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Leserbriefe bitte an leserbrief@rfj.at - Ring Freiheitlicher Jugend ...

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t<strong>an</strong>gente<br />

Sinn und Unsinn eines Amtes<br />

>>> Wieviel Bundespräsident braucht Österreich eigentlich?<br />

In regelmäßigen Abständen lodert die Diskussion<br />

über die Sinnhaftigkeit des<br />

Amtes und im speziellen über eine Modifik<strong>at</strong>ion<br />

der Kompetenzen sowie der direkten<br />

Wahl des Bundespräsidenten auf. Grund<br />

genug, dieses Thema <strong>an</strong>läßlich des Amts<strong>an</strong>trittes<br />

unseres neuen Bundespräsidenten<br />

Heinz Fischer wieder aufs Tapet zu bringen<br />

und sich kritisch damit ausein<strong>an</strong>derzusetzen.<br />

Die dem Bundespräsident nach der Bundesverfassung<br />

übertragenen Kompetenzen weisen<br />

einen Bezug zu allen drei Sta<strong>at</strong>sfunktionen<br />

(Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung)<br />

auf. Er ist beispielsweise als sogen<strong>an</strong>nter<br />

»Sta<strong>at</strong>snotar« für die Beurkundung<br />

der Bundesgesetze ver<strong>an</strong>twortlich, ernennt<br />

die Mitglieder des VfGH sowie alle Richter<br />

und ist Oberbefehlshaber des Heeres.<br />

Entscheidend ist, daß er als Org<strong>an</strong> in weiten<br />

Bereichen seines Tätigkeitsfeldes hauptsächlich<br />

auf repräsent<strong>at</strong>ive und formelle Aufgaben<br />

beschränkt ist und realpolitisch keine<br />

legisl<strong>at</strong>iven Impulse geben k<strong>an</strong>n. Das Amt<br />

des Bundespräsidenten gewinnt d<strong>an</strong>n eine<br />

politisch zentrale Bedeutung, wenn es gilt,<br />

die Funktionsfähigkeit einer der drei Sta<strong>at</strong>sgewalten<br />

zu erhalten, in G<strong>an</strong>g zu setzen oder<br />

bei krisenhafter Beeinträchtigung zu sichern.<br />

Die Kompetenzdecke des Präsidenten ist<br />

sehr dünn, und g<strong>an</strong>z zu recht fragen sich<br />

Verfassungsrechtler in regelmäßigen Abständen,<br />

warum im Zuge einer umfassenden<br />

Verfassungsreform (mit Bundesr<strong>at</strong> und<br />

Parlament) nicht auch das Bundespräsidentenamt<br />

verändert werden soll. Österreich<br />

braucht einen Präsidenten mit klar abgesteckten<br />

Kompetenzen und keine graue<br />

Eminenz im Hintergrund!<br />

Wie auch in punkto schl<strong>an</strong>ke Verwaltung lebt<br />

uns die Schweiz wieder einmal mehr vor, wie<br />

ein effizientes und vergleichsweise günstiges<br />

Sta<strong>at</strong>smodell funktionieren k<strong>an</strong>n: Die<br />

schweizerische Regierung, der Bundesr<strong>at</strong>,<br />

besteht aus 7 Mitgliedern. Die Vereinigte<br />

Bundesversammlung wählt nach jeder<br />

Erneuerung des N<strong>at</strong>ionalr<strong>at</strong>es die Regierungsmitglieder<br />

auf 4 Jahre. Der aus ihrer<br />

Mitte jährlich im Dezember gewählte Bundespräsident<br />

vertritt die Eidgenossenschaft<br />

nach außen; er ist nicht »Sta<strong>at</strong>soberhaupt«,<br />

sondern als »primus inter pares« lediglich<br />

Vorsitzender des Bundesr<strong>at</strong>es.<br />

Nach diesem Modell sollte st<strong>at</strong>t einer<br />

Volkswahl einer der Minister für eine bestimmte<br />

Zeit die Funktion des Bundespräsidenten<br />

übernehmen. Eine derartige<br />

Rot<strong>at</strong>ionsvari<strong>an</strong>te wäre nicht nur kostengünstiger,<br />

sondern würde die Position des<br />

Präsidenten grundlegend stärken. Er wäre<br />

als gleichzeitiger Minister auch viel mehr am<br />

Gesetzgebungsprozeß beteiligt.<br />

Aufgrund der immer weiter sinkenden<br />

Wahlbeteiligung für dieses Amt käme eine<br />

solche Sta<strong>at</strong>sreform zum richtigen Zeitpunkt,<br />

und das Schweizer Modell wäre hier<br />

auch das richtige Vorbild.<br />

Im Zuge des Zusammenspiels zwischen<br />

Regierung und Parlament kommt unserem<br />

N<strong>at</strong>ionalr<strong>at</strong> leider nicht immer seine verfassungsgemäße<br />

Position zu. Prinzipiell ist nach<br />

unserer Verfassung das Parlament der alleinige<br />

Gesetzgeber, und das Gesetz gilt als das<br />

Instrument der Herrschaft des Parlaments<br />

über die übrigen Sta<strong>at</strong>sfunktionen. In der<br />

politischen Realität sieht dies freilich g<strong>an</strong>z<br />

<strong>an</strong>ders aus, denn die t<strong>at</strong>sächliche<br />

Entscheidung über den Gesetzesinhalt liegt<br />

schwerpunktmäßig bei der Exekutive: 75 bis<br />

90 % der Gesetzesbeschlüsse des N<strong>at</strong>ionalr<strong>at</strong>es<br />

beruhen auf Regierungsvorlagen. Etwa<br />

die Hälfte dieser Regierungsvorlagen werden<br />

vom Parlament unverändert beschlossen,<br />

lediglich ein Drittel in einzelnen Punkten und<br />

gar nur zu einem ein Achtel entscheidend verändert.<br />

In der politischen Realität ist somit<br />

das Parlament nicht selbst »Gesetzgeber«,<br />

sondern Kontrolleur der legisl<strong>at</strong>orischen<br />

Arbeit der Exekutive.<br />

Gerade um die übermäßige Domin<strong>an</strong>z der<br />

Bundesregierung im verfassungsrechtlichen<br />

Gefüge zu rel<strong>at</strong>ivieren, ist es notwendig, das<br />

Parlament wieder auf ein starkes Fundament<br />

zu stellen und dadurch aufzuwerten. Dies<br />

wäre beispielsweise mit einer Quotenregelung<br />

für Gesetzesbeschlüsse, beruhend<br />

auf Regierungsvorlagen möglich.<br />

Auch der Position des Sta<strong>at</strong>soberhauptes<br />

k<strong>an</strong>n hier eine wichtige Korrektivfunktion<br />

zukommen. Ein starker Präsident, der<br />

Gesetze nicht wie bis jetzt nur formell, sondern<br />

auch m<strong>at</strong>eriell prüfen würde, wäre eine<br />

zusätzliche Kontrollinst<strong>an</strong>z für Parlament<br />

und Regierung.<br />

Der RFJ hält es für wünschenswert, eine eindeutige<br />

Aufwertung des Bundespräsidenten<br />

nach Schweizer Vorbild vorzunehmen, die<br />

durchaus mitberücksichtigen sollte, daß ein<br />

Präsident auch Ver<strong>an</strong>twortung für den Inhalt<br />

von Gesetzen tragen soll!<br />

markus.tsch<strong>an</strong>k@rfj.<strong>at</strong>

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