Rechtsprechung FamRB-Beratungspraxis
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116 <strong>Rechtsprechung</strong> 4/2010<br />
Nichteheliche Lebensgemeinschaft/Lebenspartnerschaft<br />
an. Der Kläger hatte somit allen Anlass zu der Annahme,<br />
der Aufhebungsbescheid betreffe nur das Jahr 2000.<br />
Konsequenzen für die Praxis: Die Entscheidung zeigt<br />
nachdrücklich, wie wichtig es ist, dass der von einem<br />
Verwaltungsakt Betroffene dessen Inhalt und zeitlichen<br />
Wirkung sorgfältig prüft und ggf. der gerichtlichen Kontrolle<br />
unterwirft.<br />
Beraterhinweis: Nach Presseberichten haben Bescheide<br />
der Familienkasse eine erhebliche Fehlerquote. Deshalb<br />
ist hier besondere Aufmerksamkeit geboten.<br />
PräsFG a.D. Hansjürgen Schwarz, Illingen/Saar<br />
Nichteheliche Lebensgemeinschaft/<br />
Lebenspartnerschaft<br />
Ausgleichsansprüche nach nichtehelicher<br />
Lebensgemeinschaft<br />
Wurde eine nichteheliche Lebensgemeinschaft in<br />
der Weise geführt, dass der alleinverdienende Teil<br />
zugunsten des den Haushalt führenden Partners<br />
die gemeinsamen Verpflichtungen (hier: Miete<br />
der gemeinsamen Wohnung) allein trägt, scheidet<br />
ein Gesamtschuldnerausgleich auch dann aus,<br />
wenn vor Trennung der Parteien fällig gewordene<br />
Zahlungsverpflichtungen erst danach erfülltworden<br />
sind.<br />
BGH, Urt. v. 3.2.2010 –XII ZR 53/08<br />
(LG Meiningen –4S235/06)<br />
BGB §426 Abs. 1S.1<br />
Bestell-Nr.: FE-02975<br />
Das Problem: Die Parteien führten von Juni 1999 bis<br />
Juli 2001 eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, aus<br />
der ein im Dezember 2000 geborenes Kind hervorging,<br />
und hatten gemeinsam eine Wohnung gemietet. Da die<br />
Beklagte nach Beendigung einer Ausbildung, infolge ihrer<br />
Schwangerschaft und anschließend aufgrund der Betreuung<br />
des gemeinsamen Kindes ohne wesentliche Einkünfte<br />
war, wurde die Miete allein aus dem Einkommen<br />
des Klägers bestritten. Nachdem Mietrückstände aufgelaufen<br />
waren, erbrachte der Kläger hierauf im Juni<br />
2001, kurz vor Trennung der Parteien, 2.169 . Einige<br />
Zeit danach zahlte er weitere 2.046 . Erhat hälftigen<br />
Ausgleich der Gesamtsumme verlangt. Das Berufungsgericht<br />
verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.023 ,<br />
der Hälfte des nach der Trennung zurückgeführten Betrags.<br />
Die Entscheidung des Gerichts: Auf die Revision der<br />
Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben<br />
und die Klage insgesamt abgewiesen. Zwischen Gesamtschuldnern<br />
könne sich eine anderweitige Bestimmung<br />
i.S.v.§426 Abs. 1Satz 1BGB nach ständiger <strong>Rechtsprechung</strong><br />
aus Gesetz, aus ausdrücklicher oder stillschweigender<br />
Vereinbarung oder „aus der Natur der Sache‘‘ ergeben,<br />
mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen<br />
Geschehens. Diese könne –ähnlich wie in der Ehe<br />
–auch in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft dahin<br />
gehen, dass der alleinverdienende Teil zugunsten des<br />
haushaltführenden Teils die gemeinsamen Verpflichtungen<br />
allein trage und daher ein Ausgleichsanspruch ausscheide.<br />
Es gelte der Grundsatz, dass –wenn die Partner<br />
nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben –persönliche<br />
und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander<br />
aufzurechnen seien. Die Miete habe hier allein<br />
der dauerhaft erwerbstätige Kläger aufbringen können.<br />
An der sich so ergebenden, vom Regelfall der Gesamtschuld<br />
abweichenden Bestimmung ändere sich auch<br />
nichts dadurch, dass er seiner Verpflichtung nicht fristgerecht,<br />
sondern erst nach Trennung der Parteien nachgekommen<br />
sei. Ein Ausgleich würde nur in Betracht<br />
kommen, wenn über die Deckung der laufenden Bedürfnisse<br />
hinaus durch wesentliche Beiträge einer Seite ein<br />
Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung<br />
geschaffen worden wäre.<br />
Konsequenzen für die Praxis: Neben der hier gegebenen<br />
Situation der Deckung laufenden Lebensbedarfs<br />
durch den allein leistungsfähigen Partner können Fragen<br />
des Gesamtschuldnerausgleichs in der nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaft auch in verschiedenen anderen Fallgestaltungen<br />
auftreten. Der gemeinsame Kredit kann<br />
etwa für die Anschaffung von Gegenständen aufgenommen<br />
worden sein, die nach der Trennung im Besitz eines<br />
der Partner verbleiben; er kann für einen gemeinsamen<br />
Urlaub verbraucht worden sein oder der Umschuldung<br />
von Altverbindlichkeiten nur eines Partners gedient haben.<br />
Hier ist die <strong>Rechtsprechung</strong> unübersichtlich und<br />
einzelfallbezogen; der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens<br />
ist nicht ohne weiteres vorherzusagen (vgl.<br />
Schröder/Bergschneider/Burger, Familienvermögensrecht,<br />
2. Aufl. 2007, Rz. 7.202 ff.).<br />
Für den hier nur zur Abgrenzung erwähnten Vermögensausgleich<br />
von erheblichen Vermögenswerten –meistens:<br />
für die Gemeinschaft angeschafftes Wohneigentum –<br />
lässt der BGH in neuerer <strong>Rechtsprechung</strong> neben Ansprüchen<br />
nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzennunmehr<br />
auch solche nach Bereicherungsrecht (Zweckverfehlung)<br />
oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu (grundlegend<br />
BGH v. 9.7.2008 –XII ZR 179/05, FamRZ 2008,<br />
1822 =<strong>FamRB</strong> 2008, 302).<br />
Beraterhinweis: Für den Gesamtschuldnerausgleich<br />
zwischen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten<br />
sind jetzt nach §266 Abs. 1Nr. 3FamFG die Familiengerichte<br />
zuständig. Dagegen müssen bei der nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaft auch solche Streitigkeiten<br />
weiterhin bei den allgemeinen Zivilgerichten anhängig<br />
gemacht werden.<br />
RiOLG Winfrid Burger, Zweibrücken<br />
Mehr zum Thema: Zu den Ausgleichsansprüchen, wenn die nichteheliche<br />
Lebensgemeinschaft durch den Toddes Zuwendenden ein<br />
Ende gefunden hat, s. BGH v. 25.11.2009 –XII ZR 92/06, <strong>FamRB</strong><br />
2010, 82.