Rechtsprechung FamRB-Beratungspraxis
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120 <strong>Rechtsprechung</strong> 4/2010<br />
Sonstiges<br />
schluss jeglicher Ausgaben für Bildung. Solche Abweichungen<br />
von dem Statistikmodell hätten einer besonderen<br />
Begründung bedurft. Leistungen der Länder wären<br />
nur dann bedarfsmindernd zu berücksichtigen, wenn ihnen<br />
entsprechende Rechtsansprüche zugrunde lägen. Zudem<br />
sei die Anbindung der Regelleistungen an die Rentenentwicklung<br />
ein ungeeigneter Anpassungsmechanismus.<br />
Diese bereits die Basisleistung betreffenden Mängelsetzten<br />
sich bei den hiervon abgeleiteten weiteren Bedarfssätzen<br />
fort. Darüber hinaus sei eine pauschale Bedarfskürzung<br />
ungeeignet, den Bedarf für Kinder bis zum vollendeten<br />
14. Lebensjahr zu bestimmen. Kinder seien keine<br />
„kleinen Erwachsenen‘‘. Ihr Bedarf müsse vielmehr<br />
eigenständig nach ihren in den jeweiligen Entwicklungsphasen<br />
unterschiedlichen Bedürfnissen bemessen werden.<br />
Dabei sei auch der Schulbedarf zuberücksichtigen.<br />
Sachleistungen und Vergünstigungen könnten den Regelsatz<br />
nur mindern, soweit diese aufgrund eines gesicherten<br />
Anspruchs erbracht würden. Eine Anpassung der<br />
Leistungen müsse sich an den Kosten der Lebenshaltung<br />
orientieren und dürfekünftig nicht mehranhand der Rentenentwicklung<br />
vorgenommen werden.<br />
Dem Gesetzgeber hat das BVerfG aufgegeben, bis zum<br />
Ende dieses Jahres das Existenzminimum für Kinder und<br />
Erwachsene jeweils eigenständig und realitätsgerecht<br />
neu festzusetzen. Bis zu einer Neufestsetzung –spätestens<br />
aber bis zum Ende dieses Jahres –bleibt es bei den<br />
geltenden Regelleistungen. Ergänzend hat das BVerfG<br />
einen unmittelbaren Anspruch gegen den Bund angeordnet,<br />
um einen zusätzlich auftretenden und unabweisbar<br />
notwendigen Bedarf decken zu können.<br />
wird. Diese können ebenfalls in einem angemessenen<br />
Umfang übernommen werden. Der Katalog ist nicht abschließend,<br />
sondern lässt eine Leistungsgewährung auch<br />
in anderen, vergleichbaren Fällen zu.<br />
Beraterhinweis: Die Neubemessung des kindlichen Bedarfs<br />
wird sich insbesondere auf das Unterhaltsrecht auswirken.<br />
Für 2011 ist mit einer weiteren Änderung beim<br />
Mindestunterhalt zu rechnen. Weitere Veränderungen<br />
sind bei der Bemessung der Selbstbehaltssätze zu erwarten.<br />
Dies ist bei Entscheidungen und Vereinbarungen<br />
über den Unterhalt vorausschauend zu bedenken. In jedem<br />
Fall empfiehlt sich eine genaue Prüfung, ob die<br />
schematischen Bewertungen im Unterhaltsrecht gegenwärtig<br />
den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls<br />
noch gerecht werden können.<br />
VorsRiOLG Heinrich Schürmann, Oldenburg<br />
Konsequenzen für die Praxis: Das Urteil hat keine unmittelbaren<br />
Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistungen.<br />
Diese werden weiterhin in der festgelegten Höhe<br />
gezahlt. Auch eine den Vorgaben des Urteils folgende<br />
Neubemessung muss nicht zueiner Anhebung führen.<br />
Weitergehende Veränderungen sind am ehesten beim Bedarf<br />
für Schulkinder zu erwarten. Dabei können Sachleistungen<br />
(z.B. Lehrmittelfreiheit) höhere Zahlungen ersetzen,<br />
sofern es sich umgesicherte Ansprüche handelt.<br />
Wie sich die notwendigen Neuberechnungen auf die<br />
Leistungen auswirken und ob damit ergänzende Umgestaltungen<br />
des sozialen Leistungssystems verbunden<br />
sind, lässt sich derzeit noch nicht verlässlich einschätzen.<br />
Unmittelbare Auswirkungen ergeben sich aus dem Urteil<br />
aufgrund der erlassenen vorläufigen Anordnung. Diese<br />
begründet einen sofort wirksamen Anspruch auf zusätzliche<br />
Leistungen, soweit ein regelmäßiger Bedarf<br />
durch die Regelleistungen nicht gedeckt ist. Die Verwaltung<br />
hat bereits eine Härtefallregelung mit einer Positivund<br />
Negativliste erarbeitet. Nicht als Zusatzbedarfe gelten<br />
die Praxisgebühr, Kleidung in Übergrößen, Unterrichtsmaterialien<br />
und Schulverpflegung. Hingegen können<br />
unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse für<br />
Arznei- und Hilfsmittel, Putz- und Haushaltshilfen bei<br />
Rollstuhlfahrern sowie Kosten für Nachhilfeunterricht in<br />
Anspruch genommen werden. In Familiensachen sind<br />
vor allem die Kosten des Umgangsrechts von Interesse,<br />
weil die besondere Lebenssituation getrennt lebender Familien<br />
durch die Regelsätze nur unzureichend abgedeckt