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ANSICHTEN • Ein Informationsdienst zur Golfplatzerweiterung des Lindner Hotel & Sporting Club Wiesensee • Ausgabe 2 • November 2006<br />

«Es geht um den Wiesensee.<strong>»</strong><br />

Gerhard Loos, Bürgermeister der Verbandsgemeinde<br />

Westerburg, über die Bedeutung<br />

des Wiesensees für das Westerburger<br />

Land und den Westerwald.<br />

Ein aktuelles Gutachten und die darin vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen gegen die Verlandung<br />

des Wiesensees.<br />

Ansichten: Herr Loos, auf der Bürgerversammlung<br />

am 20. September erwähnten<br />

Sie einen Bewirtschaftungsplan für den<br />

Wiesensee. Was hat es damit auf sich?<br />

Loos: Die Bewirtschaftung des Wiesensees<br />

ist durch vielfältige und teilweise konkurrierende<br />

Nutzungen geprägt. Der See wird<br />

genutzt von Seglern, Surfern, Badegästen,<br />

Schlauch-, Ruder- und Tretbootfahrern. Darüber<br />

hinaus dient der See bereits seit 1976, mit<br />

Ausnahme der Jahre 1989 bis 1991, einem<br />

bekannten Fischzüchter als Fischzuchtgewässer<br />

für Zander, Karpfen und Schleien.<br />

Um all diesen, doch sehr unterschiedlichen<br />

Nutzungsansprüchen gerecht zu werden, ist<br />

es erforderlich, einen Bewirtschaftungsplan<br />

für den Wiesensee durch ein Fachbüro aufstellen<br />

zu lassen.<br />

Bereits in 1989 wurde der Auftrag zur Erstellung<br />

eines solchen Bewirtschaftungsplanes an<br />

ein entsprechend qualifiziertes Ingenieurbüro<br />

erteilt, das den ersten Entwurf des Planes bereits<br />

im Dezember 2001 fertigstellte. Dieser<br />

Entwurf wurde zu Beginn des Jahres 2002<br />

der SGD Nord als zuständiger Fachbehörde,<br />

zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt.<br />

Aufgrund notwendiger Ergänzungen und<br />

Untersuchungen wurde die endgültige Fassung<br />

des Bewirtschaftungsplans – Teil 1 – im<br />

September 2006 erneut zur Genehmigung<br />

vorgelegt.<br />

Der vorliegende Bewirtschaftungsplan dient<br />

Gerhard Loos, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Westerburg.<br />

