Rechtsprechung FamRB-Beratungspraxis
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122 <strong>FamRB</strong>-<strong>Beratungspraxis</strong> 4/2010<br />
Aktuelle Praxisfragen<br />
der Beendigung des Verlöbnisses bzw. der Ehe kein allzu<br />
langer Zeitraum verstrichen sein. Hierbei wird es entscheidend<br />
auf die Umstände des Einzelfalls ankommen,<br />
etwa auf den konkreten Verfahrensgegenstand und darauf,<br />
ob die Rechtsbeziehungen der früheren Partner<br />
schon seit längerem weitgehend auseinandergesetzt waren.<br />
d) Die Ausschlussklausel<br />
Das Verfahren darf nicht in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte<br />
5 fallen und weiterhin nicht eines der in<br />
§348 Abs. 1Satz 2Nr. 2Buchst. abis kZPO genannten<br />
Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder<br />
das Erbrecht betreffen. Dies gilt auch dann, wenn für<br />
die Bearbeitung des konkreten Einzelfalls spezielle<br />
Kenntnisse in den genannten Rechtsbereichen nicht erforderlich<br />
sind. Bei der Prüfung, ob ein Verfahren einem<br />
dieser Rechtsgebiete zuzuordnen ist, ist ein großzügiger<br />
Maßstab anzulegen. Dies ergibt sich bereits aus der Verwendung<br />
des Begriffes „betrifft‘‘, der im FamFG, verglichen<br />
mit den Formulierungen „... zum Gegenstand hat‘‘<br />
oder „Verfahren nach ...‘‘, die geringsten Anforderungen<br />
an den Zusammenhang mit der jeweils genannten Materie<br />
stellt. Es bietet sich an, die Grundsätze, nach denen<br />
sich bestimmt, ob eine Familiensache „kraft Sachzusammenhangs‘‘<br />
vorliegt, spiegelbildlich auch auf die Frage<br />
der Zugehörigkeit zu einem der genannten speziellen zivilrechtlichen<br />
Rechtsgebiete anzuwenden.<br />
e) Zweifelsfragen der Abgrenzung<br />
Kann derselbe Streitgegenstand (Anspruch im prozessualen<br />
Sinne) auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt<br />
werden, von denen nur eine unter §266 Abs. 1FamFG<br />
fällt, wird wie folgt zu unterscheiden sein: Kommt neben<br />
der Einordnung als sonstige Familiensache das Vorliegen<br />
einer anderen Familiensache nach §111 FamFG in Betracht,<br />
geht diese Zuordnung vor, da §266 Abs. 1<br />
FamFG subsidiär ist. Kommt neben einer sonstigen Familiensache<br />
nach §266 Abs. 1FamFG auch die Annahme<br />
einer Nichtfamiliensache in Betracht, wird das Verfahren<br />
als sonstige Familiensache anzusehen sein. 6<br />
f) Analoge Anwendung des §266 Abs. 1FamFG<br />
Mit den Kriterien des §266 Abs. 1FamFG hat sich der<br />
Gesetzgeber bewusst an den Regelungen im materiellen<br />
Familienrecht orientiert: Einbezogen sind nur Ansprüche,<br />
die ihren Grund unmittelbar in einem familienrechtlich<br />
geregelten Rechtsverhältnis haben, und Ansprüche,<br />
die mit der Beendigung eines familienrechtlich geregelten<br />
Rechtsverhältnisses in Zusammenhang stehen. Diese<br />
Grundentscheidung ist auch bei der Auslegung der Vorschrift<br />
und bei der Behandlung von Zweifelsfällen zu berücksichtigen;<br />
eine analoge Anwendung des §266<br />
Abs. 1FamFG auf andere Gemeinschaften ist daher<br />
nicht möglich. Dies gilt auch, wenn zwischen den Beteiligten<br />
eine „sozial-familiäre Beziehung‘‘ oder ein „personaler<br />
Grundkonflikt‘‘ besteht oder bestand; beides ist<br />
nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes für das Vorliegen<br />
oder Nichtvorliegen einer sonstigen Familiensache ohne<br />
Bedeutung. Ansprüche zwischen Personen, die in einer<br />
nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben<br />
oder gelebt haben, ohne dass eine familienrechtliche<br />
Sonderbeziehung vorliegt, erfüllen die Voraussetzungen<br />
des §266 Abs. 1FamFG nicht.<br />
2. Die einzelnenFallgruppen des §266 Abs. 1<br />
FamFG<br />
a) Ansprüche im Zusammenhangmit der Beendigung<br />
eines Verlöbnisses<br />
Dieser Fallgruppe kommt nur geringe Bedeutung zu, sie<br />
wurde der Vollständigkeit halber in das Gesetz aufgenommen.<br />
Als Anwendungsfälle kommen neben den<br />
speziellen Ansprüchen nach §§ 1298, 1299 BGB (Ersatz<br />
für in Erwartung der Ehe getätigte Aufwendungen usw.)<br />
etwa Ansprüche auf Rückgewähr von Zuwendungen aller<br />
Art inBetracht.<br />
b) Ausder Ehe herrührende Ansprüche<br />
Hierunter fallen nur unmittelbar aus der Ehe, insbesondere<br />
aus §1353 BGB hergeleitete Ansprüche persönlicher<br />
oder vermögensrechtlicher Art, sowie etwaige Schadenersatzansprüche<br />
bei Verletzung ensprechender Pflichten.<br />
Zu nennen sind etwa der Anspruch auf Mitwirkung<br />
bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung und<br />
der Schadensersatzanspruch bei Verletzung dieser<br />
Pflicht. Sofern einer Teilungsversteigerung des im Miteigentum<br />
beider Ehegatten stehenden Familienheims gerade<br />
unter Berufung auf §1353 BGB widersprochen<br />
wird, kann ebenfalls ein Fall der Nr. 2gegeben sein. Weiter<br />
gehören hierzu Ansprüche, durch die der Schutz des<br />
räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ggü. dem<br />
anderen Ehegatten oder gegenüber Dritten verwirklicht<br />
werden soll (§ 823 Abs. 1, §1004 BGB; sog. Ehestörungsklagen)<br />
sowie diesbezügliche Schadensersatzansprüche.<br />
Auch der auf §1353 BGB gestützte Anspruch<br />
auf Herstellung des ehelichen Lebens sowie der als<br />
„negativer Herstellungsantrag‘‘ anzusehende Antrag auf<br />
Feststellung des Rechts zum Getrenntleben sind Verfahren<br />
nach Nr. 2.Durch die Reform wurden diese Verfahren<br />
nicht abgeschafft, sie sind aber keine Ehesachen<br />
mehr. 7<br />
c) Ansprüche im Zusammenhangmit Trennung<br />
oder Scheidung<br />
Der Fallgruppe des §266 Abs. 1Nr. 3FamFG kommt<br />
die größte praktische Bedeutung zu.<br />
Die Vorschrift enthält eine Einschränkung in persönlicher<br />
Hinsicht: Der Anspruch muss zum Zeitpunkt seiner<br />
Entstehung bestanden haben:<br />
5 Hier ist bereits der Rechtsweg zuden ordentlichen Gerichten<br />
nicht gegeben, vgl. BGH v. 19.12.1996 –III ZB 105/96, NJW<br />
1998, 909.<br />
6 Vgl. für Güterrechtssachen BGH v. 10.11.1982 –IVb ARZ<br />
44/82, MDR 1983, 296 =FamRZ 1983, 155.<br />
7 Vgl. §121 FamFG. Zum Ausschluss der Vollstreckung in diesen<br />
Fällen vgl. §120 Abs. 3FamFG.