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ab in die Küche! - fiesta

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8 vatel 01/07<br />

hors d`oeuvre<br />

ihre Felder anzuheben. Auf <strong>die</strong>sen<br />

angehobenen Terrassen pflanzten sie<br />

<strong>die</strong> Urkartoffeln an. Das Wasser <strong>in</strong> den<br />

Kanälen hielt den Boden feucht, selbst<br />

wenn das Wetter sehr trocken war.<br />

Gleichzeitig verh<strong>in</strong>derte das fließende<br />

Wasser auch, dass der Boden schnell<br />

e<strong>in</strong>frieren konnte.<br />

Die Aymara trockneten das Gemüse und<br />

lagerten es dann e<strong>in</strong>. Für <strong>die</strong>se Konservierung<br />

ließen sie <strong>die</strong> Knollen im Boden,<br />

bis sie gefroren waren. Dann gruben<br />

sie das Gemüse aus und stampften es<br />

mit den Füßen, um das Wasser heraus-<br />

zupressen. Anschließend trockneten sie<br />

<strong>die</strong>ses „Mus“ <strong>in</strong> der Sonne und lagerten<br />

es <strong>in</strong> kühlen unterirdischen Erdmieten.<br />

Mit <strong>die</strong>ser Methode machten <strong>die</strong> Andenbewohner<br />

das Gemüse bis zu zehn<br />

Jahre haltbar. Zubereitet wurde der Kartoffelbrei<br />

dann mit Mehl vermischt als<br />

Brot. Geschmacklich liegen Urkartoffeln<br />

und heutiges Gemüse allerd<strong>in</strong>gs weit<br />

ause<strong>in</strong>ander. Die Vorfahren unserer<br />

Kartoffeln schmeckten Überlieferungen<br />

zufolge eher „kratzig“.<br />

Die Kultivierung <strong>in</strong> über 600 Varianten<br />

ist <strong>in</strong> Südamerika bis 7.000 Jahre vor<br />

Christus belegt. Auch heute baut das<br />

Volk der Aymara <strong>die</strong> Fuchskartoffel<br />

be<strong>in</strong>ahe noch auf <strong>die</strong> gleiche Art und<br />

Weise an wie <strong>in</strong> den Anfängen. Denn <strong>die</strong><br />

Andenbewohner hegen e<strong>in</strong> spezielles<br />

Verhältnis zur Urkartoffel. Das Gemüse<br />

<strong>die</strong>nte früher nicht nur der Ernährung,<br />

sondern nahm auch e<strong>in</strong>e kulturelle und<br />

religiöse Funktion e<strong>in</strong>. Die Kartoffel galt<br />

bei den Aymara als „beseelt“.<br />

So g<strong>ab</strong> es<br />

damals e<strong>in</strong>e<br />

eigene Kartoffelgött<strong>in</strong> namens „Aro-<br />

Mamma“. Mit den sprießenden Keimen<br />

und Augen wurde <strong>die</strong> Nachtschattenpflanze<br />

von den Indios als Symbol der<br />

Fruchtbarkeit verehrt. Sie töpferten<br />

Tonwaren, <strong>die</strong> wie Kartoffeln geformt<br />

wurden. Kranken wurden Kartoffeln<br />

auf <strong>die</strong> Haut gerieben und sogar bei<br />

der Geburt half <strong>die</strong> Bodenfrucht den<br />

Frauen. In der Sprache der Aymara<br />

f<strong>in</strong>den sich mehr als tausend Wörter<br />

zum Beschreiben der Kartoffeln und<br />

ihrer Vielfalt.<br />

Der Weg nach Europa<br />

Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts<br />

fanden hungrige spanische Konquistadoren<br />

Kartoffelknollen <strong>in</strong> den Hütten<br />

der E<strong>in</strong>heimischen, als sie <strong>die</strong>se nach<br />

Essbarem durchwühlten. Sie kochten<br />

und aßen das Gemüse und mussten<br />

zugeben: „E<strong>in</strong> schmackhaftes Gericht -<br />

selbst für Spanier“. Die Männer nannten<br />

<strong>die</strong> neu kennengelernte Bodenfrucht<br />

„patata“, woraus später im angelsächsischen<br />

Bereich „potato“ wurde. Sie<br />

brachten sie vom Hochland des heutigen<br />

Perus wahrsche<strong>in</strong>lich via Kolumbien<br />

an den Hof von Spanien. Die ersten<br />

Pflanzungen wurden <strong>in</strong> der Nähe von<br />

Sevilla angelegt.<br />

Doch auch 100 Jahre nach der spanischen<br />

Entdeckung hatte <strong>die</strong> Kartoffel mit<br />

vielen Vorurteilen zu kämpfen. Die Europäer<br />

glaubten, sie verursache Aussatz,<br />

Lungenschw<strong>in</strong>dsucht und Rachitis. So<br />

wurde sie denn ursprünglich wegen<br />

ihrer Blüten auch eher als<br />

botanische Kuriosität und<br />

Zierpflanze <strong>ab</strong>er nicht als Nutzpflanze<br />

verstanden. Die Interventionen vieler<br />

großer Männer waren notwendig, bis<br />

<strong>die</strong> Kartoffel auch <strong>in</strong> Europa als Lebensmittel<br />

anerkannt wurde.<br />

Fürsprecher fand der kul<strong>in</strong>arische<br />

Neul<strong>in</strong>g vor allem am Königshaus, wo<br />

man ihm heilende Wirkung zuschrieb.<br />

So sandte der spanische König Philipp<br />

II. (1527 - 1598) dem erkrankten Papst<br />

Pius IV. im Jahr 1565 e<strong>in</strong>ige Knollen<br />

nach Italien zur Genesung.<br />

Philipp de Sivry, der Stadtpräfekt von<br />

Mons, schickte <strong>die</strong> Knolle 1588 an den<br />

Botaniker Carolus Clusius, der damals<br />

<strong>die</strong> kaiserlichen Gärten <strong>in</strong> Wien betreute.<br />

Dieser wiederum schenkte nach eigenen<br />

positiven Degustationsversuchen<br />

Proben an befreundete Kollegen <strong>in</strong><br />

verschiedenen Ländern Europas mit<br />

genauen Vorschriften bezüglich Anbau<br />

und Zubereitung. In <strong>die</strong>ser Zeit kam<br />

das Gemüse auch zu se<strong>in</strong>en weiteren<br />

Namen: Der deutsche Name leitet sich<br />

von der Trüffel <strong>ab</strong>, <strong>die</strong>ser kam über<br />

Frankreich (cartoufle) aus dem Italienischen<br />

(tartuffoli oder taratoufli). Die<br />

Engländer kennen <strong>die</strong> „potato“ seit<br />

etwa 1590 durch <strong>die</strong> Erbeutung von<br />

spanischen Schiffen.<br />

Für ihren Siegeszug musste <strong>die</strong> Kartoffel<br />

jedoch noch zahlreiche H<strong>in</strong>dernisse<br />

überw<strong>in</strong>den. Denn <strong>in</strong> Europa bildete sie<br />

ursprünglich nur an milden Standorten<br />

<strong>in</strong> Südfrankreich und später <strong>in</strong> Irland<br />

verwertbare Knollen aus.<br />

In Österreich pflanzten <strong>die</strong> Mönche von<br />

Seitenstetten <strong>in</strong> ihrem Klostergarten<br />

Kartoffeln 1620 an. Ungefähr 20 Jahre<br />

später befahl Kaiser<strong>in</strong> Maria Theresia

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