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Juni/Juli 2013 - Genezareth

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Toleranz oder das Bild hängt schief<br />

Eine Reihe zum Jahr der Toleranz in der Reformations-Dekade<br />

Nettes Publikum, eine schnuckelige<br />

Bedienung und schmackhaftes<br />

Essen; eine angenehme Pizzeria,<br />

aber: das Bild hängt schief! Wäre<br />

Loriot anwesend, so könnte der<br />

Abend im Chaos und mit einer in<br />

Trümmern liegenden Pizzeria enden.<br />

Denn Loriot wäre intolerant; ein<br />

Bild, das nicht seinen Vorstellungen<br />

entsprechend aufgehängt ist, fordert<br />

ihn heraus. ERSTENS: ein<br />

Toleranzproblem entsteht, wenn ein<br />

Ding oder eine Situation nicht dem<br />

entspricht, was vorgeschrieben oder<br />

üblich ist oder regelmäßig erwartet<br />

wird. Eine Maschine bedarf zum<br />

(unfallfreien) Funktionieren einer<br />

bestimmten Einstellung. Hierbei<br />

gibt es aber meist etwas Spielraum.<br />

Diese Möglichkeit, von der optimalen<br />

Einstellung ein klein wenig<br />

abzuweichen, heißt Toleranz.<br />

ZWEITENS: Das Problem lässt<br />

sich auch anders herum sehen. Die<br />

Psychologen kennen die Diagnose<br />

„Anpassungsproblem“. Jemand sieht<br />

sich mit einer neuen und schwer zu<br />

ertragenden Situation konfrontiert<br />

und muss sich nun anpassen. Wenn<br />

das denn geht. Im Falle von Loriot<br />

wäre die Fähigkeit, etwas zu ertragen,<br />

das ihm gegen den Stricht geht,<br />

zu schwach ausgeprägt. Das Ergebnis<br />

wäre eben nicht die Hinnahme des<br />

schiefen Bildes, sondern hektische<br />

Aktivität, die erst richtig zu<br />

einer Situation führt, mit der dann<br />

gar niemand zufrieden sein kann.<br />

DRITTENS: Toleranz im Sinne von<br />

Duldung ist im Zusammenhang mit<br />

dem Christentum immer ein Problem<br />

gewesen. Wer im Römischen Reich<br />

am Kaiserkult teilnahm, durfte daneben<br />

seiner eigenen Religion anhängen.<br />

Christen waren hier besonders<br />

zurückhaltend und hatten<br />

auch deshalb Schwierigkeiten.<br />

Die Christenverfolgungen endeten<br />

mit dem Toleranzedikt des<br />

Kaisers Galerius aus dem Jahre<br />

311. Andersherum taten sich auch<br />

die Christen nicht durchgängig<br />

durch Duldsamkeit gegen andere<br />

Religionen hervor. VIERTENS:<br />

Toleranz lässt sich verstehen als<br />

eine Möglichkeit, Dinge auch dann<br />

(funktionsfähig) zu regeln, wenn<br />

die beste aller Möglichkeiten nicht<br />

realisierbar ist. Im Umgang miteinander<br />

ist die Toleranz aber auch<br />

kritisiert worden: Goethe vertrat die<br />

Auffassung, dass Duldung nur der<br />

10<br />

<strong>Juni</strong> | <strong>Juli</strong> <strong>2013</strong>

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