27.11.2014 Aufrufe

Holger Heide Arbeitsgesellschaft und Arbeitssucht - Universität ...

Holger Heide Arbeitsgesellschaft und Arbeitssucht - Universität ...

Holger Heide Arbeitsgesellschaft und Arbeitssucht - Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20<br />

wurde so nicht überw<strong>und</strong>en, sondern dadurch dass sie leidlich verdrängt wurde,<br />

noch verstärkt.<br />

Auf der einen Seite stand die Anerkennung der Freiheit des bürgerlichen<br />

Tauschsubjekts in der Konsumsphäre, auf der anderen die Installation eines<br />

(konstitutionellen) Kommandoregimes im unmittelbaren Produktionsprozess,<br />

verb<strong>und</strong>en mit einer Absicherung gegenüber dem Marktrisiko. Typisch hierfür ist im<br />

sogenannten fordistischen System das Arbeiten auf konkrete Anweisung<br />

(„Kommando“) ohne große Gestaltungsräume bezüglich Arbeitsinhalt oder auch nur<br />

Arbeitszeit. Die Verantwortung ist in der Hierarchie „da oben“ angesiedelt, dem<br />

Ausführenden wird keine Eigenverantwortung zugestanden. Daher gehört zum<br />

Kommando immer die Kontrolle von Seiten des „Arbeitgebers“, <strong>und</strong> beim „Kampf<br />

zwischen Arbeit <strong>und</strong> Kapital“ geht es neben Lohn <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen folglich<br />

auch um die Effizienz der Kontrolle. Die Nicht-Verantwortung der unselbstständig<br />

Arbeitenden bezieht sich auch auf den Arbeitsplatz als solchen, den nur der<br />

„Arbeitgeber“ zur Verfügung stellen <strong>und</strong> ggf. „sichern“ kann. Forderungen nach<br />

„Sicherung der Arbeitsplätze“ richten sich konsequenterweise an die Unternehmensleitung.<br />

Das Unternehmen ist der Marktkonkurrenz ausgesetzt. Die<br />

Unternehmensleitung hat die Funktion, die Marktkonkurrenz in Kommando zu<br />

transformieren 36 . Dieser Gegensatz von Freiheit <strong>und</strong> Unfreiheit bestimmt die<br />

Dynamik der fordistischen Periode <strong>und</strong> die Regulierung bedeutete also wesentlich<br />

das Aushandeln der Kompensation, d.h. des quantitativ bemessenen Mehr an<br />

Freiheit in der Konsumsphäre für die Unfreiheit in der Produktionssphäre.<br />

Die Krise des Fordismus liegt unter diesem Gesichtspunkt in der zunehmenden<br />

quantitativen Begrenztheit der Kompensationsmöglichkeit. Die Reaktion des<br />

Kapitals erscheint als Globalisierung <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene neoliberale Restauration<br />

mit tiefgreifenden Auswirkungen auf das Verhältnis der Unternehmen zu anderen<br />

Unternehmen, also auch zum „Markt“ <strong>und</strong> damit zugleich auf die interne<br />

Arbeitsorganisation.<br />

Es begann mit dem Drang der Unternehmen zu mehr Flexibilisierung, unter<br />

anderem einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Zunächst einmal erfordert eine<br />

flexiblere Nutzung der Arbeitskraft noch mehr <strong>und</strong> eine weiter verfeinerte Kontrolle.<br />

Beispiele sind die durch Anwendung der Mikroelektronik immer mehr verfeinerten<br />

Zeiterfassungssysteme. Aber selbst wenn sich das Kontrollproblem offensichtlich<br />

technisch lösen lässt, wird dieses Mehr an Kontrolle schließlich disfunktional: Von<br />

den unselbstständig Arbeitenden wird das immer mehr als hemmende<br />

Bevorm<strong>und</strong>ung empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> erzeugt Frustrationen, die aus der Sicht des Unternehmens<br />

die Produktivität beeinträchtigen. Darüber hinaus verschlingt es ständig<br />

steigende Kosten. Nötig erscheint eine „Delegation von Verantwortung“ <strong>und</strong> daraus<br />

36 Näheres hierzu <strong>und</strong> zu dem Folgenden, das an dieser Stelle nur kurz skizziert ist, siehe in dem Beitrag von<br />

Stephan Meins in diesem Band.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!