Markt 3<br />
buch...bar Carmen Hamann, Altschmiedestr. 27<br />
Bankverbindung<br />
(für Abo-Überweisungen und Spenden)<br />
Kto.: 1203967<br />
BLZ: 13090000<br />
bei der <strong>Rostock</strong>er VR-Bank<br />
Abonnement:<br />
Jahresabonnement (4 Ausgaben): 10,00 €<br />
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unserer Website im Internet).
00.4 __ //// LESERBRIEFE<br />
Dienen.Wir.Deutschland?<br />
CORNELIA MANNEWITZ<br />
Worum geht es? Drei Beispiele: Seit dem letzten Jahr darf die<br />
Armee, laut Bundesverfassungsgericht, auch im Inland eingesetzt<br />
werden. Kooperationsvereinbarungen zwischen Bildungsministerien<br />
und Bundeswehr erlauben Offiziere im Klassenzimmer<br />
und Seminare der Bundeswehr in der Lehrerausbildung;<br />
die Bundeswehr berichtet jährlich über ihre Erfüllung.<br />
Das Staatsoberhaupt im Juni 2012 vor der Bundeswehrakademie:<br />
„Dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere<br />
glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.“<br />
Oh doch, unsere Gesellschaft erträgt so einiges:<br />
Zum 50. Jahrestag eines NVA-Flugabwehrraketenstützpunkts<br />
nahe <strong>Rostock</strong> richten aktive Bürger der Gemeinde eine Ausstellung<br />
aus. Alle Ehemaligen freuen sich und kommen in<br />
Scharen, die Bundeswehr natürlich auch. Die Raketen und<br />
Mannschaften rücken zur Vorbereitung des nächsten Krieges<br />
aus, man sorgt sich öffentlich um „unsere Jungs“ (die das alle<br />
freiwillig oder in Ausübung ihres Berufes tun).<br />
<strong>Rostock</strong> ist seit der Bundeswehrreform „Heimathafen der<br />
Deutschen Marine“. Die Stadt macht in einer Imagebroschüre<br />
Werbung dafür, Kommunalpolitiker, Kindergärtnerinnen und<br />
Uni-Rektor kommen in ihr zu Wort. Die Wirtschaft freut sich<br />
und hofft sogar auf einen Aufschwung für den immer etwas angeknacksten<br />
Flughafen Laage (den mit den Eurofightern und<br />
den Namen aus der NS-Zeit).<br />
Der Ortsbeirat freut sich, dass der Stützpunkt Hohe Düne so<br />
floriert. Dort stehen die aggressivsten Kriegsschiffe der NATO,<br />
die Korvetten K-130.<br />
In der Mitgliederzeitschrift des Landesverbandes einer großen<br />
– manche sagen: - Lehrer-Gewerkschaft - erscheinen monatelang<br />
Artikel über die Kooperationsvereinbarung. Eine Mailadresse<br />
für den Erfahrungsaustausch wird eingerichtet und verzeichnet<br />
null Eingänge. Für einen Sommerkurs gibt es ein<br />
Workshopangebot. Reaktion: Abgesehen vom Vorstand<br />
Schweigen, wenn es auf dieses Thema kommt. Die Jugendoffiziere<br />
berichten über 2010-2011: „Insgesamt wurden 128 Veranstaltungen<br />
mit Schulen bzw. Multiplikatoren aus Mecklenburg-Vorpommern<br />
durchgeführt (…). Insbesondere die Regionalen<br />
Schulen nutzen die Möglichkeit von Besuchen bei der<br />
Truppe (…). Das Feedback der Schulen ist durchgehend positiv,<br />
was auch durch eine Nachfrage deutlich oberhalb des uns<br />
möglichen Angebots unterstrichen wird.“<br />
<strong>Rostock</strong>er Filmkünstler machen eine Webserie über das Kommando<br />
Spezialkräfte in Afghanistan. Das Volkstheater spielt<br />
die militaristischste aller Opern und fotografiert sich mit den<br />
echten Uniformträgern.<br />
Gewerkschaftsjugenden diskutieren einen Antrag zur Friedenspolitik.<br />
Monatelang. Erst fehlen die grundlegenden Kenntnisse<br />
über das Problem, dann das Wissen über die Beschlusslage der<br />
Gewerkschaftskongresse, dann das Verständnis für die Infragestellung<br />
von Arbeitsplätzen in Rüstungsindustrie und Bundeswehr.<br />
Die volle Bandbreite der Gegengründe kommt zum Einsatz.<br />
Letztlich wird eine Informationsveranstaltung finanziert;<br />
eine Positionierung gibt es nicht.<br />
Versuche, Gründe zu verstehen:<br />
Das Sein bestimmt das Bewusstsein, wie mancher sagen würde.<br />
Ein strukturschwaches Land pflegt seine letzte Chance in diesem<br />
System: das Bundesland mit der höchsten Militärdichte zu<br />
sein (6,4 Dienstposten – „Stellen“ - pro 1000 Einwohner; in<br />
Hessen oder Sachsen 0,9). Die Armeeangehörigen gehen auch<br />
im konkreten Stadtteil einkaufen.
Aber auch da, wo das Bewusstsein zur Abstraktion fähig ist:<br />
Lehrer haben Jahre eines Personalkonzepts hinter sich, das sie<br />
zu Lohnverzicht gezwungen und ihnen nicht den Eindruck<br />
vermittelt hat, ihre Arbeit sei sicher. Erfahrung mit dem Einsatz<br />
für eine unabhängige politische Meinung fehlt im deutschen<br />
Osten – noch immer. Terrorismusfurcht und Sicherheitsdenken<br />
haben tiefe Wurzeln geschlagen; solange die Bomben<br />
nicht aufs eigene Dach fallen, werden sie auch selten hinterfragt.<br />
Weltkenntnis ist Mangelware: Wie sieht es eigentlich genau in<br />
Afghanistan, Syrien, Mali aus? Ist der arabische Nahe Osten<br />
wirklich aus der Zeit gefallen? (Sollte es vor zwei Jahren nicht<br />
mindestens einen Revolutionsschock gegeben haben?) Urlaub<br />
wird an warmen Stränden gemacht, aber als Fachinstanz für Interkulturalität<br />
und internationale Sicherheitspolitik geriert sich<br />
an den Schulen die Bundeswehr.<br />
Landläufig scheint die Vorstellung zu sein, dass eine Armee nötig<br />
ist, denn es kann immer was passieren – das wäre dann allerdings<br />
genau ein Fall für den Inlandseinsatz und das Grundgesetz<br />
wäre an dieser Stelle … na ja, seit dem einschlägigen Urteil<br />
des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr außer Kraft gesetzt<br />
…<br />
Für die neu erwachten Sekundärtugenden spricht: Die Armee<br />
ist die Schule der Nation; da lernt man Disziplin … (Das schaffen<br />
aber offenbar nicht einmal mehr die Freiwilligen und verlassen<br />
schon in den ersten Wochen in Scharen die Bundeswehr.)<br />
DDR-Nostalgie: Die NVA als die Armee, die auf niemanden<br />
geschossen hat (na ja, außer vielleicht auf ein paar Leute an der<br />
Grenze zur BRD …); Armee ist eigentlich nicht schlecht, „der<br />
Friede muss bewaffnet sein“; die USA wollen immer Krieg - andere<br />
kapitalistische Länder, inklusive des eigenen, nur dann,<br />
wenn man einmal genauer nachdenkt.<br />
Parlamentsparteien und mit ihnen zusammenhängende Strukturen<br />
glauben, dass man mit jedem über alles diskutieren kann.<br />
Künstler fallen rein: Moralische Fragen sind für sie viel interessanter<br />
als ökonomische, außerdem hegen sie eine stilbewusste<br />
Skepsis gegenüber schlagwortartiger politischer Agitation.<br />
Und sie müssen auch von etwas leben.<br />
Im Zweifelsfall: Keinen Ärger bitte, man hat so schon genug<br />
Stress.<br />
Keine Lösung hier, nur die Frage: Deutschland mag uns ja sogar<br />
egal sein, und sei’s aus europäischer Perspektive. Aber wollen<br />
wir wirklich dienen? Die Frage ist übrigens nicht rhetorisch<br />
– wer mag antworten?
FOTO: TOM MAERCKER
00.7 __ //// RÜCKBLICK<br />
18 Jahre „Stadtgespräche“ - Leserstimmen<br />
Den „Stadtgesprächen“ zum 18. Geburtstag<br />
-------------------------------------------<br />
Einmal pro Quartal liegen sie als Überraschung in meinem Briefkasten - die „Stadtgespräche“.<br />
Jedes Mal ärgere ich mich wieder über die Verpackung in der Plastiktasche.<br />
Muss die wirklich sein?<br />
Ausgepackt halte ich dann das Wunder in der Hand – eine anspruchsvolle Zeitschrift mit<br />
Nahrung fürs Hirn. Und die gibt es nun seit 18 Jahren, kaum zu glauben in dieser<br />
schnelllebigen Zeit, in der angeblich nur Informationen von höchstens 2 Sätzen ausgetauscht<br />
werden. Vielen Dank für die Pflege des Kindes „Stadtgespräche“ an die Redaktion,<br />
an Kristina Koebe, Tom Maercker, Pit Koeppen und Jens Langer. Eurem Durchhaltevermögen<br />
ist es zu verdanken, dass es die Zeitschrift heute noch gibt als Plattform für<br />
Austausch und Anregung der nachdenklichen und bewegten Menschen in unserer Stadt <strong>Rostock</strong>.<br />
Macht bitte unbedingt weiter!<br />
Für die kommenden erwachsenen Jahre wünsche ich den „Stadtgesprächen“ viele neue kritische<br />
Leserinnen und Leser, finanzielle Gesundheit (Wenn ich die zündende Idee für deren<br />
Stärkung habe, melde ich mich sofort, versprochen!) und Autorinnen und Autoren, die uns<br />
mit ihrer Weltsicht überraschen. Schöne fände ich, wenn mehr satirische Wort- oder<br />
Bildbeiträge Eingang in die Hefte finden würden.<br />
Ich gratuliere herzlich und schicke Blumen mit.<br />
Anette Niemeyer<br />
..................................................................................<br />
Gratulation und Wünsche zur Volljährigkeit der „Stadtgespräche“<br />
-----------------------------------------------------------------<br />
Es ist fast ein kleines Wunder, dass die „Stadtgespräche“ bereits 18 Jahre als Plattform<br />
für häufig alternative, nichtmarktkonforme Gedanken zur Zeit und zur <strong>Rostock</strong>er<br />
Stadtentwicklung zur Verfügung steht. Das Wunder konnte und kann auch in den nächsten<br />
Jahren gelingen, weil engagierte Bürgerbewegte als Herausgeber und Redakteure zur Verfügung<br />
stehen und auch der Druck kostengünstig gewährleistet werden konnte. Mein besonderer<br />
Dank gilt dafür vor allem Kristina Koebe, Peter Köppen und Jens Langer. Ich hatte<br />
auch manchmal Gelegenheit, als Autor (zuletzt zur Nachhaltigkeit in Mecklenburg-Vorpommern)<br />
oder als Interviewpartner Gedanken zu Zeit und zum Zeitgeist beizusteuern und<br />
will das auch gern in Zukunft, z. B. zur Kulturentwicklung, tun.<br />
Das Design der „Stadtgespräche“ hat sich sehr gut entwickelt, hat bei aller, scheinbar<br />
gewollten, Veränderung einen hohen Wiedererkennungswert. Das hat sicher dazu beigetragen,<br />
dass die Abonnentenzahl relativ gleich geblieben ist. Natürlich ist es wünschenswert,<br />
dass wir noch mehr Leserinnen und Leser erreichen. Dazu könnten und sollten auch
00.8 __ //// RÜCKBLICK | AUSLAND<br />
die gewählten Mitglieder der Bürgerschaft und der Ortsbeiräte gehören. Ich verpflichte<br />
mich hiermit, mindestens 10 neue Abonnenten zu gewinnen und auch interessante Autoren für<br />
die „Stadtgespräche“ zu begeistern. Spannende Themen könnten die Entwicklung der Stadtplanung<br />
und -architektur, die Kunst am Bau und im öffentlichen Raum sein. Für die Festigung<br />
der finanziellen Grundlage der Stadtgespräche könnte neben der Gewinnung weiterer<br />
Abonnenten (z. B. Vorstände der zahlreichen <strong>Rostock</strong>er freien Kulturträger und Kulturvereine)<br />
die gezielte Ansprache von Kleinsponsoren sorgen. Auch dafür würden mir Vorschläge<br />
einfallen.<br />
Wolfgang Methling, Umweltminister a. D., Vorsitzender der Kulturstiftung <strong>Rostock</strong> e.V.<br />
....................................................................................<br />
Die „Stadtgespräche“ lese ich öfters und finde immer was Lesenswertes. Von vielenBeiträgen<br />
habe ich aber das Gefühl,sie seien nicht für mich geschrieben. Ob das so sein muß,<br />
bezweifle ich.<br />
Georg Peter Schmidt,Schiffbauer/Rohrschlosser<br />
................................................................................<br />
Liebe StadtgesprächeRedaktion<br />
-----------------------------<br />
[…] Aber machen wir uns frisch, gerade habe ich einen Kommentar auf Frank Schlößers Seite<br />
„das-ist- rostock.de“ geschrieben. Da lief die Diskussion zur aktuellen Kürzung der Gelder<br />
für die Jugendarbeit! Dabei kam ich dort noch auf einen Artikel zur Baumaßnahme nördliche<br />
Herrmannstraße und dazu mein folgenden Kommentar: „Diese Baumaßnahme ist völlig<br />
überflüssig, eigentlich geht es nur um die Kreuzungsaufweitung, weil immer werktags dort<br />
für 2 Stunden ein Stau ist, den Autofahrer aber auch über die Steintorkreuzung umfahren<br />
kann. Die Böschung ist hinterher ein neuer Kanonsberg und das freigelegte Kriegerdenkmal,<br />
das so schön im Kraut der Geschichte steht, wird dann Aktivisten zum „Farbbeuteln“ ermuntern.<br />
Herr Bauminister, wir haben Dringenderes zu sanieren, aber was ist es: Vorschläge<br />
bitte.“<br />
Was machen dazu die Stadtgespräche? Vielleicht eine launige Nachbetrachtung 3 Monate später?<br />
Unsere Stadtgestalten-Seite ist leider eine Mumie. Netzwerker vereinigt euch, wenn<br />
wir eine hörbare Stimme in <strong>Rostock</strong> sein wollen, müssen wir uns mit den anderen nichtkommerziellen<br />
Medien zumindest austauschen, besser kooperieren. Wenn wir nur die Leser bedienen<br />
wollen, die uns schon immer gelesen haben, dann weiter so. Wir müssen nur die<br />
Schrift größer machen, der Rest erledigt sich dann durch biologischen Abgang (die sogenannte<br />
ARD/ZDF Lösung). Wo bleiben die Wutbürger von <strong>Rostock</strong>, ich glaube der „<strong>Rostock</strong>er<br />
Frühling“ ist es nicht, der ist eher der Spaltpilz in der Grün/Öko-Szene.<br />
Gerade hat sich wieder einmal die <strong>Rostock</strong>er Staatsanwaltschaft grandios blamiert, das<br />
Verfahren gegen Lökkevig wegen Subventionsbetrug ist geplatzt, den Mann hat man jahrelang<br />
verfolgt, in Spanien verhaftet, monatelang eingesperrt und jetzt! Wer das verbockt hat,<br />
sollte sein Gehalt für die verbrauchte Arbeitszeit zurückzahlen. Zurück zu den Stadtgesprächen<br />
