Mappe, 02/07 - Bau-Satz
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Wissen und Technik<br />
Lichtverhältnisse, Raumnutzung, Ausstattungsmaterialien,<br />
die angestrebte Oberflächenqualität<br />
und die Kosten.<br />
Erdfarbene Putze brauchen gut belichtete Räume.<br />
Mit großen Glasflächen bilden sie einen warmen<br />
Kontrast. Für ständig genutzte Aufenthaltsräume<br />
empfehlen sich hellere Töne. Verletzungen<br />
in dünnen Edelputzen fallen eher auf, da der<br />
Untergrund sichtbar wird. Bei mechanischer Beanspruchung<br />
ist eine stabile und dickere Oberfläche<br />
nötig. Dekorputze lassen sich im allgemeinen<br />
teurer anbieten. Da sie einen ebenen Untergrund<br />
brauchen, können aber aufwändige Vorarbeiten<br />
notwendig sein.<br />
Ursprung<br />
Lehm ist mehr als nur ein Gemisch aus Anteilen<br />
von färbenden Mineralien, Sand und Ton. Durch<br />
den Ton erhält er faszinierende Eigenschaften,<br />
die ihn wertvoll für das Wohnklima machen.<br />
Denn wie Quarz oder Glas besteht Ton aus Silizium.<br />
Dieses liegt in dünnen Schichten vor, zwischen<br />
die sich Wasser einlagern kann. Dadurch<br />
kann Ton weit mehr Feuchtigkeit aufnehmen<br />
und abgeben als alle anderen <strong>Bau</strong>materialien,<br />
die nur porös sind, wie beispielsweise Kalkputze.<br />
Seine Restfeuchte liegt bei nur 5 %, die von Holz<br />
ist weit größer, weshalb sie oft gemeinsam verbaut<br />
wurden. Da Wasser kapillar stets von Bereichen<br />
hoher zu Bereichen niedriger Feuchtigkeit,<br />
also zum Lehm wandert, hält er Holz trocken, ja<br />
entfeuchtet es sogar. Und damit schützt er es sowohl<br />
vor abbauenden Pilzen wie vor zerstörenden<br />
Insekten, die mindestens eine Feuchtigkeit<br />
von 14 % benötigen.<br />
Abbruch der Tradition<br />
Nicht nur wegen regional unterschiedlicher Zusammensetzung<br />
und fehlender gültiger Normen<br />
ist die Verwendung von Lehm stark zurückgegangen.<br />
Er hat einige Nachteile, die man kennen<br />
sollte:Wenn Wasser zwischen das dreischichtige<br />
Silizium eingelagert wird, quillt er. Beim Trocknen<br />
schrumpft er wieder und es können Risse<br />
entstehen. Seine Verfestigung erfolgt nur durch<br />
Lufttrocknung und ist immer wieder umkehrbar.<br />
In der Nähe von Spritzwasser hat er also auch<br />
heute nichts zu suchen. Da Druck- und Zugfestigkeit<br />
gering sind, ist er auch nicht für stark beanspruchte<br />
Flächen zu empfehlen. Ecken und beanspruchte<br />
Wandbereiche – beispielsweise durch<br />
Stuhllehnen – müssen besonders geschützt werden.<br />
Und da er im Brandfall abplatzt, verfügt er<br />
über ein schlechtes Brandschutzverhalten. Da<br />
seine Vorteile bei weitem überwiegen, wurde er<br />
dennoch häufig eingestzt. Noch heute gibt es in<br />
Deutschland zwei Millionen Fachwerkhäuser<br />
Wie überzeugen Sie <strong>Bau</strong>herren?<br />
und etwa 200.000 alte Gebäude in reiner Lehmbauweise.<br />
Moderner Lehmbau<br />
In den 1980er Jahren begannen einige Ökoidealisten,<br />
die alten Lehmbautechniken neu zu beleben.<br />
Denn auch ökologische Kriterien sprechen<br />
