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lismus instrumentalisiert. Der Weltkongress für Freizeit<br />
und Erholung in Hamburg von 1936 kennzeichnet das<br />
En<strong>de</strong> einer Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Freizeit im bishe -<br />
rigen Verständnis. (4)<br />
Nach <strong>de</strong>m zweiten Weltkrieg fand innerhalb <strong>de</strong>r Erziehungswissenschaft<br />
eine Phase <strong>de</strong>r Disziplinierung und<br />
Ausdifferenzierung statt. Es entstan<strong>de</strong>n eine Fülle an<br />
neuen Teildisziplinen, u.a. die Freizeitpädagogik.<br />
Die ehemals geisteswissenschaftliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit Freizeit fand und fin<strong>de</strong>t seit <strong>de</strong>n späten fünfziger<br />
Jahren auf einer sozialwissenschaftlichen Ebene<br />
statt. (5)<br />
Damit verän<strong>de</strong>rte sich <strong>de</strong>r Fokus von <strong>de</strong>r individuellen,<br />
erzieherischen Sichtweise auf Freizeit hin zu einer so zio -<br />
logischen, gesellschaftlich ausgerichteten Perspektive.<br />
In <strong>de</strong>r Konsequenz <strong>de</strong>ssen fan<strong>de</strong>n zahlreiche empirische<br />
Erhebungen zur Freizeitgestaltung, zum Freizeiterleben<br />
u.ä. statt. Es begann eine Phase <strong>de</strong>r sozial wissenschaft -<br />
lichen Erforschung und Datenerhebung von Freizeit.<br />
Opaschowski, einer <strong>de</strong>r Mitbegrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r erziehungswissenschaftlichen<br />
Teildisziplin Freizeitpädagogik,<br />
skizziert die Entwicklung von Freizeit im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
in vier Phasen:<br />
Während in <strong>de</strong>n Fünfzigern Freizeit als Zeit <strong>de</strong>r Erholung<br />
von getaner Arbeit verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>, wan<strong>de</strong>lte sich<br />
Freizeit während <strong>de</strong>r Sechziger und Siebziger zu einer<br />
Zeit <strong>de</strong>s Konsums. Freizeit als Konsumzeit wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n<br />
Achtzigern vom Freizeiterleben verdrängt. Die Entwicklung<br />
eines eigenen Lebensstils steht im Freizeitbereich<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund und erstmals wird Arbeit nicht mehr<br />
ausschließlich als sinnstiftend betrachtet, son<strong>de</strong>rn Freizeit<br />
erfährt eine biographisch relevante, sinnstiften<strong>de</strong><br />
Funktion. Die Neunziger Jahre waren durch ein Weniger<br />
an Erlebnisorientierung und ein Mehr an Mußeorien -<br />
tierung geprägt. Das Bedürfnis nach Ruhe und Muße<br />
dominiert. (6)<br />
KIDS Aktuell – Nr. 22 – 10/2010<br />
Freizeitbegriff:<br />
Nach dieser Reise durch die Geschichte hat sich gezeigt,<br />
dass <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Freizeit zeitabhängig zu verstehen<br />
ist. Genauso, wie sich die Be<strong>de</strong>utung von Freizeit im<br />
Laufe <strong>de</strong>r Zeit verän<strong>de</strong>rt hat, entstan<strong>de</strong>n eine Fülle an<br />
unterschiedlichsten Definitionen <strong>de</strong>s Freizeitbegriffs.<br />
Auf eine Darstellung dieser Definitionsspannbreite und<br />
<strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n theoretischen Einbettung wird<br />
verzichtet. Der Freizeitbegriff von Opaschowski scheint<br />
für die Zielgruppe Menschen unter <strong>de</strong>n Bedingungen<br />
einer Behin<strong>de</strong>rung insofern geeignet, als dass er zum<br />
einen das Verhältnis von Fremd- und Selbstbestimmung<br />
beinhaltet. Zum an<strong>de</strong>ren erlaubt diese Definition eine<br />
Veranschaulichung <strong>de</strong>r zeitlichen Mehrbelastung von<br />
Menschen unter <strong>de</strong>n Bedingungen einer Behin<strong>de</strong>rung,<br />
da <strong>de</strong>r positive Freizeitbegriff nach Opaschowski vom<br />
Arbeitsbegriff losgelöst wird. Er bezeichnet statt <strong>de</strong>ssen<br />
die Lebenszeit. Sie setzt sich aus Obligationszeit,<br />
Determinationszeit und Dispositionszeit zusammen.<br />
Dispositionszeit ist die freie Zeit, die sich durch ein<br />
hohes Maß an Selbstbestimmung charakterisiert, Zeit<br />
also für Lesen, Faulenzen, Muße, Bildung usw. Obli -<br />
gationszeit ist die zweckbestimmte Zeit, z.B. für Essen,<br />
Schlafen, Besuch beim Logopä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Ärzten.<br />
Die Determinationszeit, die fremdbestimmte Zeit,<br />
charakterisiert sich in Form von Arbeit, Schule usw. (7)<br />
Diese Einteilung mag auf <strong>de</strong>n ersten Blick ein wenig<br />
statisch wirken. Spätestens bei einer Gegenüberstellung<br />
<strong>de</strong>r Freizeitgestaltung und <strong>de</strong>s Freizeiterlebens von<br />
Menschen mit und ohne Behin<strong>de</strong>rung wird <strong>de</strong>utlich,<br />
dass die drei Kategorien unterschiedlich viel Raum<br />
einnehmen, für Menschen unter <strong>de</strong>n Bedingungen<br />
einer Behin<strong>de</strong>rung z.B. ein Mehr an Obligationszeit und<br />
ein Weniger an Dispositionszeit.<br />
Be<strong>de</strong>utung von Freizeit:<br />
Heute wächst <strong>de</strong>m Freizeitbereich eine immense und<br />
wachsen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung zu. Alleine durch die Verkürzung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitszeit in <strong>de</strong>n letzten sechzig Jahren gewinnt<br />
Freizeit quantitativ an Be<strong>de</strong>utung.<br />
Freizeit ist ein Bereich, <strong>de</strong>r aber ebenfalls qualitativ<br />
einen Be<strong>de</strong>utungszuwachs erfährt. Während bisher vorwiegend<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsbereich eine sinnstiften<strong>de</strong> Funktion<br />
hatte, wer<strong>de</strong>n heute zunehmend Kompetenzen und<br />
Qualifikationen außerhalb <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit<br />
erworben. Freizeit ist damit eine Zeit mit biographisch<br />
sinnstiften<strong>de</strong>r Funktion, eine Zeit, in <strong>de</strong>r auch Persönlichkeitsbildung<br />
stattfin<strong>de</strong>t.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Grundbedürfnisse von<br />
Menschen in ihrer Freizeitgestaltung als acht Funk -<br />
tionen vorgestellt:<br />
1. Rekreation = Bedürfnis nach Erholung, Ruhe<br />
2. Kompensation = Bedürfnis nach Ausgleich und<br />
Vergnügen<br />
3. Edukation = Bedürfnis nach Lernen und<br />
Selbstbildung<br />
4. Kontemplation = Bedürfnis nach Selbstfindung<br />
und Selbsterfahrung<br />
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