- dort braucht es für einen geschliffenen Hieb zu diesem Thema einige Monate,<br />
also müssen wir das durch Aktuelles aufnehmen: Facebook, google+, twittern usw. Beiträge<br />
bei ROK TV und LOHRO und was fehlt noch?<br />
Demnächst wird die Bürgerschaft Live gestreamt, da könnte jemand einen Begleitkommentar
im Netz oder auf LOHRO machen. Ja, das macht alles Arbeit, ich bin ja Optimist. Erst mal<br />
anfangen, klar so ein 18jähriges Subjekt ist noch in der Pubertät, aber wenn dann geheiratet<br />
wird und die Kinder kommen, kann das eine ganz flotte Familie werden - ich mach mit<br />
und ich kenne noch welche... Wir wollen doch nicht wie „Risse“ enden, mehr Autoren als<br />
Leser und dazu fette Landesgelder (Achtung! diesen Satz bitte nicht zensieren).<br />
Fazit: Glückwunsch an Stadtgespräche, aber auch Mahnung zur Veränderung.<br />
Reinhard Knisch<br />
................................................................................<br />
Die Zeitschrift „Stadtgespräche“ ist wichtig für <strong>Rostock</strong>. Sie hat, obwohl sie lokal erscheint,<br />
ein seismisches Gespür für Themen, die gesamtgesellschaftlich wichtig sind. Es<br />
sind Themen, die offen zu Tage getreten sind oder oft noch erst im Untergrund sich aufbauen.<br />
Tageszeitungen dagegen sind immer weniger willens oder in der Lage, der Gesellschaft<br />
dafür die Augen zu öffnen. Einschränkungen ergeben sich für die Zeitschrift, wenn<br />
in Artikeln Ideologietendenzen nach DDR-Muster auftauchen. Sie bedeuten Schwarz-Weiß-Malerei<br />
und verhindern Konstruktivität.<br />
Willi Holst, Dipl.ing.oec.<br />
.......................................................................................<br />
Liebe Stadtgespräche,<br />
---------------------<br />
„Wie schön dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst...“ - ein so schönes<br />
Lied, das einen Hauch von Wärme und Anerkennung verströmt ... - für dich liebes Stadtgespräch<br />
Lob und Anerkennung.<br />
Du bist: Raum für Meinung und Debatte, Raum sich auszudrücken und Öffentlichkeit zu<br />
schaffen für Menschen und ihre Ansichten, Gedanken und Bewertungen, Forderungen und Kritik,<br />
die es allgegenwärtig und sonst eher verschlossen in einzelnen Köpfen oder bestimmten<br />
Kreisen gibt, aber erst durch dich für die allgemeine Öffentlichkeit aufbereitet und<br />
geschmückt zugänglich werden.<br />
Hey, Stadtgespräch, das fetzt. Es gibt dich, weil es Menschen gibt, die sich einmischen<br />
wollen, die ihre Fähigkeiten, Kompetenzen und Netzwerke nutzen, die Öffentlichkeit in <strong>Rostock</strong><br />
kritisch zu bereichern und sich im Publizieren auszuprobieren, Standpunkte mit in<br />
die Diskussion zu bringen. Diesem <strong>Rostock</strong> ein paar mehr Stimmen geben wollen! Gut, dass<br />
du da bist- gut dass es Menschen gibt, die so viel Engagement und Zeit investieren um<br />
dich zu füllen und unter die Leute zu bringen.<br />
Seit wann kenn' ich dich eigentlich?<br />
Ach ja...damals...fast alle deine Ausgaben lagen gut archiviert von einem Liebhaber und<br />
langjährigen Stadtgespräch-Aktiven vor meinen Füßen. Wow- das war spannend! Durch dich<br />
habe ich einen Einblick in die Debatten und sozialen Kämpfe Anfang des Jahrhunderts in<br />
<strong>Rostock</strong> bekommen. Übrigens nicht nur stadtpolitisch bemerkenswert, auch dein Layout erfreute<br />
mein grafikinteressiertes Auge- welch Entwicklung in der kurzen Zeit....<br />
Klar wollte ich dich regelmäßig druckfrisch bei mir zu Hause haben.<br />
Meistens liegst du an deinem ersten Abend bei mir, durchgängig in meinen Händen und ich<br />
lese in dir. Dann wanderst du durch einige Hände mehr, landest dann für ein paar Wochen
0.10 __ //// AUSLAND<br />
auf dem Fensterbrett im Klo und irgendwann dann in meinem nun privat geführtem Archiv.<br />
Einige Texte schaffen es Gespräch beim Abendbrot zu werden. Einige Inhalte beeinflussen<br />
nachhaltig mein Denken und Handeln. Die Meisten durchfließen meinen Kopf und hinterlassen<br />
jedes mal ein wohliges Gefühl von: Ja, es gibt Menschen, die wachsam sind und laut werden<br />
können, wenn sich politische Interessen und einflussreiche Akteure in <strong>Rostock</strong> allzu weit<br />
von den Interessen der Menschen nach einem friedlichen, abgesichertem und gesunden Leben<br />
entwickeln. Menschen, die dabei sind und sich und andere mit ihren Mitteln anstiften wollen<br />
selber zu handeln, mit zu mischen und zu gestalten.<br />
Du erreichst Menschen, die neugierig sind auf politische und kulturelle Themen <strong>Rostock</strong>s,<br />
aus der Perspektive einer nicht kapitalistisch oder profitorientierten frei und offen arbeitenden<br />
Gemeinschaft aktiver kritischer Leute.<br />
Von daher liebes Stadtgespräch, ist es doch die Wiederholung wert: Glückwunsch und noch<br />
viel mehr Energie für einen langen Atem und stetigen Zuwachs von Leuten und weiteren Perspektiven.<br />
Du fragst mich, wie du mehr Menschen, mehr Interessierte und mehr Aktive gewinnen kannst?<br />
Sobald Leute und aktive Gruppen für sich entdecken, dass sie durch dich sprechen können,<br />
durch dich gehört werden, durch dich Einfluss nehmen können- und dann noch Zeit und Muße<br />
haben, dann sind sie dabei. Wenn denn du, liebes Stadtgespräch das Medium sein sollst, wo<br />
Zeit und Energie reinfließt- zusätzlich und ergänzend zum gelebten Leben. Denn zum Glück<br />
gibt es in <strong>Rostock</strong> eine nicht unbedeutende Szene an kritischer und aktiver Öffentlichkeit<br />
und Menschen können wählen, was sie, wie, nutzen.<br />
Es lebe die kritische Öffentlichkeit.<br />
Danke Stadtgespräch und danke an all die aktiven Menschen.<br />
Maria<br />
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FOTO: TOM MAERCKER
FOTO: TOM MAERCKER<br />
70 Hefte, 18 Jahre – da sind selbst wir Redaktionsmitglieder<br />
beim Blättern in den alten Heften überrascht, was sich dort<br />
alles findet. Das brachte uns auf die Idee, in gerade dieser<br />
Ausgabe eine Art Querschnitt, kurze Ausschnitte aus vergangenen<br />
Heften zu präsentieren: Einige davon eher mit Erinnerungswert,<br />
andere überraschend aktuell.
0.13 __ //// UMFRAGE<br />
Die „Stadtgespräche“ über…<br />
<strong>Rostock</strong> als Stadt ihrer BürgerInnen<br />
„Es gibt eine Fülle von sozialen und kulturellen Initiativen in der Stadt; dennoch denke ich,<br />
dass die Gesamtzahl der kontinuierlich engagierten BürgerInnen nicht sehr groß ist. Vor allem<br />
aber: Die verschiedenen Gruppen und Grüppchen haben anscheinend wenig Kraft zur<br />
gemeinsamen sozial-kulturell-politischen Willensbildung. Das heißt: Die Parteien, die nicht<br />
fähig sind zur konstruktiven politischen Orientierung der BürgerInnen, erfahren andererseits<br />
auch wenig unüberhörbare Orientierung durch die BürgerInnen. Wie kann <strong>Rostock</strong><br />
zur Stadt ihrer BürgerInnen werden? …“<br />
Fred Mahlburg in „Ist in <strong>Rostock</strong> etwas anders…“, Heft 1(1995)<br />
<strong>Rostock</strong> als geistige Lebensform<br />
„…Diese deutsche Suche nach uns selbst soll, dem Willen der Macht folgend, möglichst eine<br />
friedliche sein, frei von Extremen und Unregelmäßigkeiten. Die Idee des kleinen Staatsbürgers<br />
und die Idee der Mitte wirken wie Garanten für einen friedlichen Gang in die Zukunft<br />
[…]. <strong>Rostock</strong> steht für Mitte, hier aber für das Mittelmaß des unsterblichen Kleinbürgertums,<br />
<strong>Rostock</strong>s Mitte ist leer. Diese kleinbürgerliche Mitte aber ist höchst ambivalent, und<br />
unter Umständen das Gegenteil friedlicher Selbstfindung, denn aus ihr erwachsen beständig<br />
die Dämonien des entfesselten Kleinbürgers, wie Brecht sie beschrieb. […] Die Schande der<br />
Stadt sind nicht die jugendlichen Attentäter aus Lichtenhagen und nicht ein unfähiger, milieuverliebter<br />
Polizeichef, sondern die zuschauenden <strong>Rostock</strong>er .[…] Wenn alles möglich ist,<br />
hat die Stadt auch die Möglichkeit, sich ein weiteres Mal zu wandeln .[…] Dieses Mal soll es<br />
die Stadt aus sich heraus schaffen, ohne Heinkel und ohne Ulbricht. Wer nicht Berufsoptimist<br />
ist, wiegt bedächtig den Schädel: man wird sehen.“<br />
Olaf Reis in „<strong>Rostock</strong> als geistige Lebensform“, Heft 1 (1995)<br />
Mentale Veränderungen in den Jahren nach der Wende<br />
„Der erste Eindruck ist: Eine ungeheure Masse stillgelegter Energie, verstummter Lebenserfahrung,<br />
ausgeschiedener Arbeitsvermögen; Ausweichen ins Imaginäre; Sicherheitsmaßnahmen<br />
auf engstem Raum, um das Minimum zu schützen, das Minimum an Gedanken, Träumen,<br />
Beziehungen, Kommunikation, auch das an Versorgung. Der öffentliche Raum ist<br />
weitgehend leer oder mit dunklen Drohungen, ökonomischen, sozialen, politischen, gefüllt.<br />
Produziert wurden Trennungen, Kämpfe darum, wer noch dazugehört, wer nicht mehr, wer<br />
aufsteigt, wer hinunterfällt; Kämpfe, die weitgehend als Einzelkämpfe geführt werden und<br />
die, selbst wenn sie gelingen, in die Vereinzelung des privaten Wohlstands oder bloß des<br />
Überlebthabens führen. Die Klammer ums Ganze ist nur noch das stählerne Gehäuse des<br />
Marktes sowie die staatliche Macht. Die Tendenz ist eine Gesellschaft, in der die Zusammenhänge<br />
schwächer werden.“<br />
Richard Scherer in „Die Entstehung der Deklassierten“, Heft 2 (1995)
0.14 __ //// UMFRAGE<br />
Lokale und regionale Versorgungskonzepte<br />
„Die Frage der Eigenwirtschaft ist, wo in Stadt und Region Binnenkreisläufe geschaffen werden<br />
können, die zum einen den bloßen Import ersetzen, zum anderen die Arbeitsvermögen<br />
an der Stadt und der Region orientieren und zum dritten den wirtschaftlichen und den sozialen<br />
Aspekt integrieren. Ich sehe vorerst vier mögliche Binnenkreisläufe: die Nahrungsmittelproduktion<br />
(einschl. Vertrieb); den Nahverkehr (einschließlich Wegebau); Wohnungsbau<br />
und Stadtsanierung; und den Tourismus. Dazu kämen die kommunalen Pflichtaufgaben:<br />
Wasser/Abwasser, Energie, Müll usw. Organisatorische Grundlage der Binnenkreisläufe<br />
wären Genossenschaften, die sich im Laufe der Jahre zu handlungsfähigen Subjekten<br />
entwickeln könnten.“<br />
Richard Scherer in „Die Entstehung der Deklassierten“, Heft 2 (1995)<br />
<strong>Rostock</strong>er Lokalfernsehen im Jahre 1995<br />
„<strong>Rostock</strong> hat das Fernsehen, das es verdient - das heißt zurzeit: gar keins. Es könnte aber<br />
heißen: überhaupt eins. Ein Zusammenlegen der ohnehin dürftigen Potentiale sollte das<br />
hergeben. Zusammenlegen meint die Koexistenz von öffentlichem Interesse, von privatwirtschaftlichem<br />
Nutzen und von soziokulturellen Bedürfnissen: dem öffentlichem Interesse der<br />
Stadt, über und mit sich selbst zu kommunizieren, dem Gewinninteresse der Privatwirtschaft,<br />
mit Information und Unterhaltung Werbeplätze zu verkaufen, und dem soziokulturellen<br />
Interesse nichtkommerzieller Medienmacher, mit ihren Botschaften und Produktionen<br />
über den beschränkten und einschränkenden Kenntnisnahmekreis gelegentlicher Insideraufführungen<br />
hinauszukommen.“<br />
Klaus Blaudzun in „Stadtfernsehen in <strong>Rostock</strong>?“, Heft 4 (1995)<br />
Die politischen Sonntagsspaziergänge ab 1995<br />
„Seit September hatte eine Arbeitsgruppe (AG) Friedensgebet 1995 einen der Liturgischen<br />
Proteste vorbereitet […] Diesmal sollte er all denen gewidmet sein, die gern arbeiten wollen<br />
aber nicht dürfen, und allen, die sich nicht entsolidarisieren lassen, bloß weil es ihnen momentan<br />
gerade besser geht. Es war an vieles gedacht worden, als unsere 7 AGisten dann 80<br />
Institutionen und Personen einluden, sich an einem Sonntagsspaziergang „FÜR ARBEIT<br />
FÜR ALLE“ zu beteiligen. 25 Antworten trafen ein. Das ist ein Rücklauf, über den mancher<br />
Organisator frohgemut wird. Wir wurden es auch. […] 500 Menschen nahmen teil,<br />
darunter deutlich viele Jugendliche! Begeisterung bei Presse und Profis. Wieso? Ein Zug von<br />
der Marienkirche bis zum Schwaanschen Tor gilt heute schon als auffällig und ausgedehnt.<br />
Harte Zeiten für Solidarität! Guter Anfang für Solidarität! Wir bewegen uns gegen Bewegungslosigkeit,<br />
für die Abgewöhnung der Angewohnheit, miserable Verhältnisse für gewöhnenswert<br />
zu halten.“<br />
Jens Langer in „Sonntags 11.00 Uhr, Ziegenmarkt ! Nächstes Mal: am 10.März !“, Heft 5<br />
(1996 )<br />
Das JugendAlternativZentrum (JAZ) im Jahre 1996<br />
„Die Schwierigkeit besteht einerseits darin, Jugendlichen wirklich Verantwortung zu überlassen<br />
und damit auch andere Wege zu akzeptieren; andererseits fehlt oft die Bereitschaft,<br />
die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen.[…] Entfremdung, Vereinzelung und die zunehmende<br />
Kälte und Härte, die unseren gesellschaftlichen Umgang bestimmen, führen seltener<br />
zur Suche nach Möglichkeiten, kollektive Verbesserungen zu erreichen, sondern fördern<br />
eher Egoismus und Ellbogenmentalität. Populäre „Ausstiegs“möglichkeiten für das<br />
Wochenende, wie Drogen und die Technokultur, sind ein Ausdruck dieser Entwicklung.
