Nr. 48, Mai 2011 - AK Geographie und Geschlecht
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Man soll die Auseinandersetzung mit dem sozialen Wandel in der Wissenschaft fördern, Hierarchien<br />
<strong>und</strong> Skalen überwinden<strong>und</strong> grössere geopolitische Fragestellungen nicht losgelöst von individuellen<br />
Alltagserfahrungen untersuchen. Damit wird auch ihre Verortung in der feministischen<br />
<strong>und</strong> partizipativen Theorie <strong>und</strong> ihr Interesse für empowerment <strong>und</strong> soziale Gerechtigkeit<br />
inalltäglichen Handlungsräumen sichtbar. Sie verdeutlicht zudem, dass mit der Annahme einer<br />
homogenen, globalisierten Angst nicht nur einzelne Biographien aberkannt, sondern auch ungleiche<br />
Machtverhältnisse <strong>und</strong> Kategorien wie gender <strong>und</strong> race bekräftigt werden. Dieser anregende<br />
Artikel folgt einer klaren Logik <strong>und</strong> zeigt eine bislang unbeachtete Perspektive auf, die<br />
zugleich für die Wissenschaft wie auch für die Praxis, namentlich für diePolitik, anregend ist. Die<br />
zahlreichen Beispiele verdeutlichen nicht nur die Aktualität der Fragestellung, sondern belegen<br />
auch das f<strong>und</strong>ierte Hintergr<strong>und</strong>wissen <strong>und</strong> das persönliche Interesse der Autorin. Auch wenn<br />
der Argumentationsstrang einer nicht globalisierten, marginalisierten Angst zu keiner Lösung<br />
führt, werden die verschiedenen Positionen verdeutlicht <strong>und</strong> kritisch beleuchtet. Der Text ist<br />
sowohl aus politischer wie ausgeographischer Sicht lesens- <strong>und</strong> empfehlenswert.<br />
THEMENSCHWERPUNKT: (Qualifikations)arbeiten<br />
Bettina Fredrich (forthcoming): verorten – verkörpern – verunsichern: Eine Analyse<br />
der Schweizer Sicherheits- <strong>und</strong> Friedenspolitik aus geschlechtergeographischer Perspektive.<br />
efef-Verlag, Bern.<br />
Sicherheit gilt heute als gesellschaftliches Wertsymbol (Furrer 2002) <strong>und</strong> die Bereitschaft einen<br />
Grossteil der nationalen Budgets in Sicherheit zu investieren ist unbestritten. 4 In den letzten<br />
Jahren zeigt sich zudem, dass das Argument des Sicherheitsgewinns bei rechtsbürgerlichen<br />
Vorstössen in der Schweizer Bevölkerung mehrheitsfähig geworden ist. 5 In diesem Kontext wird<br />
häufig verschleiert, dass Sicherheit nie für alle gleichermassen hergestellt werden kann. Sicherheitspolitische<br />
Massnahmen bedingen immer politische Entscheide darüber, was für wen mit<br />
welchen Mitteln gesichert werden soll. Das heisst sicherheitspolitische Massnahmen stützen sich<br />
auf bestimmte Sicherheitsbedürfnisse <strong>und</strong> marginalisieren gleichzeitig andere bzw. schliessen<br />
diese aus. Eine Studie von Amnesty International aus dem Jahr 2004 erschliesst diese Sicherheitsdilemmata<br />
(Amnesty International 2004). Sie weist darauf hin, dass die Anwesenheit bewaffneter<br />
Friedenstruppen in zu befriedenden Gebieten Prostitution <strong>und</strong> Frauenhandel ansteigen<br />
lässt <strong>und</strong> somit die Sicherheit für Frauen vor Ort verschärft. Die Studie betont die Dringlichkeit,<br />
sicherheitspolitische Praktiken aus geschlechterdifferenzierender Optik zu reflektieren: Was<br />
heisst eigentlich Sicherheit? Wer produziert Sicherheit für wen <strong>und</strong> mit welchen Mitteln? Ist Sicherheit<br />
aus feministischer Perspektive vielleicht gar kein erstrebenswertes Ziel? Diese <strong>und</strong> ähnliche<br />
Fragen motivieren zur differenzierten Auseinandersetzung mit Sicherheit aus geschlechtergeographischer<br />
Perspektive.<br />
Seit einigen Jahren engagieren sich auch Geograph_innen im Bereich der (inter)nationalen<br />
Sicherheitsforschung, insbesondere aus der Perspektive der kritischen Geopolitik (vgl. Ingram<br />
4 So verfügt beispielsweise die Schweizer Armee über ein jährliches Budget von 4 Milliarden Schweizer Franken.<br />
5 So in der Anti-Minarettinitiative sowie in der Ausschaffungsinitiative um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen.<br />
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