BAUFIBEL ALTES LAND - Samtgemeinde Lühe
BAUFIBEL ALTES LAND - Samtgemeinde Lühe
BAUFIBEL ALTES LAND - Samtgemeinde Lühe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Abb. 23: Grundriss eines Altländer Hallenhauses<br />
Charakteristisch für das Altländer Bauernhaus ist die sogenannte<br />
„Brauttür“ mit ihren Oberlichtern. Die zunächst einflügeligen, zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts dann zweiflügelig ausgeführten Türen sind<br />
meist mittig im Straßengiebel angeordnet, waren ursprünglich nur von<br />
innen zu öffnen und wurden nur bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten,<br />
Tod oder in Gefahrsituationen geöffnet, wie zum Bespiel Feuer<br />
(s. Abbildungen 46 und 47).<br />
Wenn die ursprünglich reetgedeckten Dächer Feuer fingen, war wegen<br />
des herunterrutschenden brennendes Reets über die seitlichen<br />
Türen des Hauses nicht mehr sicher zu verlassen. Die in der sich<br />
anschließenden Truhenkammer aufbewahrten Wertsachen konnten<br />
so auf dem schnellsten Wege ins Freie geschafft werden.<br />
Aufgrund veränderter Wohnansprüche hielten im Laufe des 19. Jahrhunderts<br />
eine Reihe von Neuerungen Einzug, die sowohl die äußere<br />
Gestaltung wie auch den inneren Aufbau der Häuser betrafen. Aus<br />
dem Flett wurde durch das genannte Einziehen der Wände eine Küche<br />
und ein Flur, die Brauttüren wurden vielfach durch breitere Eingänge<br />
ersetzt, die auf einen zweiten Flur führen. Zunehmend fanden<br />
Materialien wie Backstein und Putz Verwendung.<br />
Das Besondere an den Altländer Bauernhäusern sind ihre Ziergiebel.<br />
Die Verhältnisse der Fassadenteile zueinander wurden – wahrscheinlich<br />
unbewusst – in Proportionen errichtet, die vom Betrachter als<br />
angenehm empfunden werden (Prell, 2010). Im 17. und 18. Jahrhundert<br />
waren die Giebel in der Regel mit kräftigen Vorkragungen ausgestattet.<br />
Sie galten als Wetterschutz, da die Vorkragungen bis zu 40 cm<br />
ausmachten und somit die unteren Partien kaum nass wurden. Giebelschwäne<br />
erinnern im Unterschied zu den sächsischen Pferdeköpfen<br />
(wie beim Niedersachsenhaus) an die holländische Besiedlung.<br />
Die zierreichen Schnitzereien von Formen und Motiven aus dem<br />
Formenschatz des Alten Landes endeten überwiegend um 1650.<br />
Später findet man nur noch Giebel ohne stärkere Abtreppung. Das<br />
Mauerwerk der Fachwerkflächen ist mit Läufern und mit Köpfen, auch<br />
mit behauenen Steinen und quadratisch weiß geputzten oder bemalten<br />
Flächen belebt. Nach 1850 findet man kein Buntmauerwerk mehr.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ein noch erhöhteres<br />
Seite 20<br />
Baufibel Altes Land