Dem entgegenzuwirken, ist notwendig. Darin sehen wir unsere Aufgabe. […] Jugendliche<br />
brauchen die Erfahrung gesellschaftlicher Einflussnahme, eigene Probleme selber lösen zu<br />
können. Projekte wie das JAZ bilden, ob als Durchgangsstadium oder als län Betätigungsfeld,<br />
eine wichtige Erfahrungsquelle für das Leben.“<br />
Peer Stolle in „JAZ. Selbstverwaltete Jugendkultur“, Heft 6 (1996)<br />
Über das <strong>Rostock</strong>er Theater und einen möglichen Neubau<br />
aus Sicht des Jahres 1998<br />
„Wollte man ironisch sein, müsste man sagen, dass die Diskussion um das <strong>Rostock</strong>er Theater<br />
nur das verdoppelt, worüber sie redet: Sie ist selbst Theater. Wie dieses hat sie mit der Wirklichkeit<br />
nicht viel zu tun, wie dieses ist sie in ein Bündel von Hoch- und Halbherzigkeiten<br />
verstrickt. Die entscheidende Halbherzigkeit sehe ich darin, dass bei den Diskussionen über<br />
Notwendigkeit und Modalitäten eines <strong>Rostock</strong>er Theaterneubaus selten die Frage gestellt<br />
wird, was da eigentlich als „Theater“ in diesen Neubau hinein soll. Dabei kann es geschehen,<br />
dass, wenn dieser Neubau (der schon seit sechs Jahren beschlossen ist) in etwa zwanzig Jahren<br />
endlich fertiggestellt sein sollte, es jene Theaterkultur, für die er gebaut worden ist, gar<br />
nicht mehr gibt.“<br />
Heinz-Jürgen Staszak in „Alles Theater?!“, Heft 15 (1998)<br />
Über die Oppositionsbewegung von 1989<br />
„Einer wirklichen Opposition in der DDR fehlte die Utopie, der Gesellschaftsentwurf von<br />
dem, was werden sollte. Die reine Kritik am DDR-Regime verband zwar, bildete aber keinen<br />
Handlungsleitfaden für die Zukunft. Diese Kritik gilt aber nur einem Teil der Opposition,<br />
ein anderer wollte schon immer die BRD. […] Viele Oppositionelle sind heute staatstragende<br />
Säulen in einem System, an dem viel Opposition notwendig wäre. Der vorwiegende<br />
Wunsch, wie im Westen zu leben, hat ihren Widerstand relativiert. Die Wahlen vom 18.<br />
März 1990 sind deshalb nicht das Ergebnis einer kurzfristigen Manipulationskampagne des<br />
Westens, sondern des lang gehegten Wunsches einer großen Zahl von DDR-Bürgern, überall<br />
in Intershops einkaufen gehen zu können. Das soll nicht verleugnen, dass es auch eine<br />
große Zahl von Menschen gab, die für eine selbstbestimmte Zukunft eintraten.“<br />
Ralf Baumann in „Opposition zwischen Revolution und Restaurierung“, Heft 17 (1999)<br />
Den Schriftsteller Jürgen Borchert aus Anlass seines Freitodes<br />
„Der Autor und Erzähler Jürgen Borchert hat entdeckt, für uns aufgedeckt, was Mecklenburg<br />
ist: eine Kultur- und Kunstlandschaft. Literatur. Kunst. Landschaft. Was hätte er noch<br />
alles für uns entdecken können? Angesichts dieser Frage mache ich mir Luft mit den deutlichen<br />
Worten, die der Bürgerbeauftragte Frieder Jelen bei der Beerdigung sprach (sinngemäß):<br />
Es wollte einer Jürgen Borchert zum Schurken stempeln. Als Schurke aber gab sich jener<br />
zu erkennen, der von seiner Hetze nicht ablassen wollte. Hier hat der unmoralische Umgang<br />
mit blöden Akten „zehn Jahre danach“ ein Menschenleben zerstört. Damit ist die ernste<br />
Frage wieder gestellt: Wer hat denn die moralische Kompetenz zur „Aufarbeitung“ der<br />
DDR-Geschichte? Und wer setzt diese Kompetenz dann auch durch? Und wer setzt der<br />
Unmoral im Umgang mit den Akten Grenzen, die es verhindern, dass Menschen in den Tod<br />
getrieben werden? Diese Fragen bleiben auch.“<br />
Fred Mahlburg in „Es bleibt mehr“, Heft 18 (2000)
0.16 __ //// UMFRAGE<br />
Die IGA, 3 Jahre vor ihrer Eröffnung<br />
„Die IGA ist für alle das Beste! wird[…] die alles beherrschende Meinung in der Stadt. Eine<br />
demokratische Auseinandersetzung findet nicht mehr statt. In der Stadtverwaltung wird auf<br />
kritische Nachfragen gereizt reagiert und sich verbeten, die IGA schlecht zu reden. […] <strong>Rostock</strong><br />
konzentriert sich nicht nur auf eine Weltausstellung, sondern plant im Zusammenhang<br />
damit eine Reihe anderer Großprojekte. Dadurch drängt sich fast zwangsläufig die Frage<br />
nach der Finanzierung dieser Vorhaben auf. Die negativen Folgen sind abzusehen. Ein,<br />
höchstwahrscheinlich sehr schöner, aber millionenschwerer Park wird als unkalkulierbare<br />
Größe noch auf Jahre hinaus den ohnehin schon überstrapazierten städtischen Haushalt belasten.<br />
Dabei braucht <strong>Rostock</strong> viel nötiger an ganz anderen Stellen Geld.“<br />
Björn Kluger, Christian Oschwald und Peer Stolle in „Blumen – Phantasie – Meer. Kommt die<br />
IGA wirklich?“ Heft 18 (2000)<br />
Was man ganz persönlich gegen Rassismus tun kann<br />
Zuallererst ist da die Frage: Warum schweige ich? Weil ich zustimme? Weil ich Angst habe?<br />
Weil ich nicht weiß, was ich tun soll? Wichtig ist, die Passivität zu überwinden. Es gibt so<br />
viele Möglichkeiten, etwas zu tun. Wichtig ist es zuallererst, den Nazis das Gefühl zu nehmen,<br />
sie setzten den Willen der Mehrheit der Bevölkerung um. Das fängt beim Protestieren<br />
während und nach rassistischen Übergriffen an, setzt sich bei der Auseinandersetzung mit<br />
Nazis in der Familie fort und hört bei öffentlichen Kundgebungen und Demonstrationen<br />
auf. Wichtig ist hierbei die Solidarität mit den Opfern und das Eintreten für deren Belange.“<br />
Christian Oschwald und Björn Kluger in „Antifa als Hype oder alle Jahre wieder“, Heft 20<br />
(2000)<br />
Das Internet aus Sicht des Jahres 2000<br />
„In dem Spannungsfeld zwischen dem freien und unkontrollierten Zugang und der autoritären<br />
Kontrolle und Vermarktung von Information bewegen sich die derzeitigen Auseinandersetzungen<br />
im iNet. Es wird sich zeigen, ob der Mythos des freien und unkontrollierbaren<br />
iNet auch in Zukunft noch eine reale Entsprechung haben wird. Die Auseinandersetzungen<br />
laufen jetzt und es sind noch nicht alle Würfel gefallen. Auf jeden Fall wird das iNet als Informations-,<br />
Koordinations-, und Aktionsplattform auch in den nächsten Jahren an Bedeutung<br />
gewinnen. Die Möglichkeit, Freiräume zu gestalten und zu nutzen, wird von der Beteiligung<br />
vieler Menschen und von deren Kreativität und Erfindungsgeist abhängen.“<br />
Björn Kluger, Christian Oschwald in „Mythos ‚freies Internet‘„, Heft 21 (2000)<br />
Mecklenburgische Spezifika<br />
„Es gibt Orte, zu denen alle Wege hinzuführen scheinen, und solche, um die das Leben einen<br />
großen Bogen macht. Mecklenburg-Vorpommern scheint irgendwo dazwischen zu liegen.<br />
Diese Region kannte Zeiten, in denen es ihr über die Maßen gut ging und von denen<br />
sie in anderen Augenblicken zu zehren schien. Allerdings fiel sie nach jedem Höhepunkt in<br />
ihrer Geschichte hinter das Errungene zurück - im wirtschaftlichen und politischen Sinne.<br />
Während andere Regionen an nicht versiegenden Quellen von Wohlstand und Einfluss liegen,<br />
erinnern in Mecklenburg-Vorpommern alle Bemühungen um Fortschritt an einen<br />
Kampf gegen das Vergessenwerden.“<br />
Juliane Uhlenbrock in „Mecklenburg-Vorpommern: Ein Schritt vorwärts und zwei zurück“,<br />
Heft 22 (2001)
Wohnkonzepte, die Lebenskonzepte sind<br />
„Ich glaube ja, dass das individuelle Haus ein Irrtum ist. Ein Haus kann nur eine Hülle sein<br />
für das individuelle Leben. Um dieses Leben geht es eigentlich - und inhaltsreiches, individuelles<br />
Leben schafft kein Erker am Haus und keine Säule vor der Tür, das ist nur Schein!<br />
Ebenso glaube ich, dass das private Grundstück in einem Gebiet mit anderen privaten<br />
Grundstücken kein guter Lebensraum ist, wenn es nicht bewusste und damit im Zusammenhang<br />
geplante, land-schaftliche und eigentlich auch bauliche Kommunikationsräume<br />
gibt. Aber das will doch heute gar keiner mehr. Überall gibt es nur Nachbarschaftsstreit! -<br />
Sind wir da schon wieder bei den Individualisten?“<br />
Gerd Vogt in „Neue Wohnformen bauen?“, Heft 23 (2001)<br />
Blässliche Protestkultur im Mai 2001<br />
„Die Tatsache, dass auch die NPD-Kundgebung selbst nicht mehr als ein Daherstolpern eines<br />
mitleiderregenden Völkchens wurde, kann kaum als Entschuldigung gelten. Auch wenn<br />
ihr Aufmarsch eindrucksvoller organisiert gewesen wäre, hätte die Protestdemonstration<br />
nicht anders ausgesehen. […] Verfährt man weiter so wie auf dieser Veranstaltung, untergräbt<br />
dies Eigeninitiative, befreit vom Gefühl der Mitverantwortung und richtet so erheblichen<br />
Schaden an. Was eine Stadt unterbinden sollte, wenn es ihr um tatsächliche Bürgerbeteiligung,<br />
um die Mitarbeit politisch aktiver, reflektierter und selbstbewusster Menschen<br />
geht. An diesem Samstagvormittag hat „Bunt statt Braun“ mit verhindert, dass - jenseits von<br />
Gewaltbereitschaft, Polizeipräsenz und Militanz - der Eindruck eines echten Widerwillens<br />
der Stadt gegen NPD-Aktivitäten jeglicher Art entsteht. Ein Eindruck, den die immer noch<br />
durch den Begriff „Lichtenhagen“ charakterisierte Stadt dringend gebraucht hätte.“<br />
Kristina Koebe in „Grau gegen Braun? Ein Erinnerungsprotokoll“, Heft 24 (2001)<br />
Krieg und Frieden<br />
„Krieg kann kein Mittel zur Bestrafung der Schuldigen sein, weil er viel mehr Unschuldige<br />
zu Opfern macht. Ich kann von militärischen Mitteln keine Friedensförderung erwarten.<br />
Militärschläge, wie wir sie gegenwärtig wieder erleben, richten in uns und um uns her auch<br />
Verstörungen der Seelen und apathische Gewöhnung an. Die Kinder sind dem am meisten<br />
ausgeliefert.“<br />
Fred Mahlburg in „Frieden. Biblische Erinnerungen für die Gegenwart“, Heft 25 (2001)<br />
Gute Lehrer und Bildungspolitik<br />
„Neben Souveränität im eigentlichen Fach gehören heute mehr denn je profunde Kenntnisse<br />
in Diagnostik und Psychologie zum Handwerk des Lehrers. Da er als Einzelkämpfer auf<br />
verlorenem Posten steht, muss er lernen, mit anderen Lehrern zusammenzuarbeiten. (Teamfähigkeit<br />
ist eine Kompetenz, die nicht nur von Schülern zu erwerben, sondern auch von<br />
Lehrern zu praktizieren ist. Nur so wird sie auch als erfolgreich erlebt - auf beiden Seiten.)<br />
Das zu organisieren, gehört zu den Hauptschwierigkeiten in der Arbeit eines Schulleiters -<br />
wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Außerdem benötigen Lehrer erfahrene Schulpsychologen<br />
an ihrer Seite, und Sozialarbeiter und, und ... Wollen wir den Herausforderungen der<br />
Wissensgesellschaft optimistisch begegnen, müssen wir mehr leisten als bisher, auf allen Seiten.<br />
Dennoch: eine Vor-aussetzung kann für sich oberste Priorität beanspruchen - die Finanzpolitik.<br />
Danach kommt aber sofort das Ethos des Lehrerberufes und das vermag vieles -<br />
aber eben nicht alles.“<br />
Ulrich Peper in „Randbemerkungen zur Pisa-Studie oder Warum ausgerechnet Finnland zu<br />
den Besten gehört“, Heft 26 (2002)
<strong>Rostock</strong>er Intellektualität und Intelligenz<br />
„Der <strong>Rostock</strong>er Intellektuelle, der sich gegen eine dilettantische Politik - nicht nur in Sachen<br />
Kultur - engagieren will, der sich über das politische Establishment in der Stadt ärgert,<br />
über selbstgefällige Stadtverwaltung klagt oder über Bildungsmisere, Wirtschaftsstagnation<br />
und Arbeitsplatzmangel, hat keine andere Wahl, als sich öffentlich einzumischen. Sich in<br />
dieser Hinsicht einfach zu ver-weigern, bedeutet, sich selbst ins Abseits zu begeben. Die Gefahr<br />
ist groß, dass die Intellektuellen der Hansestadt <strong>Rostock</strong> mit erregt fuchtelnden Fäustchen<br />
oder mit den Händen in den Taschen eben in diesem Abseits versauern.“<br />
Wolfgang Dalk in „Intellektuelle in <strong>Rostock</strong>“, Heft 27 (2002)<br />
Die OB-Wahl von 2002<br />
„Sieben weitere Jahre heißt der OB Arno Pöker. Weder erhielt er eine überdeutliche Mehrheit,<br />
noch kann er sich vor dem Hintergrund der Streuung der Stimmen im ersten Wahlgang<br />
ein „Weiter so“ erlauben. „Mit Volldampf weiter“, verkündete der OB auf der Wahlparty,<br />
verteilte hier und da ein paar Seitenhiebe und dankte dennoch dem Bündnis und der<br />
PDS. Dies sind noch immer potentielle Bündnispartner. Versuche der Jungen Union, mit<br />
großangelegten Anzeigen ein Bündnis mit der Schill-Partei zu konstruieren, verhalf einigen<br />
Votierenden zu einer klaren Abgrenzung. <strong>Rostock</strong> hat jetzt mehr Pöker und nicht mehr Sicherheit.“<br />
Björn Kluger in „ Frank Wahl hat schon immer die besten Handballtore geworfen. Zur Wahl<br />
des OB“, Heft 27 (2002)<br />
Die Heinkel-Ausstellung in <strong>Rostock</strong> im Jahre 2002<br />
„Die Heinkel-Ausstellung, die in der Halle 535 der Neptun- Werft zu sehen war, wird der<br />
