«gute Nachbarn reden miteinander.»
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ANSICHTEN • Ein Informationsdienst zur Golfplatzerweiterung des Lindner Hotel & Sporting Club Wiesensee • Ausgabe 2 • November 2006<br />
«Oftmals werden alte, offene<br />
Rechnungen beglichen.<strong>»</strong><br />
Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich<br />
Wolfgang R. Mueller mit der Planung<br />
von Golfplätzen. ANSICHTEN sprach mit<br />
dem Landschaftsplaner vom Niederrhein<br />
über den Einfluss des Naturschutzes,<br />
über Ausgleichsmaßnahmen und die<br />
Rolle von Golfplatzgegnern.<br />
Ansichten: Sie sind Landschaftsarchitekt<br />
und beschäftigen sich seit über 20 Jahren<br />
auch mit dem Bau von Golfplätzen.<br />
Welche Trends bei der Gestaltung konnten<br />
Sie hier in den vergangenen Jahren<br />
feststellen?<br />
Mueller: Golfplätze werden auf Jahrzehnte<br />
angelegt. Was hier zählt, ist kein Trend, sondern<br />
eine nachhaltige Planung. Seit den achtziger<br />
Jahren legt man hierzulande beispielsweise<br />
einen großen Wert auf landschaftlich<br />
geprägte, parkähnliche Anlagen. Das freut<br />
nicht nur die Golfer, die Rasenautobahnen<br />
auch nicht spannend finden. Das freut die<br />
Anwohner, denn so eine Anlage bietet einen<br />
sehr schönen Anblick. Und sie sind im<br />
Sinne der Naturschützer, denn sie bieten viel<br />
Schutzraum für Tiere und Pflanzen.<br />
Ansichten: Wie groß ist der Einfluss des<br />
Naturschutzes bei der Gestaltung von<br />
Golfterrains?<br />
Mueller: Ohne Naturschutz geht es nicht. Jeder,<br />
der einen Golfplatz plant, muss beispielsweise<br />
einen sogenannten „landespflegerischen<br />
Begleitplan“ aufstellen. In Rheinland-Pfalz<br />
schreibt dies das Landesnaturschutzgesetz vor.<br />
Golfplatzplaner Wolfgang R. Mueller an seinem Schreibtisch.<br />
Naturparadies Golfplatz Willich: Auf einer ehemaligen Maisanbaufläche entstand eine parkähnliche Golfanlage.<br />
Ansichten: Was steht in so einem Begleitplan?<br />
Mueller: Darin werden beispielsweise die<br />
bisherige Nutzung, das Geländerelief, jede<br />
Art von Pflanzen und Tieren, die auf dem<br />
Terrain vorkommen, erfasst. Das ist sehr zeitaufwendig.<br />
Meine Mitarbeiterin, Frau Engelke,<br />
auch Landschaftsarchitektin, war oft<br />
vor Ort am Wiesensee und hat an dem Plan<br />
mehrere Wochen gearbeitet.<br />
Ansichten: Was sagt der Plan zur möglichen<br />
Veränderung des Geländes durch<br />
einen Golfplatz?<br />
Mueller: Hier werden bereits konkrete Ziele<br />
formuliert, die auch eingehalten werden<br />
müssen. Eine Aussage<br />
ist beispielsweise, dass<br />
nur ein Drittel des 30<br />
Hektar großen Geländes<br />
für die Abschläge, Golfbahnen<br />
und Grüns genutzt<br />
werden darf. Auf<br />
den restlichen zwei Dritteln<br />
würden Wildwiesen,<br />
Feldgehölze und Wald<br />
entstehen. Damit würde<br />
das Gelände, das bisher<br />
vorwiegend ackerbaulich<br />
genutzt wird, eine<br />
erhebliche ökologische<br />
Aufwertung erfahren.<br />
Ansichten: Sagt der<br />
Begleitplan auch etwas<br />
zu den Bäumen<br />
aus?<br />
Mueller: Es gibt zwar nicht so viele – von<br />
2<br />
den rund 30 Hektar sind nur 10 Prozent bewaldet<br />
– aber der Plan gibt auch hier klar<br />
vor, dass beispielsweise alle großen und prägenden<br />
Bäume im Gebiet erhalten und geschützt<br />
werden müssen.<br />
Ansichten: Die Golfplatzgegner interessiert<br />
vor allem das Wäldchen am Palzhahn.<br />
Mueller: Das Wäldchen am Palzhahn wurde<br />
im Sommer bei einer Begehung von Forstexperten<br />
begutachtet. Es besteht im Außenbereich<br />
aus großen und erhaltenswerten<br />
Bäumen, im Inneren aus sogenanntem Stangenholz,<br />
das nach einem Sturmschaden vor<br />
über zehn Jahren einfach so nachgewachsen<br />
ist.<br />
Aus forstwirtschaftlicher Sicht wäre dieses<br />
Stangenholz nicht erhaltenswert bzw. besser,<br />
es durch echte, lebensfähige Bäume im<br />
Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen zu ersetzen.<br />
Das ist das eine. Das andere ist, dass<br />
vielen in Pottum das Wäldchen am Palzhahn<br />
sehr am Herzen liegt. Das nehmen wir ernst,<br />
d. h. wir würden die Planungen so anlegen,<br />
dass selbst von dem an sich wertlosen Stangenholz<br />
so wenig wie möglich abgeholzt<br />
werden muss.<br />
Ansichten: Sie sprachen vorher von einer<br />
ökologischen Aufwertung des Geländes.<br />
Ein Teil der Golfplatzgegner äußerte die<br />
