2010 - in der Musikschule Hildesheim
2010 - in der Musikschule Hildesheim
2010 - in der Musikschule Hildesheim
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
seite | 14<br />
<strong>Hildesheim</strong> wird Schauplatz <strong>der</strong><br />
deutschen Erstaufführung des Rockquiems,<br />
e<strong>in</strong>er Rockfassung des Mozart-Requiems.<br />
Ich habe mich mit<br />
dem Komponisten Stefan Wurz über<br />
se<strong>in</strong> Werk und die <strong>Hildesheim</strong>er<br />
Produktion unterhalten, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Koproduktion von <strong>Musikschule</strong><br />
<strong>Hildesheim</strong> und TfN zur Aufführung<br />
gebracht wird.<br />
Der 1964 <strong>in</strong> Karlsruhe geborene Musiker<br />
Stefan Wurz begann se<strong>in</strong>e musikalische<br />
Ausbildung mit klassischem<br />
Klavierunterricht, während er das<br />
Schlagzeug- und Gitarrenspiel autodidaktisch<br />
erlernte. Bereits mit zwölf<br />
Jahren komponierte er erste Stücke;<br />
mittlerweile kann er auf e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
eigener Werke <strong>der</strong> unterschiedlichsten<br />
Genres zurückblicken, von<br />
Songs für se<strong>in</strong>e Bands über Musik zu<br />
kabarettistischen Programmen und<br />
für Theaterproduktionen <strong>in</strong> Pforzheim<br />
und Nordhausen, bis h<strong>in</strong> zur<br />
Musik für mehrere Filme. Dabei gilt<br />
se<strong>in</strong>e größte Leidenschaft <strong>der</strong> Komposition<br />
mo<strong>der</strong>nen Musiktheaters.<br />
Se<strong>in</strong>e Kompositionen s<strong>in</strong>d geprägt<br />
von <strong>der</strong> Ambivalenz von ernsthafter<br />
„klassischer“ bzw. „neuer“ Musik<br />
und „leichterer“ Musik wie Jazz,<br />
Rock und Pop; se<strong>in</strong>e durch das Musikwissenschaftsstudiumangeeigneten<br />
Kenntnisse klassischer und<br />
mo<strong>der</strong>ner Kompositionspr<strong>in</strong>zipien<br />
verb<strong>in</strong>den sich dar<strong>in</strong> mit dem Feel<strong>in</strong>g<br />
<strong>der</strong> Rockmusik. Genauso ist es<br />
auch beim Rockquiem.<br />
Die Idee dafür entstand 2002 bei<br />
zwei Produzenten, dem tschechischen<br />
Rockstar Daniel Landa und<br />
dem Südtiroler Intendanten Manfred<br />
Schweigkofl er. Der Wunsch,<br />
e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Großproduktion<br />
zu machen, führte zu <strong>der</strong> Vision, e<strong>in</strong>e<br />
Rockfassung des berühmten Mozart-<br />
Requiems zu produzieren. E<strong>in</strong> Name<br />
war schnell gefunden: Rockquiem.<br />
In Stefan Wurz fand man schließlich<br />
den geeigneten Komponisten, und<br />
so komponierte dieser zwischen Januar<br />
und April 2003 die Musik für<br />
das Stück. Im August desselben Jahres<br />
kam es zur Uraufführung <strong>in</strong> Prag<br />
mit anschließen<strong>der</strong> CD-Produktion.<br />
Im Jahr darauf liefen Neuproduktionen<br />
<strong>in</strong> Bozen, dem ungarischen<br />
Szeged und Bergen <strong>in</strong> Norwegen,<br />
jeweils unter <strong>der</strong> musikalischen Leitung<br />
des Komponisten. Seitdem gab<br />
es zahlreiche Aufführungen, e<strong>in</strong>zelne<br />
Stücke wurden zu Anlässen wie<br />
dem Amadeus-Ballettabend <strong>in</strong> Halle<br />
gespielt. Und doch gibt es <strong>in</strong> <strong>Hildesheim</strong><br />
e<strong>in</strong>e Premiere: Nie zuvor wurde<br />
das Stück <strong>in</strong> Deutschland komplett<br />
zur Aufführung gebracht.<br />
Den Grundste<strong>in</strong> für diese <strong>Hildesheim</strong>er<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsproduktion bildet<br />
Stefan Wurz‘ Mitwirken als Keyboar<strong>der</strong><br />
am <strong>Hildesheim</strong>er Stadttheater<br />
bei dem Musical „Jesus Christ Superstar“<br />
von 2002 bis 2004. Dort lernte<br />
er Achim Falkenhausen, stellvertreten<strong>der</strong><br />
GMD des Theaters und Leiter<br />
des Jugendchores, kennen. Nach<br />
<strong>der</strong> sehr erfolgreichen Aufführung<br />
des Musicals „Fame“ Anfang <strong>2010</strong>,<br />
<strong>in</strong>itiiert von Achim Falkenhausens<br />
