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Wolf Kahlen, Naga<br />
Naga ist die Indische Schlangengottheit, die Riesenschlange. Das Sanskritwort<br />
wurde vor 2000 Jahren, als der Buddhismus China erreichte, als Najia transkribiert<br />
und mit Long, Drache, übersetzt. Jetzt sind Naga die Pipelines, die die Welt<br />
umspannen, das Röhrengewirr der Raffinerien, die Schläuche der Tankstellen.<br />
Ihr Geifer ist ein giftiges Abfall-Öl. 1990, als er an der Zhejiang-Universität in<br />
Hangzhou lehrte, benutzte Wolf Kahlen dieses Öl für eine Serie beeindruckender<br />
Malspuren. Wolf Kahlen beschäftigt sich schon sein Leben lang mit der Ostasiatischen<br />
Kunst, seine Altöl-Blätter haben einen eindeutigen Bezug zur Tusche-<br />
Kalligrafie und sind mit einem roten Wolfs-Siegelstempel auch klar als solche<br />
gekennzeichnet. Das seimige Gift scheint sich auf dem porösen Papier von selbst<br />
zu Bildern zu gestalten. Das ist aber nur Schein: um die Vielfalt von filigranem<br />
Geäder bis tiefschwarze Wucht in gelber Umbra zu erzeugen, war langes Experimentieren<br />
mit Löschen und Pressen, Trocknen und Konsolidieren von Nöten.<br />
Vor einigen Monaten zeigte Wolf Kahlen mir diese Serie, die Blätter waren jahrzehntelang<br />
aufgerollt und er hatte sie vergessen, sagte er. Das Erwachen der Naga<br />
ist ein großer Moment, ich gratuliere Wolf Kahlen zu der Ausstellung und dieser<br />
wunderschönen Publikation.<br />
Klaas Ruitenbeek<br />
Direktor, Museum für Asiatische Kunst<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
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