Neue Szene Augsburg 2014-12
Das Stadtmagazin für Augsburg
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Zoom<br />
MIT<br />
DER<br />
HAND,<br />
DEM<br />
HERZEN<br />
&<br />
DEM<br />
KOPF<br />
CLARA TENGLER TÄTOWIERT IN FEINSTER MASSARBEIT<br />
GANZE GESCHICHTEN AUF DIE HAUT<br />
C<br />
lara Tengler<br />
tätowiert. Und<br />
das ziemlich<br />
gut. In <strong>Augsburg</strong> ist sie<br />
vielen längst ein Begriff,<br />
fast eine Marke.<br />
Seit dem letzten Jahr<br />
schafft es die 22-jährige<br />
auch weit über die<br />
Grenzen Bayerns hinaus.<br />
Ganz unscheinbar<br />
und versteckt treffe ich<br />
sie in ihrem Atelier<br />
beim Fischertor.<br />
Ein Gespräch über Nostalgie,<br />
Nadeln und „das<br />
Nest“.<br />
<strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>: Clara, warum Tinte und nicht Tusche?<br />
Clara: Du meinst, warum Haut und nicht Papier? Haut trägt<br />
immer eine Geschichte mit sich. Auf dem Papier zeichne<br />
ich eine Komposition, ein Tier oder Ähnliches. Erst der<br />
Mensch haucht dem Ganzen Leben ein.<br />
Wie lange läuft das schon so?<br />
Seit ziemlich genau drei Jahren. Ich hatte damals mein Abitur<br />
gemacht und wollte ursprünglich in Richtung Kunstpädagogik<br />
studieren. Irgendwie hat mich das Tätowieren<br />
schon immer fasziniert und auf einmal hat es sich besser<br />
angefühlt als ein Studium.<br />
Du gibst deinen Werken gerne Titel oder schreibst ein<br />
paar schöne Worte dazu. Warum der Aufwand?<br />
Ein Tattoo ist nicht nur eine Zeichnung auf der Haut. Im<br />
Gespräch mit den Kunden erfahre ich oft eine ganze<br />
Menge und das möchte ich auf meine eigene Art wiedergeben.<br />
Im Normalfall gibt es zwei Wege: Entweder ich veröffentliche<br />
„Wanna dos“, also Entwürfe, die ich stechen<br />
möchte, und versuche dazu, eine kleine Erklärung abzugeben,<br />
oder der Kunde dient mir als Inspiration und ich<br />
gebe seine Bedeutung in meiner ganz eigenen Sprache<br />
weiter. Quasi eine Hommage an das, worum es der Person<br />
ging.<br />
Der Kunde als Inspiration?<br />
Ja, es gab schon öfter den Fall, dass ein Kunde einfach nur<br />
einen Satz oder ein schönes Wort im Kopf hatte und ich<br />
versucht habe, das zu symbolisieren.<br />
Hast du ein Beispiel?<br />
„Herz gegen Verstand“ war eine der letzten Kompositionen,<br />
die ich gemacht habe.<br />
Du bist mit deiner Arbeit mittlerweile deutschlandweit<br />
bekannt. Wie fühlt sich das an, Anfragen aus Berlin zu<br />
bekommen?<br />
Verrückt! Eigentlich lege ich nicht viel Wert auf diesen Bekanntheitsgradquatsch,<br />
merke aber trotzdem, wie ich mich<br />
oft davon hinreißen lasse. Ich habe mir selbst vorgenommen,<br />
dass meine Arbeit immer sehr persönlich bleiben soll.<br />
Daher würde es mich ehrlich gesagt nicht stören, wenn die<br />
Anfragen auch mal zurückgehen sollten. Nicht, dass sie<br />
mich nicht ehren oder freuen würden, ganz im Gegenteil!<br />
Ich behalte einfach gern den Überblick und möchte allen<br />
irgendwie gerecht werden. Schließlich trägt jeder meiner<br />
Kunden ein Stück von mir mit sich. Dann will ich eben auch<br />
eins von ihm. Und dafür möchte ich die Person auch kennenlernen.<br />
Ich bin ja keine Massenabfertigungsmaschine.<br />
Massen trifft es ganz gut, Tattoos sind schwer im Trend.<br />
Hast du Angst, irgendwann dem Zeitgeist zu erliegen?<br />
Das ist schwierig. Teils, teils. Es gibt natürlich genügend<br />
Leute, die sich tätowieren lassen, weil es gerade angesagt<br />
ist. Genauso gibt es Leute, die darin eine eigene Kunst<br />
sehen. Und auch das wird fortbestehen. Außerdem: Tattoos<br />
gibt es schon so lange! Menschen schmücken sich