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Die Zukunft der Mitarbeiterkommunikation: Wie ... - HR ROUNDTABLE

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Echt<br />

AGG – Wachsam bleiben!<br />

Das 2006 eingeführte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG) schützt vor Benachteiligungen<br />

aufgrund <strong>der</strong> Rasse, <strong>der</strong> ethnischen Herkunft, des<br />

Geschlechts, <strong>der</strong> Religion o<strong>der</strong> Weltanschauung,<br />

einer Behin<strong>der</strong>ung, des Alters und <strong>der</strong> sexuellen<br />

Identität. Hier eine Auswahl <strong>der</strong> neuesten Urteile:<br />

1. Bewerbungsverfahren<br />

1.1 Mit großer Spannung wird das Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs (EuGH) erwartet, das,<br />

nach einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichts<br />

(BAG), über den Auskunftsanspruch eines abgelehnten<br />

Bewerbers – darüber, ob ein an<strong>der</strong>er Bewerber<br />

eingestellt wurde und aufgrund welcher<br />

Kriterien die Einstellung erfolgt ist – entscheiden<br />

wird. Das BAG hat nach deutschem Recht<br />

einen Auskunftsanspruch abgelehnt. Ein nicht<br />

berücksichtigter Stellenbewerber könnte aufgrund<br />

dieser Auskunft hinreichende Indizien für<br />

die behauptete Diskriminierung vortragen und so<br />

einen Entschädigungsanspruch begründen. Der<br />

Arbeitgeber müsste dann beweisen, dass keine<br />

Diskriminierung vorliegt beziehungsweise <strong>der</strong><br />

abgelehnte Bewerber auch bei diskriminierungsfreier<br />

Auswahl nicht eingestellt worden wäre, damit<br />

die Beschränkung <strong>der</strong> Entschädigung auf drei<br />

Monatsgehälter gilt. Der Schlussantrag des Generalanwalts<br />

vom 12.01.2012, C-415/10, lehnt bislang<br />

ebenfalls den Auskunftsanspruch ab, es ist<br />

jedoch noch offen, ob <strong>der</strong> EuGH dem folgen wird.<br />

Der Arbeitgeber muss eine nachvollziehbare diskriminierungsfreie<br />

Entscheidung treffen, um in<br />

einem Prozess Diskriminierungsvorwürfe abwehren<br />

zu können. Unbedachte Äußerungen zur Ablehnung<br />

und <strong>der</strong>en Gründen sind zu vermeiden.<br />

Es empfiehlt sich außerdem, soweit möglich,<br />

sämtliche Bewerbungsunterlagen aufzubewahren<br />

und auch die Kriterien für die Einstellung zu dokumentieren,<br />

bis es Rechtssicherheit gibt; zumindest<br />

etwas länger als zwei Monate (wegen<br />

§ 5 Abs. 4 AGG).<br />

1.2 Das BAG hat nochmals verdeutlicht, dass ein<br />

Verstoß gegen die in § 81 Abs.1 S.1 und 2 SGB<br />

IX geregelte Prüfpflicht, ob freie Arbeitsplätze mit<br />

schwerbehin<strong>der</strong>ten Menschen besetzt werden<br />

können, ein Indiz für eine verbotene Benachteiligung<br />

schwerbehin<strong>der</strong>ter Menschen bei <strong>der</strong> Stellenbesetzung<br />

ist (BAG, Urteil vom 13.10.2011, 8<br />

AZR 608/10). <strong>Die</strong>se Pflicht gilt für öffentliche und<br />

private Arbeitgeber.<br />

1.3 Ferner hat das BAG einem Schwerbehin<strong>der</strong>ten<br />

einen Entschädigungsanspruch gegen einen öf-<br />

fentlichen Arbeitgeber zugesprochen, <strong>der</strong> sich mit<br />

Hinweis auf seine Schwerbehin<strong>der</strong>ung auf eine<br />

ausgeschriebene Stelle beworben hat und trotz<br />

gleicher Eignung, entgegen § 82 SGB IX, nicht<br />

zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.<br />

Eine unterbliebene Einladung ist nach dem<br />

BAG ein Indiz für die Diskriminierungsvermutung<br />

(BAG, Urteil vom 16.02.2012, 8 AZR 697/10).<br />

Auch private Arbeitgeber sollten zur Vermeidung<br />

von Entschädigungsansprüchen stets prüfen<br />

– und am besten dokumentieren – ob freie<br />

Arbeitsplätze mit schwerbehin<strong>der</strong>ten Menschen<br />

besetzt werden können, insbeson<strong>der</strong>e mit bei <strong>der</strong><br />