Geschichte des Flugzeugbaus in <strong>Rostock</strong> und Warnemünde nicht gerecht. Die Darstellungsprinzipien<br />
sind uneinheitlich, eine Gesamtkonzeption fehlt, die Kommentierung ist<br />
unzureichend, und geschichtsfremde Sammlerleidenschaften werden zu stark berücksichtigt.<br />
Noch abträglicher ist jedoch die kritiklose Huldigung an Ernst Heinkel. Schwächen<br />
und Widersprüche in der Persönlichkeit Heinkels werden ausgeblendet, seine Rolle im nationalsozialistischen<br />
Regime bleibt unterbelichtet. Die Ausstellung folgt in weiten Teilen<br />
der Autobiographie Heinkels aus den fünfziger Jahren, einer Rechtfertigungsschrift, deren<br />
zentrale Argumente mittlerweile von der historischen Forschung relativiert wurden. Seine<br />
Stilisierung als sozialer Unternehmer verdeckt die Entmündigung seiner Arbeiterschaft<br />
durch das nationalso-zialistische Regime und beschönigt die ungelösten Probleme, die das<br />
Wachstum der Flugzeugindustrie für <strong>Rostock</strong> aufwarf. Heinkel trug überdies eine größere<br />
Verantwortung für den Einsatz von ausländischen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, KZ-<br />
Häftlingen und Juden, als er zu Lebzeiten zugeben mochte und als es in der Ausstellung<br />
deutlich wird.“<br />
Lutz Budraß in „Zur Heinkel-Ausstellung - ein Gutachten“, Heft 28 (2002)<br />
<strong>Rostock</strong>er Stadterneuerung<br />
„Trotz Protesten, Aufstand, Besetzung, Revolution, Krieg und widersprüchlicher politischer<br />
Ideologien werden die postsozialistischen Ostsee-Städte, die sich von Ostdeutschland bis<br />
Russland erstrecken, wahrscheinlich so enden, wie Max Weber es vor fast 100 Jahren vorausgesagt<br />
hat, in seinem berühmten Essay über den „eisernen Käfig“ des modernen Kapitalismus.<br />
Als Orte, in denen ‚materielle Güter eine wachsende und am Ende so unerbittliche<br />
Macht über das Leben der Menschen erlangt haben, wie in keiner früheren historischen<br />
Epoche.‘ Wenn Bürger sich von ihrem lokalen, gemeinschaftsbasierten, politischen Leben
0.19 __ //// KULTURPROJEKT<br />
entfernen, nicht zum Handeln bereit sind, solange es nicht um persönliche Investitionen in<br />
Form von Besitz geht, gibt es nur ein Erfolgskonzept: die Rückkehr zum Investment. Das<br />
einzige Kriterium für die Zustimmung zu Projekten wird dann ihr Gewinnpotential.“<br />
Susan Mazur in „Wohin führt <strong>Rostock</strong>s Stadterneuerung?“, Heft 28 (2002)<br />
Aktuellen Handlungsbedarf 10 Jahre nach den Pogromen<br />
von Lichtenhagen<br />
„Antirassistische Arbeit muss in ihrer Kritik daher auch den Umgang staatlicher und kommunaler<br />
Behörden mit Nichtdeutschen mit einbeziehen. Die Residenzpflicht und das Gutscheinsystem<br />
diskriminieren im gleichen Maße Migrantinnen und Migranten wie der alltägliche<br />
Rassismus. Diese Problematiken, die über die kommunale Situation hinausgehen, zu<br />
thematisieren, sollte sich (auch) „Bunt statt braun“ annehmen. Dies könnte durch die Schaffung<br />
einer Arbeitsgruppe bei „Bunt statt braun“, die sich explizit der überregionalen Thematiken<br />
annimmt, angegangen und auf dieser Grundlage Möglichkeiten der politischen Arbeit<br />
formuliert werden. Erfahrungen, die auf diesem Gebiet vom AJUB, LOBBI e.V. oder Gruppen<br />
aus anderen Städten gesammelt wurden, könnten dafür nutzbar gemacht werden. Wir<br />
haben diesen Beitrag geschrieben in dem Wissen, dass in <strong>Rostock</strong> vergleichbar gute Ausgangsbedingungen<br />
für Aktivitäten gegen rechts existieren. Dies sollte nicht aufs Spiel gesetzt<br />
werden.“<br />
Peer Stolle/Christian Oschwald in „Lichtenhagen ist noch nicht vorbei“, Heft 28 (2002)<br />
Die <strong>Rostock</strong>er Hoffnungen auf eine Airbus-Ansiedlung im<br />
Jahre 2002<br />
„Welches Kraut war gegen die unverständliche kalte Macht des Geldes schon gewachsen?<br />
Weil sie die Antwort nicht wussten, versuchten die <strong>Rostock</strong>er im Zeitalter der Bagger, die<br />
Geldberge mit ihrem Glauben zu versetzen. Sie versuchten den Airbus herbeizubeten, so wie<br />
es einst ihre Vorfahren für Regen und reiche Ernten taten. Es waren 2000 <strong>Rostock</strong>er und die<br />
kleine Gruppe erfolgloser Führer, die sich am 30. Mai 1999 im Stadthafen trafen, ein großes<br />
Flugzeug auf den Boden zeichneten, sich darauf stellten, und ihre Ballons, mit allen guten<br />
Wünschen versehen, gen Himmel steigen ließen. Doch nach dem 30. Mai war alles vorbei,<br />
die Ballons zer-platzten unterhalb der Chefetage, und Hamburg bekam nicht nur Teile des<br />
SuperAirbusses, sondern auch noch eine ganze Fertigung für das kleinste Flugzeug der Familie,<br />
den A318. Warum der Luftbus ein Luftschloss blieb, wird den postmodernen Spökenkiekern<br />
und ihren gewählten Vertretern vielleicht ein Geheimnis bleiben. Darin sehen die<br />
Mecklenburger den Melanesiern ähnlich, die sich nicht erklären konnten, woher die vielen<br />
guten Sachen kamen, die von den fremden Göttern CARGO genannt wurden, was in der<br />
Sprache der Welt einfach nur „Fracht“ bedeutet.“<br />
Olaf Reis in „Luftbusnummern, verblühte Landschaft“, Heft 29 (2002)<br />
<strong>Rostock</strong>-Babelsberg<br />
„Interessant aus diesen ersten Jahren des Neubeginns war auch folgender Fakt, insbesondere<br />
mit dem Blick auf die gegenwärtige „Heinkel-Diskussion“ in <strong>Rostock</strong>: Da die Ufa-Studios<br />
Babelsberg weitgehend zerstört oder durch Besatzungstruppen belegt waren, erwog man,<br />
mit der Filmproduktion an einen anderen Ort auszuweichen. Unter den Vorschlägen befand<br />
sich auch <strong>Rostock</strong>. Filmfachleute reisten im Frühherbst 1945 nach Mecklenburg-Vorpommern<br />
und prüften, ob in den ehemaligen Heinkel-Flugzeugwerken in Warnemünde ein großes<br />
Filmstudio errichtet werden könne. Ihr Abschlussbericht wies sogar viele Vorteile <strong>Rostock</strong>s<br />
als Filmstadt aus. […] Dennoch fiel die Entscheidung zugunsten von Babelsberg. Be-
0.20 __ //// KULTURPROJEKT<br />
vor das DEFA-Spiel-filmstudio 1947 endgültig dorthin zog, hatte es in Mecklenburg-Vorpommern<br />
allerdings noch Überlegungen gegeben, hier wenigstens eine DEFA-Filiale einzurichten.<br />
Aber auch daraus wurde nichts. MV hatte es schon immer schwer mit den Großprojekten.“<br />
Peter Köppen in „Vom Pfingstmarkt in den CineStar“, Heft 30 (März 2003)<br />
Einen Polizeieinsatz in <strong>Rostock</strong> im Mai 2003<br />
„Ca. 15-17 sind wir insgesamt, die dann mehrere Stunden in der vergitterten Polizeiturnhalle<br />
ausharren dürfen. Beim Aussteigen werde ich schon wieder angefasst, am Arm, ich sage<br />
dem Beamten, er solle mich loslassen, ich könne alleine gehen. „Beruhig' dich, Mädel!“ antwortet<br />
er forsch. Ich erkläre ihm, dass ich eine solche Anrede als beleidigend empfinde,<br />
wenn, habe er mich mit Namen anzusprechen. Die erkennungsdienstliche Behandlung mit<br />
Fotografieren, Fingerabdrücke nehmen, Wiegen und ein Verhör wartet noch auf uns. Der<br />
Beamte, der mich Stunden später verhört, wirkt umgänglicher. Naja, denke ich mir, die<br />
schieben hier halt 'ne Wochenendschicht, wären auch lieber mit Familie im Kleingarten<br />
oder so etwas. Ca. 18:30 Uhr werde ich frei gelassen. Den blauen Müllsack, der meine mir<br />
weggenommenen persönlichen Sachen enthält, behalte ich als „Souvenir“. <strong>Rostock</strong> ist für<br />
mich nicht mehr dieselbe Stadt wie vorher. Ich bin dabei, Begriffe wie Toleranz, Freiheit,<br />
Meinungsfreiheit, Gewalt neu zu überdenken.“<br />
Waldemar Pohl-Zeisig in „Kein schöner Land in dieser Zeit“, Heft 31 (Juni 2003)<br />
Gesamtdeutsche Bildungslandschaft und Ostdeutsche<br />
Inspirationen<br />
„Ich vermute, dass vielen der „Reglementierer“ weder die unbestreitbar vorhandenen Nachteile<br />
noch die eben auch vorhandenen Vorteile des ostdeutschen Bildungssystems überhaupt<br />
im Detail bekannt waren. Sie waren schlicht überzeugt, dass das Bildungssystem insgesamt<br />
schlecht sein müsse - ebenso schlecht wie die Wirtschaft des zusammengebrochenen Staates.<br />
Dabei hätten die neuen Länder einiges einbringen können in die gesamtdeutsche Bildungslandschaft<br />
[…] Wenn nun dem einen oder anderen bei dieser Aufzählung Themen der unzähligen<br />
Bildungsdebatten der letzten 12 Jahre in den Sinn kommen, dann ist das nicht zufällig,<br />
sondern durchaus beabsichtigt. Und hinter der Absicht verbirgt sich die Hoffnung,<br />
dass vielleicht nun doch noch so manches Eingang finden könnte in die seit 25 Jahren reformbedürftige<br />
deutsche Bildungslandschaft. (Man kann dann ja sagen, es käme aus den<br />
USA, so wie man früher meinte, „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“).“<br />
Gerhard Maeß in „Transformation der Universitäten in den neuen Ländern. Auf- und Umbau<br />
ohne institutionelle Abwicklung“ Heft 31/ Juni 2003)<br />
Die <strong>Rostock</strong>er Großprojekte von 2003<br />
„Die Begeisterungswelle griff während der IGA ungebremst auf die Medien über, ein Umstand<br />
durch den sich Oberbürgermeister Pöker zu einem bis dato nie gehörten Lob für die<br />
Presse verleiten ließ. Nun ist ja bekannt, dass das Stadtoberhaupt mit Kritikern unsanft umgeht.<br />
Tatsächlich ließ sich vor und nach der Eröffnung eigentlich nur der Mix aus Selbstgefallen,<br />
toller Stimmung und anhaltender Begeisterung herauslesen. Das Konzept der Schaffung<br />
einer „positiven Grundstimmung“ hat gegriffen. Folgeentwicklungen für die Region,<br />
sei es <strong>Rostock</strong> oder M-V, waren und sind nicht überprüfbar. Die vermeintlich 1.000 Stellen<br />
befanden sich überwiegend im Niedriglohnsektor und im Bereich von Studentenjobs. Der<br />
Erhalt von Arbeitsplätzen in der Planungs- und Baubranche wird von den Verantwortlichen<br />
gern betont. Die Frage von Insolvenzen ist aber noch nicht vom Tisch. Auch wenn die
Rechnungen nun bezahlt sind, zeigen sich nun handwerkliche Fehler. Ob durch Missmanagement<br />
der Firmen oder Zeit-verzögerungen öffentlicher Träger sei dahingestellt. Einmal<br />
mehr bleibt festzuhalten, dass eben nicht alles Gold ist, was glänzt.“<br />
Björn Kluger in „Von der IGA zu Olympia: <strong>Rostock</strong> bleibt im Selbstdoping stecken“, Heft 33/<br />
(Dezember 2003)<br />
Keine Wohlfühlgesellschaft nirgendwo<br />
„Wohlsein auf die Schnelle ist Fastfood. Wer nachhaltig gut essen will, braucht Geduld mit<br />
sich selbst und mit den Rohstoffen. Wer bewusst leben will, braucht Übungen des Körpers<br />
und des Geistes. Wer seine Persönlichkeit vertiefen und formen will, braucht eine geregelte<br />
Spiritualität, die sich unabhängig vom Wohlfühlen selbst zelebriert. Wenn wir beten, wird es<br />
uns nicht immer erbauen wie ein Schaumbad. Dafür lagert sich aber in den Knochen Tag für<br />
Tag eine gleichsam himmlische Substanz ein, die hoffentlich auch trägt, wenn es uns<br />
schlecht geht. Der sonntägliche Gottesdienst ist auch eine solche geistliche Übung. Mit dieser<br />
geistlichen Grundnahrung wird nicht jedes Mal ein rauschendes Fest der Sinne verbunden<br />
sein können. Das Gemüt würde dann auch wohl abstumpfen. Es geht vielmehr um Vergewisserung<br />
durch Wiederholung. Manchmal schmeckt solche Wiederholung nicht. Das ist,<br />
wie wenn man Schwarzbrot lange kauen muss, ehe es im Mund süß wird.“<br />
Matthias Kleiminger in „Wellness - der Ausflug auf die Insel der Seligen? Eine kirchliche Kritik“,<br />
Heft 36 (September 2004)<br />
Einen Besuch in Israel im Jahre 2004<br />
„Neben dem Recht der Israelis, sich selbst zu verteidigen, dürfen jedoch auch die Rechte der<br />
Palästinenser nicht vergessen werden. Der Verlauf des Zaunes darf und muss kritisiert werden,<br />
weil er teilweise tief in palästinensisches Gebiet einschneidet und die Lebensbedingungen<br />
dort verschlechtert. So kann es nur richtig sein, neben der israelischen Situation und der<br />
Bedrohung dieses Staates auch das Leiden der Palästinenser einzubeziehen. Andernfalls tut<br />
man auch Israel keinen Gefallen. Israel ist nicht nur Opfer sondern auch Akteur. Wir Europäer<br />
sollten jedoch nie vergessen, dass das Werden und Sein Israels vom hohen Maße durch<br />
die Schoah, die nationalsozialistische Judenverfolgung geprägt ist. Und gerade als Deutsche<br />
habe ich auch die Verantwortung und moralische Verpflichtung, Israel mit Sensibilität zu<br />
begegnen. Sensibilität heißt zu versuchen, Verständnis zu entwickeln, dabei aber nicht unkritisch<br />
zu sein.“<br />
Susann Schulz in „Die Angst hat Israel nie verlassen“, Heft 36 (September 2004)<br />
15 Jahre Politische Wende<br />
„Ich erinnere mich, dass sich damals fast alle Bürgerbewegungen in ihren ersten programmatischen<br />
