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- Cottbuser Bühnen<br />

Cottbuser Bühnen Gesehen , Gehört, Gespräche<br />

Gesprochen: Das Kunstgespräch im Zelig<br />

Auf <strong>de</strong>r Bühne begegnet, sind wir uns bei <strong>de</strong>n Proben zu „Mein Kampf“. Zeit zum Re<strong>de</strong>n war da nicht.<br />

Zu<strong>de</strong>m flogen wir Chor-Mannen, als die Handlung umrahmen<strong>de</strong> Sänger, dann aus <strong>de</strong>m Stück. Seit <strong>de</strong>r<br />

Premiere hatte ich mir vorgenommen: Mit dieser Teresa musst du mal in Ruhe sprechen. Wer die Inszenierung<br />

gesehen hat, wird wissen, warum. Es wäre ganz falsch und fahrlässig, das Stück auf eine bestimmte<br />

Szene zu reduzieren, und doch waren da 20 Minuten, die mir das Blut gefrieren und Gänsehaut<br />

entstehen ließen. - Kürzlich sah ich dann „Mädchenban<strong>de</strong>“ und habe die bei<strong>de</strong>n Darstellerinnen Teresa<br />

Waas und Anna Trimper zum Kunstgespräch eingela<strong>de</strong>n. An zwei aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Samstagen trafen<br />

wir uns im Cottbuser Restaurant Zelig.<br />

Teresa Waas, Schauspielerin am<br />

Staatstheater Cottbus<br />

Von einem riesengroßen Glück spricht Teresa Waas<br />

und meint die Möglichkeit erhalten zu haben, an<br />

einem Theater, wie in Cottbuser engagiert zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Dass sie überhaupt einmal das Bühnenspiel als<br />

Beruf haben wür<strong>de</strong> und so intensiv darin eintaucht,<br />

um eine Rolle, wie die einleitend ange<strong>de</strong>utete zu spielen,<br />

stand alles an<strong>de</strong>re, als fest. Im Verlauf <strong>de</strong>s langen<br />

Abends im Zelig entwirrt sich ein so vielfältiges Leben,<br />

dass ich staune, wann sie das alles erlebt hat.<br />

Irgendwie kommen wir zum Beispiel auf Lacoma zu<br />

sprechen, und es stellt sich heraus, dass Teresa in<br />

<strong>de</strong>r österreichischen Naturschutzjugend gegen Flächenumwidmungen<br />

gekämpft hat. Mit Schaufel und<br />

Hacke gruben sie versan<strong>de</strong>te Bäche frei, um das Wasser<br />

wie<strong>de</strong>r fließen zu lassen. - Ach ja: Teresa Waas ist<br />

Österreicherin, geboren in Rum. Mit Augenzwinkern<br />

meint sie: ´das hat also schon gut angefangen´ und<br />

trinkt guten Wein. Ein paarundzwanzig Jahre später<br />

kam sie in Cottbus an und war gleich beim ersten Halt<br />

von <strong>de</strong>n Leuten hier angetan. Suchend hielt sie mit<br />

<strong>de</strong>m Transporter an einer Kreuzung, stand mitten im<br />

Weg, schon sprach sie jemand an. Erschrocken macht<br />

Teresa das Fenster auf: ´huch, gleich wird Gemecker<br />

über mich herein brechen...´, doch das Gegenteil passiert.<br />

Der Jemand will nur helfen. Das dauert ein Weilchen,<br />

es hupt immer noch keiner, statt <strong>de</strong>ssen kommen<br />

noch ein paar hilfsbereite Cottbuser dazu. Eine<br />

schöne Begrüßung, die sich für Teresa Waas später<br />

bestätigt hat. Noch immer fühlt sie sich wohl in Cottbus,<br />

in <strong>de</strong>r Region und <strong>de</strong>r Stadt mit ihren Menschen<br />

und Problemen.<br />

Viel früher sah es mal so aus, als ob sie Leistungssportlerin<br />

wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Bis zu Platz-5 <strong>de</strong>r Taekwondo-Junioren-WM<br />

in Barcelona kam Teresa 1996. Doch<br />

plötzlich merkte sie, dass Turnhallen miefen und<br />

etwas auf <strong>de</strong>r Strecke blieb: sie selbst. Schulisch interessierte<br />

sie das Mathematische, Berechenbare, aber<br />

auch die Menschen und ihr Verhalten (das eher so<br />

unberechenbar ist). Zwischen <strong>de</strong>n Extremen rangen<br />

Berufsi<strong>de</strong>en zwischen Mathematik- o<strong>de</strong>r Architekturstudium<br />

