MITMENSCHEN Dezember 2013 - Diakonie de La Tour
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Seelenschmeichler<br />
NIKOLAUS ONITSCH<br />
Sie kommen aus einer Welt, die Vorurteile nicht kennt. Man kann sich an ihr warmes Fell schmiegen, über ihr<br />
weiches Gefie<strong>de</strong>r streicheln o<strong>de</strong>r ihnen einfach etwas erzählen: Es sind die vielen Tiere in <strong>de</strong>n Wohn und<br />
Pflegeeinrichtungen <strong>de</strong>r <strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong>, die eines wirklich gut können: Freu<strong>de</strong> schenken!<br />
Voller Übermut hüpft <strong>de</strong>r junge Gol<strong>de</strong>n<br />
Retriever durch <strong>de</strong>n Eingangsbereich<br />
<strong>de</strong>s Hauses Elvine, bis er vor einem<br />
großen Käfig, <strong>de</strong>n geheimnisvoll ein<br />
schwarzes Tuch umhüllt, skeptisch<br />
stehen bleibt. Nebenan, im weiträumigen<br />
Wintergarten, haben bereits Margarethe<br />
Dörrer und Elisabeth Fillafer, bei<strong>de</strong>s Be<br />
wohnerinnen, vor einem großen Tisch<br />
Platz genommen – es hat <strong>de</strong>n Anschein,<br />
dass nicht nur <strong>de</strong>r Hund auf die Ankunft<br />
beson<strong>de</strong>rer Gäste wartet …<br />
Zeit, dass Martin Sadounik Licht ins<br />
Dunkel bringt und Hannah und Balthasar<br />
aus ihrer Transportbehausung lässt. Bei<br />
<strong>de</strong>n zwei Protagonisten mit <strong>de</strong>n wohl<br />
klingen<strong>de</strong>n Namen han<strong>de</strong>lt es sich um<br />
Hühner, die als Teil einer „Tiergestützten<br />
Therapie“ - nach Bedarf - Bewohner<br />
im Haus besuchen. Das zutrauliche<br />
Geflügel ist darauf konditioniert, gegen<br />
Futterbelohnung kleine Kunststücke<br />
auszuführen und damit älteren Men<br />
schen - viele von ihnen lei<strong>de</strong>n bereits<br />
an einer Demenzerkrankung - ein<br />
angenehmes Gefühl zu vermitteln. „Wir<br />
haben früher selbst Hühner gehabt und<br />
sie haben mir immer Freu<strong>de</strong> gemacht“,<br />
erzählt Frau Dörrer, während Balthasar<br />
sich langsam vor ihr auf <strong>de</strong>m Tisch in<br />
Position bringt.<br />
Dann beginnt die Show: Balthasar<br />
schwingt sich auf ein Skateboard,<br />
während er von Frau Fillafer ein Futter<br />
korn nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>n Schnabel<br />
gesteckt bekommt. Er gehört zur Gat<br />
tung <strong>de</strong>r „Asiatischen Sei<strong>de</strong>nhühner“,<br />
die eher einer weißen Perücke mit<br />
Schnabel ähneln als <strong>de</strong>m typischen<br />
braunen Haushuhn, wie man es vom<br />
Bauernhof her kennt und wie auch<br />
Hannah, seine tierische Kollegin, eines<br />
ist. „Doch gera<strong>de</strong> diese Art, mit ihrem<br />
wuscheligen Aussehen und <strong>de</strong>r gerin<br />
geren Größe, zeichnet sich durch<br />
beson<strong>de</strong>re Zutraulichkeit aus, die sie<br />
bei <strong>de</strong>n Menschen sehr beliebt macht“,<br />
erklärt Tiertrainer Sadounik.<br />
Es geht weiter mit „Glöckchen läuten“,<br />
das zum Repertoire <strong>de</strong>r Henne Hannah<br />
zählt, die nach je<strong>de</strong>m Mal schellen mit<br />
etwas Essbarem von Frau Dörrer belohnt<br />
wird. Bei<strong>de</strong> Bewohnerinnen folgen be<br />
herzt <strong>de</strong>n Anweisungen <strong>de</strong>s Tiertrainers,<br />
um die Fe<strong>de</strong>rtiere bei <strong>La</strong>une zu halten.<br />
