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Neue Szene Augsburg 2014-12

Das Stadtmagazin für Augsburg

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46 Cinerama<br />

1001 GRAMM<br />

Regie: Bent Hamer<br />

mit: Ane Dahl Torp, Per Christian<br />

Ellefsen, Laurent Stocker, Peter<br />

Hudson u.a.<br />

Die norwegische Vermessungsexpertin<br />

Marie entdeckt die ungenaue<br />

Welt der Liebe – daraus hätte fast<br />

eine skurrile Komödie im Geiste von<br />

Jacques Tati werden können. Leider<br />

lassen sich sogar die Augenblicke,<br />

die so aufregend wie diese erste<br />

Beschreibung klingen, an zwei Fingern<br />

abzählen. Stattdessen setzt<br />

Bent Hamer auf eine visuelle Äquivalenz<br />

in der Darstellung der kadrierten<br />

(Cadrage/Kadrierung = Wahl<br />

des Bildausschnitts, d. Red.) und<br />

perfekt kalibrierten Gefühlswelt<br />

seiner Heldin. Der Regisseur pflegt<br />

nämlich tatsächlich eine Vorliebe<br />

für Wissenschaft im Alltag. Und das<br />

ist nun seine ausgeflippte Komödie.<br />

Okay, es sei verraten: Der Gag ist,<br />

die Wissenschaftler leben in einer<br />

Welt in Blau, in perfekt und ganz<br />

toll komponierten Bildern, die in<br />

einer Pariser Romanze in Sepiatöne<br />

getunkt wird. Waaaahnsinn. Echt<br />

amour fou. Yoga für Gewichtheber<br />

und Bahnvorstandsvorsitzende. (fs)<br />

(Kinostart: 18.<strong>12</strong>.)<br />

<br />

IM KELLER<br />

Regie: Ulrich Seidl<br />

Doku<br />

Menschen im Keller, Tiere im Keller.<br />

Die Tiere tot, als Trophäen an der<br />

Wand. Die Menschen devot, allesamt<br />

Masochisten, Faschisten und<br />

Autisten. Wobei es natürlich wehtut,<br />

Menschen so zu kategorisieren<br />

und zu einem Katalog der Exoten<br />

anzuordnen und auszustellen. Genau<br />

das tut aber Seidl mit seinen<br />

emotionslosen Tableaus. Als perfekt<br />

arrangierte Bildkompositionen würden<br />

diese als Fotosammlung dann<br />

zumindest noch funktionieren, als<br />

Film sind sie eben ein Griff in den<br />

Keller. Wenn Seidl damit auch nur<br />

irgendetwas anderes intendieren<br />

wollte, als Exotentum in banale<br />

Kunst zu überführen, hätte er sich<br />

nicht bestürzt darüber geäußert,<br />

dass zwei ÖVP-Politiker zurücktreten<br />

mussten, weil sie im Tableau der<br />

Saufrunde vom Nazikeller zu sehen<br />

sind. Das ist ja zumindest ein Erfolg<br />

– zwei zu null gegen ein paar alte<br />

Nazis. Stattdessen schwafelt Seidl<br />

irgendeinen Mist über „den Keller<br />

in uns“ und lässt uns mit seinem<br />

langweiligen Film allein im Dunkeln.<br />

(fs) (Kinostart: 04.<strong>12</strong>.)<br />

<br />

#ZEITGEIST<br />

Regie: Jason Reitman<br />

Mit: Adam Sandler, Jennifer Garner,<br />

Judy Greer, Ansel Elgort u.a.<br />

Für den im Original „Men, Women<br />

and Children“ betitelten Streifen<br />

hat der deutsche Verleih unglücklicherweise<br />

den Titel des Verschwörungstheoriefilms<br />

von Peter Joseph<br />

aus dem Jahr 2007 gewählt. Warum<br />

auch immer. Sieben Familien in<br />

einer Vorstadt von Austin/Texas<br />

- Töchter, Söhne, Mütter, Väter -<br />

leben hauptsächlich in und mit ihren<br />

Bildschirmen, auf Smartphones und<br />