Angst, dass bei Baubeginn Bagger das<br />
Gelände erstmal in eine Mondlandschaft<br />
verwandeln. Wo ist da die ökologische<br />
Aufwertung?<br />
Mueller: Die Bilder von Golfplatzbaustellen,<br />
die aussehen wie eine Momentaufnahme der<br />
ANSICHTEN • Ein Informationsdienst zur Golfplatzerweiterung des Lindner Hotel & Sporting Club Wiesensee • Ausgabe 2 • November 2006<br />
Mondoberfläche, gibt es. Sie stammen aber<br />
von Plätzen, deren natürliche Oberfläche erst<br />
mit künstlich aufgeschütteten Hügeln interessant<br />
gemacht werden muss. Das passiert<br />
nur dann, wenn das Gelände so topfeben<br />
wie hier bei uns am Niederrhein ist.<br />
Ansichten: Bisher befinden sich auf dem<br />
Gelände vorwiegend Äcker und Wiesen.<br />
Durch welche Ausgleichsfläche würden<br />
diese denn kompensiert – etwa mit neuen<br />
Äckern und Wiesen?<br />
Mueller: Nein, natürlich nicht. Es muss immer<br />
eine Aufwertung zur bisherigen Nutzung<br />
stattfinden. Qualitativ und quantitativ.<br />
Die Naturschützer achten zu Recht darauf,<br />
dass einheimische Bäume und Gehölze eingesetzt<br />
werden, die Schutzraum für die bereits<br />
vorhandene Fauna bieten. Deshalb wird<br />
auch ein so großer Wert auf die Bestandsaufnahme<br />
des Terrains im Vorfeld gelegt.<br />
Ansichten: Das ist ja alles schön und gut.<br />
Nur, was sagen Sie, wenn die Golfplatzgegner<br />
Angst haben, das Gelände würde<br />
überdüngt werden?<br />
Mueller: Diese Bedenken kann ich sehr leicht<br />
zerstreuen. Es gibt für alle nachlesbare Studien,<br />
die beweisen, dass die Belastung eines Golfplatzes<br />
durch Dünger 70 Prozent unter der einer<br />
Ackerfläche liegt.<br />
An der bestehenden Golfanlage am Wiesensee<br />
werden zudem nur 3 Prozent der Gesamtfläche,<br />
Abschläge und Grüns gedüngt.<br />
Ansichten: Sie haben in ihrem Berufsleben<br />
schon einige Golfplatzprojekte begleitet.<br />
Gibt es eigentlich immer Gegner?<br />
Mueller: Immer. Und das ist auch gut so.<br />
Nur ein Drittel eines Golfplatzes werden bespielt, der Rest gehört ganz der Natur.<br />
Golfanlage oder Naturpark? Moderne Golfplätze, wie hier in Willich, schreiben den Naturschutz groß.<br />
Denn sie stellen oftmals wichtige Fragen,<br />
zum Beispiel zum Thema Naturschutz. Problematisch<br />
wird es nur dann, wenn diese<br />
Fragen oder Punkte vorgeschoben sind, um<br />
in Wirklichkeit die eigenen, persönlichen Interessen<br />
durchzusetzen.<br />
Ansichten: Wenn ein Gegner auf dem Gelände<br />
bisher Ackerbau betreibt und nun<br />
Angst um seine Zukunft hat, dann kann<br />
man das doch nachvollziehen.<br />
Mueller: Auf jeden Fall. Für solche Fälle wird<br />
auch immer eine Lösung gesucht und gefunden.<br />
Dazu ist man nicht nur moralisch, sondern<br />
auch per Gesetz verpflichtet.<br />
Ansichten: Welche Interessen sollte es<br />
sonst noch geben?<br />
Mueller: Da geht es oft um persönliche Privilegien.<br />
Wir hatten beispielsweise mal einen<br />
3<br />
Pächter, der nicht mehr direkt über die Wiese<br />
von seinem Haus zu seiner Pacht laufen konnte.<br />
Er hätte nun einen Umweg von einem Kilometer<br />
machen müssen. Das wollte er nicht.<br />
Ganz oft werden aber auch alte Rechnungen<br />
beglichen. D. h. man rächt sich bei den Entscheidungsträgern<br />
für alte Enttäuschungen,<br />
nicht bewilligte Zugeständnisse oder für versagte<br />
Unterstützungen bei eigenen Projekten.<br />
Oftmals wird dabei von den Beteiligten auf den<br />
Sack geschlagen, obwohl der Esel gemeint ist.<br />
D. h., es geht gar nicht um das konkrete Projekt<br />
oder gar den Investor, sondern darum, anderen<br />
Beteiligten durch seine gegnerische Haltung<br />
eins auszuwischen.<br />
Ansichten: Woher weiss man, welche<br />
Motivation jemand in Wirklichkeit hat.<br />
Das wird doch keiner verraten?<br />
Mueller: Direkt nicht,<br />
aber wenn man merkt,<br />
dass alle vernünftigen<br />
und nachrecherchierbaren<br />
Argumente nicht<br />
fruchten, und die Gegner<br />
immer noch dagegen<br />
sind, muss man<br />
sich eben fragen, welche<br />
Motivation sie in<br />
Wirklichkeit haben.<br />
Letztendlich darf es in<br />
einer Demokratie, die<br />
z. B. bei einem Golfplatzbau<br />
zwischen 40<br />
und 60 sogenannte<br />
Träger öffentlicher Belange<br />
befragen muss<br />
und noch die Bürger vor<br />
Ort zu Wort kommen<br />
lässt, nicht sein, dass sich<br />
Einzelegoismen über die<br />
Mehrheit hinwegsetzen.