Flugblättern einen demokratisierten Sozialismus zum Ziel setzten. Davon muss man<br />
heute wirklich nicht mehr reden. Es genügt, vom Kapitalismus zu reden, nicht als Ziel, sondern<br />
als schwer erträgliches und noch schwerer zu demokratisierendes Faktum. Es ist, wie es<br />
ist. Aber es ist nicht gut, wie es ist. Für viele ist es schwer oder unerträglich. Und ein junger<br />
Abgeordneter sagte im Bundestag „Es ist kein Ost-West-Problem. Es ist das Problem von<br />
Arm und Reich.“ Dem kann ich zustimmen und hinzufügen: Auch, vielleicht besonders, die<br />
Reichen werden dem Staat sehr teuer. Nun habe ich immerzu fast nur von Deutschland geredet.<br />
Das habe ich eigentlich gar nicht gewollt. Es gibt ja noch ganz andere Probleme in unserer<br />
Welt.“<br />
Fred Mahlburg in“ Es ist, wie es ist. Ein Herbst nach fünfzehn Jahren“, Heft 36 (September<br />
2004)
0.22 __ //// KULTURINITIATIVE<br />
Hausverbot für einen Theaterkritiker<br />
„Wer wie der NNN-Theaterkritiker Heinz-Jürgen Staszak diskutiert, ob das bildungsbürgerliche<br />
Stadttheatermodell aus dem 19. (20. Jahrhundert noch zeitgemäß sei, ob es den heutigen<br />
Kulturbedürfnissen entspräche, der diskutiert nicht unabgestraft. Staszak machte diesen<br />
Fehler, im Jahre der hochwogenden Theaterdiskussionen 2001, in einer Podiumsdiskussion<br />
auf der Bühne im Großen Haus. Drei Jahre später erteilt ihm Piontek, unter Missbrauch seines<br />
städti-schen Hausrechtes, Hausverbot. Falsche Berichterstattung `Beleidigung' von<br />
Theatermachern, ´Herabwürdigung' des Theaters, das alles habe der Kritiker in einer Ballettkritik<br />
der NNN verbrochen.“<br />
Klaus Blaudzun/Tho Weiß in „Gegen alle guten Sitten? Polemische Anmerkungen zweier unseriöser<br />
Populisten“, Heft 37/Dezember 2004)<br />
Theaterneubau und Theaterkrise im Jahre 2004<br />
„Die Stadt, ihre kulturelle Öffentlichkeit wie ihre Kulturpolitiker, müssten sich an ein Konzept<br />
heran diskutieren, was sie unter den Bedingungen der modernen Kultur von ihrem<br />
Stadttheater eigentlich als kulturellen Beitrag erwartet. Dafür werden die Festlegungen<br />
förmlicher Rahmenbedingungen, etwa: Vierspartentheater und basta, oder die Entscheidung<br />
für einen bestimmten Intendanten, allein nicht ausreichen. Hier wird es schon um Inhalte<br />
gehen müssen. Und von solchen Inhalten, von solchen Ansprüchen her, müsste dann<br />
konzipiert werden, wie die verfügbaren künstlerischen und dann die finanziellen Ressourcen<br />
verteilt, gefördert oder eben auch umstrukturiert werden sollten. In der Deckung bleiben,<br />
bis die Krise vorbei ist, wird hier nicht funktionieren. Gerade um die Zukunft des anspruchsvollen<br />
Theaters in <strong>Rostock</strong> zu sichern, müssen Fragen gestellt werden.“<br />
Heinz-Jürgen Staszak in „Das Problem ist nicht ein neues Gebäude, sondern das Theater<br />
selbst.“, Heft 37 (Dezember 2004)<br />
Universitäre Protestkultur im Jahre 2005<br />
„Wir dachten ja, mit „Ich bin ein <strong>Rostock</strong>-Olymp“ wäre die geistige Spitze nordostdeutscher<br />
Dichtermarotten erreicht, da tönt es von Dächern und vielen T-Shirts „Ich bin UNI-<br />
BLUT!“ … Überrascht sind wir allerdings nicht, schafft es weder die Studentenschaft, noch<br />
die Uni-Leitung irgendetwas zu kommunizieren, was den Anschein einer tragfähig Konzeption<br />
erwecken würde. Studierende wie Lehrende wissen, was sie nicht wollen: Kürzungen<br />
und Stellenabbau. […]War die Uni früher ein tragender Pfeiler der Community und fest in<br />
komplexe Abläufe der Stadt integriert, wurde sie nach der Wende quasi über Nacht zum<br />
Staat im Staate. Durch den systembedingt hohen Anteil an ortsfremden Neuzugängen ohne<br />
Beziehungen zur Stadt (oder den Kollegen) hat es Jahre gedauert, bis sich eine etwas stabilere<br />
interne Balance entwickelt hat mit vorsichtigen Verknüpfungsversuchen. Kinder- Universität<br />
und die „Lange Nacht der Wissenschaften“ sind erste Ansätze. Weiter so. Wir schauen<br />
in zehn Jahren noch mal vorbei: Die Stadtgespräche.“<br />
Tom Maercker in „Briefe an die Leser“, Heft 39 (Mai 2005)<br />
Den OB-Wahl-Sieger Roland Methling im Jahre 2005<br />
„58,2 % bei der <strong>Rostock</strong>er OB-Wahl für Roland Methling im ersten Wahlgang, das war eindrucksvoll<br />
[…] Die Wahl Methlings kann für die Stadt eine große Chance sein. Allerdings<br />
kommt es nun nicht nur auf Methling, sondern noch viel mehr auf die in der Bürgerschaft<br />
vertretenen Parteien und die Vertreter der Exekutive in der Stadtverwaltung an. Maßgeblich<br />
ist die Frage, ob die objektiv weiter existierenden unterschiedlichen Interessen und Interessenkonflikte<br />
in sachlichem Streit verhandelt werden, der die Fähigkeit zum Kompromiss
einschließt, im Interesse des Gemeinwohls der Stadt. Das in dieser Stadt zu erreichen, grenzte<br />
schon an ein Wunder. Aber anstreben sollte man es allemal.<br />
Mit der Wahl ist natürlich kein Problem gelöst, ist es weder mit Methling, noch wäre es mit<br />
Schillen oder Schröder oder wem auch immer. Es bleibt weiter offen, wie die Entwicklung in<br />
<strong>Rostock</strong> weitergehen wird. […]“<br />
Peter Köppen in „Die „Methling-Wahl“, Heft 39 (Mai 2005)<br />
<strong>Rostock</strong>er Graffitis<br />
„Farbliche Hinterlassenschaften an Hauswänden sind in fast jeder Straße zu sehen. Sie gelten<br />
bei vielen, und besonders wohl bei den Besitzern der Wände, als Vandalismus. Für andere<br />
ist es Kunst oder eine Art von Öffentlichkeitsarbeit. Manch ein solches Graffiti ist rein<br />
destruktiv - z.B. eine beim Vorbeigehen gezogene Linie. Dieses kann wohl mit dem Eckenpinkeln<br />
von Hunden gleichgesetzt werden, reduzierbar auf die Aussage: „Ich war hier!“ Andere<br />
fand ich überlegt und gut positioniert...<br />
Den Spruch ‚Anarchie - ich wasch mich nie!' Am Bagehl, gegenüber den Punk-Häusern, irgendwie<br />
fand ich besonders humoristisch - wenn eigentlich auch nicht zutreffend; ebenso<br />
die ähnlich grandios gereimte und auf die gleichen Buchstaben endende Aussage ,<strong>Rostock</strong>er<br />
Hof ? Find ich doof !'. Sehr passend erschien mir das in sauberer Schrift geschriebene ,Homokonsumens'<br />
vor einigen Jahren, wenige Tage vor dem Weihnachtsmarkt (der eine Woche<br />
vor dem Advent begann und einige Tage vor der Weihnachtszeit endete - was hat das noch<br />
mit Weihnachten zutun?). Diese Bezeichnung von Erich Fromm war sehr sichtbar an der<br />
Wand des Barocksaals platziert. Ebenso kann man über den Satz neben der Geschichtsbibliothek<br />
nachdenken: ‚Ihr flieht vor der Stille - Ihr fürchtet das Alleinsein - Ihr habt Angst<br />
vor der Freiheit‘.“<br />
Karsten Schulz in „Farben in <strong>Rostock</strong>“, Heft 39 (Mai 2005)<br />
Die Arbeitsergebnisse der Heinkel-Expertenkommission<br />
Aus Anlass des Eklats um die Heinkel-Ausstellung im Jahre 2002 wurde im Juni 2004 vom<br />
damaligen <strong>Rostock</strong>er Oberbürgermeister Arno Pöker eine Expertenkommission „Technik<br />
und Verantwortung“ berufen, und mit der Erarbeitung von Empfehlungen für die Hansestadt,<br />
„in welcher Weise die Industrie- und Technikgeschichte, vor allem hinsichtlich der<br />
Flugzeugindustrie und der Person Ernst Heinkel zur Zeit des Nationalsozialismus aufgearbeitet<br />
und präsentiert werden kann. Dabei soll die individuelle und gesellschaftliche Verantwortung<br />
der handelnden Personen und Gruppen sowie die Perspektive der Opfer des Nationalsozialismus<br />
einbezogen werden.“ Am 3.5.2005 übergab die Kommission die Ergebnisse<br />
Ihrer Arbeit.“<br />
Zusammenstellung von Auszügen aus den Ergebnissen durch Kristina Koebe, Heft 39 (Mai<br />
2005)<br />
Freiwilliges Engagement von Jugendlichen in der<br />
Postmoderne<br />
„Den Erfordernissen der postmodernen Gesellschaft steht somit eine gesellschaftliche Aktivität<br />
der Jugendlichen gegenüber, die traditionellen Maßstäben trotzt. Daraus ein durchweg<br />
politisches Engagement der Jugend abzuleiten, wird der Thematik wenig gerecht. Ähnlich<br />
dem Werte-Cocktail entsteht ein Mix verschiedenster Aktivitäts und Organisationsformen.<br />
Unkonventionell, mobil und unmittelbar zum Ziel, das ist die Devise. Und eines gilt als sicher:<br />
Nicht weit entfernt von der Elterngeneration, aber doch selbstbestimmt und selbstbe-
0.24 __ //// THEATER<br />
wusst in die Zukunft. So kommt der Optimismus in der skeptischen Generation trotz allem<br />
zum Tragen. Hinter der immer wieder heraufbeschworenen Verdrossenheit steht also eine<br />
sehr eigenständige Alternative.“<br />
Björn Kluger in „Freiwilliges Engagement in der Postmoderne. Jugend zwischen Pragmatismus<br />
und Selbstbewusstsein“, Heft 40 (Sept.2005)<br />
Spezifisch ostdeutsche Sichtweisen im Jahre 2005<br />
„Daniela Dahn analysiert in ihrem Buch „Westwärts und nicht vergessen“ messerscharf, wie<br />
wirksam, aber auch wie fragwürdig sich nach der Wende die westdeutsche (konservative)<br />
Denk- und Lesart der politischen Wirklichkeit durchgesetzt hat. Anhand unzähliger Beispiele<br />
aus eigner Lebenserfahrungen und mit hellem Intellekt vergleichende gesellschaftliche<br />
und ökonomische Strukturen entlarvt die ostdeutsche Autorin westdeutsche Interpretationsmuster<br />
als bequeme, selbstgerechte und ewiggestrige Reflexe. Es geht dabei nicht nur um<br />
die DDR. Als neu Hinzugekommene in der „Demokratie nach westlichem Muster“ stellt<br />
die Autorin naheliegende, aber in der Öffentlichkeit tabuisierte Fragen. Wie frei ist in der<br />
marktwirtschaftlichen, freiheitlichen Ordnung das Denken denn wirklich? Ist der Osttrotz<br />
tatsächlich Realitätsverweigerung und nicht vielmehr Folge der Realität? 1996 geschrieben,<br />
hat es nach meinem Eindruck nichts an Aktualität eingebüßt.“<br />
Philip Rössner in „Politik. Eine <strong>Rostock</strong>er Passionsgeschichte“, Heft 41 (Dezember 2005)<br />
<strong>Rostock</strong>er Wahlverhalten<br />
„Es ist OHNE BELANG, wer OB oder KanzlerIn wird und wurde, so lange alle Entscheidungen<br />
und der Diskurs von der Öffentlichkeit kontrolliert werden können. In der ethnisch<br />
begründeten Wahl für Methling kam lediglich die gelernte Hoffnungslosigkeit der Rostokkerinnen<br />
zum Ausdruck: Wenn wir die OBs schon nicht zwingen können, alles zu sagen,<br />
dann soll es wenigstens einer von hier sein. In der hilflosen Umkehrung eines anderen<br />
Sprichwortes hielt das Wahlvolk Vertrauen für besser als Kontrolle. Solange das so bleibt,<br />
wird es nicht viel mit der Zukunft.“<br />
Olaf Reis in „Wir sind Zweck“, Heft 41 (Dezember 2005)<br />
Mehrgenerationenkonzepte<br />
„Das Geld hat sich in fast allen Lebensbereichen zu dem bestimmenden Faktor entwickelt.<br />
Es bestimmt über den Erfolg einer Fußballmannschaft, den Zustand unserer Zähne und<br />
auch über die Bildungschancen der Menschen in unserem Land […] Noch ein Wort zu den<br />
Bereichen Alten- und Krankenpflege sowie die Kinderbetreuung. Hier gibt es richtungsweisende<br />
Modell-projekte, z.B. in Stade (Schleswig/Holstein), in denen Wohngebiete ganz bewusst<br />
mit älteren Menschen und Familien mit Kindern besiedelt werden. Die älteren Menschen<br />
kümmern sich dabei um die Kinderbetreuung und sonstige Tätigkeiten im Haushalt.<br />
Den jüngeren Menschen kommt in diesem Konstrukt die Aufgabe zu, den älteren Menschen<br />
Tätigkeiten abzunehmen, die ihnen schwer fallen. Insbesondere aus sozialpsychologischer<br />
Sicht ist diese Nachbildung der Mehrgenerationenfamilie sinnvoll[…].“<br />
Tom Schultze in „Verantwortung gegenüber sich selbst und seinen Nächsten“, Heft 41 (Dezember<br />
2005)<br />
Proteste der <strong>Rostock</strong>er Hafenarbeiter<br />
„Als die Internationale Transportarbeiter-Förderation (ITF) „mich im November aufforder-
te, mit nach Straßburg zum EU-Parlament zu fahren, um gegen „Port Package II“ zu demonstrieren,<br />
war ich darauf bereits innerlich vorbereitet. War es doch nur ein weiterer Versuch<br />
der EU, den Binnenmarkt zu deregulieren. Praktisch sollte dies zukünftig so aussehen: Statt<br />
der ausgebildeten und tariflich bezahlten Docker könnten die Reeder für die Be- und Entladung<br />
der Schiffe ungelernte Billiglohnarbeiter anheuern. […] Wir Deutschen zogen am 16.<br />
Januar gelassen in der Kolonne mit. Ein ganz anderer Elan ging von den Portugiesen und<br />
Spaniern in meiner Umgebung aus! Ihr Auftreten riss mit. Was mir sonst bei uns in <strong>Rostock</strong><br />
oft fehlt, war hier da, kam international und leidenschaftlich wie eine Welle heran und trug<br />
mich mit: Wenn wir uns nicht wehren gegen die, die es wiederum nicht gut mit uns meinen,<br />
dann sind wir verloren. Ich habe 1989 gekämpft, mich gewehrt gegen die, die es damals<br />