Die Freu<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n tierischen Besuch<br />
und über das Mitwirken bei <strong>de</strong>n Kunst<br />
stücken ist bei <strong>de</strong>n betagten Damen<br />
richtig spürbar. Als sich <strong>de</strong>r Tiertrainer<br />
nach <strong>de</strong>r Vorstellung mit seinen Hühner<br />
verabschie<strong>de</strong>t, winken sie ihnen nur<br />
kurz nach, um sich danach noch ange<br />
regt über das Erlebte zu unterhalten.<br />
Dass Tiere die Atmosphäre auflockern,<br />
weiß auch Bettina Riepl, Pflegedienst<br />
leiterin und Besitzerin <strong>de</strong>r fünf Monate<br />
alten Gol<strong>de</strong>nRetrieverHündin Cindy,<br />
die gemeinsam die Hühnernummer<br />
aufmerksam mitverfolgten. „Ich sehe,<br />
wie gerne unsere Bewohner <strong>de</strong>n Hund<br />
anfassen und welche positive Wirkung<br />
er auf die Menschen im Haus hat.“ Sie<br />
erzählt von einer hier leben<strong>de</strong>n Frau,<br />
die rastlos ist, aber durch die Anwe<br />
senheit <strong>de</strong>s Hun<strong>de</strong>s ruhiger wird. „Oft<br />
bleibt Cindy drei Stun<strong>de</strong>n bei ihr sitzen<br />
und lässt sich streicheln“, berichtet<br />
Riepl aus <strong>de</strong>m Alltag.<br />
Blicken wir von Treffen nach Klagenfurt:<br />
Wer durch <strong>de</strong>n großen Garten vom Haus<br />
St. Peter spaziert, trifft regelmäßig<br />
Rupert Kokesch, <strong>de</strong>r im Rasen nach<br />
Löwenzahn sucht. Der 89Jährige hat<br />
die Versorgungshoheit für die vielen<br />
Hasen, die in einem Außengehege leben.<br />
Er kennt alle Tiere beim Namen und sie<br />
scheinen ihm gegenüber eine beson<strong>de</strong>re<br />
Zutraulichkeit zu zeigen. „Früher hatte<br />
ich stets Schäferhun<strong>de</strong>, heute sind es<br />
Hasen, für die ich da sein kann“, erzählt<br />
<strong>de</strong>r ehemalige Postbeamte stolz über<br />
seine Aufgabe.<br />
In <strong>de</strong>n Wohn und Pflegeeinrichtungen<br />
<strong>de</strong>r <strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong> wird zur För<br />
<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns auf Tiere<br />
gesetzt. Fast überall gibt es Katzen<br />
o<strong>de</strong>r Hun<strong>de</strong> von Mitarbeitern. Auch neu<br />
einziehen<strong>de</strong>n Bewohnern ist es grund<br />
sätzlich erlaubt, ihr geliebtes Haustier<br />
mitzunehmen. Egal ob zwitschernd,<br />
bellend o<strong>de</strong>r miauend, Tiere bereichern<br />
<strong>de</strong>n Alltag <strong>de</strong>r dort leben<strong>de</strong>n und arbei<br />
ten<strong>de</strong>n Menschen.<br />
Selbstverständlich wird auch Verant<br />
wortung übernommen, wenn es um<br />
Fütterung und Pflege geht: „Die Hasen<br />
brauchen mich ja“, erklärt Herr Kokesch,<br />
<strong>de</strong>r mitten im Gehege stehend von<br />
einem guten Dutzend „Hoppeltieren“<br />
freudig umringt wird, weil er aus einer<br />
prall gefüllten Einkaufstasche selbst<br />
geerntetes Grünzeug in die Run<strong>de</strong> wirft.<br />
Man sieht an seinem verschmitzten<br />
Schmunzeln, dass er Spaß daran hat.<br />
„Für meine Tiere möchte ich noch eine<br />
Weile da sein“, sagt Herr Kokesch,<br />
während er die Türe zur Hasenkoppel<br />
schließt und sich mit <strong>de</strong>r leeren Tasche<br />
wie<strong>de</strong>r auf die Suche nach neuen Lecker<br />
bissen für seine Lieblinge macht.<br />
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