Holger Heide Arbeitsgesellschaft und Arbeitssucht - Universität ...
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wurde so nicht überw<strong>und</strong>en, sondern dadurch dass sie leidlich verdrängt wurde,<br />
noch verstärkt.<br />
Auf der einen Seite stand die Anerkennung der Freiheit des bürgerlichen<br />
Tauschsubjekts in der Konsumsphäre, auf der anderen die Installation eines<br />
(konstitutionellen) Kommandoregimes im unmittelbaren Produktionsprozess,<br />
verb<strong>und</strong>en mit einer Absicherung gegenüber dem Marktrisiko. Typisch hierfür ist im<br />
sogenannten fordistischen System das Arbeiten auf konkrete Anweisung<br />
(„Kommando“) ohne große Gestaltungsräume bezüglich Arbeitsinhalt oder auch nur<br />
Arbeitszeit. Die Verantwortung ist in der Hierarchie „da oben“ angesiedelt, dem<br />
Ausführenden wird keine Eigenverantwortung zugestanden. Daher gehört zum<br />
Kommando immer die Kontrolle von Seiten des „Arbeitgebers“, <strong>und</strong> beim „Kampf<br />
zwischen Arbeit <strong>und</strong> Kapital“ geht es neben Lohn <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen folglich<br />
auch um die Effizienz der Kontrolle. Die Nicht-Verantwortung der unselbstständig<br />
Arbeitenden bezieht sich auch auf den Arbeitsplatz als solchen, den nur der<br />
„Arbeitgeber“ zur Verfügung stellen <strong>und</strong> ggf. „sichern“ kann. Forderungen nach<br />
„Sicherung der Arbeitsplätze“ richten sich konsequenterweise an die Unternehmensleitung.<br />
Das Unternehmen ist der Marktkonkurrenz ausgesetzt. Die<br />
Unternehmensleitung hat die Funktion, die Marktkonkurrenz in Kommando zu<br />
transformieren 36 . Dieser Gegensatz von Freiheit <strong>und</strong> Unfreiheit bestimmt die<br />
Dynamik der fordistischen Periode <strong>und</strong> die Regulierung bedeutete also wesentlich<br />
das Aushandeln der Kompensation, d.h. des quantitativ bemessenen Mehr an<br />
Freiheit in der Konsumsphäre für die Unfreiheit in der Produktionssphäre.<br />
Die Krise des Fordismus liegt unter diesem Gesichtspunkt in der zunehmenden<br />
quantitativen Begrenztheit der Kompensationsmöglichkeit. Die Reaktion des<br />
Kapitals erscheint als Globalisierung <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene neoliberale Restauration<br />
mit tiefgreifenden Auswirkungen auf das Verhältnis der Unternehmen zu anderen<br />
Unternehmen, also auch zum „Markt“ <strong>und</strong> damit zugleich auf die interne<br />
Arbeitsorganisation.<br />
Es begann mit dem Drang der Unternehmen zu mehr Flexibilisierung, unter<br />
anderem einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Zunächst einmal erfordert eine<br />
flexiblere Nutzung der Arbeitskraft noch mehr <strong>und</strong> eine weiter verfeinerte Kontrolle.<br />
Beispiele sind die durch Anwendung der Mikroelektronik immer mehr verfeinerten<br />
Zeiterfassungssysteme. Aber selbst wenn sich das Kontrollproblem offensichtlich<br />
technisch lösen lässt, wird dieses Mehr an Kontrolle schließlich disfunktional: Von<br />
den unselbstständig Arbeitenden wird das immer mehr als hemmende<br />
Bevorm<strong>und</strong>ung empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> erzeugt Frustrationen, die aus der Sicht des Unternehmens<br />
die Produktivität beeinträchtigen. Darüber hinaus verschlingt es ständig<br />
steigende Kosten. Nötig erscheint eine „Delegation von Verantwortung“ <strong>und</strong> daraus<br />
36 Näheres hierzu <strong>und</strong> zu dem Folgenden, das an dieser Stelle nur kurz skizziert ist, siehe in dem Beitrag von<br />
Stephan Meins in diesem Band.