nicht gut mit uns meinten, und frage mich heute: Sind wir nicht auf halbem Wege stehen<br />
geblieben? Straßburg hat mir gezeigt, dass der halb abgeschrittene Weg weitergegangen<br />
wird… Straßburg hat sich gelohnt. Wir waren erfolgreich. „Port Package II“ fiel durch.“<br />
Georg Peter Schmidt in „Stolz darauf, Hafenarbeiter zu sein. <strong>Rostock</strong>er Docker gegen Straßburg“,<br />
Heft 42 (März 2006)<br />
Den 1. Mai 2006 in <strong>Rostock</strong><br />
„Eine ganze Reihe festgenommener Demonstranten wurde stundenlang in Waldeck festgehalten<br />
und nicht wieder nach <strong>Rostock</strong> zurückgebracht. Diese und viele Vorkommnisse mehr<br />
hinterlassen bei der Mehrzahl der <strong>Rostock</strong>erinnen und <strong>Rostock</strong>er einen fatalen Eindruck:<br />
<strong>Rostock</strong> wurde für einen Tag in den Kriegszustand versetzt, um der Welt zu zeigen: Globalisierungsgegner<br />
werden hier nächstes Jahr mit aller Macht ruhig gestellt. Und: Die Polizei<br />
agiert, um Rechtsradikalen lang fünf Stunden die Möglichkeit zu sichern, ihr unsägliches<br />
Gedankengut durch die Megaphone zu brüllen und unbescholtene Bürgerinnen und Bürger<br />
werden gehindert, ihre Meinung kundzutun.“<br />
Tilman Jeremias in „1. Mai in <strong>Rostock</strong>“, Heft 43 (2006)<br />
„Natürlich ist Ruhe in der Stadt angenehm. Aber Streben nach Ruhe um jeden Preis ist Politik<br />
für Wendehälse, Spießer, Mitläufer. Die Landtagspräsidentin war die Einzige im Podium<br />
der Pressekonferenz, die öffentlich zu politischen Aussagen fand. Sie verwies auf das Vorankommen<br />
der Nazis im Kampf um die Parlamente. Ihre Frage danach, was die Stadt tun werde,<br />
blieb im Raum stehen. Für dieses Mal. In allernächster Zeit wird man sie beantworten<br />
müssen. Mir persönlich flatterte neulich ein Angebot für ein Probeabo der „Jungen Freiheit“<br />
ins Haus. Wer möchte?<br />
Cornelia Mannewitz in „Warum sind wir nicht nervös?“, Heft 43 (2006)<br />
Die lokale Finanzpolitik der kommenden Jahre aus der Sicht<br />
von 2006<br />
„Wir arbeiten daran, den freien Trägern baldmöglichst ein hohes Maß an Planungssicherheit<br />
bieten zu können. Voraussetzung ist ein genehmigungsfähiger Haushalt, an dem mein Senatsbereich<br />
mit aller Kraft arbeitet. Wenn es uns gelingt, die haushaltswirtschaftlichen Ziele<br />
für 2007 zu erreichen und in der Finanzplanung einen ausgeglichenen Haushalt 2009 darzustellen,<br />
dann ist dies der beste Beitrag zur Existenzsicherung unserer freien Träger im Kulturund<br />
Sozialbereich. Wir müssen in der politischen Diskussion aber auch ganz offen über die<br />
Höhe der Aufwendungen für eigene Einrichtungen im Verhältnis zu den Ausgaben für freie<br />
Träger sprechen.“<br />
Interview mit Finanzsenator Georg Scholze im Heft 45 (2006)
0.26 __ //// REISE/REZENSION<br />
Den bevorstehenden G8-Gipfel<br />
„Die Zahlen der zu erwartenden Gipfelgegner schwanken zwischen 100.000 bis 200.000;<br />
um jeder Eventualität Herr zu werden, sollen 16 000 Polizisten zum Einsatz kommen. Die<br />
hanseatischen 2,4 Millionen Euro sind nur ein Klacks im Vergleich zu dem, was insgesamt<br />
für die Chefglobalisierer verpulvert wird - da kommen nach bisherigen Schätzungen 100<br />
Millionen Euro zusammen. Wie viele Schulen könnten dafür in einem afrikanischen Land<br />
gebaut werden? In welchem Maße könnte man die gesundheitliche Betreuung auf dem<br />
schwarzen Kontinent aufbessern? Wie sehr würde sich die Lage der Kinder in den ärmsten<br />
Ländern Lateinamerikas auf einen Schlag zum Positiven wandeln? Daher fordert das 1998<br />
gegründete Anti-Globalisierungsnetz Attac intelligentere Lösungen für die globalen Probleme.“<br />
Wolfgang Grahl in „Drei Camps, eine Schule, ein Pavillon“ in Heft 46/47 (2007)<br />
Den beendeten G8-Gipfel<br />
„Tatsächlich am bemerkenswertesten aber, dass es trotz alledem gelungen ist, dass die Bilder,<br />
die zu diesem Gipfel in Erinnerung bleiben werden, die der Massen sind, die unkontrollierbar<br />
über die Felder strömen, um den Gipfel komplett von der Außenwelt abzuschneiden.<br />
17.000 PolizistInnen und anscheinend auch allerhand verfassungswidrig eingesetzte SoldatInnen<br />
haben es nicht geschafft, das ‘teuerste Mittagessen der Welt’ störungsfrei stattfinden<br />
zu lassen (zur Erinnerung: der Gipfel dauert, die An- und Abreise abgezogen, gerade eineinhalb<br />
Tage, davon entfallen keine 10 Stunden auf tatsächliche Gespräche. Kostenpunkt: 100<br />
Mio Euro mindestens). Mittwoch bis Freitag waren die Zufahrtswege blockiert und der<br />
Wind tat ein Übriges: auch die Seebrücke war nicht immer erreichbar.“<br />
Anneke Halbroth in“Krieg ist Frieden“ in Heft 46/47 (2007)<br />
Universitäre Potentiale<br />
„Beim Schielen auf andere Länder mit ihren nach wie vor als bedeutend für die Menschheit<br />
eingeschätzten Universitäten kann man zudem zu dem Schluss kommen, dass <strong>Rostock</strong> gerade<br />
dank seiner bescheidenen Position rausreißen kann, was an Ausstattung und Renommee<br />
fehlt. Während es andernorts zwar mehr Geld, aber auch mehr Hauen und Stechen um<br />
Pfründe und Anerkennung gibt, kann <strong>Rostock</strong> in Zukunft immer noch personell punkten:<br />
Mit Leuten, die sich ganz sachlich und unaufgeregt ihren Projekten widmen. Und es wird<br />
Phasen geben, wo in manchen Fachbereichen die personelle Besetzung der Hierarchie-Kette<br />
so günstig ist, dass sich nicht nur in aller Ruhe, sondern sogar inspiriert arbeiten lässt. Alle<br />
paar Jahrzehnte werden wir eine weitere Statue aufstellen können mit der Hinweistafel: Diese<br />
Berühmtheit hat hier mal studiert. War auch mal auf der HanseSail, im Theater, am<br />
Strand. Der <strong>Rostock</strong>er wird womöglich nickend innehalten.“<br />
Philip Rössner in „Oben ankommen“ in Heft 49 (2007)<br />
Eine veränderte Wahrnehmung Uwe Johnsons<br />
Die Faszination durch das Werk des Schriftstellers scheint eine neue Stufe zu erreichen, auf<br />
der die Lektüre Johnsons nicht mehr wie so lange vor allem auf deutsche Trennung und Einheit<br />
orientiert ist. Er wirkt vielmehr als Dichter, der aus seiner Verwurzelung in der Region<br />
heraus zu Historie und Kultur, Politik und Religion über nationale und kontinentale Grenzen<br />
hinweg spricht und dabei von dem Widerstreit mit regionalistischem und imperialistischem<br />
Gehabe erzählt. Er setzt Anstand und Offenheit gegen die Instrumentalisierung von<br />
Idealen.<br />
Jens Langer in „Uwe Johnson: Bis hin zum evangelischen Taschenmesser“ in Heft 49 (2007)
Privatisierung kommunalen Eigentums<br />
Daseinsvorsorge und Gewinnmaximierung schließen sich aus. Der Bezugsrahmen für die<br />
Effizienz städtischer Leistungen ist die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner<br />
zu angemessenen Preisen und nicht die Gewinnabführung an private Gesellschafter. Um öffentliche<br />
Leistungen im Interesse der Bevölkerung anzubieten, sind Transparenz, Nutzerbeteiligung<br />
und öffentliche Kontrolle zentrale Voraussetzungen. In diesem Sinne wäre auch eine<br />
Trendwende und Abkehr von den <strong>Rostock</strong>er Privatisierungsabsichten dringend erforderlich.<br />
Weitere Informationen unter anderem unter http://www.wasser-in-buergerhand.de<br />
Ida Schillen in „Der Staat ist keine GmbH“, Heft 50 (2008)<br />
Das Ende des <strong>Rostock</strong>er „Kulturspiegels“<br />
„Ab wann wird ein jugendlich geträumtes Ideal eine reife Überzeugung? Sind es die besseren<br />
Vokabeln für dieselben Stimmungen, oder ist es der weniger pathetische Tonfall? Gibt es<br />
so etwas wie einen Anpassungszwang für Träumer? Soll nicht jede Blume blühen? Und<br />
wenn da eine blüht – wird es auf Dauer von Vorteil sein, oder ein allzu frühes Verblühen zur<br />
Folge haben? Und wenn das Pech da ist – wer kennt nicht die unverhofften Wendungen?<br />
Und wenn wir uns denn entwickeln – ist die heutige Überzeugung tatsächlich so unumstößlich?<br />
So lange wir nicht hungern, spielen wir. Und was wir nötig haben, besitzen wir bereits.<br />
Was ich an der Realität, so wie sie ist, sehr mag: Sie hält eine Fülle von Gedanken für jeden<br />
von uns bereit. Mir bereitet es Freude, mein Hirn zu benutzen und zu wachsen. Es braucht<br />
nur ein bisschen Muße, ein bisschen Abstand zu jenem Alltag, der von uns allzeit einen<br />
kompetenten Kommentar nach dem anderen abverlangt. Nicht das Sein schafft das Bewusstsein,<br />
sondern das Bewusstsein das Sein. Wir leben in einem der reichsten Länder der<br />
gesamten Mutter Erde, und wenn es einen Mangel gibt, dann ist es ein Mangel an Einsicht.<br />
Es ist der Glaube an und die Sehnsucht nach Utopien, die am erfolgreichsten die Verwirklichung<br />
von Utopien verhindern. Eine Utopie realisiert sich nicht durch energischen Glauben,<br />
sondern von ganz allein durch ein gutes Gefühl auch da, wo wir uns zu erkennen geben<br />
müssen. Wer liebt und sieht, wo welche Hilfe nötig ist, hat den Sinn des Ganzen.“<br />
Philip Rössner in „Zwischen Wunsch und Wirklichkeit“, Heft 51 (2008)<br />
Die zukünftige <strong>Rostock</strong>er Lokalpolitik aus der Sicht von 2008<br />
„Wir wollen endlich den 15 Jahre alten Bürgerschaftsbeschluss umsetzen und ein neues<br />
Stadttheater bauen. Aber dazu muss die Struktur unseres Theaters zukunftsfähig sein. Die<br />
Museen sollen weiter an Attraktivität gewinnen. Wir wollen Infrastrukturmängel, wie bei<br />
den Gehwegen in Warnemünde, bei fehlenden Parkplätzen in der Altstadt oder beim Zustand<br />
unserer Brücken, zügig beseitigen. Sanierungsstaus an Schulen und Kindertagesstätten<br />
werden bald abgebaut sein. Wenn wir künftig den Haushaltsausgleich erreicht haben, werde<br />
ich mich für die schwerpunktmäßige Förderung von Projekten in den Bereichen Jugend,<br />
Sport und Kultur einsetzen. <strong>Rostock</strong> hat zweifellos jede Menge Zukunftschancen. Es liegt<br />
an uns allen, sie auch zu nutzen!“<br />
Roland Methling in „Bewusst und selbstbewusst gestalten“, Heft 52 (2008)<br />
Die mögliche Gründung eines Club of <strong>Rostock</strong><br />
„Ein solches Gremium erinnert an das Rätemodell und erweist sich als unanfälliger gegenüber<br />
Missbrauch und Instrumentalisierung als politische Systeme. Um niemanden auszuschließen<br />
und alle Interessenlagen ausgewogen bewerten zu können, kann bestimmten Interessengruppen,<br />
wie z.B. betroffenen Unternehmen, Politikern, Lobbyisten und Verwaltungsfachleuten<br />
gegebenenfalls ein Sonderstatus in der Phase der Meinungsbildung einge-
0.28 __ //// REZENSION<br />
räumt werden. Sie können ja schon mal darüber nachdenken, auf welchem Sachgebiet Sie<br />
Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen erworben haben.“<br />
Tom Maercker in „Warum die Hiddenseer nie in den Club of Rome kommen“, Heft 52 (2008)<br />
Alles was <strong>Rostock</strong> wirklich braucht<br />
Geld für Theater muss da sein. Ebenso gebraucht wird aber<br />
- viel Theater und viel Gespräch über Theater<br />
- eine kritische Öffentlichkeit<br />
- eine Presse, die die <strong>Rostock</strong>er Theaterarbeit nicht schlecht redet und die Namen der<br />
Schauspieler nicht falsch schreibt<br />
- tatsächlich sachkundige Einwohner und Abgeordnete in Bürgerschaftsausschüssen<br />
- ein Theaterförderverein mit einem Beirat ohne Wirtschaftslobbyisten und Perten-Ausgräber<br />
- eine selbstbewusste Kulturszene mit wechselnden Exponenten<br />
- Zwangsverwaltung für <strong>Rostock</strong>; einmal sehen, was Außenstehende aus dem Filz machen<br />
- ein ehrlich aufgestellter und wirklich transparent gemachter Haushalt<br />
- ein Senatsbereich Kultur mit Initiative, Ausstrahlungskraft und Gespür für Partner auch<br />
außerhalb des so genannten politischen Raumes<br />
- Zivilcourage<br />
- Kunst als (ja, verdammt noch mal) Waffe.<br />
Cornelia Mannewitz in „Prinz, die Kunst geht nach Brot“, Heft 53 (2008)<br />
Die geplante Müllverbrennungsanlage für <strong>Rostock</strong><br />
„Die Müllverbrennungsanlage im Überseehafen ist durch Vattenfall im Änderungsantrag<br />
mit einem jährlichen Durchsatz von maximal 230.000 t/Jahr so dimensioniert, dass sie mit<br />
dem in <strong>Rostock</strong> anfallenden Hausmüll (ca. 43.000 t/Jahr) unzureichend ausgelastet ist. Die<br />
Differenz muss durch Mülltourismus importiert werden. Bitte unterstützen Sie mit einer<br />
Spende den Klageweg. Selbstverständlich erhalten Sie eine Spendenbescheinigung, da der<br />
Verein vom Finanzamt <strong>Rostock</strong> als gemeinnützig anerkannt ist. Gerne informieren wir Sie<br />
auch über die konkrete Verwendung der Spenden.“<br />
Günter Hering und Markus von Stenglin in „<strong>Rostock</strong>er Müllverbrennungsanlage im Hafen“,<br />
