Pirelli stellt erste MIRS-Fabrik vor 7/2000 - Reifenpresse.de

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114 Reifen International Rund 100 Journalisten waren nach Mailand gekommen, um sich über MIRS zu informieren Die groß angelegte Pressekonferenz verlief „sehr italienisch” Tronchetti verstand es, sein Unternehmen nicht nur als Pirelli, sondern in jeder Phase als „e-Pirelli” (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 4/2000) vorzustellen. Internetaktivitäten prägen das Bild auf allen Stufen und in allen Sparten des Konzerns, der zudem im Kabelbereich weltweit eine Führungsrolle beanspruchen kann und den die vor einigen Monaten bekannt gegebene Zusammenarbeit mit Cisco nicht ganz zu Unrecht sehr in die Nähe der Dot-com-Companies gerückt hat. Der Chef der Pirelli Tyre Holding, Dr. G. Ferrario, stellte MIRS noch einmal en detail vor, und in der Folge hätte er zusammen mit seinem Kollegen Dr. Gori im Mittelpunkt stehen müssen. Nicht so in Italien. Alle Fragen der internationalen Presse gingen ohne auch nur eine einzige Ausnahme an Marco Tronchetti Provera, der natürlich keine Antwort schuldig blieb. Tronchetti spielt seine Rolle perfekt. MIRS, so erklärt er italienischen Journalisten, habe keinen negativen Effekt auf die Beschäftigungslage bei Pirelli, denn die „menschenleere Fabrik” ersetze die bisherige Produktion nicht, sondern ergänze sie. Pirelli wolle gerade im Hochleistungssegment weltweit stark voran marschieren. MIRS verschaffe somit die Möglichkeiten, interessante Märkte weitaus schneller und intensiver als bisher zu bearbeiten. Und die Chancen seien nicht gleichbleibend groß auf der ganzen Welt, sondern es gebe durchaus in Fernost und USA Regionen, in denen man im Hochleistungssegment geradezu sprunghaft wachsen könne. Damit war die Brücke zu Analysten geschlagen, denen der Reifenmarkt seit längerer Zeit wegen des nicht mehr vorhandenen Wachstums fast schon suspekt erscheint. Tronchetti schließt hier seine Wachstumsstory an. Zehn Millionen zusätzlich gefertigte Breitreifen bedeuten Futuristisches Design fast wie aus einem Science Fiction-Roman www.reifenpresse.de ein jährliches Wachstum im zweistelligen Bereich im für Pirelli herausragend wichtigen Geschäft mit Hochleistungsreifen. Andere mögen die „long runs” produzieren, mit denen sich kaum noch Geld verdienen lässt, Pirelli kümmert sich um die „short runs” und macht Geld damit. Die Botschaft ist klar: Pirelli ist keinesfalls ein einfacher Reifenhersteller, sondern „e-Pirelli” ist die Marke im Reifenmarkt, ist die Antwort für Enthusiasten, für Fans, für Motorsportbegeisterte. Um Schnäppchenjäger kümmert sich Pirelli nicht. Und auch das wird deutlich zum Ausdruck gebracht: Mit der MIRS-Technologie verfolge Pirelli keine Vision. Man sei vielmehr Verpflichtungen eingegangen, Verpflichtungen mit einem genauen Zeitplan, an den man sich halten wolle und halten werde. Mehrwert durch MIRS Pirelli, so meint ein Fragesteller, sei wegen MIRS ja dann wohl in einer Situation, die Wettbewerber das Fürchten lehren zu können. Wie diese dann auf Dauer bestehen könnten, wollte man wissen. In der Frage lag vielleicht schon die Erwartung nach zukünftigen Preiskriegen. Doch damit ist Tronchetti sehr schnell fertig. Konkurrenten respektiert er nicht nur, sondern er erwartet, dass diese nachziehen werden. Einstweilen aber habe Pirelli einen Vorsprung und wolle diesen, so lange es denn möglich sei, verteidigen. Im Übrigen aber wies er darauf hin, dass Verbraucher wie auch Erstausrüster erhebliche Vorteile durch MIRS hätten durch die Performance und gleichbleibende Qualität. Die Geschäftsbeziehungen zu Erstausrüstern würden unter Anwendung der Internet- Möglichkeiten so ausgebaut, dass es dadurch auch zu erheblichen Einsparungen bei den Kunden komme. Er hoffe jedenfalls, dass die Erwartung nicht vorhanden sei, Pirelli werde MIRS-Reifen billiger als konventionell gebaute Reifen liefern. Die Preise in der Erstausrüstung seien nach wie vor nicht zufrieden stellend. Pirelli habe aber die Hausaufgaben gemacht, um Kosten zu reduzieren wo immer möglich. Pirelli hat 1999 mit einem Umsatz von 6,48 Milliarden Euro einen Nettogewinn von 331 Millionen Euro erwirtschaftet. Das Reifengeschäft dürfte etwa 37 bis 38 Prozent zum Gesamtumsatz beigesteuert haben. Obwohl NEUE ReifenZeitung 7/2000