mit <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r Psychologie.<br />

Teresas erste Berührungen mit <strong>de</strong>m Schauspiel waren<br />

spielerisch im besten Wortsinn. Als Gruppenleiterin<br />

in Sommerlagern <strong>de</strong>r Naturschutzjugend spielte sie<br />

mit 4-8 Jährigen kleine Stücke am Strand o<strong>de</strong>r Lagerfeuer.<br />

Von <strong>de</strong>m sprang dann wohl ein Funke über: Sie<br />

wollte mehr. Und fand dies im Schauspielforum Tirol.<br />

Als Teresa vom dort (u.a.) geübten Theatersport berichtet<br />

(eine spezielle Improvisations-Spielform nach<br />

Keith Johnstone), reißt mich das richtig mit, und ich<br />

möchte am liebsten gleich eine Cottbuser Gruppe aufmachen.<br />

Trotz<strong>de</strong>m ist nach <strong>de</strong>r Matura (Abitur) erst mal Schluss<br />

mit <strong>de</strong>m Schauspiel und die Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn<br />

kommt wie<strong>de</strong>r zum Zuge. Zunächst im englischen Sü<strong>de</strong>n<br />

und später, weit, weit weg, in Tbilissi (Georgien).<br />

Und doch erreicht auch an diesen Orten das Theater<br />

Teresa. In England ent<strong>de</strong>ckt sie Shakespeare, im<br />

sprachlichen Original, quasi neu und ist überrascht<br />

über <strong>de</strong>n Humor, <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Schul-Übersetzungen,<br />

vollkommen abhan<strong>de</strong>n gekommen ist.<br />

Georgien entsetzt sie hinsichtlich <strong>de</strong>r politischen Gegebenheiten.<br />

Doch ist Teresa Waas dort mitgerissen<br />

von <strong>de</strong>r Energie, <strong>de</strong>r Qualität und <strong>de</strong>m Aufbegehren<br />

<strong>de</strong>s georgischen Theaters: „Das wollte ich!“<br />

Wie<strong>de</strong>r in Österreich, mel<strong>de</strong>n sich Mathematik, Architektur<br />

und Psychologie zurück, und Teresa zögert.<br />

Zum Glück, <strong>de</strong>nn während dieser Zeit wird ihr vom<br />

Direktor <strong>de</strong>r Schauspielschule am Schauspielforum<br />

Tirol angeboten, dort zu studieren. Die Entscheidung<br />

fällt schnell und ohne an<strong>de</strong>re Optionen weiter zu erwägen.<br />

Während <strong>de</strong>r vier Ausbildungsjahre ergeben<br />

sich Engagements an verschie<strong>de</strong>nen Bühnen in Tirol<br />

und Wien. Im Sommer meist bei <strong>de</strong>n Tiroler Volksschauspielen<br />

in Telfs, geleitet von Ruth Drexel. Mit<br />

interessanten Regisseuren, wie Katharina Thalbach<br />

o<strong>de</strong>r Christian Stückl, kann Teresa dort arbeiten. Erlebnisreich<br />

sind Workshops, die Teresa Waas zusätzlich<br />

belegt, wie die Arbeit mit Masken. Ungewollte Lacher<br />

löst ihr anfängliches Schul-Französisch aus, mit<br />

<strong>de</strong>m sie auf Korsika in einem Kurs mit französischen<br />

Regisseuren aufwartet.<br />

Als prägend sieht Teresa noch immer ihre ersten Erfahrungen<br />

im Theatersport an. Die monatlichen Aufführungen<br />

haben nicht nur Spaß gemacht. Vor allem<br />

lernte sie <strong>de</strong>n unschätzbaren Wert von Kollegen kennen,<br />

die miteinan<strong>de</strong>r eine Geschichte erzählen wollen<br />

und MITEINANDER spielen, nicht sich selbst in <strong>de</strong>n<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />

Mit <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Bewerbungen kamen Angebote aus<br />

Österreich, einem Kin<strong>de</strong>rtheater aus München und<br />

unserem Cottbuser Staatstheater. „Und hier bin ich!“,<br />

sagt Teresa und wünscht sich beruflich am hiesigen<br />

Schauspiel mehr Herausfor<strong>de</strong>rungen, klarere Ziele<br />

und Visionen.<br />

Dem kann ich nur zustimmen und bitten: Bleib noch<br />

eine Weile und bringe die Vielfalt Deines Wesens ein!<br />

Jens Pittasch<br />

In <strong>de</strong>r „Mädchenban<strong>de</strong>“ ist Anna Luise. Immer etwas<br />