Heft 54 (2009)<br />
Das geplante Projekt „Frieda 23“<br />
„Diese Idee hat Modellcharakter weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Partner in<br />
der Kernkonstellation dieser Idee sind die Kunstschule <strong>Rostock</strong>, das Institut für Neue Medien,<br />
das Lichtspieltheater Wundervoll (LiWu) und das Lokalradio LOHRO – sie alle eint<br />
dieselbe Vision, sie alle passen zusammen, als Kunst- und Medienangebot für die junge, moderne<br />
Bildungs- und Wissenschaftsstadt <strong>Rostock</strong>. Bundesweite Kulturpreise verweisen auf<br />
die Qualität ihrer Arbeit, Landes- und Stadtkulturpreisträger finden sich unter ihren Dozenten<br />
für Kunst und Medien.“<br />
FRIEDA 23: Das Ende einer Odyssee in fast zwei Jahrzehnten?, Heft 55 (2009)
Ein Umdenken der <strong>Rostock</strong>er Stromkunden in Richtung Erneuerbare<br />
Energien<br />
„Zurück zu unseren Stadtwerken: Nach gesetzlich zu veröffentlichenden Angaben haben<br />
die Stadtwerke 2008 für 2,1 Mio € von den Anlagenbetreibern für aus Wind, Sonne und<br />
Biomasse erzeugten Strom gekauft. Das ist zwar nur 1% des Jahresumsatzes von 217 Mio €,<br />
aber der Energiemix hat sich seit 2008 verändert. Wie die 99.000 Stromkunden der Stadtwerke<br />
auf ihren Rechnungen lesen können, wird der Strom zu 40% aus fossiler Energie<br />
(durch das eigene Gaskraftwerk erzeugt) und 60% erneuerbare Energie (lt. Aussage der<br />
Stadtwerke Wasserkraft aus Skandinavien) erzeugt. Die 6% Kernenergie, die früher angegeben<br />
wurden, tauchen nicht mehr auf !“<br />
Reinhard Knisch und Johann-Georg Jaeger in „Energie in Bürger(innen)-hand“, Heft 56<br />
(2009)<br />
Das <strong>Rostock</strong>er Museumkonzept und die Arbeitsergebnisse<br />
der Heinkel-Expertenkommission<br />
„Bereits 2004/05 erarbeitete eine vom OB im Juni 2004 berufene Expertenkommission<br />
Technik und Verantwortung „Empfehlungen an die Hansestadt <strong>Rostock</strong>, in welcher Weise<br />
die Industrie- und Technikgeschichte, vor allem hinsichtlich der Flugzeugindustrie und der<br />
Person Ernst Heinkel zur Zeit des Nationalsozialismus aufgearbeitet und präsentiert werden<br />
kann. Dabei sollen die individuelle und gesellschaftliche Verantwortung der handelnden<br />
Personen und Gruppen sowie die Perspektive<br />
der Opfer des Nationalsozialismus einbezogen werden.“ (Bürgerinformationssystem, Vorlage<br />
- 0052/05-IV) […] Die Kommission hatte viele Einzelschritte in einem mehrstufigen Vorgehen<br />
empfohlen, in dem die Einwohner <strong>Rostock</strong>s auf unterschiedliche Weise eingebunden<br />
werden sollten und längerfristig ein attraktives, überregional bedeutsames Ausstellungsangebot<br />
entwickelt wird. Und sie machte ganz wesentliche Aussagen zum derzeit wieder so<br />
krampfhaft gesuchten Alleinstellungsmerkmal eines Technik-Museums.“<br />
Peter Köppen in „Die <strong>Rostock</strong>er Museumslandschaft in den Vorstellungen des Museumskonzepts“,<br />
Heft 57 (2009)<br />
Armut in <strong>Rostock</strong><br />
„Kompetente Beobachter der Obdachlosenszene in <strong>Rostock</strong> sprechen von 24 Obdachlosen<br />
im Jahr 1995 600 Obdachlosen im Jahr 1998 und ungefähr 1000 Obdachlosen im Jahr<br />
2010. Da Menschen ohne festen Wohnsitz nicht von den Einwohnermeldestatistiken erfasst<br />
werden, ist mit einer höheren Dunkelziffer zu rechnen.“<br />
In „Armut in <strong>Rostock</strong>. Fakten, Meinungen, offene Fragen“, Heft 58 (2010)<br />
Den 1. Mai 2010 in <strong>Rostock</strong><br />
Da würde mich tatsächlich interessieren, warum das proklamierte Gesichtzeigen nicht tatsächlich<br />
stattfindet. Ich weiß nicht, wo die Ängste liegen. Und es sind nicht nur die Parteien<br />
und Bürgerschaftsabgeordneten, die im Vorfeld dummes Zeug geredet haben, sondern auch<br />
Teile der Kirche, die ganz undankbare Öffentlichkeitsarbeit gemacht haben – auch ein Pastor<br />
oder eine Pastorin sollte wissen, wann es Zeit ist nichts zu sagen. Wenn eine Pastorin in<br />
der Ostseezeitung mit den Worten zitiert wird, man wolle sich nicht von irgendwelchen linken<br />
Gruppen vereinnahmen lassen, dann ist das einfach ganz großer Blödsinn. Für solchen<br />
Quatsch sollte sie sich bei den Akteuren entschuldigen. Ebenso wie für das Gerede von zunehmender<br />
Gewalt von Links UND Rechts. Das ist unredlich - es hat in <strong>Rostock</strong> bei De-
monstrationen oder Blockaden gegen Nazis in den letzten zehn Jahren niemals an irgendeiner<br />
Stelle Gewalt gegeben. Die Leute sollten sich die Mühe machen, mit den Gruppen ins Gespräch<br />
zu kommen, statt solche Unwahrheiten zu streuen.<br />
Steffen Vogt in „Wir haben gezeigt, dass mutige Dinge möglich und praktikabel sind“, Heft 59<br />
(2010)<br />
Den Weg aus dem lokalen Haushaltsdefizit<br />
Durch die kleinen Löcher versickert das große Geld. Das ist meine feste Überzeugung. Wer sich<br />
der mühseligen Kleinarbeit verweigert und nur nach dem großen Wurf sucht, der auf einen<br />
Schlag alle Probleme beseitigt, erreicht nichts. Wir haben so tatsächlich in kurzer Zeit das Defizit<br />
abgebaut. Dabei hat nicht zuletzt geholfen, dass - wie ich es auch aus Berlin kannte - bis Mitte<br />
1994 unsere Kommunalverfassung auf Kollegialität, auf Teamwork von Oberbürgermeister<br />
und Senatoren ausgerichtet war, und dieser Geist über die Gesetzesänderung von 1994 hinaus<br />
gewirkt hat. Heute steht der Oberbürgermeister an der Spitze einer hierarchischen Organisation<br />
und die Finanzprobleme sind nicht kleiner geworden.<br />
Dieter Schröder in „Wie denken Sie über das höchste Amt der Stadt und die nächste OB-Wahl?“,<br />
Heft 60 (2010)<br />
Die Vorteile freier Bildungsmaterialien<br />
„Die Veröffentlichung von Bildungsmaterialien unter Freien Lizenzen regt den gegenseitigen<br />
Austausch an. Dies führt langfristig zu einer Qualitätssteigerung und zu einer Diversifizierung<br />
der Inhalte und Methoden. Diese Punkte sind sehr gut bei der Freien Software beobachtbar.<br />
Wenn mehrere Menschen an Bildungsmaterialien mitwirken, ihre Aspekte und Bedenken einbringen,<br />
dann enthalten sie letztendlich weniger Fehler und die Inhalte werden vielfältiger und<br />
modularer, was sie vielseitiger anwendbar werden lässt. Umgekehrt wirken sie einem privatisierten<br />
Dienstleitungsmarkt entgegen.“<br />
Henning Rieger in „(Kosten-)freier Zugang zu Bildungsmaterial“, Heft 61 (2010)<br />
Über Pflegekinder und Pflegeeltern<br />
„Es geht wirklich und wahrhaftig um die Zukunft dieses zunächst fremden Kindes. Und<br />
schließlich gibt es ja auch jede Menge Vorurteile gegenüber Pflegeeltern. Dass die das ja nur wegen<br />
des Geldes tun. Oder, dass die ja nur keine eigenen Kinder kriegen können. Naja, der Phantasie<br />
sind da keine Grenzen gesetzt. Auch die Brisanz in Pflegeverhältnissen ist inzwischen kein<br />
Geheimnis mehr. Pflegefamilien und Herkunftseltern sollen im Interesse des Kindes zusammenarbeiten.<br />
Natürlich ist das nicht immer einfach. Wie also können wir es schaffen, mehr Menschen<br />
für diese Form des gesellschaftlichen Engagements zu begeistern?“<br />
Grit Gaida in „Wie viel Verantwortung hätten Sie denn gern“, Heft 62 (2011)<br />
Über Open Street Map in <strong>Rostock</strong><br />
„Dementsprechend bunt sind auch die Auffassungen unter den Mappern darüber was man und<br />
wie detailliert erfassen sollte. Unsere Gruppe hier in <strong>Rostock</strong> trifft sich einmal im Monat, um<br />
Neuigkeiten auszutauschen und bei Unsicherheiten sich gegenseitig zu helfen. Zusammen haben<br />
wir auch schon größere Aktionen bestritten, wie etwa die Erfassung von über 23.000 Hausnummern<br />
oder Ausflüge in die noch nicht so gut erfassten Gegenden hier in Mecklenburg Vorpommern.<br />
Denn leider ist gerade der ländliche Raum auf der Karte noch sehr ausbaufähig.“<br />
Matthias Meißner in „<strong>Rostock</strong> selbstgemacht“, Heft 63 (2011)
0.31 __ //// ROSTOCK, DEINE DICHTER<br />
Über den Klimawandeln in <strong>Rostock</strong><br />
„Das Ausmaß der Klimaänderungen ist derzeit nicht genau definierbar. Die Bürgerschaft<br />
hat aktuell beschlossen, dass die Stadtverwaltung bis Mitte 2012 ein geeignetes erstes Konzept<br />
zur Anpassung vorzulegen hat. Ich orientiere auf die feste Etablierung einer strategischen<br />
Arbeitsgruppe unter breiter Einbeziehung des in unserer Stadt vorhandenen Fachwissens,<br />
einschließlich der Universität.“<br />
Holger Matthäus in „Der Klimawandel hat <strong>Rostock</strong> erreicht“, Heft 64 (2011)<br />
Über Alternativwährungen<br />
„Keines der Alternativgelder wird etablierte Währungen abschaffen. Aber die neuen Zahlungsmittel<br />
ermöglichen auch denen, die kein „richtiges Geld“ haben, selbst wirtschaftlich<br />
aktiv zu werden. Der Boom der Alternativwährungen ist ein riesiges Experiment. Vielleicht<br />
bringt es eines Tages das Geld der Zukunft hervor, das wir uns heute noch nicht vorstellen<br />
können. Persönlich kann man aber schon einmal bei der Auswahl der Bank beginnen. Genossenschaftsbanken<br />
z.B. dürften sich nicht an Bankspekulationen beteiligen. Und weshalb<br />
nicht einen Hanse-Gulden für <strong>Rostock</strong> erschaffen?“<br />
Sybille Bachmann in „Eurokrise und Kommunen“, Heft 65(2011)<br />
Über die <strong>Rostock</strong>er Rüstungsindustrie<br />
„Ganz zu schweigen von dem Material, das ganz einfach schon entwickelt und produziert ist<br />
und im Land herumliegt: Die ersten Patriot-Raketen im Osten; das Eurofighter-Trainingszentrum<br />
in Laage; die Korvetten – das Wichtige bleibt uns auch nach der Bundeswehrreform<br />
erhalten. In Laage testen inzwischen Bundeswehr (dessen Amt für Flugsicherung und<br />
das Eurofighter-Jagdgeschwader „Steinhoff „) und die Deutsche Flugsicherung den automatischen<br />
Austausch von Flugplandaten mit der Kontrollzentrale Bremen. Das zivile Flugsicherungssystem<br />
FL@PS wird damit zum ersten Mal auf einem militärischen Tower eingesetzt.<br />
Zivil-militärische Zusammenarbeit, Frieden im Krieg.“<br />
Cornelia Mannewitz in „<strong>Rostock</strong> im Fadenkreuz der Rüstungsindustrie“, Heft 65 (2011)<br />
Über die Wurzeln nachhaltiger Entwicklung in MV<br />
„Lilienthals Lebenswerk geht somit deutlich über seine Flugforschung hinaus. Er hat sich als<br />
gewissenhafter Unternehmer den sozialen Fragen seiner Zeit gestellt. Dies war bei Lilienthal<br />
„Chefsache“ und wurde nicht delegiert. Zahlreiche Aspekte seines Wirkens eignen sich bis<br />
heute zur Konkretisierung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung. Allein, man muss<br />
bereit sein, Parallelen zu erkennen. Ähnliche Betrachtungen ließen sich beispielsweise auch<br />
zu der Unternehmerfamilie Witte aus <strong>Rostock</strong> und anderen bekannten Persönlichkeiten aus<br />
Mecklenburg und Vorpommern finden, würden aber den Rahmen dieses kleinen Beitrages<br />
sprengen.“<br />
Thorsten Permien in „Gebildet ist, wer Parallelen zu sehen vermag“, Heft 66 (2012)<br />
Über das Thema „20 Jahre Pogrome von Lichtenhagen“<br />
„Souveräner erschiene es mir, der Welt zu zeigen, was uns angesichts der Bilder aus unserer<br />
Stadt bewegt – die Scham und der Zorn. Wie im Diskurs zum Nationalsozialismus gälte es,<br />
Scham von Schuld zu trennen. Wir schämen uns, weil diese Bilder hier entstanden sind, in<br />
unserer Stadt. Wir haben die Häuser und die Autos nicht angesteckt und nicht dabei gestan-
0.32 __ //// ROSTOCK, DEINE DICHTER<br />
den, aber wir schämen uns für die, die es taten. Schneller als der Makel des Nationalsozialismus<br />
in die Nachkriegsöffentlichkeit rückte, braucht es ein Stadtgespräch zu Lichtenhagen,<br />
mindestens so intensiv wie jenes zur Heinkel-Moderne.“<br />
Olaf Reis in „Grüße aus Lichtenhagen. Die Stadt und der Makel“, Heft 67 (2012)<br />
Die Seele Mecklenburgs<br />
„Die Einwohner Mecklenburgs warten denn auch mit einer zusätzlichen und bürgerlichen<br />
Diagnose auf. Sie stellen ihre Wortkargheit in die Tradition hanseatischer Sprödigkeit. Diese<br />
wird als Zeichen besonderer geistiger Tiefe gewertet. Blicken wir allerdings auf Mecklenburg,<br />
so drängt sich vor allem ein weiterer Befund auf: Es ist ein Land mit einem historisch<br />
schwach entwickelten öffentlichen Raum. Dies hat bis heute weit reichende Auswirkungen<br />
auf die Bevölkerung. Einsilbigkeit, Ablehnung von Konversation um des reinen Sprechens<br />
willen, sowie Zögern im Umgang mit Unbekannten spiegeln die lange Geschichte einer zutiefst<br />
agrarisch geprägten Region.“<br />
Barbara Zuber in „Die Seele Mecklenburgs in der Demographie. Eine historische Betrachtung“,<br />
Heft 68 (2012)<br />
... wird fortgesetzt!