Die kontinuierliche Produktion eines Reifens ist der Hauptvorteil von MIRS die Italiener damit nicht mehr zu den „big players” weltweit zu zählen sind, deutet nichts darauf hin, dass Pirelli sich aus dem Reifengeschäft über kurz oder lang verabschieden könnte. Der Löwenanteil des Reifenumsatzes wird mit Pkw-Reifen erzielt, davon wieder mehr als die Hälfte mit Breitreifen. Mittels nun einzusetzender MIRS-Technologie sieht Pirelli die Möglichkeit, sehr kostengünstig dort Fabriken aufbauen zu können, wo der Markt ist und wo zugleich Zugang zur Erstausrüstung geschaffen werden kann. MIRS-Reifen sind in erster Linie nun mal „Erstausrüstungsreifen”. Gleichbleibende Produktionsqualität und Produktionsstabilität können Roboter nun einmal besser gewährleisten als Menschen. Auch die Sparte Reifen von Pirelli hat ihre eigene Wachstums-Story. Erfolge sind zu erwarten. Und so funktioniert MIRS: MIRS – Reifenproduktion online Die MIRS-Fabrik aus dem Hause Pirelli (vgl. bereits NEUE REIFENZEITUNG 1/2000) soll die Technologien und Methoden der klassischen Reifenproduktion revolutionieren. Der neue Prozess basiert auf dem Konzept einer hochflexiblen Minifabrik (flexibel bis zum Ausstoß eines einzigen Reifens einer Dimension), die – so Pirelli – exakt auf die Anforderungen des jeweiligen Marktes ausgerichtet werden kann. Ein Einsatz der nach dem MIRS- Verfahren gefertigten Reifen in der Erstausrüstung ist noch für dieses Jahr geplant. Der benötigte Platz pro Minifabrik beträgt nur 350 m 2 . Auf dieser geringen Grundflä- Mini-Fabrik mit einer Produktion von 1.000.000 Reifen pro Jahr www.reifenpresse.de Reifen International Vergleich der wirtschaftlichen und der Produktionsparameter Herkömmliches MIRS- Verfahren Verfahren % INVESTITIONEN UHP-Reifen/Tag 16.800 Euro 14.200 Euro -15% HP-Reifen/Tag 6.800 Euro 8.800 Euro -50% GRUNDFLÄCHE Von der Vorbereitung 5,6 m 2 /Reifen/Tag 1,1 m 2 /Reifen/Tag -80% bis zur Inspektion WERKSEFFEKTIVITÄT Gesamtanlagen- 75% 92% +23% effektivität (Index) STEUERZEIT Von der Vorbereitung 6 Tage 72 Minuten (nicht in % bis zur Vulkanisation auszudrücken) FLEXIBILITÄT Wirtschaftliche Mindestlosgröße 3.200 Stück 375 Stück -88% Größenänderungszeit 375 Min. 20 Min. -95% PRODUKTIVITÄT DER BELEGSCHAFT (Index) 100 180 +80% QUALITÄT Radialkraftschwankung 100 50 +100% (Index) ENERGIEVERBRAUCH 3.000 Kcal/Kg 2.000 Kcal/Kg -33% GESAMTPRODUKT- KOSTEN (Index) 100 75 -25% Quelle: Pirelli che können die MIRS-Roboter, mit bisher in der Reifenproduktion nicht gekannterGeschwindigkeit, Reifen, ohne Unterbrechung der Arbeitsabläufe oder Zwischenlagerung von Halbzeugen, produzieren, was den Herstellungsprozess pro Reifen auf drei Minuten ver- kürzen soll. Der Grund für den geringen Platzbedarf einer MIRS-Minifabrik: Auf Bevorratungs- und Bereitstellungsflächen, die für die klassische Produktion benötigt werden, bei der sich nur etwa zwölf Prozent der Materialien im Prozess befinden, während die anderen 88 Prozent auf ihren Einsatz warten, kann verzichtet werden. Im Gesamtproduktionsprozess, vom Lagerhaus des Rohmaterials bis zur Einlagerung der fertigen Reifen, vergehen bei MIRS 72 Minuten (gegenüber sechs Tagen bei herkömmlicher Produktion). Eine integrierte Software kontrolliert dabei alle Stationen der Produktion, von der Roboterbewegung über die automatische Bereitstellung der Materialien, die Selektion der Reifengröße, den Reifenbau, Vulkanisation, Qualitätskontrolle sowie das Handling des Endproduktes. Zusätzlich ist dieses Programm Teil eines globalen Software- Komplexes und steuert neben der reinen Her- NEUE ReifenZeitung 7/2000 115
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