entrückt, man meint bedacht, und doch war<br />

die Vogelschar auf einem heißen Trip. Luise führte<br />

er in eine Sackgasse. - Trifft man Anna, ist sie meist<br />

ruhig, eher leise, in Gedanken. Doch nicht nur in<br />

diesen ist sie dabei, sich ihre eigenen Wege ganz<br />

konkret und weit zu öffnen. Einiges davon erzählte<br />

sie im Kunstgespräch, nicht alles wird hier verraten.<br />

Anna Trimper, Schauspielerin am<br />

Staatstheater Cottbus<br />

Anna kann ihr Ziel mit einem Zitat beschreiben:<br />

„Man betritt nicht die Bühne <strong>de</strong>s Scheins, man betritt<br />

die Bühne <strong>de</strong>s Seins.“ Sie selbst betanzte die Bühne<br />

zunächst in <strong>de</strong>r Ballettschule Leipzig. Irgendwann<br />

tauschte sie die engen Ballettschuhe gegen kuschelige<br />

Bühnensocken und kam zum Schauspiel. Das<br />

war noch in <strong>de</strong>r Schulzeit. Die Schule selbst wur<strong>de</strong><br />

weniger wichtig. Das Agrarwissenschaftliche Gymnasium<br />

war eher nicht <strong>de</strong>r Ort, um Anna die Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

zu bieten, die sie sich wünschte. Das mit<br />

<strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rungen jedoch ist ihr wichtig. Genau<br />

<strong>de</strong>r Drang nach mehr und an<strong>de</strong>rem zieht sie nun weg<br />

aus Cottbus, in die Ferne. Wie es sie damals wegzog<br />

aus Leipzig. Möglichst weit wollte sie hinaus, und <strong>de</strong>r<br />

Grund war nicht etwas Schlechtes in Leipzig, son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r Wunsch auszuprobieren, kennenzulernen.<br />

Die große Sachsen-Stadt hatte Anna viel zu bieten,<br />

und viel hat sie auf- und mitgenommen.<br />

Nach <strong>de</strong>m Ballett konnte sie an einem Workshop<br />

„Playwriting“ teilnehmen, <strong>de</strong>n eine New Yorkerin<br />

am Schauspielhaus Leipzig leitete. Dabei geht es,<br />

wie <strong>de</strong>r Name schon vermuten lässt, um´s Stückeschreiben.<br />

Das För<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r individuellen Fähigkeiten<br />

gehört dazu, ebenso wie das Fin<strong>de</strong>n eines eigenen<br />

Stils. Es entstan<strong>de</strong>n eigene Stücke, die die Gruppe<br />

selbst inszenierte und zur Aufführung brachte. Dabei<br />

merkte Anna, dass ihr das Spielen, die Interpretation<br />

<strong>de</strong>r Figuren mehr lag. Es war die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Anregung. Die Schule rückte noch weiter in <strong>de</strong>n Hintergrund.<br />

Während <strong>de</strong>ssen gelang es Anna an verschie<strong>de</strong>nen<br />

Off-Theatern Erfahrungen zu sammeln.<br />

Ein Glück, dass Leipzig hier Vielfalt herrscht. Doch<br />

nach <strong>de</strong>m Abi musste sie weg. Bewerbungen gingen<br />

an möglichst entfernte, gute Schauspielschulen. An<br />

<strong>de</strong>r „Hochschule für Musik und Darstellen<strong>de</strong> Kunst<br />

Graz“ klappte es. Endlich Schauspiel-Stu<strong>de</strong>ntin. Eine<br />

Ausbildung, <strong>de</strong>ren Anfor<strong>de</strong>rungen Annas Drang nach<br />

immer mehr entsprachen. Anspruchsvolle Rollen an<br />

Häusern u.a. in Wien und Graz begleiteten diese Zeit.<br />

Und die Bewerbungen nach <strong>de</strong>m Studium richtete sie<br />

erneut in die Ferne, um dann gar nicht so weit von<br />

Leipzig in ein erstes, festes Engagement zu kommen.<br />

Schauspiel-Chefin Bettina Jahnke holte Anna Trimper<br />

2005 nach Cottbus. Wie schon geschrieben, wird<br />

sie nun weiterziehen. Anna ist voller Erwartungen<br />

auf die Erfahrungen und neuen Eindrücke. Parallel<br />

liest sie sich durch Werke <strong>de</strong>r Philosophie und Psychologie.<br />

Sie will ihre Sicht weiten, nicht festfahren,<br />

Herausfor<strong>de</strong>rungen (er)leben. - Danach soll wie<strong>de</strong>r<br />

Theater folgen. Vermutlich in Österreich, das sie<br />

liebgewonnen hat. Anna Trimper ist voll von Leben<br />

und steht mitten auf ihrer Bühne <strong>de</strong>s Seins. Vielleicht<br />

macht sie wahr, was ich ihr angeboten habe<br />

und schreibt aus <strong>de</strong>r Ferne von ihren Erlebnissen, für<br />

Euch und uns im Blicklicht. Lassen wir uns überraschen.<br />

Wie Anna. Von je<strong>de</strong>m Tag.<br />

Jens Pittasch

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