Bundesagentur für Arbeit arbeitslos und arbeitsuchend<br />

Gemeldeten. Der Kontakt zur Bundesagentur<br />

sollte bei freien Stellen zur Routine des<br />

Stellenbesetzungsverfahrens gehören. Schwerbehin<strong>der</strong>te,<br />

die bei <strong>der</strong> Bewerbung auf ihre Behin<strong>der</strong>ung<br />

hinweisen, sollten bei gleicher Eignung<br />

stets zum Vorstellungsgespräch eingeladen wer-<br />

den. <strong>Die</strong> gesetzliche Pflicht trifft den öffentlichen<br />

Auftraggeber, allerdings sollte auch ein privater<br />

Arbeitgeber so vorgehen, schon um Klagen im<br />

Vorfeld zu vermeiden.<br />

1.4 Das BAG hält die Frage nach einer Schwerbehin<strong>der</strong>ung<br />

in einem mindestens sechs Monate<br />

bestehenden Arbeitsverhältnis für zulässig. Beantwortet<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer die Frage des Arbeitgebers<br />

falsch, so kann sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />

in einem Kündigungsschutzverfahren nicht auf<br />

den Son<strong>der</strong>kündigungsschutz o<strong>der</strong> eine fehlerhafte<br />

Sozialauswahl berufen (BAG, Urteil vom<br />

16.02.2012, 6 AZR 553/10).<br />

<strong>Die</strong> ausformulierten Entscheidungsgründe sollten<br />

noch abgewartet werden, um zu entscheiden,<br />

ob Mitarbeiter generell vor <strong>der</strong> Kündigung eines<br />

mindestens sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses<br />

nach ihren Sozialdaten – einschließlich<br />

<strong>der</strong> Schwerbehin<strong>der</strong>ung – gefragt<br />

werden dürfen (und dann auch sollten, um eine<br />

fehlerhafte Sozialauswahl o<strong>der</strong> Unwirksamkeit<br />

<strong>der</strong> Kündigung wegen fehlen<strong>der</strong> Zustimmung des<br />

RecHT ó<br />

Integrationsamtes zu vermeiden). Nach <strong>der</strong> Pressemitteilung<br />

deutet alles darauf hin.<br />

2. ungleichbehandlung wegen des Alters<br />

2.1 Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf<br />

entschied, dass eine Regelung in Tarifverträgen,<br />

wonach jüngere Mitarbeiter weniger Urlaub erhalten<br />

als ältere Mitarbeiter, diskriminierend ist<br />

(LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2011, 8 Sa<br />

1274/10). Zur Beseitigung <strong>der</strong> Diskriminierung<br />

war auch den Jüngeren <strong>der</strong> höchste Urlaubsanspruch<br />

von 36 Tagen zu gewähren.<br />

2.2 Das BAG und <strong>der</strong> EuGH haben Vergütungsregelungen,<br />

die je nach Alter unterschiedliche<br />

Gehaltshöhen vorsehen, als diskriminierend angesehen.<br />

<strong>Die</strong> Diskriminierung wird durch eine<br />

Anpassung <strong>der</strong> Vergütung nach oben ausgeglichen<br />

(BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 481/09;<br />

EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C297/10 und C<br />

298/10).<br />

Fazit<br />

Arbeitgeber sollten ihre Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen<br />

und Arbeitsverträge dahingehend<br />

prüfen, ob Regelungen, wie zum Beispiel Urlaubs-<br />

o<strong>der</strong> Vergütungsregelungen, ausschließlich an<br />

das Lebensalter gekoppelt sind. Es wird empfohlen,<br />

bei gewollten Staffelungen von Leistungen<br />

an die Betriebszugehörigkeit, beziehungsweise<br />

die einschlägige Berufserfahrung, anzuknüpfen.<br />

DR. ALEXANDRA HENKEL, MM<br />

Fachanwältin für Arbeitsrecht<br />

F P S RECHTSANWÄLTE & NOTARE<br />

E-Mail: Henkel@fps-law.de<br />

Tel: 030/885 927 - 39<br />

32 > April 2012

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