für Lehm: Bei seinem Abbau wird nur wenig<br />
Energie benötigt, bei seiner Aufbereitung entstehen<br />
keine Schadstoffe und er ist immer wieder<br />
verwendbar.<br />
Durch seine große innere Oberfläche bindet er<br />
Gerüche und Luftschadstoffe. Er lädt sich nicht<br />
elektrostatisch auf und dämpft durch seine raue<br />
Oberfläche den Luftschall. Damit ist Lehm ein<br />
wertvolles und wertbeständiges Material.<br />
Da moderne Gebäude in den letzten Jahren immer<br />
dichter wurden, fand er seine neue Bestimmung<br />
in Innenräumen. Denn so wird die Feuchtigkeit,<br />
die durch Wohnen entsteht zu einem Problem<br />
(siehe Artikel »Gute Feuchte schlechte<br />
Feuchte« in <strong>Mappe</strong> 7/2006). Tonreicher Lehm<br />
kann bis zu dreimal mehr Feuchtigkeit speichern<br />
als andere Wandmaterialien.Wenn er diffusionsoffen<br />
beschichtet wird, hält er die Oberfläche<br />
trocken und hilft, sie vor Schimmel zu schützen.<br />
Den Puristen: Der Lehmpurist<br />
würde am liebsten in einem jahrhundertealten,<br />
japanischen Lehmtempel<br />
wohnen, mit Komposttoilette und<br />
Holzheizung. Zur Not genügt ihm<br />
auch ein traditioneller Lehmwellerbau<br />
oder eine ultramoderne Wohnlandschaft<br />
– ökologisch natürlich.<br />
Nur massive Lehmwände garantieren<br />
ihm über das gesamte Jahr ein<br />
ausgeglichenes Raumklima. Ein solcher<br />
Purist ist beispielsweise Prof.<br />
Gernot Minke, der »Das neue Lehmbau-Handbuch«<br />
geschrieben hat. Für<br />
einen solchen Kunden müssen Sie<br />
wirklich fundiertes Fachwissen mitbringen.<br />
Wenn Sie das genannte<br />
Buch auswendig kennen, dann können<br />
Sie mit ihm fachsimpeln, dass es<br />
eine Freude ist.<br />
Den Ästheten: Der Lehmästhet<br />
möchte mit allen seinen Sinnen spüren.<br />
Über die Körnung einer geriebenen<br />
Lehmoberfläche fährt er manchmal<br />
verträumt mit der Hand. Das Glitzern<br />
der Glimmer- oder Perlmutstückchen<br />
erfreut ihn besonders,<br />
wenn es die Abendsonne reflektiert.<br />
Und er weiß, dass Lehm in Küche,<br />
Bad und Schlafzimmer nur mit einer<br />
entsprechend dicken Funktionsschicht<br />
für das Wohlbefinden seiner<br />
Familie sorgt. Ein solcher Kunde freut<br />
sich über jede Information: Wie positiv<br />
das Material auf seine Gesundheit<br />
wirkt, wie wenig Chemie es enthält<br />
und wie gut es für die Umwelt ist.<br />
Den Innovativen: Der Innovative<br />
möchte seiner Zeit am liebsten ein<br />
kleines bisschen voraus sein und<br />
Trends setzen. Purismus oder Ästhetik<br />
findet er dann gut, wenn sie vor<br />
allem praktikabel sind. Für ihn wurden<br />
die Lehmfarben entwickelt. Sie<br />
sind scheuerbeständiger und dass da<br />
auch ein bisschen organische Chemie<br />
mit drin sein kann, ist ja nur praktisch.<br />
Damit das Ambiente stimmt,<br />
harmoniert bei ihm jeder Farbton mit<br />
der Raumeinrichtung. Wenn er sich<br />
an einem satt gesehen hat, dann ist<br />
er ja leicht wieder zu überstreichen.<br />
<strong>Mappe</strong> 2.20<strong>07</strong><br />
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