Das war damals. Und wie<br />
steht es heute um…<br />
…die Klage gegen die <strong>Rostock</strong>er Müllverbrennungsanlage?<br />
Die 2008 durch die Initiative angestrengte Klage gegen die Genehmigungsbehörde<br />
StAUN ruht beim Oberverwaltungsgericht<br />
wegen einer anhängigen EU-Klage zu einem ähnlichen<br />
Thema. Wann in dieser Sache entschieden wird, ist zum jetzigen<br />
Zeitpunkt nach Auskunft der Mitglieder der Initiative<br />
nicht absehbar. Auf der einen oder anderen Ebene wird dann<br />
entschieden, ob die nicht erfolgte Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
für die Müllverbrennungsanlage nachzuholen ist oder<br />
nicht. Nicht geprüft dagegen wird, inwieweit die Müllverbrennungsanlage<br />
tatsächlich ausgelastet ist. Ebenso steht nicht<br />
mehr zur Disposition, den an Vattenfall gelieferten Müll lieber<br />
gewinnbringend als Wertstoff zu verkaufen – diese beiden Fragen<br />
wurden mit der Errichtung der Anlage abschließend „geklärt“.<br />
…einem Konzept zur Anpassung an den Klimawandel für <strong>Rostock</strong>?<br />
Wie von Senator Holger Matthäus in dem hier zitierten Interview<br />
angekündigt, hat die <strong>Rostock</strong>er Bürgerschaft im Sommer<br />
2012 ein entsprechendes Rahmenkonzept für unsere Stadt verabschiedet.<br />
Basierend auf einer ausführlichen Analyse der möglichen<br />
Problemlagen, vorhandenen und benötigten Strukturen,<br />
kommt das Papier zu folgenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen:<br />
„Selbst mit sofort wirkungsvollen Emissionsminderungsmaßnahmen<br />
für Treibhausgase lässt sich der Klimawandel nicht<br />
mehr aufhalten. Daher sind Anpassungsmaßnahmen unerlässlich.<br />
In den aufgezeigten Handlungsfeldern, die durch den Klimawandel<br />
betroffen sein können, sind unterschiedliche Maßnahmen<br />
zu verschiedenen Zeitpunkten möglich bzw. erforderlich.<br />
[…] Diese Tabellen sind weder abschließend noch vollständig<br />
und werden im Zuge der Fortschreibung dieses Rahmenkonzeptes<br />
alle zwei Jahre aktualisiert. Noch sind nicht alle<br />
Handlungsfelder inhaltlich bearbeitet und mit den verantwortlichen<br />
Bereichen abgestimmt. Stellvertretend sei der Bereich<br />
Wirtschaft genannt. Zudem werden die Möglichkeiten zur<br />
Förderung des gesellschaftlichen Engagements Gegenstand der<br />
Fortschreibung sein.<br />
Neben Vermeidungsmaßnahmen durch vorausschauende Planung<br />
wird es langfristig erforderlich sein, für das gesamte Stadtgebiet<br />
im Bestand die Risiken durch den Klimawandel abzuschätzen<br />
und über geeignete Anpassungsmaßnahmen zu befinden.<br />
Dies kann unter Umständen bis zu einem Rückbau von<br />
Gebieten oder Nutzungsaufgabe führen und gegebenenfalls<br />
mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden sein.<br />
Gegenüber Schäden durch Extremwetterereignisse besteht für<br />
alle Nutzungen im Stadtgebiet eine sehr hohe Anfälligkeit. Extremwetterereignisse<br />
sind nicht vorhersehbar. Sie erfordern daher<br />
ein koordiniertes Vorgehen und eine kurze Reaktionszeit<br />
der Hilfs- und Einsatzkräfte. Zudem können finanzielle Mittel<br />
zur Soforthilfe erforderlich sein, die in der Haushaltsplanung<br />
zu berücksichtigen sind.<br />
Der Klimawandelanpassungsprozess ist eine Herausforderung<br />
für die gesamte Stadtgesellschaft. Im Zuge der Fortschreibung<br />
des Rahmenkonzeptes werden insbesondere Vorschläge enthalten<br />
sein, die <strong>Rostock</strong>erinnen und <strong>Rostock</strong>er über die Folgen<br />
des Klimawandels für die Hansestadt <strong>Rostock</strong> zu informieren<br />
und Wege aufzuzeigen, wie sie sich in den Prozess der Anpassung<br />
einbringen können.“<br />
--<br />
Rahmenkonzept zur Anpassung an den Klimawandel - Auszüge aus dem Bürgerschaftsbeschluss von 2012<br />
Die komplette Konzept finden Sie online unter:<br />
www.stadtgespraeche-rostock.de/download/2013hro-klimawandelkonzept.pdf (ca. 2,8 MB)
0.34 __ //// ROSTOCK, DEINE DICHTER<br />
… Abriss und Neubau – die Baustelle Frieda 23<br />
Stadtführer dürften die Adresse Friedrichsstraße 23 momentan<br />
meiden. Denn das Bild, das sich bietet, ist nicht sehr attraktiv:<br />
Eine DDR-Plattenbauschule, die im Wortsinne einen abgerissenen<br />
Eindruck macht. Sie ist zwar nicht geschleift, so doch<br />
entkernt. Trotzdem gibt der Anblick des Gebäudes schon jetzt<br />
einen Hinweis auf die künftige Nutzung und Ihre Nutzer.<br />
Denn einen der beiden Seitenflügel, die ursprünglich den<br />
Schulhof einrahmten, hat man inzwischen abgerissen. Dieser<br />
spektakuläre Eingriff folgt einer sehr bewussten Entscheidung,<br />
die das Architektenteam Grebbin/Briese und die Initiatoren<br />
im Vorfeld getroffen hatten. So hat man mit dem Nordflügel<br />
denjenigen der beiden Seitenflügel entfernt, der die Schule von<br />
der Kröpeliner -Tor-Vorstadt abschnitt.<br />
Das Schulgebäude, das vorher wie ein erratischer Block lag, öffnet<br />
sich nun zur KTV. Mit dieser Öffnung schließen sich Gebäude<br />
und Gelände an die Lebensadern jenes Stadtteils an, in<br />
dem <strong>Rostock</strong>s „Szene“ – so beschreibt es jedenfalls Wikipedia<br />
- zu Hause ist. Architektur stiftet bekanntlich, ob bewusst oder<br />
unbewusst, Identität.<br />
noch eine Weile brauchen, denn die entscheidende Phase des<br />
Projektes steht erst noch bevor. Es werden ganz praktische Fragen<br />
sein, die in den nächsten Monaten zu beantworten sind:<br />
Waren die Kalkulationen angemessen? Haben wir bei der Planung<br />
etwas vergessen? Arbeiten die Firmen termingerecht?<br />
Zurück zur Baustelle: Bereits jetzt, trotz griesem Wetter, wirken<br />
Gebäude und Gelände heller und lichter als vorher, kann<br />
man die angestrebte Öffnung zur Vorstadt erleben. Darüber<br />
hinaus gibt es auch erste Spuren von Neubau zu entdecken.<br />
Wer genau hinsieht, erkennt im Baustellenschlamm die neu gegründeten<br />
Pfahlfundamente für das Kino.<br />
Ein Statusbericht von Helge Schilf<br />
Insofern ist es auch kein Zufall, dass sich die Akteure während<br />
der Umbauphase in diesem Stadtteil untergebracht haben. Die<br />
Bedingungen für Lokalradio, Kunstschule, Kino und Medieninstitut<br />
sind, wie in jedem Zwischenquartier, sicher nicht<br />
leicht. Der Weg zurück in die Friedrichstraße 23 wird aber<br />
FOTOS: HELGE SCHILF
…Transporte von radioaktiver Fracht über den <strong>Rostock</strong>er Hafen<br />
Am 24.1.2012 fand im Peter-Weiss-Haus <strong>Rostock</strong> eine Informationsveranstaltung<br />
bezüglich der Transporte von radioaktiver<br />
Fracht über Ostseehäfen, wie den von <strong>Rostock</strong> statt. Das<br />
<strong>Rostock</strong>er Antiatomnetzwerk klärte dabei erneut über die Risiken<br />
der Verfrachtung von Rohstoffen für die Herstellung von<br />
Brennelementen, und neuen unbestrahlten Brennelementen<br />
auf dem Seeweg auf. Dabei handele es sich nicht nur um die<br />
Gefahr der radioaktiven Belastung durch ionisierende Strahlung,<br />
die bei einem Unfall frei werden könnte, sondern ebenso<br />
um sehr ernsthafte Folgen die von Stoffen wie Uranhexaflourid<br />
und seiner hochtoxischen Reaktionsprodukte mit Wasser ausgehen<br />
würden.<br />
Derartige Transporte über die Ostseehäfen, via LKW auf Passagierfähren,<br />
finden regelmäßig mindestens seit 2006 auch über<br />
<strong>Rostock</strong>er Stadtgebiet statt – bis 2010 ohne Information der<br />
Öffentlichkeit. Eine Anfrage der Grünen-Fraktion der Rostokker<br />
Bürgerschaft bei der Stadtverwaltung brachte Licht ins<br />
Dunkel. Seither gab es zwei Beschlüsse der <strong>Rostock</strong>er BürgervertreterInnen,<br />
dass es keine derartigen Transporte durch <strong>Rostock</strong><br />
mehr geben soll. Diese sind jedoch bis heute nicht eingestellt<br />
worden. Einen speziellen Katastrophenplan gebe es nicht.<br />
Beschlüsse in der Hafenbetriebsordnung umzusetzen, da auch<br />
das Land Mecklenburg-Vorpommern zu 25% Anteilseigner an<br />
der Hafenbetreibergesellschaft HERO ist. Die Stadt hat dreiviertel<br />
der Anteile inne. Andere deutsche Hafenstädte, wie<br />
Wilhelmshaven, Emden, Lübeck und zuletzt auch Bremen haben<br />
eine solche Hafenteilumwidmung zum Verbot derartiger<br />
Transporte durchgeführt. Mitte Januar 2013 hat erst Bremen<br />
sein Haltung darin bestärkt, indem es einen Antrag auf Sondergenehmigung<br />
zur Durchführung eines Transports von radioaktiven<br />
Stoffen ablehnte.<br />
Wie um die Ernsthaftigkeit der Lage zu verdeutlichen, kam es<br />
ebenso am Donnerstag zu einem Zwischenfall. Zum Glück ist<br />
bei dem Brand eines LKW auf dem Parkdeck der Fähre „Stena<br />
Nautica“ der Fährreederei Stena-Line keiner der 117 Menschen<br />
an Bord verletzt worden. Seit Oktober vergangenen Jahres ist<br />
u.a. die Fährlinie <strong>Rostock</strong>-Trelleborg, auf der die Atomtransporte<br />
regelmäßig auf Passagierfähren von Scandlines durchgeführt<br />
worden, an Stena-Line verkauft.<br />
Mehr Informationen gibt es auf www.lubmin-nixda.de<br />
Laut Aussagen der <strong>Rostock</strong>er Stadtverwaltung, der Oberbürgermeister<br />
Roland Methling vorsteht, ist es nicht möglich diese<br />
…Open Data <strong>Rostock</strong><br />
Was lange währt, wird gut – dieser Spruch zeigt wieder einmal<br />
seine Gültigkeit, betrachtet man das Vorhaben Open<br />
Data <strong>Rostock</strong>: Bereits im November 2011 beschloss die <strong>Rostock</strong>er<br />
Bürgerschaft auf Antrag der Fraktion <strong>Rostock</strong>er<br />
Bund/Graue/Aufbruch 09 die Einrichtung eines Open Data<br />
Portals für die Hansestadt <strong>Rostock</strong>. Zunächst sollte ein<br />
Konzept erarbeitet und dann losgelegt werden.<br />
Jetzt ist es soweit: Open Data <strong>Rostock</strong> geht in die Testphase,<br />
offizieller Start ist der 22.02.2013. Verbesserungsvorschläge<br />
zum Portal sind willkommen. Und eine rege Nutzung wird<br />
sich mit jedem neu eingestellten Dokument ergeben.<br />
Für eine aktive Mitwirkung vieler Bürger an Stadtgesellschaft,<br />
Wirtschaftsleben und Politik ist der freie Zugang aller<br />
zu Daten eine wichtige Voraussetzung. Die Konzepte<br />
Open Data (Offene Daten) und Open Government (Offenes<br />
Regieren) zielen nicht nur auf die Transparenz von Daten<br />
und Verwaltungshandeln, sondern ermöglichen neben der<br />
Information die aktive Beteiligung und Mitwirkung der Bürger.<br />
In Open Data Portalen können Datensätze nicht nur aus der<br />
Stadtverwaltung und den kommunalen Unternehmen, sondern<br />
aus weiteren Bereichen der Stadtgesellschaft einfließen.<br />
Hoffen wir also auf reges Interesse, vielfältige Dokumente und<br />
intensiven Austausch.<br />
Dr. Sybille Bachmann<br />
Zum Portal: www.opendata-hro.de<br />
Das Portal Open Data <strong>Rostock</strong> soll den Zugang zu diesen Daten<br />
erleichtern, neue Nutzungen anregen und gemeinsam einen<br />
Dialog von Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Unternehmen<br />
befördern.
0.36 __ //// STATISTIK<br />
Und wo wir schon beim Feiern sind…<br />
Wir sind bei weitem nicht die Einzigen, die Grund dazu haben. In diesem Sinne gratulieren wir hiermit und herzlich:<br />
Berta Foot: Anfang Januar 2013 erschien im Warnowkurier die sage und schreibe 1000. Kolumne „Berta<br />
Footh meent“. „In Glück, Gefohr un sülwst eegene missliche Laach unupgeräächt un bedachtsam, oewer nie ahn<br />
Mitgefäuhl för annere bliewen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen außer: Hochachtung und Glückwunsch, liebe Frau<br />
Huchthausen!<br />
Kerstin Preiwuß: Die junge Poetin aus Lübz, die wir just im letzten Heft genauer vorstellten, wurde<br />
im Dezember 2012 mit dem mit 7500 Euro dotierten Mondseer Lyrikpreis 2012 ausgezeichnet. „Die Gedichte der<br />
Autorin Kerstin Preiwuß zeichnen sich durch Vielstimmigkeit aus, in der sich Anklänge an das Märchen und an<br />
Zaubersprüche finden. Die Lyrikerin nimmt Formen des klassischen Gedichts auf und verwandelt diese in eine einfache<br />
und zugleich rätselhafte Bildsprache voller Musikalität.“, heißt es in der Würdigung der Ausgezeichneten.<br />
Herzlichen Glückwunsch!<br />
Wolkenbank: Der Galerie und Agentur „wolkenbank kunst+räume“ zum 3. Geburtstag, den sie angemessen<br />
würdevoll mit der Gruppenausstellung Mince pies #3 „archer“ beging. Wir gratulieren Holger Stark und seinem<br />
Team, die mit ihrem Projekt viel frischen und belebenden Wind nach <strong>Rostock</strong> gebracht haben und hoffen auf<br />
viele weitere Jahre und Ausstellungen!<br />
Einladung AStA Kulturreferat<br />
8<br />
APRIL<br />
„Sind <strong>Rostock</strong>er Studierende überhaupt kulturinteressiert?“<br />
Dieser häufig gestellten Frage wurde von der Studierendenvertretung durch eine groß angelegte<br />
Kulturumfrage nachgegangen – knapp 2.200 Antworten kamen zurück. Neben der<br />
Bekanntheit wurde auch die Häufigkeit der Besuche, das allgemeine Ausgehverhalten und<br />
eine freie Kritikäußerung erfasst – mit sehr gemischten Ergebnissen für die verschiedenen<br />
Einrichtungen der Hansestadt.<br />
Das AStA-Kulturreferat lädt nun alle Interessierten herzlich zu einer Präsentation der Auswertung und einer gemeinsamen<br />
Diskussion am 08.04. um 15.00 Uhr auf dem Campus Ulmenstraße ein.<br />
Zur besseren Koordination bitten wir um eine kurze Anmeldung per Mail an kultur.asta@uni-rostock.de – weitere Informationen<br />
sind außerdem unter www.asta.uni-rostock.de/kultur zu finden.
MENSCH SEIN – VON NATUR AUS PHILOSOPHISCH<br />
Philosophieren in <strong>Rostock</strong> – ein altes und wiederbelebtes<br />
Kulturgut für die Rockerinnen und <strong>Rostock</strong>er<br />
SEIT SEPTEMBER 2012 DIE ERSTE<br />
Philosophische Praxis<br />
Denken anstoßen – Anstößiges Denken<br />
BERATUNG – COACHING – VORTRÄGE – WORKSHOPS – SEMINARE – GESPRÄCHE - INFOTAINMENT<br />
Mit Philosophieren Freude haben am Mit- und Weiter-Denken über:<br />
Privates & Lebensalltägliches<br />
Familie & Partnerschaft<br />
Beruf & Karriere & Management<br />
Politik & Wirtschaft<br />
Natur, Technik & Gesellschaft<br />
Das Philosophieren gestaltet sich als Dialog – partnerschaftlich, der Vernunft vertrauend, auf<br />
Argumente aufbauend, persönliche Lebenserfahrungen berücksichtigend, die eigene Wahrheit<br />
findend. Der philosophische Dialog versteht sich als Anregung für das Handeln zu Reflexion<br />
und Selbstbesinnung. Die Praxis stützt sich auf die dialektische Methode und greift Erkenntnisse<br />
aus Geistes- und Naturwissenschaften auf.<br />
Die öffentlichen Stätten der Philosophischen Praxis sind das „Philosophische Café“ mit seinen<br />
alltags- und personenbezogenen Themen aus der Lebens-, Arbeits-, Ideen- und Welten-Welt<br />
und der „Philosophische Salon“ in der kulturphilosophischen Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts<br />
mit gesellschaftsbezogenen Themen.<br />
DIE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN<br />
Philosophisches Café<br />
28. Februar 2013: Entscheiden – Warum machen wir nicht immer alles richtig?<br />
4. April 2013: Lüge und Wahrheit – Was darf erlaubt sein?<br />
(Veranstaltungsort „Kaffeelust“, Ulmenstr. 1, 18057 <strong>Rostock</strong>, 17.00 bis 19.00 Uhr)<br />
Philosophischer Salon<br />
21. März 2013: Lust oder Frust – Lebens- und Arbeitswelten im Grenzgang<br />
Infotainment<br />
7. September 2013: panta rhei – Eine philosophische Reise auf der<br />
Mildenitz und Warnow<br />
Weitere Informationen über Philosophische Praxis und Veranstaltungen ab September 2013 unter www.gescheit-es.de<br />
Kontakt: Dr. Hans-Jürgen Stöhr, Parkstr. 10, 18057 <strong>Rostock</strong>, Tel. 0381 – 4444 103, info@gescheit-es.de
Bützow?<br />
Nee, Du, da is echt nichts los. Todehose!<br />
Außer vielleicht ...<br />
eak“<br />
n<br />
24<br />
MAI 2013<br />
19 Uhr<br />
Rock Openair<br />
„SonuVabitch“ | „H.E.A.D.L.E.S.S.“<br />
Hafen Bützow<br />
26<br />
MAI 2013<br />
11 - 17 Uhr<br />
Frühlingsfest & Vernissage<br />
Pferdemarkt<br />
J<br />
Aber sonst is da echt nichts los!<br />
Sach’ ich doch!<br />
Details & Mehr: www.pferdemarktquartier.de