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Einleitung Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Diskurs der ...

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wer<strong>den</strong> an <strong>den</strong> Gegebenheiten <strong>der</strong> außermedialen ‘Wirklichkeit’ gem<strong>es</strong>sen. Ihnen wird<br />

‘Objektivität’ abverlangt.<br />

Nun zählt <strong>der</strong> Fernsehkrimi zu <strong>den</strong> fiktionalen Sendeformen, genießt also - so sollte<br />

man meinen - die Freiheiten <strong>der</strong> Polyvalenz-Konvention. Gerade mit ihm verknüpft sich<br />

aber in nicht zu übersehendem Maße die Erwartung (zumind<strong>es</strong>t) von ExpertInnen an einen<br />

hohen Realitätsgehalt. Stat<strong>ist</strong>iken wer<strong>den</strong> ins Feld geführt, ProduzentInnen arbeiten<br />

teilweise eng mit <strong>der</strong> Polizei zusammen (schon seit Stahlnetz), Inter<strong>es</strong>sensverbände for<strong>der</strong>n<br />

die real<strong>ist</strong>ische Darstellung d<strong>es</strong> Berufsbild<strong>es</strong> von Kriminalbeamten und Poliz<strong>ist</strong>en etc.<br />

Es <strong>ist</strong> ein Charakter<strong>ist</strong>ikum fiktionaler Texte (i.w.S.), real<strong>ist</strong>ische Entitäten zu<br />

integrieren und entsprechende Zusammenhänge herzustellen. Nicht nur dem Krimi wer<strong>den</strong><br />

logische Handlungsabläufe, wahrscheinliche Begebenheiten und Verhaltensweisen<br />

abverlangt. Eine lange literaturwissenschaftliche Diskussion - seit Ar<strong>ist</strong>otel<strong>es</strong> bis heute -<br />

dokumentiert die Wichtigkeit und immer wie<strong>der</strong> aufs Neue die Infrag<strong>es</strong>tellung <strong>der</strong> mimetischen<br />

Referenz in Kunstwerken bzw. medialen Produkten. Auch die Fernsehg<strong>es</strong>chichte<br />

we<strong>ist</strong> eine lebendige Diskussion auf über die Möglichkeiten und Bedingungen <strong>der</strong> fernsehspezifischen<br />

Abbildung von Wirklichkeit, in <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> die b<strong>es</strong>on<strong>der</strong>e<br />

‘Realitätsnähe’ von Fernsehen als Medium reklamiert wurde - insofern bildet <strong>der</strong> Fernsehkrimi<br />

keine Ausnahme. Gleichwohl scheint <strong>es</strong> eine krimispezifische Ausprägung mimetischer<br />

Strukturen zu geben.<br />

Ludwig Bauer (1992) erstellt ein typologisch<strong>es</strong> Ordnungsraster für Sendungen d<strong>es</strong><br />

Kriminalsujets, indem er <strong>der</strong>en mimetische Strukturen als Unterscheidungsmerkmal<br />

konzipiert. Als zentrale Erkenntnis seiner Untersuchung r<strong>es</strong>ümiert er:<br />

„Die verschie<strong>den</strong>en Krimisendungen d<strong>es</strong> Fernsehens spiegeln ein Spektrum unterschiedlicher Fiktionalitätsgrade<br />

wi<strong>der</strong>. Dabei <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Extrempol <strong>der</strong> stärksten Bindung an <strong>der</strong> Außenrealität durch Sen<strong>der</strong>eihen<br />

wie Das Fernsehgericht tagt o<strong>der</strong> Aktenzeichen: XY ...ungelöst markiert. Ihr Charakter<strong>ist</strong>ikum<br />

liegt in <strong>der</strong> Fiktionalisierung kein<strong>es</strong>wegs fiktiver Situationszusammenhänge.<br />

Den komplementären Extrempol bildet das umfangreiche Korpus jener Kriminalfilme, die in erster<br />

Linie auf <strong>den</strong> Unterhaltungswert fiktiver Handlungsmodelle zielen und ihre entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Rezeptionsanreize<br />

aus einer raffinierten Variation genretypischer Strukturmuster beziehen.“ (S. 281f.)<br />

Thomas Weber (1992) formuliert ‘Realismus’ als die markante Leitkategorie <strong>der</strong> Sendeform<br />

Fernsehkrimi. In seiner ideologiekritischen Interpretation von<br />

„Kriminalfernsehserien“ benennt er drei Prinzipien, die für die ästhetische Konstruktion<br />

(und darin enthalten<strong>es</strong> ideologisch<strong>es</strong> Potential) von Fernsehkrimis dominant sind:<br />

„mo<strong>der</strong>ierte Ordnung“ (meint: die Charakterisierung <strong>der</strong> Protagon<strong>ist</strong>Innen als diejenigen,<br />

die die durch das Delikt g<strong>es</strong>törte Welt wie<strong>der</strong> in Ordnung bringen und daraus abgeleitete<br />

Handlungsschemata 247), „gehemmte Bewegung“ (meint: die spezifische Form <strong>der</strong> Unterhaltungsdramaturgie,<br />

die <strong>der</strong> Verstärkung d<strong>es</strong> Gewohnten und Etablierten dient 248) und<br />

„äußerlicher Realismus“ (meint: „<strong>den</strong> zur Leitkategorie stilisierten Realismusanspruch“).<br />

247 „In Kriminalfernsehserien müssen Verbrecher immer gefaßt, die Fälle immer eindeutig gelöst (...)<br />

wer<strong>den</strong>. (...) Die Ordnung <strong>der</strong> Kriminalfernsehserien läßt sich (...) insg<strong>es</strong>amt nur mehrschichtig<br />

b<strong>es</strong>chreiben: (1) die Protagon<strong>ist</strong>en stellen die öffentliche Ordnung wie<strong>der</strong> her, die durch die Übertretung<br />

ein<strong>es</strong> G<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> g<strong>es</strong>tört wor<strong>den</strong> war, (2) sie beweisen die Ordnungsfunktion d<strong>es</strong> Polizeiapparat<strong>es</strong>, (3) sie<br />

b<strong>es</strong>timmen von ihrem Sieg aus die moralische Wertordnung (rückwirkend sozusagen), (4) sie b<strong>es</strong>timmen<br />

die Funktion von einzelnen Figuren und von Handlungsabschnitten innerhalb d<strong>es</strong> Films, wodurch<br />

sie die Ordnung d<strong>es</strong> Films schaffen (indem sie all<strong>es</strong> Darg<strong>es</strong>tellte vereindeutigen; in Wahrheit sind <strong>es</strong><br />

natürlich die Produzenten, die di<strong>es</strong>e Ordnung schaffen).“ (S.158f.)<br />

248 „An<strong>der</strong>s als im Drama o<strong>der</strong> im Thriller wird Bewegung von <strong>den</strong> Kriminalfernsehserien nicht freig<strong>es</strong>etzt,<br />

son<strong>der</strong>n in ein starr<strong>es</strong> Schema eingezwängt, in Portionen zerlegt und die zerteilten Stücke gleichgültig<br />

neben- und aneinan<strong>der</strong> gereiht. Bewegung bleibt dadurch immer gehemmt; sie wird zu einer gehemmten<br />

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