Naherholungsgebiet Wiesensee im Westerburger Land im Westerwald.<br />

als Grundlage zur Entwicklung von Maßnahmen,<br />

die dem vorrangigen Ziel des Betreibers<br />

(Verbandsgemeinde) dienen, einen ökologisch<br />

intakten See zu schaffen, der als touristische<br />

Attraktion möglichst vielen Nutzern genügt.<br />

Ansichten: Wie wichtig ist der See für<br />

den Tourismus im Westerwald?<br />

Loos: Vor dem Hintergrund der Schließung<br />

des Bundeswehrstandortes Westerburg und<br />

der Verlegung des Kulturamtes von Westerburg<br />

nach Montabaur ist der weitere Aus-<br />

und Aufbau des Tourismus ein wichtiger<br />

Teilbereich, die verlorene Wirtschaftskraft zu<br />

kompensieren. Dies gelingt jedoch nur mit<br />

einem intakten See, der zusammen mit dem<br />

neu gegründeten Industrie-, Tertiär- und Erlebnispark<br />

Stöffel das touristische Aushängeschild<br />

des Westerburger Landes und des<br />

gesamten Westerwaldes werden kann.<br />

Bereits heute ist der Wiesensee ein Magnet<br />

bei der Touristikwerbung auf internationalen<br />

Touristikbörsen.<br />

Ansichten: Und das, obwohl der See in<br />

den letzten Jahren zunehmend verkrautet<br />

und verlandet?<br />

Loos: Der Wiesensee zählt mit einer durchschnittlichen<br />

Wassertiefe von 1,60 bis 1,80<br />

Meter zu den flachen Seen. Bei solch flachen<br />

Gewässern wirkt sich eine Verschlammung<br />

des Seebodens, die unter anderem durch<br />

Uferabbrüche hervorgerufen wird, deutlich<br />

schlimmer aus als bei tieferen Gewässern.<br />

Dies trifft besonders die Segler, da aufgrund<br />

der zunehmenden Verschlammung der Seeboden<br />

in die Höhe wächst und das Segeln so<br />

stark einschränkt. Hier ist umgehend Abhilfe<br />

zu schaffen. Ein Wunsch, der übrigens besonders<br />

den Pottumern am Herzen liegt. Bei<br />

der Amtseinführung von Ortsbürgermeister<br />

6<br />

Klaus Weil stellte er ganz explizit die Forderung<br />

an mich, in dieser Sache für seine Ortsgemeinde<br />

aktiv zu werden.<br />

Ansichten: Warum ist Pottum besonders<br />

betroffen?<br />

Loos: Der Segelhafen mit rund 90 Wasserliegeplätzen<br />

und 80 Landliegeplätzen wurde<br />

1986 vor der Ortslage Pottum im Wiesensee<br />

errichtet. Durch die Verschlammung des<br />

Sees ist gerade dieser Bereich sehr stark in<br />

Mitleidenschaft gezogen. Hier wirkt sich der<br />

Verlust von Wassertiefe ganz gravierend aus:<br />

Konnten die Segler in den 80er und 90er<br />

Jahren noch die ganze Saison für ihren Sport<br />

nutzen, so müssen die Segelfreunde heute<br />

oft bereits Mitte bis Ende Juli die Segelsaison<br />

beenden.<br />

Ansichten: Den See gibt es seit Anfang der<br />

70er Jahre. Wie konnte es zu diesen massiven<br />

Problemen überhaupt kommen?<br />

Loos: Das ursprünglich als Regenrückhaltebecken<br />

mit Fischereibewirtschaftung geplante<br />

Gewässer wird inzwischen auch als Erholungs-<br />

und Sportsee genutzt. Als Regenrückhaltebecken<br />

sollte es die Frühjahrshochwasser<br />

auffangen und somit die Situation der<br />

Unterlieger entschärfen. Dafür war die Planung<br />

mit ursprünglich 5,0 Meter Wassertiefe<br />

an der Staumauer und gut einem Meter vor<br />

der Ortslage Pottum durchaus ausreichend.<br />

Für die spätere Freizeitnutzung reicht die<br />

Wassertiefe lediglich vor der Staumauer aus.<br />

Jedoch erkannte der Zweckverband „Seewiese”,<br />

bestehend aus den Ortsgemeinden<br />

Pottum, Stahlhofen a. W. und Winnen,<br />

bereits sofort nach dem ersten Anstau des<br />

Sees die touristische Bedeutung für unseren<br />

Raum und gab den Wiesensee für die Naherholung<br />

frei.<br />

ANSICHTEN • Ein Informationsdienst zur Golfplatzerweiterung des Lindner Hotel & Sporting Club Wiesensee • Ausgabe 2 • November 2006<br />