Tablets, mit Pornos und Online-<br />

Spielen, Partnersuche und Chats<br />

– das ganz normale Leben im westlichen<br />

21. Jahrhundert eben. Digitale<br />

Nähe und analoge Entfremdung sind<br />

keine brandneuen Themen, aber mit<br />

dem prominenten Ensemble wird<br />

„#Zeitgeist“ eine Tragikomödie mit<br />

Unterhaltungswert und Nachdenklichkeit.<br />

Nicht der schlechteste<br />

Film also zum Fest der #Liebe. (flo)<br />

(Kinostart: 11.<strong>12</strong>.)<br />

<br />

TITOS BRILLE<br />

Regie: Regina Schilling<br />

mit: Adriana Altaras u.a.<br />

Den Jüngeren unter uns muss man<br />

vermutlich schon erklären, wer Tito<br />

war. Und vermutlich bald auch, wo<br />

Jugoslawien lag. Die 1960 in Zagreb<br />

geborene Schauspielerin Adriana<br />

Altaras wuchs in Deutschland auf<br />

und hat ihre familiäre Spurensuche<br />

bereits 2011 als Buch herausgebracht.<br />

Jetzt geht sie noch einmal<br />

mit Kamerabegleitung die Wege ihrer<br />

Vergangenheit ab, inklusive der Geschichte<br />

ihres Vaters, der angeblich<br />

die Sehhilfe des Josep Broz, genannt<br />

Tito, repariert haben will, als der<br />

noch Partisan war - nur leider zu der<br />

Zeit gar keine Brille trug. Ein Film<br />

über Europa und natürlich über Adriana<br />

Altaras, deren Lebensgeschichte<br />

sich geradezu aufdrängt. Regisseurin<br />

Regina Schilling wurde 20<strong>12</strong> mit dem<br />

Grimme-Preis ausgezeichnet und hat<br />

u.a. auch schon einen Film über Josef<br />

Bierbichler gedreht. So gesehen ist<br />

„Titos Brille“ das Aufeinandertreffen<br />

zweier Profis in Lebens- bzw.<br />

Kameraführung, eigentlich schade,<br />

dass niemand gefilmt hat... (flo)<br />

(Kinostart: 11.<strong>12</strong>.)<br />

<br />

FILM DES MONATS<br />

THE HOMESMAN<br />

Regie: Tommy Lee Jones<br />

mit: Hilary Swank, Tommy Lee Jones, James Spader, Meryl Streep<br />

u.a.<br />

Tommy Lee Jones hat ein Gesicht, das aussieht, als hätte Charles Bronson<br />

darin übernachtet – ein richtiges Westerngesicht. Und weil er auch noch ein<br />

gutes Herz und eine warme Hand hat, reiten wir gerne mit ihm durch diesen<br />

außergewöhnlichen, intelligenten, schwarzhumorigen, düsteren, realistischen<br />

und ungemein spannenden Western. In dem der stärkste Charakter<br />

aber eine Frau ist – Hilary Swank wird vom Dorfrat mit einer gefährlichen<br />

Mission beauftragt: Sie soll in einem Kastenwagen eine Gruppe geisteskranker<br />

Frauen wegschaffen, zurück an die Ostküste. Die schroffe Lebenswelt<br />

im Westen vermag diesen Frauen kein Zuhause mehr zu bieten. Dabei ist<br />

die verrohte Derbheit der Männer dem Wahnsinn nicht weniger fern, es<br />

regieren durchtriebene Dummheit und Gewalt. Hier übt der Film Kritik am<br />

Mythos des Wilden Westen und einer Zivilisation, die auf Machotugenden<br />

einer patriarchalischen Gesellschaft baut. Allerdings ist der Streifen subtil<br />

genug, um nicht gut und böse aufzutrennen. Hier sind alle krank und kaputt,<br />

und das wenige Gute leidet. Der Film (im Original) ist gut und kräftig und<br />

hat das Zeug zu einem Klassiker. (fs) (Kinostart: 18.<strong>12</strong>.)<br />

<br />

3D

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