Jugendchor, bei <strong>der</strong> Stefan Wurz erneut<br />
als Keyboar<strong>der</strong> mitspielte, stand<br />
die Aufführung des Rockquiem als<br />
nächste Produktion fest. Der Chor<br />
war damit gefunden, doch genauso<br />
wichtig für das Stück s<strong>in</strong>d Orchester<br />
und Band. Musikschulleiter Ulrich<br />
Petter und stellvertreten<strong>der</strong> Leiter<br />
Christian Kowalski-Fulford s<strong>in</strong>d von<br />
<strong>der</strong> Idee sofort überzeugt, die <strong>Musikschule</strong><br />
kümmert sich um die Musiker.<br />
Dank <strong>der</strong> großzügigen Unterstützung<br />
durch die Sparkasse <strong>Hildesheim</strong><br />
sowie durch private För<strong>der</strong>er steht<br />
nun die erste Aufführung fest: 20.<br />
Juni <strong>2010</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bernwardskirche<br />
<strong>Hildesheim</strong>. Stefan Wurz hofft dabei<br />
auf weitere Produktionen, „e<strong>in</strong><br />
Traum“ wäre e<strong>in</strong>e Open-Air-Aufführung<br />
im Sommer 2011 auf dem Musikschulgelände.<br />
Genauso wie die Arbeit, die nun auf<br />
alle Beteiligten zukommt, war auch<br />
das Komponieren <strong>der</strong> Rockquiem-<br />
Musik e<strong>in</strong>e „echte“ Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Auf die Frage, warum man so<br />
etwas macht, e<strong>in</strong>e Rockfassung des<br />
Requiems zu schreiben, entgegnet<br />
Wurz: „Grenzüberschreitungen haben<br />
mich schon immer gereizt.“ Dabei<br />
sei er stark geprägt von se<strong>in</strong>em<br />
klassischen Musikstudium, es spreche<br />
aber vor allem auch <strong>der</strong> leidenschaftliche<br />
Rockmusiker aus ihm;<br />
mehr als 20 Jahre spielte er <strong>in</strong> zahlreichen<br />
Rock-, Pop- und Bluesbands.<br />
Die Komposition des Rockquiem erfor<strong>der</strong>te<br />
es, sich <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> Mozart<br />
e<strong>in</strong>zuarbeiten. Dabei angetrieben<br />
von dem Anspruch, dem Rockquiem<br />
e<strong>in</strong>e vergleichbare Bedeutung, e<strong>in</strong>e<br />
ähnlich e<strong>in</strong>drucksvolle Wirkung zu<br />
verleihen wie Mozart se<strong>in</strong>em Requiem<br />
damals, waren zentrale Fragen<br />
für Stefan Wurz: „Was kann<br />
ich davon übernehmen, wie kann<br />
ich es <strong>in</strong> die heutige Zeit transportieren?“<br />
Für die Besetzung waren<br />
damit Schlagzeug und E-Gitarre unumgänglich,<br />
um es auch mal „lauter<br />
werden zu lassen“. Auch harmonisch<br />
betrachtet überschreitet die Musik<br />
die Grenzen von Mozarts Zeit, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
dissonante Akkorde reizen<br />
das musikalische Spektrum deutlich<br />
weiter aus. Diese Konfrontation des<br />
klassischen Vorbilds nach Mozart mit<br />
dem E<strong>in</strong>fl uss <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Rockmusik<br />
führt schließlich zur <strong>in</strong>haltlichen<br />
Thematik: Der Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
mit dem Thema Tod, Angst vor dem<br />
Sterben sowie Glauben.<br />
Da Stefan Wurz diese kompositorische<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung bereits vor<br />
Jahren gemeistert hat, gehe es nun<br />
um die „<strong>Hildesheim</strong>er Deutschlandpremiere“.<br />
Dieses Mal als E-Gitarrist<br />
tätig, freue er sich vor allem auf die<br />
Arbeit mit <strong>der</strong> Band, auf die Zusammenarbeit<br />
mit den jungen Musikern,<br />
die er bereits von <strong>der</strong> Theater-Produktion<br />
„Fame“ kennt, um<br />
e<strong>in</strong>e „rockende, groovende Band“<br />
zu formen, die die „Stücke nach vorne<br />
treibt“. Schließlich sei die Rockband<br />
so etwas wie „das Herz des<br />
Stückes“.<br />
Vor allem aber ist er dankbar, beson<strong>der</strong>s<br />
<strong>der</strong> <strong>Musikschule</strong> <strong>Hildesheim</strong>,<br />
dem Stadttheater sowie allen<br />
Sponsoren und För<strong>der</strong>ern, dass das<br />
Rockquiem im Juni zur Aufführung<br />
gebracht werden kann, und freut<br />
sich nun im Ausblick darauf auf e<strong>in</strong><br />
„spannendes Abenteuer“.<br />
Johannes Weik ■|