Ansichten: Wie konnte es zur Verschlammung<br />

kommen?<br />

Loos: Hier nennt der Bewirtschaftungsplan<br />

mehrere Faktoren, die für eine Verschlammung<br />

im Wiesensee verantwortlich sind.<br />

Zunächst liegt es daran, dass der Uferbereich<br />

vom Segelhafen ausgehend in Richtung Naturschutzgebiet<br />

immer stärker eingebrochen<br />

ist. Dies ist die Folge des überwiegend herrschenden<br />

Südwestwindes, der die Wellen des<br />

Sees ungehindert gegen das „Pottumer Ufer”<br />

schlagen lässt. Dadurch sind hier stellenweise<br />

bis zu zwanzig Meter Uferverlust zu beklagen.<br />

Hinzu kommen noch neben den Einträgen<br />

über die Seezuflüsse die Exkremente der<br />

Fische und das absterbende Gras im See.<br />

Ansichten: Die Fischzucht wurde von der<br />

Verbandsgemeinde Westerburg dieses<br />

Jahr zum ersten Mal zurückgefahren.<br />

Loos: Aufgrund der Vorgaben der Fachbehörden<br />

sahen wir keine andere Möglichkeit,<br />

als den bisherigen Fischbesatz drastisch zu<br />

verringern. Dies führte zu einem Verzicht der<br />

Pachteinnahmen. Dem gegenüber steht jedoch<br />

ein großer Erfolg in der Ökologie des<br />

Wiesensees.<br />

Die Wasserqualität des Sees war in diesem<br />

Jahr besser als in den letzten zehn Jahren.<br />

Dieses Ergebnis erfuhren wir vom zuständigen<br />

Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft<br />

und Gewerbeaufsicht in Oppenheim,<br />

das den Wiesensee in diesem Jahr im wöchentlichen<br />

Rhythmus überprüfte. Dieses<br />

Ergebnis macht uns Mut und zeigt uns den<br />

Weg in die richtige Richtung, was den Besatz<br />

des Sees in den kommenden Jahren betrifft.<br />

Ansichten: Und die Verschlammung und<br />

der Graswuchs?<br />

Loos: Diese beiden Punkte sind natürlich<br />

nicht mit der Reduzierung des Fischbesatzes<br />

in den Griff zu bekommen.<br />

Die stark fortschreitende Eutrophierung des<br />

Sees führt zu großen Problemen für alle Nutzer.<br />

Hinzu kommt die bereits erwähnte flache<br />

Ausgangslage des Sees, die eine Sonneneinstrahlung<br />

bis auf den Seeboden zulässt.<br />

Dadurch kann sich die nährstoffreiche Sedimentschicht<br />

am Boden erwärmen und das<br />

Gras weiter sprießen. Um dies endgültig zu<br />

verhindern, müsste der See bis zu einer Tiefe<br />

zwischen sechs und acht Metern ausgebaggert<br />

werden. Dies ist natürlich unrealistisch.<br />

Ansichten: Was schlägt der Bewirtschaftungsplan<br />

vor?<br />

Loos: Der Bewirtschaftungsplan sieht die<br />

Entschlammung als wirksame, aber auch<br />

sehr teure, Maßnahme vor, die noch einer<br />

sorgfältigen Prüfung und Untersuchung bedarf.<br />

Einhergehend mit der Entschlammung<br />

des Sees müssen die Uferzonen befestigt<br />

werden. Mit der Tieferlegung des Sees wür-<br />

de der nährstoffreiche Schlamm entfernt<br />

und damit die interne Düngung vermindert.<br />

Dabei wird ein für den Artenerhalt erforderlicher<br />

Entwicklungszustand wiederhergestellt,<br />

die Wasserqualität verbessert und<br />

stabilisiert, Fischsterben durch Sauerstoffmangel<br />

vermieden, der See vertieft und die<br />

Sichttiefe verbessert.<br />

Ansichten: Was hat dies alles mit Lindner<br />

zu tun? (Diese Frage stellte auch ein<br />

Besucher der Bürgerversammlung.)<br />

Loos: Eine Tieferlegung des Sees, insbesondere<br />

vor Pottum, und die Befestigung des<br />

Ufers kosten sehr viel Geld. Die Verbandsgemeinde<br />

Westerburg ist, wie jeder weiß,<br />

jedoch finanziell nicht auf Rosen gebettet.<br />

Unsere finanziellen Verhältnisse lassen, ohne<br />

Unterstützung, eine Sanierung des Sees leider<br />

nicht zu.<br />

Es gibt zwar Fördermöglichkeiten des Landes<br />

und der EU. Eines ist jedoch bei allen Förderprogrammen<br />

Bedingung: Sie verlangen<br />

immer einen Eigenanteil der Kommunen.<br />

Eine hundertprozentige Finanzierung durch<br />

das Land oder die EU ist nicht möglich. Unser<br />

Bestreben ist es, das Geld, das Lindner<br />

bei der Erweiterung des Golfplatzes in den<br />

Dammbau investieren müsste, als unseren<br />

Eigenanteil für die Sanierung des Wiesensees<br />

anerkannt zu bekommen.<br />

Segel- und Yachthafen Pottum vom Wiesensee aus gesehen.<br />

Ansichten: Die Verbandsgemeinde Westerburg<br />

besteht aus der Stadt Westerburg<br />

und 23 Ortsgemeinden. Wie stehen<br />

die zu dem Projekt Wiesensee?<br />

Loos: Unsere Gemeinden, die im Wesentlichen<br />

die finanziellen Mittel für die Aufgaben<br />

der Verbandsgemeinde aufbringen,<br />

haben erkannt, welches Potential der See<br />

gerade für das Westerburger Land hat. Mit<br />

7<br />

der Tieferlegung und der Uferbefestigung<br />

würde unser Wiesensee auf Dauer für die<br />

Besucher der Region attraktiv bleiben. Nach<br />

Durchführung dieser Maßnahme können wir<br />

mit einer Zunahme der Übernachtungs- und<br />

Tagesgäste rechnen. Nach einem Artikel aus<br />

der Fachzeitschrift „Stadt und Gemeinde”<br />

zählt der Tagestourismus als Wirtschaftsfaktor<br />

für Kommunen. Die durchschnittlichen<br />

Ausgaben eines Tagestouristen liegen bei<br />

rund 28 Euro pro Kopf und Tag. Reisekosten<br />

für den Transfer zwischen Quell- und<br />

Zielgebiet sind hierin nicht enthalten. Diese<br />

Beträge kommen der Gastronomie, der heimischen<br />

Geschäftswelt, dem Lebensmitteleinzelhandel,<br />

den Tankstellen und indirekt<br />

wiederum den Zulieferern zugute. Kurzum,<br />

das stärkt die Wirtschaftskraft des Westerburger<br />

Landes, das sichert und schafft neue<br />

Arbeitsplätze. Um genau das geht es hier.<br />

Und dafür kämpft jeder Ortsbürgermeister,<br />

jedes Mitglied im Verbandsgemeinderat und<br />

in den einzelnen Ortsgemeinderäten.<br />

Ansichten: Was passiert mit dem Wiesensee,<br />

wenn das Golfplatzprojekt scheitern<br />

sollte?<br />

Loos: Wenn das Golfplatzprojekt und damit<br />

auch die weiteren Investitionsabsichten<br />

scheitern sollten, wäre dies ein schwerer<br />

Rückschlag für den gesamten Fremdenver-<br />

kehr in unserem Westerburger Land. Wir<br />

dürften auf absehbare Zeit nicht in der Lage<br />

sein, Sanierungsmaßnahmen im Wiesensee<br />

durchführen zu können. Ich gehe davon<br />

aus, dass eine solche Entscheidung zu spürbaren<br />

wirtschaftlichen Einbrüchen in der<br />

heimischen Gastronomie führen, zumindest<br />

aber die guten Entwicklungsansätze beeinträchtigen<br />

würde.

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